Volltext Seite (XML)
LV44 an der Alma zu beglückwünschen. Dann freilich erscheint ein etwa nach träglich erfolgter Tadel in zweifelhaftem Lichte. Mag derselbe dann poli- tisch immerhin dennoch gerechtfertigt sein können: für die Politik Oester reich« würde daraus, daß nach dem Schritt des Fürsten Gortschakow, welcher bekanntlich eine Erklärung in Betreff der fraglichen Gratulation ver langt hat, ein officielleS Dementi erfolgte, folgen, daß dieselbe nicht den Muth der eigenen Handlung besitze, und c« würde dieser Vorfall den Gegnern Oesterreichs ein sehr willkommener sein, als neuer Beweis dafür, daß, mit wie großem Anschein von Entschiedenheit dasselbe auch bisher gehandelt, es doch noch den ersten Schritt einer zweifellosen Willenskundgebung schuldig sei. — Was die Ost-Deutsche Post neulich über die Dimission des Frhrn. v. Manteuffel, über den Prinzen von Preußen und die neue Note der West- mächte erzählte (Nr. 240), ist ohne die mindeste Begründung. Dies au- zuverlässiger Quelle. r Berlin, 13. Oct. In der vorgestrigen Sitzung des Gesammtstaats- Ministeriums ist, wie man als gewiß hört, außer der Angelegenheit in Betreff der Einberufung der neuen I. Kammer auch die Frage erörtet wor den, in welcher Weise das Bundespreßgeseh in Preußen zu veröffent lichen sei. Wie verlautet, dürfte die Veröffentlichung des Bundespreßgcsctzes im preußischen Staate demnächst zu erwarten sein. Hinsichtlich der Ein berufung der neuen I. Kammer erfährt man, daß alle Hindernisse, welche einer solchen Einberufung für die bevorstehende Kammersession noch entgegen» stehen dürften, so rasch als möglich hinweggeräumt werden sollen. — In einem frühem Schreiben haben wir bereits darauf hingewiesen, daß von mehren Seilen auf eine Abänderung des wichtigen Art. 12 der Verfassung hingewirkt wird. Dieser Artikel bestimmt bekanntlich, daß der Genuß der bürgerlichen und staatsbürgerlichen Rechte von dem religiösen Bekcnnt- niß unabhängig sein soll. Eine Vorlage, welche sich auf die angestrebte Abänderung bezog, scheint wegen der geringen Zustimmung, die sie gefun den hat, wieder zurückgezogen zu sein, um eine Umarbeitung damit vorzu nehmen. Wie wir erfahren, dürfte unter den verschiedenen Vorschlägen, welche bezüglich der in Rede stehenden Angelegenheit in der bevorstehenden Kammersession gemacht werden sollen, ein Vorschlag auch dahin gehen, daß der Artikel fortan laute: „Der Genuß der bürgerlichen Rechte ist unab hängig von dem religiösen Bekenntniß." Die „staatsbürgerlichen" Rechte wür den mithin ausfallen, falls dieser Vorschlag von den Kammern angenom men werden würde. Es bedarf wol kaum des Hinweises, daß namentlich die Juden durch eine solche Abänderung des Art. 12 betroffen werden wür- den. Man wird sich erinnern, zu welchen Kämpfen in der II. Kammer in der vorigen Session die Frage Veranlassung gab: ob ein Jude Schulze oder Vorsteher einer Gemeinde sein könne? Die oben berührten Bestrebun gen scheinen mit dieser Fragt auch in Verbindung zu stehen. — Die Allgemeine Zeitung sagt in einem „Die Pflicht Preußens" überschriebenen Artikel: „Das sicherste Mittel, es Oesterreich gleichzuthun, ist für Preußen, wenn sein König mit dem österreichischen Kaiser concurrirt nm die Sympathien des deutschen Volks. Die Hohenzollern stehen dem selben so nahe wie die Habsburger; beide Namen sind gleich bekannt in deutschen Landen. Auch für Preußen gibt es Fürstenthümer, die sich nach deutschem Schutz sehnen, auch für Preußen gibt es ein Meer, auf dem man sich nach einer andern Herrschaft umschaut als der russischen. Schleswig- Holstein und Kurland wiegen sicher die Walachei und Moldau, die Weichsel die Donau auf, die Baltische See ist ein so schönes Stück Wasser wie der Pontus. Und warum wollen die Hohenzollern auf dieses Ziel verzichten; ist der Preis richt heißen Kampfes werth? Focht doch der große Friedrich um ein Stück vom Oberthal zehn Jahre. Preußen Hal keinen andern Geg ner in diesem Augenblick als Rußland und sich selbst, denn die Westmächlc haben keine Wahl mehr; was sie wünschen müssen, kann nur durch Deutsch land erreicht werden, nur durch die deutsche Machtstellung, nur durch deutsche Schwerter können sic siegen. Ocsierrcich will, cs muß sichcrgchen; Preu ßen muß sich daher entschließen, ob es in jeder Gefahr zu ihm stehen will oder nicht. Wir zweifeln nicht, daß die Entscheidung Preußens nur die des Herzogs Bernhard vor Nördlingen sein kann: «Unsere Bundesgenossen ver langen Hülfe, folglich müssen wir schlagen.«" — Die Neue Preußische Zeitung schreibt: „Der Prinz von Preu ßen und der Prinz Friedrich Wilhelm werden im Laufe des morgenden Tages von Koblenz hier erwartet." Baiern. München, 11. Oct. Die Allgemeine Zeitung meldet, daß die Schließung der Ausstellung statt am 15. erst am 18. Oct. erfolgen wird. Es sei kein Zweifel, daß diese dreitägige Verlängerung, durch welche zunächst den am 16. Oct. zusammentretenden Mitgliedern beider Kammern noch Gelegenheit geboten werde, die Ausstellung zu sehen, von dem aus wärtigen Publicum zur Reise nach München noch recht vielseitig benutzt werden werde. Oesterreich. Dem Journal de Francfort schreibt man unterm 8. Oct. aus Wien: „Die Antwort des kaiserlichen Cabinets vom 30. Sept, aus die preußische Note vom 21. Sept, ist ein Ereigniß von überwiegen der Wichtigkeit. Zwei Punkte dieses Aktenstücks fesseln vorzüglich die Auf merksamkeit Deutschlands. Auf eine Anführung Preußens antwortend, er klärt das kaiserliche Cabinet, daß durch die Zurückziehung der russischen Truppen aus den Donaufürstenthümcrn die Gefahr eines Conflicts zwischen den beiden Reichen nicht beseitigt worden ist. Wir fragen einfach, was das berliner Cabinet sagen würde, wenn Preußen sich in der gegenwärtigen bedrohten Lage Oesterreichs befände, zwischen beiden auch ein ganz gleiches Schuh- und Truhbündniß bestände und Oesterreich ihm beweisen wollte, daß e- nicht bedroht sei? Wie könnte die Erklärung Rußlands, besagend, daß eS auf der Defensive beharren wolle, genügen, solange diese Macht auf keine der Anfoderungcn verzichtet, welche den Krieg veranlaßt haben? Durch den Rückzug seiner Truppen aus den Fürstenthümcrn ist die strate gische Lage Rußlands nicht schwächer, sondern stärker geworden. Sie war schwach, als seine Armeen an der Donau kämpften, wo Oesterreich, wenn es gewollt, sie hätte vernichten können. Jetzt behaupten die Russen im Ge- gentheil eine sichere und starke Position, und wer garantirt uns, daß sie bei erster Gelegenheit die Offensive nicht wiederergreifcn, da, wie gesagt, Rußland auf keinen seiner Ansprüche verzichtet hat? Man lese die «Ge- schichte des Kaiserreichs» von Thiers und man wird daraus ersehen, welche Mühe Rußland sich >808 in Erfurt gegeben, um Napoleon zu vermögen, die Donausürstenlhümer ihm zu überlassen; ein unwiderlegbarer Beweis von der Wichtigkeit, welche es auf den Besitz derselben legt. Die russische Re gierung kann nicht auf den so geräuschvoll gefodcrtcn Schutz über die mor genländische Kirche verzichten, ohne ihr eigenes systematisch fanatisirte« Volk tief zu verletzen. Und wie könnte sie, ohne dazu gezwungen zu wer ben, eine zu ihrem Nachtheil vorzunchmcnde Revision des Vertrags von 1841 bezüglich der Meerengen zugestehen? Bisher hat Rußland mit un erschütterlicher Beharrlichkeit das Princip vertheidigt, daß die zwischen ihm und der Türkei bestehenden Beziehungen einzig und allein seine An- gelegenheit seien und nicht zugleich auch die Europas. Und jetzt würde cs einem entgegengesetzten Princip beipflichten? Alles Dies wird^ Ruß land vermögen den Krieg fortzusetzcn, selbst wenn cs Sewastopol ver lieren sollte. Es ist wahrlich nicht umsonst geschehen, daß es seine Kern truppen nach Polen geschickt hat. Die Chancen eines Conflicts zwischen Rußland und Oesterreich haben sich also nicht vermindert, sondern ver mehrt. Und jetzt will man das Schutz- und Trutzbündniß so ausdeuten, daß man daraus folgern könnte, man sei nur dann gehalten zu rüsten, wenn Oesterreich wirklich angegriffen werde! Diese Ausdeutung, die weder vortheilhaft noch ehrenhaft für Diejenigen ist, von denen sie herrührt, kann sowol für sie als für ganz Deutschland höchst nachtheilig werden. Der zweite Hauptpunkt in der österreichischen Antwort vom 30. Sept, ist die Erklärung, daß Oesterreich bei solcher Lage der Verhältnisse den Zweifel Preußens an der Füglichkeit einer gemeinsamen Antragstellung beider Mächte am Bunde für jetzt nur thcilen könne; daß Oesterreich vielmehr mit sich selbst zurathe gehen werde, ob es sich empfehle, seine Anträge in Frank furt abgesondert durch den kaiserlichen Präsidialgesandten einbringen zu lassen und eine Entscheidung des Bundes hervorzurufen, nach welcher Oester reich seine weitern Handlungen zu bemessen in der Lage sein werde, oder ob vorerst noch abzuwarten sei, bis die Regierungen des Deutschen Bundes es in ihrem Interesse finden werden, die Verhandlungen über die Frage, die Europa so tief erschüttert, wiedcraufzunehmen. Dahin also ist es gekom men, daß Oesterreich, nachdem es Alles aufgeboten, um den Deutschen Bund zu bewegen, die seiner allein würdige Stellung inmitten dieser großen Verwickelung cinzunchmen, jetzt, der langen unfruchtbaren Verhandlungen müde, es vorzieht, seine und Deutschlands Interessen auch fernerhin ohne Deutsch, land zu wahren, wie es bisher schon dieselben ohne dessen Beistand gewahrt hat! Will sich dann der Deutsche Bund wirklich zu einer Zuschauerrolle vcrurtheilen, einer Rolle, die ihn alles Einflusses auf die großen Angelegen heiten unsers Erdthcils beraubt und ihm die unterste Rolle im europäischen Staatensystem zumeist? Wir vermögen es nicht zu glauben. Und gleich wie die österreichische Antwort von dem preußischen Cabinet Berufung an das erhabene Gcmülh und den hocherlcuchtctcn Sinn Sr. Maj. des Königs von Preußen cinlegt, so legen alle Deutschen von den Cabineten Berufung an das edle und heilige Blut ein, das in den Adern der WittclSbacher, Wettiner, Welfen und der übrigen deutschen Fürstcngcschlechter rollt." — Dem Pester Lloyd wird aus Wien berichtet: „Die Westmächte haben, wie aus guter Quelle verlautet, außer den bekannten vier Foderun- gen, der Entschädigung der Kriegökosten und der Verminderung der russischen Flotte im Schwarzen Meere, nun noch eine siebente Foderung beschlossen. Dieselbe betrifft die Verbesserung der Lage der Katholiken in Rußland. Andererseits will das Gerücht von einem geheimen preußisch, russischen Ver trage wissen, in welchem sich Preußen die Grenze vorzeichnen ließ, bis zu welcher ein Bündniß mit den übrigen deutschen Staaten abgeschlossen wer den dürfe. In Betreff der Gerüchte, die Modificirung der dänischen Erb folge, anbelangend, kann nun aus officicllcr Quelle mitgethcilt werden, daß von Seiten Englands am 20. Sept, eine diese Frage betreffende erschöpfende Note an die belheiligten Mächte abgesendet wurde." — Die Wiener Zeitung vom 13. Oct. enthält über den Verlauf der Cholera in Wien folgende Kundmachung: „Am 10. Oct. sind in Wien an der Brechruhr 132 Individuen erkrankt, 21 genesen und 57 gestorben. Am 11. Oct. sind 85 Personen erkrankt, 19 genesen und 34 gestorben. Seit dem Ausbruche wurden von der Brechruhr 910 Bewohner Wiens be- fallen, von denen 107 genesen und 380 gestorben sind, die Zahl der in Behandlung verbliebenen Kranken beträgt 423." Aus Oesterreichisch-Schlesien, 8 Oct. Einem unserer neu lichen Nachricht über Ira Aldridge geltenden Dementi in der heutigen Troppauer Zeitung wollen wir nur entgegenhalten, daß der von uns er- wähnte Befehl in Betreff genauer Jnvigilation auf den schwarzen Tragöden allen unsern Grenzaufsichtsbchörden circulariter bekannt gemacht worden war. Mehr über die Sache zu sagen ist weder diese selbst noch die Troppauer Zeitung werth.