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MS s - « l I *—rVreiden, 30. Nov. Frau Braunecker-Schäfer hat vorige Woche Ihr Gast spiel auf hiesiger Bühne in den beide», von ihr hier «ingesührten Farcen: „Dpanisch und Englisch" und „Senora Pepita, mein Name ist Mayer", beschlossen, ES ist ivol kann, etwa» Abgeschmacktere- als das erste Stück Bedieutenarbeit aus dem Französischen überseht worden. Mit der Kunst haben natürlich derartige Sache», die bloS für die Modespie- lereicn und Kunststllckchc» einer hübschen Actrice geduldige Eselsbrücken sind, überhaupt nur eine sehr entfernte Verwandtschaft, deren jene sich schämen must; aber auch der niedrigste Anspruch darf doch wenigstens verlangen, dass ihm die Flut der Fadheit und deS UngeschmackS nicht gleich an den Hals geht. Zum Uebersluß trug Hr. Meinhold das Möglichste dazu bei, die Trivialität der witzlosen Gelegenheitsbluette durch seinen, sogar von Sprachschnitzern nicht freien Vortrag t» das grellste Licht zu stellen. Wir habe» den jungen Komiker, der übrigens durchaus nicht ohne Begabung ist und diese schon in mancher Nolle gezeigt hat, niemals so gewöhnlich und uninteressant gesehen, und niemals ist nnö sein Dialekt so störend aufgesallen. Fran Braunecker-Schäfer producirtc ihre mannichfaltigen Fertigkeiten wieder mit vieler Geläufigkeit und Sicher heit und sand reichliche»Beifall. — Die Bescherung des dramatische» Kindei spielzeugS dnrch Frau Brauneckcr-Dchäfer wurde durch eine Vorstellung des „Do » Carloü " unterbrochen, welcher deshalb mit zwiefach crnsterMacht aufdie Stimmung des zahlreichen und gespannten Publikums wirkte. Bekanntlich hat die ideale Großheit des Marquis Posa ihre» edelsten Ver treter unter allen Darstellern gegenwärtig in unserm Emil Devrient, und als solcher erhob und eiitzückte er auch diesmal wieder die ihn durch Applaus und Hervorruf ebenso wie durch athemlos lauschende Stille während seines rcichbeseeiteu Vortrags auszeich- nende Versammlung. Es ist nicht ohne Begründung, daß man Hrn. Emil Devrient den unvergleichlichsten Schiller-Spieler genannt hat. und man sagt damit etwas ohne Zweifel sehr Ehrenvolles. Wir wüßten keine» Schauspieler, welcher der Eigenthnm- lichkeit des Schiller'schen Schwungs und seiner poetischen Verklärung einen so vollen und reinen Ausdruck zu geben wüßte. Dieser ist gleichsam die Basis seines umfang reichen DarstellungSgebietS, auf welchem der verehrte Künstler Meister ist, mag er einen Cvriolan oder Richard il., mag er einen Tasso oder Egmont, mag er einen Don Cesar oder Perin gebe». Die Partie des Don Carlos wurde von Hrn. Liebe mit an- «rkennenswerthcm und im Ganzen glücklichem Bemühen gespielt; besonders that uns ciy« gewisse diskrete Haltung seines Prinzen wohl und unterschied sich sehr vortheil- haft von der unprinzlichen Art und Weise vieler jungen Schauspieler, sich in den Vor dergrund zu drängen. Die Scene» ausbrechcndcr Leidenschaftlichkeit gelingen dem streb same; Schauspieler weniger. Vorzüglich in jeder Beziehung war Frau Bayer-Bürck als Eboli, sehr würdig Hr. Quanter als Domingo und Hr. Winger als Lerma, un zulänglich Frl. Michalesi als Königin, die in Ermangelung einer jünger» Darstellerin für derartige erste Partien im Hähern Schauspiel diese Rolle hatte übernehmen müssen. — Einstudirt wird Gnßkow'S: „Lenz Söhne und Compagnie." Auch der „Fechter von Ra venna" soll bald zur Ausführung kommen, linier den eiugesendetcn Stücken nennt man eine Tragödie: „Walpurga", von Rudolf v. Neidisch, einem hier lebenden Autor, von dem vor einer länger» Reihe von Jahre» ein Stück: „Heinrich der Löwe", hier gespielt worden, ferner ein historisches Trauerspiel: „Herzog Bernhard von Weimar", dessen ungcnaiinter Verfasser in Weimar zu leben scheint, und ein von Wilhelm Wolf sohn eben beendetes Stück: „Eine Seele." Andere hiesige Schriftsteller haben drama tische Arbeiten unter der Feder. vteipzig, 30. Nov. Achtes Gewandhausconccrt. Das den Concertabeud eröffnende Stück war Schumann'« Symphonie in v moll (Rr. -1); es ist bekannt, daß der Reihenfolge nach diese Symphonie eigentlich die zweite ist und in die frischeste Zeit von des Componistcn Producirc» fällt, wo noch Alles unverdüstert und klar sich aus spricht und die romantischen Siebeischleier weniger dicht hängen. An wahrhaft liebens würdigen Zügen si»d die beiden mittler» SäSe, Romanze u»d Scherzo, reich; weniger ungezwungen, wenn auch combinatorisch reicher, sind der erste und letzte Satz; das Fortspinnen sieht hier mühevoller aus und artet öfter in eine unnöthige Weitschweifigkeit aus. Um hier gleich mit den Orchcstcrsachen abznschließe», erwähnen wir der prächtig executirten Zauberflöte-Ouvertüre, die den Anfang des zweiten Conccrtthcils bildete. Die instrumentale Virtuosität war durch Hrn. Alfred Jacll vertreten, dessen glänzendes Klavierspiel die lebhaftesten Acclamationen hcrvorrief. Er schüttete ein ganzes Füll horn voller funkelnder Trillerkctten und blitzender Arpeggicngeschmeidc über die Hörer ans und machte durch seinen Neichthum an Fertigkeiten selbst den Rigorismus der Concertkrittler etwas milder, die ewig von Tiefe der Compositio» reden und mir schein heiligem Eiser gegen sogenannte leichte Speisen protcstiren, während im (gründe des i Herzens sie sich gestehen, daß es doch eigentlich recht gut geschmeckt hat. Die von Hrn. Jaell vorgetragencn Stücke waren: Choptn'S Conccit i» K-moli und drei Sa- j l e t o n. lonslückc seiner eigenen Compositio»: Caprice über ein Motiv aus Mercadante « „Giu- ramento", „WaldeSslüstern" und eine Transcriptlon eines englischen Liedes. Frl. Stab bach trat zum letzten male vor unserm Publicum auf und zwar sang sie die Arie aus „TituS": „bloi; plü <li llori" und die aus „Paulus": „Jerusalem" rc. Wenn wir noch einmal de» Verlauf ihrer Leistungen überblicken, so können wir freilich nicht zurück nehmen. was wir über die Kühlheit ihrer Vortragsweise hier und da auSsprechen muß ten; aber verhehlen läßt sich doch auch nicht, daß sich zuweilen sehr Befriedigendes vorfand und daß das absolute Verdammen von manchen Seiten her etwa» übertriebe» war. Hr. Guglielmi, ein Baritonist mit schöner Stimme, sang mit der Manier der schlechten italienische» Sänger die „Kirchenarie" von Stradella und ei» Mendelssohn'scheS und Schubert scheS Lied. Er sucht de» Affeet durch Trcmutiren der Stimme zu errei chen und verschmäht cS, die Melodie in schöner Verbindung vorzntragen: dieses Zer hacken und Zerpflücken innerhalb der musikalischen Phrase machte sich besonders bei den Liedern unangenehm bemerkbar. * lieber das Klima von Sewastopol heißt es in der Allgemeine» Zeitung: „Da cS sich leicht fügen könnte, daß die Allürten einen Winter auf dem Plateau von Bala- klava zubringcn müssen, so werden folgende meteorologische Wertbe von Interesse sein. Nach A. v. Humboldt (Kleinere Schriften, Bd. I, Taf. I V) beträgt die mittlere Jah restemperatur von Sewastopol 11,7" des hundertthciUgen Thermometers. ES steht diese Stadt daher genau auf der Isotherme von Turin, und sie ist ungleich günstiger gelegen als das nur wenig von ihr entfernte Simpheropol (9,6" d. h. 1h ). Zum Vergleich erinnern wir noch an Paris, welches einer Mittlern Temperatur von 10,8" sich erfreut. Allein die mittlere Jahrestemperatur ist für n»s weniger von Werth als die mittlere Temperatur des Winters, die bei Sewastopol 2,3" beträgt. Es liegt daher aus der isothermen Linie mit Mailand, Pavia, Washington, günstiger als Genf (0,5") und Lausanne (0,5"), aber ungünstiger als Paris (3,3"). Die mittlere Temperatur des kältesten Monats (Januar) beträgt 1,4", bei Turin — 0,6" (Januar), bei Paris 1,9'' (Januar), bei Bologna 1,2", bei Genf — 0,6". Diese Werthverhältnisse erklären vollkommen, daß an der Südostküste der Krim Feigen und Oliven im Freien gedeihen. Was die Belagerer betrifft, so muß man sich indessen sagen, daß ihnen die obigen Tem- peraturwerthc zwar günstig sind, daß aber noch mehr davon abhängt, ob sie viel stille oder viel stürmische Tage zu erdulden haben Wenn die Luftmassen tu raschere Bewegung gerathen, vermögen sie natürlich dem animalischen Leben viel mehr Wärme zu entzie hen als wenn sie sich nur langsam bewege» (Windstille)." *Es ist eine erfreuliche Erscheinung der Zeit auf dem Gebiete der kirchlichen Mu sik, wenn Männer, die ihrer künstlerischen Natur nach für dieses Fach der Kunst ge schaffen sind, der Oeffeutlichkeit Werke übergeben. Ein solcher Komponist ist jeden falls der jetzige Cantor und Musikdirector der Thomasschule, Moritz Hauptmann. Niemand wird in Abrede stellen, wie seine Musik, so einfach-schön, schlicht, dabei aber von echter Kunst getragen, de» Geist über den Staub der Erde erhebt. Seine Messen, sei» Offertorium, seine Motetten legen Zeugnis;, dafür und davon ab. Recht erfreulich, wie schon oben gesagt, ist es daher, daß der für dieses Fach hochbegabte Mann von Zett zu Zeit Keime seiner Muse ans Licht treten läßt. Es geschieht dies jetzt wieder durch die Herausgabe von einer „Vocalmcffe für Chor- und Solostimmen" (O,>. 18) und dcrCan- tate „Herr! Herr! Wende dich zum Gebete rc." für Cbor rc., mit Begleitung von Orgel und vier Posaunen (Op. 38). Wenn das erstgenannte dieser Werke stärkere Kräfte in Anspruch nimmt, so kann das zweite auch von Mittlern in Angriff genommen wer den. Die auf Einübung nnd Executiruug verwendete Mühe wird sich reichlich beloh nen an Hörer» und Vortragenden. * Kerim, 30. Nov. Erlauben Sie mir eines auf dem Gebiete der Naturwissen schaften neu erschienenen Werks, über welches sich Alexander v. Humboldt, dem dasselbe gewidmet ist, anerkennend geäußert bat, zu erwähnen. Es ist dies: „Physik der Erde. Handbuch für Gebildete und Lehrer mit 9 Tafeln von A. v. Teichmann, Lieute nant in der Artillerie." (Berlin, G. Reimer, 1851). Es zeichnet sich dieses Merk chen besonders dadurch ans, daß es, de» Standpunkt des Laien einnehmend, die Gegen stände Geologie, Hydrographie und Meteorologie kurz, klar und doch im Wesentlichen erschöpfend darstellt. "Der König von Baiern hat zu Mitgliedern des MaximUianSordens, Ab- theilung für Wissenschaft, ernannt: den Geh. Rcgierungsrath und UniverfitätSprofeffor BrandiS zu Bonn, den Gcheimrath und ttniversitätöprofessor Mitscherlich zu Berlin, den Nuiversitätsprofessor Homeyer zu Berlin, de» 0r. Schack zu Berlin, den Univer- fitätsprofessor und Vorstand der Sternwarte Lamont zu München. Ankündigungen. Anzeigen werden angenommen in den Expeditionen in Leipzig (Querstraße, Nr. 8) nnd Dresden (bei < Neustadt, Au der Drücke, Nr. 2.) 1 Bei F. Hk. Brockhaus in Leipzig erschien und ist in allen Buchhandlungen zu erhalten: Mum der neuem deutschen Lyrik. Zwei Theile. Geheftet 2 Thlr. 15 Ngr- Gebunden (in einem Band) 2 Thlr. 2V Ngr. Diescs Album bietet in geschmackvollster Auswahl (aus etwa 25,000 geprüften Gedichten) das Beste der neuern deutschen Lyrik, vorzugsweise der nach-Göetbe'schen Zeit. Der Herausgeber, vr. O. Eichert, sagt in feinem Vorwort: „Das Beste sollte hier bargeboten werden, wozu der deutsche Genius während der letzten Deeennien unsere Dichter angeregt hat; es sollte eine Sammlung entstehen, mit brr wir uns auch vor dem Stuslanbe könnten sehen lassen." Die typogra phische Ausstattung ist vorzüglich und dieses Wlbum eignet sich somit in jeder Weise besonders zu Geschenken. > s3633j Atsrr Akrt» , chemisch zusammengesetzte haarstärkende Pomade, welche selbst aus kahlen Flecken, wenn es irgend »och möglich ist, einen Haarwuchs hervorzubringen, eineFülle jungerHaare erzeugt, das Ausfallen so fort verhindert, empfiehlt in Glas-Pots zu 12'/, Ngr. da» BereiNS-ComPtoir, Petersstraße Nr. 13 in der Hausflur. Im Verlage von G. Braun» Hosbuchhandlung in Karlsruhe, ist soeben erschienen und ilt allen Buch handlungen zu haben: Der russisch-türkische Krieg in den Jahren 1853 und 1854, von der Aeberschreitong des Pruth durch die Russen bis ;u ihrem Rückgang über diesen Fluß. In gedrängter llebersicht vom militärische» Standpunkt beschriebe» »nd beleuchtet von einem süddeutschen Ssstzier. Mit acht ZZeltageo und zwei AiHersichkliaiton. Preis 28 Ngr. Wir können diese Schrift nicht nur jede», Militär, son dern auch jedem gebildeten Laien als eine cbenso anzie hende, als belehrende Lectüre empfehlen. f3614j LtLät-lksalE Sonnabend, 2. Dec. kein Theater. Sonntag, 3. Dec.. 31. Abonnements-Vorstellung. Zum erste» Male: Qben und Unten. Lustspiel in 2 Abthciiungen, von Roderich Beürdtx. 1. Abtheilung: Die Herrschaft, in I Aufzuge. II. Ab- theilung: Die Dienstboten, in 1 Aufzuge. — Dazu: Neu einstudirt: Dev reifende Student, oder: Das Don nerwetter. Musikalisches Quodlibet in 2 Acten, neu bearbeitet von Schulz.