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2492 «nnexirten Artikel mit derselben bindenden Kraft vorsindet. Die nämlichen YiGenfrcunde wissen sich übrigens mit einer gewissen Leichtigkeit über Lagen htnwrgznsehrn, welche ihnen, hätten sie für so zarte Dinge einige Empfäng lichkeit, bei Licht besehen die entschiedensten Verlegenheiten bereiten würde. Am meisten in die Angen fallend ist in dieser Hinsicht der delicate Punkt der „russischen Ehre". Wahrend bekanntlich Kaiser Nikolaus die Bedin gungen des Augnstprogramms „als mit der Ehre und den Interessen Ruß lands unvereinbar" nuciv und pur« mit sehr ostensibler Indignation ver worfen hatte, deducircn heute seine deutschen Freunde und diplomatisch-jour nalistischen Kampfgenossen ohne Scrupel oder Bedenklichkeiten, daß erst die Verhandlungen zu Wien zeigen werden, „inwieweit die Westmächte jenen Foderungen Auslegungen geben, welche anzunehmen mit der Ehre des Kai ser- von Rußland unvereinbar wäre". Es genirt diese Leute nicht, des senungeachtet ohne weiteres einzuräumen, daß der Kaiser nunmehr „ohne Rückhalt die vier Foderungen, welche die österreichische an die Westmächtc gerichtete Note vom 8. Aug. enthält, anzunehmen bereit sei". Freilich fü- gen sie hinzu, „Se. Maj. der Kaiser" habe diesen Entschluß nur in Aner kennung des Standpunkts und der Interessen Deutschlands gefaßt; das hindert aber nicht, daß sie gegenwärtig mit der Ehre Rußlands (obwol dies noch fortwährend in ungeschwächtcr Kraft dastcht!) vereinbar erachten, was im August dieses Jahres sich mit derselben in keiner Weise vertragen wollte. Bollig naiv ist eine, gleichfalls von der bezeichneten Seite ausgegangcnc Behauptung, wonach es gerade der Gesandte Rußlands sein soll, der auf den Entschluß der preußischen Negierung: durch den Beitritt zu dem Tractat vom 2. Dec. selbstthätig in die politischen Geschicke Europas einzngreifen, vorzugsweise eingewirkt habe. Man kann sich dies nicht wohl zusammen reimen mit dem fortwährenden Abarbeilen der Neuen Preußischen Zeitung für den Nichtanschluß Preußens an denselben Vertrag. — Die Neue Preußische Zeitung erhält aus Paris die Analyse einer preußischen Circulardcpeschc an die preußischen Gesandten bei den Höfen zu London, Paris und Wien. Sie gibt sic wieder, ohne die Echt heit derselben verbürgen zu können. Die Depesche soll etwa Folgendes sa ge«: „In den schwierigen Umständen, in denen sich Europa jetzt befindet, haben die deutschen Regierungen biSjctzt sich nur von ihrer Liebe zumFrie- iwn leiten lassen. Im Interesse von ganz Europa und um ein großes Ziel zu erreichen haben sie den russischen Hof gedrängt, Bedingungen anzuneh- men, von denen vor einem Jahre Niemand geglaubt haben würde, daß Rußland sie annehmcn könne. Der Kaiser von Rußland hat, nachgcbend den lebhaft ausgedrückten Wünschen und Begehren seiner alten Alliirtcn, den Beweis einer außerordentlichen Mäßigung gegeben. Die Zugeständnisse, die er gemacht hat, gehen aber bis zur äußersten Grenze Dessen, was mit seiner Würde vereinbar ist. Wenn die monströsen Foderungen, die in ge- wissen Organen auftreten, auf einer Conferenz zum Vorschein kommen soll- ten, so würden die deutschen Regierungen dieselben in keiner Weise unter- stützen, und die Verantwortlichkeit für einen europäischen Conflict würde auf di« Urheber solcher Prätensionen schwer zurückfallen." — Aus Rawicz wird der Posener Zeitung geschrieben: „Die so vielfach durch Ueberschwemmnngen heimgesuchten niedriggclegencn Dominien unser- Kreises sind leider schon wieder unter Wasser gesetzt. Die Winte rung hat sehr wesentlich gelitten, ja an vielen Orten ist dieselbe völlig weg- gespült worden. Die Wege sind an vielen Stellen unpassirbar." Baiern. AuS München vom 15. Dec. wird der Allgemeinen Zei tung geschrieben: „Mit innigstem Bedauern vernimmt man, daß König Ludwig gestern Nachmittag in Darmstadt erkrankt ist, und zwar infolge einer so starken Ohnmacht, daß er erst nach anderthalb Stunden zum vollen Bewußtsein kam, und man zuerst befürchtet hatte, es habe den König ein Schlaganfall betroffen. Nähere Nachrichten über diesen betrübenden Fall fehlen noch, doch meldet eine telegraphische Depesche von heute Morgen, daß der König in der Nacht einige Stunden ruhig geschlafen hat und die Aerzte jede, Gefahr als beseitigt erachten. Bis heute Nacht werden wol nähere briefliche Nachrichten, denen wir mit größter Spannung entgegensetzen, hier eintreffen." Das Bulletin vom 16. Dec. über das Befinden des Königs Lud- wig lautet höchst befriedigend. Derselbe hatte eine ruhige schlafreiche Nacht gehabt, Fieber hatte sich keins gezeigt und man hegte die beste Hoffnung für die Genesung deö Kranken. Baden. Karlsruhe, 13. Dec. Soeben vernimmt man, daß im Laufe de- heutigen Tages die Mobilisirungsordre für das großherzog- liche Armeecorps von Frankfurt hier eingctroffen sei. Heute Abend hatte eine StaatSministerialsihung statt. (Frkf. I.) Großherzogthum Hessen. Dem Frankfurter Journal wird aus dem Großherzogthum Hessen vom 15. Dec. geschrieben: „Seit kurzem ist in unterrichteten Kreisen die Angabe verbreitet, daß die zwischen unserer Re gierung und dem Bischof von Mainz zustande gekommene Vereinbarung die, Billigung des päpstlichen Stuhls nicht erhalten habe." Freie Städte, -s-Frankfurt a. M., 16. Dec. Wahrscheinlich schon in der nächsten Woche wird unsere Gesetzgebende Versammlung über den vorgelegten Verfassungsentwurf berathen und, beschließen. Ganz kleine formelle Redactionsänderungen abgerechnet, hat die Verfassungscom mission einstimmig beschlossen, ihn unverändert zum Antrag zu bringen. Dies scheint allerdings um so räthlicher, als dem Vernehmen nach die „gute Disposition" mehrer Senatoren schon wieder im Schwinden begriffen ist, und von mehren Griten da- Princip ausgestellt wird, falls di« Legislative wesentliche Modifikationen des Entwurfs vornehme, s- seien die Senas-reuL welche die Vorlage gebilligt, nicht mehr an ihre Voten, also auch «ich» daran gebunden, daß überhaupt jetzt ein organisches Gesetz eingebracht werde. Die Abstimmung über die gesetzlich einzuführenden Bundesbestimmungrn über das Vereinswesen sind in der gestrigen Sitzung der gesetzgebenden Ver sammlung auf Antrag de- I>r. Mappeö auf eine später« Sitzung vertagt worden. Die Commission hatte sich auch hier für unveränderte Annahme des vom Senat cingebrachtcn Entwurfs ausgesprochen. Oesterreich. O Wien, 17. Dec. Die gestern erfolgte officielle Ver öffentlichung des Allianzvertrags zwischen Oesterreich und den West- mächten ist hier in Wien mit ebenso lebhafter als allgemeiner Befriedigung ausgenommen worden, und eS ist wol kein Zweifel, daß derselbe namentlich mit Rücksicht auf den Zweck, den er verfolgt, auch in ganz Deutschland gleichen Beifall finden wird, besonders, da man nunmehr die Ueberzeugung erlangt hat, daß das von mehren Seiten noch vor kurzem so warm befür wortete Projekt „der mitteleuropäischen Neutralitälsstcllung" gründlich besei tigt ist. In den hiesigen diplomatischen Kreisen hält man e- bereit- für eine ausgemachte Sache, daß der Art. 3 deö Vertrags mit dem Beginn des nächsten Jahres ins Leben treten werde, denn man will schon in dem Besitz positiver Jnhaltspunkte sein, daß Rußland in eine rückhaltlose An nahme der vier Punkte, wie sie in der neuesten österreichischen Note präci- sirt sind, nicht einwilligen wird. Daß diese Anschauung auch in den ent scheidenden Kreisen vorherrscht, wird mit jedem Tage klarer, und man braucht nur auf die im immer kolossaler» Maßstabe statlfindenden Rüstungen hinzuweisen, um diese Angabe auf die unzweideutigste Weise zu begründen. Die Truppen in den Donaufürstenlhümern sind bereits ansehnlich verstärkt worden und es gehen neuerdings fast täglich Militärtransporte dahin ab, um die dort stationirtcn Regimenter zu ergänzen, auch bestätigt eS sich, daß zwei französische Divisionen in die Walachei einrückcn werden, um in Ge meinschaft mit unsern Truppen die Fürstenthümer vor einer russischen Inva sion zu schützen. Die Berathungen, welche in neuester Zeit hier zwischen dem französischen General de Letang und den den Kricgsrath bildenden Ge neralen statlfanden, haben sich hauptsächlich auf diesen Gegenstand bezogen. Nach Galizien und in die Bukowina gehen seit ungefähr 14 Tagen fast täglich Truppen, Kanonen, Munition und verschiedene Lagerrequisiten ab, und im Laufe der nächsten Woche werden zwei leichte Cavalerieregimenter dahin befördert, von denen bereits gestern drei Escadronen dahin abge gangen sind. — Der Allgemeinen Zeitung schreibt man aus Wien vom 13. D«c.: „Die Durchzüge der Truppen gegen die nördliche Grenze deS Reichs werden hier täglich stärker. Gestern wurden die abziehcnden Bataillone von dem Kaiser noch um 9 Uhr Abend- im Nordbahnhof besichtigt. In der Suite des Monarchen befanden sich die Generale Heß, Grünne und Wim- pffcn. Abgegangen sind ein Bataillon des 2. ottochancr GrenzregimentS an der karlstädter Militärgrenze, dann zwei Batterien, ein TanitätSbataillox und ein Feldspital. Gleichzeitig trafen aus Böhme» und Mähren sehr zahl reiche Urlauber- und Rckrutentransportc ein, die zu» Ergänzung der im Süden der Monarchie stehen gebliebenen Regimenter bestimmt sind." — Die Wiener Zeitung bringt jetzt auch amtlich die kurze Anzeige, daß das Journal Lloyd in Anwendung des §. 22 der Preßordnung einge stellt worden. — Am 15 Dec. sind in Wien 11 Personen an der Cholera erkrankt, 9 genesen und 3 gestorben; am 14. Dec. sind 9 Personen erkrankt, 12 genesen' und 2 gestorben; am 15. Dec. sind 6 Personen erkrankt, 3 genesen und 3 gestorben. In der Behandlung verbleiben 108 Kranke. T ch tv e i z. /V Aus der Schweiz, 13. Dec. Dit amtlichen Berichte aus Tessi!» lauten sehr beunruhigend. Wenn nicht bald der Blockadezustand aufgehoben wird, könnte es leicht zu einem bedauerlichen Ausbruche in dem unglücklichen Staate kommen. '. Bern, 14. Dec. Im Ständerath stellte Dubs die Motion, den Bun- desrath einzuladen, über die gegen die Juden gerichteten cantonalen Gesetze und über die Beschränkung dieser Gesetze durch die Bundesverfassung Be richt zu erstatten. Trotz der Warnung Furrer'-, der Bund möge in der Judenfrage nicht die Initiative ergreifen, wird dieselbe angenommen. Ne ben scharfen Polizeigesetzen will man eine allmälige Emancipation der Ju den anbahnen." Btalie«. Sardinien. Turin, 12. Dec. Die II. Kammer hat in ihrer gestrig gen Sitzung auch die letzten Artikel des Gesetzentwurfs bezüglich deS Ac- tivbudgetS für 1855, ferner da- Gesetz, durch welche- Lotterien verbo ten werden, votirt. Frankr-tch. Paris, 15. Dec. Die Reden im englischen Parlament und un ter diesen besonder- die Aufklärungen, welche Lord I. Russell über den Deeembervertrag zum besten gab, vermehrten die Misstimmung auf unserm Geldmarkt. Es handelt sich für die Politiker der Contorö und det Börse weniger darum, daß Oesterreich keine bestimmte, d. h. keine ausdrück liche Verpflichtung übernommen hat, in dem oder jenem Fall bis zu dieser oder jener Zeit die Feindseligkeiten gegen Rußland zu eröffnen, sondern daß es sich nun unwiderleglich ergibt, in dem letzten diplomatischen Act s«i auch