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besitzt durch die jugendliche Frische und klassische Klarheit seiner musikalischen Gedanken einen hellen, kraftvollen Charakter, der an die Nähe der 1. Sinfonie erinnert. Klarinetten, Trompeten und Pauken verstärken noch diesen festlich optimistischen Eindruck. Wie üblich stehl der erste, umfangreichste Satz (Allegro con brio) des Konzerts in Sonatensatzform. Die Orchestereinleitung bringt die Themenaufstellung. Ein akkordisches Marschthema kündigt den strahlenden Cha rakter des Werkes an. Zunächst leise beginnend, wird es bis zum Tutti gesteigert. In Es-Dur steht das gesangvolle zweite Ihema, das nach einer kurzen Durchfüh rung wieder vom Hauptgedanken und einem marschartigen Nachsatz abgelöst wird. Nun setzt das Soloinstrument ein und leitet zum Hauptthema über, das variiert und mit glanzvollen Passagen umspielt wird. Den Durchführungsteil be herrscht in erster Linie der Solist, obwohl das Orchester durchaus selbständig in die musikalische Entwicklung eingreift und den Satz — nach der solistischen Ka denz - epilogartig beschließt. Von intimem Stimmungsgehalt erfüllt ist der Mittel satz, ein As-Dur-Largo, das wie eine große lyrische Gesangsszene des Soloinstru mentes anmutet. Innige Empfindungen drücken das kantable Hauptthema, die reichen Verzierungen und Kantilenen dieses Satzes aus. Das Orchester, mit dem Solisten dialogisierend, steigert den Gefühlsgehalt der musikalischen Aussage. Mit einem übermütigen tanzliedhaften Thema eröffnet das Soloklavier das Rondo-Finale (Allegro), Auch das Kontrastthema berührt wie ein Volkslied. Humorvoll, spritzig ist der Charakter des Finales, das wirkungsvoll das Konzert krönt. Im Jahre 1839 schrieb Robert Schumann seiner Braut Clara Wieck über die geplante Komposition eines Klavierkonzertes, das er ihr zugedacht hatte: „Es wird ein Mittelding zwischen Sinfonie, Konzert und großer Sonate; ich kann kein Konzert für Virtuosen schreiben und muß auf etwas anderes sinnen". Schon sehr viel früher hatte sich Schumann mit dem Plan eines Klavierkonzertes beschäftigt. Bereits von dem 17jährigen existieren Notizen über den Entwurf eines Konzertes in E-Dur, dem während seiner Studienzeit in Heidelberg die Arbeit an einem anderen in F-Dur folgte; von beiden Entwürfen ist jedoch nichts mehr erhalten. Das Klavierkonzert a-Moll op. 54 entstammt den Jahren 1841 bis 1845. Nachdem der Komponist 1841 den ersten Satz des Kon zertes als selbständige „Konzertfantasie für Klavier und Orchester“ vollendet hatte, entstanden erst vier Jahre später die beiden anderen Sätze des Werkes. Die Uraufführung fand am 4. Dezember 1845 mit Clara Schumann als Solistin in Dresden statt. Kurz danach wurde es auch im Leipziger Gewandhaus, hier unter der Leitung Felix Mendelssohn Bartholdys, aufgeführt. Der große Erfolg, den das Werk von Anfang an hatte, ist ihm stets treu geblieben. Tatsächlich stellt das a-Moll-Klavierkonzert — Schumanns einziges Konzert für dieses Instrument — nicht nur eines der genialsten und auch der bekanntesten Werke des Meisters dar, sondern gehört zu den schönsten und bedeutendsten Schöp fungen dieser Gattung überhaupt. Zu einer Zeit geschrieben, als die von Mozart und Beethoven geprägte klassische Form des Klavierkonzertes viele Komponisten dazu verführte, unselbständig diese großen Vorbilder nachzuahmen, brachte Schumann in seinem Konzert in schöpferischer Weiterentwicklung, dem neuen Geist seiner Epoche entsprechend, formal wie inhaltlich ganz Neues und Eigenes. Das Klavier steht bei ihm, dem Klavierkomponisten von stärkster Eigenart, rnit neuen, kühnen Klangkombinationen und Wendungen zwar unbedingt im Mittel punkt des Geschehens, ist dabei aber ganz in den Dienst der Kompositionsidee gestellt und verzichtet — trotz schwierigster Aufgaben für den Solisten — voll kommen auf jede äußerliche Virtuosität und leere technische Brillanz. Gleich zeitig jedoch gelingt Schumann in seinem Klavierkonzert (im Gegensatz zu Chopin, dem einzigen Meister der Zeit, der ihm in der Gestaltung des Klavier parts seiner beiden Konzerte kongenial ist) auch eine großartige Verschmelzung von Klavier- und Orchesterklang, die Schaffung einer Einheit zwischen solistischem und sinfonischem Element. Soloinstrument und Orchester dienen in schönster gegenseitiger Durchdringung gemeinsam dem musikalischen Ausdruck, der Darlegung einer unermeßlich reichen Fülle von Gedanken und poetischen Stimmungen, in herrliche Melodien und edle Formen gefaßt. Drängende Leidenschaft und Sehnsucht bestimmen den Charakter des ersten Satzes (Allegro affettuoso). Nach einer kraftvoll-energischen Einleitung durch das Klavier ertönt zuerst in den Bläsern, dann vom Solisten wiederholt, das schwär merische Hauptthema, das in seinen Motiven als Leitgedanke des Werkes in allen Sätzen wiederkehrt. Darauf entwickeln sich im reizvollen Wechsel zwischen Orchester und Solisten nacheinander eine Reihe der verschiedenartigsten Bilder und Stimmungen, wobei das Hauptthema mit seinen einzelnen Teilen, dem hier kein eigentliches zweites Thema entgegengestellt wird, in wechselnder Beleuch tung, der Phantasie breitesten Spielraum gebend, den Verlauf des Satzes beherrscht. Die Reprise hat ihren Abschluß und Höhepunkt in der breit ange legten, verinnerlichten Kadenz des Soloinstrumentes. Kraftvoll vorwärtsstürmend wird der Satz danach abgeschlossen. Völlig entgegengesetzt erscheint der kurze zweite Satz (Intermezzo - Andantino grazioso), der durch die überaus poetische, graziöse Wiedergabe ruhiger, gelöster Empfindungen gekennzeichnet wird. In feinem Dialogisieren zwischen Klavier und Orchester über ein Thema, das dem Hauptthema des ersten Satzes entstammt, entfaltet sich ein anmutiges, subtiles Spiel. Der kantable Mittelteil des Intermezzos bringt ein ausdrucks- und gefühlvolles Thema, das zuerst von den Violoncelli vorgetragen wird, während sich das Klavier in zarten Arabesken ergeht. Auch das schwungvolle, frische Hauptthema des unmittelbar anschließenden Finalsatzes (Allegro vivace) wurde aus dem Hauptthema des ersten Satzes gewonnen, und zwar diesmal durch eine rhythmische Verschiebung. Das sprü hende, fast tänzerisch anmutende Finale nimmt einen leidenschaftlich-bewegten, farbigen Verlauf und endet auch nach einer im wesentlichen vom Soloinstrument getragenen Schlußsteigerung in lebensbejahender, freudig-weltzugewandter Haltung. Dr. habil. Dieter Härtwig VORANKÜNDIGUNGEN: Mittwoch, den 7., und Donnerstag, den 8. Februar 1973, jeweils 20.00 Uhr, Kulturpalast 8. AUSSERORDENTLICHES KONZERT Dirigent: Günther Herbig Solist: Igor Besrodny, Sowjetunion, Violine Werke von Bach, Schubert und Sibelius Freier Kartenverkauf Mittwoch, den 21., und Donnerstag, den 22. März 1973, jeweils 20.00 Uhr, Kulturpalast 9. AUSSERORDENTLICHES KONZERT Dirigent: Siegfried Kurz Solistin: Natalia Schachowskaja, Sowjetunion, Violoncello Werke von Tschaikowski, Smetana und Dvorak Freier Kartenverkauf Programmblätter der Dresdner Philharmonie — Spielzeit 1972/73 — Chefdirigent: Günther Herbig Redaktion: Dr. habil. Dieter Härtwig Druck: Polydruck Radeberg, PA Pirna - 111-25-12 3 ItG 009-2-72 l*hi • l ''S3»| ne p Harmonie, 19 72/73