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ZUR EINFÜHRUNG Der am 6. September 1962 im Alter von 64 Jahren viel zu früh verstorbene fortschrittliche Komponist Hanns Eisler wirkte an führender Stelle beim Neuaufbau des Musiklebens der Deutschen Demokratischen Republik, deren Nationalhymne er gemeinsam mit dem Dichter Johannes R. Becher schrieb. Der einstige Schönberg-Schüler hatte schon nach dem ersten Weltkrieg durch zündende Arbeiterlieder, häufig auf Texte seines Freundes und engsten künstleri schen Partners Bertolt Brecht, Aufsehen erregt und der gegen Kapitalismus, Faschismus und drohenden Krieg kämpfenden Arbeiterklasse ideologisch-künst lerische Hilfe und Unterstützung bei ihrer gerechten Sache gegeben. 1933 emigrierte er vor dem Hitlerfaschismus nach den USA, wo er u. a. sein die kapitalistische amerikanische Musik-„Kultur" entlarvendes Buch „Komposition für den Film" schrieb. 1948 kehrte er nach Berlin zurück, 1950 wurde er Mitglied der Akademie der Künste und wurde im gleichen Jahre sowie 1958 mit dem Nationalpreis ausgezeichnet. Sein künstlerisches Erbe ist von schier unüberseh barer Fülle und Vielseitigkeit, es umfaßt die verschiedensten musikalischen Gat tungen, Lieder, Songs, Kantaten, Bühnen- und Filmmusiken, Sinfonien, Orchester suiten und nicht zuletzt viel Kammermusik. Die Prinzipien strenger Parteilichkeit, der Humanität und des sozialistischen Realismus haben es geprägt. Hanns Eisler wurde der bedeutendste Komponist der deutschen Arbeiterklasse. In einer kurzen Selbstbiografie schrieb der Künstler über jene Periode seines Schaffens, der die heute erklingende Kleine Sinfonie o p. 29 entstammt und die für ihn selbst wie für die Entwicklung der Musik der Arbeiterklasse von größter Bedeutung war, lakonisch folgendes: „Etwa im Herbst 1924 übersiedelte ich nach Berlin. Artur Schnabel zeigte Interesse für meine Kompositionen, und seine Schüler spielten meine Klaviermusik. Ich lebte als Komponist und Lehrer, aber es war die Arbeiterbewegung, die mich anzog. Das führte zu einem Konflikt mit meinem Lehrer Arnold Schönberg, der solche Tätigkeit mißbilligte. Damals schrieb ich Klavier-, Kammermusik-, Vokal- und Orchesterwerke, die auch auf den Musikfesten in Baden-Baden und Berlin aufgeführt wurden. Ich hatte einigen Erfolg; aber ich war unzufrieden. Das übliche Publikum behagte mir nicht. Ich wollte etwas Neues sagen und brauchte dazu neue Hörer. So mußte ich wieder von vorn beginnen. Für die Truppe ,Das Rote Sprachrohr' schrieb ich leichte Lieder und Musikstücke. Das Lied .Komintern' fing an bekannt zu werden, be sonders in der Sowjetunion. Ich schrieb auch Konzertmusik, darunter: .Orchester- Suite Nr. 1' und .Kleine Sinfonie'. Ich lernte Bertolt Brecht kennen. Für die Arbeitersängerbewegung, deren liedertafelartige Programme ich für veraltet und geschmacklos hielt, komponierte ich eine große Anzahl von Chören. 1928 schrieb ich Musiken für Theaterstücke und lernte so Ernst Busch kennen. Seine originelle, kräftige Art machte großen Eindruck auf mich. Es begann Zusammenarbeit und Freundschaft bis auf den heutigen Tag. Es sammelte sich damals um mich eine Gruppe junger fortschrittlicher Komponisten, Musikwissenschaftler und Studenten, mit denen ich versuchte, marxistische Theorien auf die Musik anzuwenden. Darunter war der hochbegabte Ernst Hermann Meyer. Auch unterrichtete ich an der Marxistischen Arbeiterschule. 1929 begann meine Arbeit mit Bertolt Brecht, die bald zur Freundschaft führte." In engem Zusammenhang mit Eislers Kampf gegen die bürgerliche Musikpraxis ist auch seine Kleine Sinfonie zu sehen, die 1931/32 geschrieben wurde und deren Besonderheit bei aller Verwurzelung im eigentlichen „Eisler-Stil , wie er sich in seinem Vokalschaffen äußert, ihr Parodiecharakter ist. „Um die Eigenart dieser Kleinen Sinfonie zu verstehen, muß man wissen, daß die bür gerliche Konzertmusik der zwanziger (und dreißiger) Jahre der Verwendung einiger Formen des 17. und 18. Jahrhunderts große Bedeutung zumaß, z. B. der Invention, dem Concerto grosso, der Variationensuite, der Passacaglia, Tokkata und anderen. Auch kontrapunktische Satzregeln des 17. und 18. Jahrhunderts ließen viele Komponisten in einer konzertanten Spielmusik wieder aufleben. Diese Bestrebungen der bürgerlichen Musiker werden von Eisler in der Kleinen Sinfonie glossiert. In der Invention (3. Satz) benutzt er neben den Streichern Trompeten mit Wau-WaurDämpfer, im 2. Satz Trompeten und Saxophone. Äußerlich hat das Werk gewisse Beziehungen zur bürgerlichen Konzertmusik, zeigt neben der amüsanten Instrumentation in Melodik und Harmonik jedoch Eigentümlichkeiten, wie sie in der Filmmusik zu ,Kuhle Wampe' zu finden sind. Insgesamt ist es eine knallige Karikatur, eine köstliche Frechheit, die der junge Eisler seinen Komponisten-Kollegen hiermit servierte" (H. A. Brockhaus). Der erste Satz (Andante) des knappen, viersätzigen Werkes beginnt mit einem sechstaktigen signalartigen Trompetenthema, das von Streicherakkorden grundiert wird. Es folgen — ohne „Haltepunkte", ohne „Atempause" — dreiundzwanzig kurze Variationen aufeinander, die in freier Variationstechnik geschrieben sind und wirkungsvolle Klangfarbenkontraste dank der solistisch behandelten Bläser zeigen. Die drängenden Streicherrhythmen des zweiten Satzes (Allegro assai) lassen an die Instrumentalbegleitung bekannter Eisler-Lieder wie des „Solidari tätsliedes" und des „Liedes von der Einheitsfront" denken. Wiederum ist der solistische Einsatz der Bläser kennzeichnend. Nur achtunddreißig Takte zählt der dritte Satz, „Invention" überschrieben. Der Parodiecharakter des Werkes wird hier besonders deutlich. Das Instrumentarium besteht hier nur aus einer B-Trompete, einer Posaune, gedämpften Violinen und Bratschen. Die Bläser spielen mit dem Jazzdämpfer, dem sogenannten „Wau-Wau-Dämpfer", womit eine Art musika lisches Gelächter erzeugt wird. Ein furioses Gegenthema prägt den letzten Satz (Allegro), dessen bizarre Rhythmen von den Streichern zu den Blech- und Holz bläsern übergehen. Zwei kontrastierende Gedanken sind episodenartig einge fügt. Fröhlich, energisch schließt das Werk, das den damals 34jährigen Autor als einen glänzenden Beherrscher moderner Instrumentationskunst erweist. Bei den Konzerten, die Wolfgang Amadeus Mozart für Bläser ge schrieben hat, handelt es sich zumeist um Gefälligkeits- und Gelegenheits werke im engeren Sinne, die in ihrer inhaltlichen und strukturellen Konzeption Rücksicht nehmen auf die besondere Natur der Blasinstrumente, dennoch einen ganz und gar persönlichen, originellen Charakter besitzen. Das trifft auch auf die beiden Flötenkonzerte G-Dur KV 313 und D-Dur KV 314 zu, die, einander in Anlage und Wesen verwandt, dem Vorgang der Mozartschen Violinkonzerte folgen. Erreichen sie auch nicht immer deren Gedankentiefe, so fesseln sie doch durch manch poetisches Detail. An das heute erklingende Konzert für Flöte und Orchester G-Dur KV 313, das Anfang 1778 in Mannheim auf Bestellung des hollän dischen Mäzens und Dilettanten de Jean geschrieben wurde, war Mozart zu nächst mit Unlust herangegangen, da er das Soloinstrument nicht besonders schätzte. Doch ist das dem Werk keineswegs anzumerken, das im Gegenteil