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1846 bürste das in vermittelndem Ginne zu nehmen sein, da die Foderungen und Wünsch« jener zwei Königreiche für das deutsche Interesse bei der orienta lischen Frage hier vielmehr al« den diesseitigen conform mit Sicherheit ge kannt sind." — Gestern Vormittag ist in einem Bureauzimmer des Magistrat« ein Mordversuch vorgefallen. Der Magistratsexecutor Schulze hatte sich um eine anderweile Anstellung im Postdepartement beworben. Von dort aus verlangte man die Einsicht seiner Personalacten. Von dieser Einsicht mochte Schulz« wol das Scheitern seiner Bewerbung fürchten und er petitionirte deshalb sowol bei dem Registrator Bergmann al« bei dem betreffenden De- eernenten, daß man die Acten nicht schicken möge. Al« er darauf erfuhr, daß diesem Ansinnen keine Folge gegeben worden, begab er sich gestern Vormittag auf das Bureau und stieß hier nach wenig gewechselten Worten dem Registrator Bergmann ein Messer in den Leib. Der Verwundete be findet sich in ärztlicher Behandlung; ob die Wunde lebensgefährlich sein wird, weiß man noch nicht. Der Thater ist verhaftet. Thüringische Staaten. Kvburg, 16. Sept. Der Publikation der neuesten Bundesgesetze über die Presse und das Vereinsrecht wird unsere Staatsregierung gleich denen der übrigen thüringischen Länder nur schwerlich entgehen können. Wie wir vernehmen, wird eine solche Publi- cation auch erfolgen, jedoch in der mildesten Form und erst nach einer Be- rathung mit der Landesvertretung. Die Staatsregierung hält eine der- artige Berathung für unerläßlich, da mehre der in den fraglichen Bundes gesetzen enthaltenen Bestimmungen unserm neuen Staatsgrundgesetz zuwi- derlaufen und demnach eine Abänderung des letzter« involvircn würden, jede Modificalion der Verfassung aber nur auf dem Wege landständischer Verhandlungen bewirkt werden soll. (Franks. I.) Oesterreich. -f-Wien, 19. Sept. Auch unsere österreichische Politik verwickelt sich nun in Widersprüche und fängt an, den preußi schen Charakter der Unschlüsfigkeit anzunehmen. Unser Cabinet erklärte dem Petersburger, daß es die vier bekannten Propositionen der Westmächte nicht nur durchaus billige, sondern sie auch zu den scinigen mache und nur auf Grund derselben unterhandeln werde. Das hieß doch dieselben zu unerläß lichen Friedensbedingungen machen und sich verpflichten, nur dann mit Ruß land auf freundschaftlichem Fuße zu bleiben, wenn dieses jene vier Friedens vorschläge annähme. Hätte Oesterreich mit seiner diesfälligen Erklärung einen andern Sinn, etwa den preußischen, verbunden, so durfte es sich nicht so klar ausdrücken. Die Westmächte müssen auch seine Erklärung so ge nommen haben, sonst wären sie nicht so sehr überrascht worden, als Oester reich jetzt plötzlich erklärte, es sähe in der Nichtannahme Rußlands keinen 6usu8 belli für sich. Was sind nun die Consequenzen der neuen schiefen Stellung Oesterreichs Rußland gegenüber? Da es sich von jenen Propo- sitionen nicht losgesagt hat, so bleibt es immer noch in einer ruffenfeind lichen Stellung, denn es verlangt vom Zar, derselbe solle seine wesentlichen bisherigen politischen und materiellen Vortheile aufgeben. Auf der andern Seite aber will es nichts thun, um Rußland zum Nachgeben zu nöthigen. Es muß also in einer defensiven Stellung mit 300,000 Mann an der rus sischen Grenze Gewehr im Arm stehen bleiben und warten, bis Rußland die den Interessen Oesterreichs angemessenen Friedensvorschläge annimmt. Geschieht dieses Letztere nicht, und ohne Zwang wird cs nicht geschehen, dann muß Oesterreich unverrichteter Sache sein Heer zurückziehen und von seinen Foderungen abstehen, denn zu einem 6g8U8 belli wurden ja dieselben nicht gemacht. Daß auf diese Art kein Resultat von nur einiger Bedeutung erlangt werden kann, daß dagegen dadurch die Feindschaft der kriegführen den Mächte auf beiden Seiten Oesterreich zugezogen werden muß, bedarf keines Beweises. — Die aus Schloß Weilburg am Typhus erkrankte. Erzherzogin Marie, Witwe des Erzherzogs Palatin, ist mit den Stcrbesacramenten ver sehen worden. — Nach einer Berechnung in der Sion hat sich der katholische Kle rus Oesterreichs an der großen Staatsanleihe mit der Summe von 15,564,164 Fl. betheiligt. —In Kronstadt traf am 9. Sept. Hr. v. Wojnesko, Oberst der wa- lachischen Miliz, ein, um den Feldzeugmeister Frhn. v. Heß im Namen des walachischen Verwaltungsraths zu begrüßen. Hr. v. Wojnesko hatte sich einer sehr freundlichen Aufnahme zu erfreuen. Schweiz. Der bekannte Flüchtling Thury wurde vom correctioncllcn Gericht in Basel zu 200 Fr. Strafe, zweimonatlichem Gefängniß und achtjähriger Verweisung aus der Schweiz verurtheilt. Btalie«. Kirchenstaat. Rom, 11. Sept. Man schreibt der Allgemeinen Zeitung: „Cardinal Antonelli ließ dem Staatsrath Brunner vorgestern den definitiven päpstlichen Entscheid über Form und Inhalt deS badischen Interims ausfertigen. Es ist zugleich eine Antwort auf die aus Karls- ruhe lehteingegangenen Depeschen. Ich kann Ihnen darüber aus bewährter Quelle so viel mittheilen, daß mit diesem vorläufigen Abkonimen beide strei tenden Theile in einer Weise zufriedcngestellt werden, welche der Umsicht und Gewandtheit der hiesigen badischen Unterhändler nicht weniger al« der Mä ßigung des Heiligen Stuhls zur Ehre gereicht. Hoffen wir, daß das da- durch vorbereitete Concordat in demselben Geiste der Milde und deS Frie dens abgefaßl werde. Ucbrigens hat man ganze fünf Monate gebraucht, ehe man sich über die nun geschlossene vorläufige Uebereinkunst einigen konnte. Wann da« Concordat selbst bi« dahin gediehen seiit wirb, ist der malen noch nicht abzusehen und hängt jedenfalls von Umständen ab, unter denen besonder« auch die nächsten Erfolge der Ausführung der vorläufigen Anordnungen maßgebend sein werden. RegierungSassessor Turban ging heute al- Ueberbringer des päpstlichen Entscheid« von hier nach Karlsruhe ab." Neapel und Sicilien, "Palermo, 4. Sept. Seit meinem letz ten Berichte vom 22. Aug. hat die Cholera hier bedeutend abgenom- men. Die Totalsumme der Verstorbenen in 22 Tagen, vom 10. Aug. bis 1. Sept., von 4240 Menschen macht auf die durch die Flucht Vieler auf 160,000 verminderten Einwohner circa 2'/, Proc. aus. Die Besserung in den GesundheitSverhältnissen ist ebenso wol den sich feit dem Auftreten der Seuche allmälig auch bessernden Maßregeln und Anordnungen von Sei ten der Regierung und der Gemeindebehörden, als dem muthvollen, rast- losen und wirklich uneigennützigen Eifer vieler nicht nach Verdienst geschätz ter und auch jüngerer Aerzle und endlich auch dem einsichtsvollen und ver- nünftigen Benehmen der Einwohner aller Classen zuzuschreiben. Wol sind Viele aus Furcht vor der Krankheit in die nähere oder fernere Umgegend geflohen, wol hörte man von vielen und zwar nicht immer der untersten Claffe der Gesellschaft Angehörenden, jedoch ganz leise das Wort Gift fallen; allein die Gelassenheit, ein Zeichen wahren Muthcs, mit dem man sich dem Geschick ergab, und das „tzuol vdv vuolo vio" unserer biedern Fischer und Barkenführerbevölkerung, dann ferner und vorzüglich da- öftere per sönliche und unerwartete Erscheinen des Hauptes der diesseitigen Regierung in allen Straßen der Stadt und in den Sitzung-localen der Gemeindebehör den: diese Umstände alle trugen dazu bei, zu verhindern,, daß die Seuche nicht den Grad der Heftigkeit, die wir im Sommer 1837 sahen, erreichte. Die seit dem 26. Sept, wehenden Nord- und Nordnordwestwinde haben durch Abkühlung und Reinigung der Luft das Ihrige auch gethan und man hofft mit vielem Grunde, daß wir bald von dieser Plage befreit sein werden. Unter der beinahe aus 15,000 Mann bestehenden Besatzung, vor züglich aber in dem hier liegenden über 2200 Mann starken 3. Schweizer regiment, hat die Seuche große Verheerungen angerichtet. Letzteres soll gegen 160 Mann (7 Proc.) verloren haben, was man vor allem dem un mäßigen Hange dieser Leute zum Trunk und dem Genüsse vielleicht un reifer Früchte , und anderer rohen Speisen zuschreiben muß. Die öffent liche Ruhe und Ordnung wurde jedoch auch nicht einen Augenblick gestört, auch bin ich fest überzeugt, daß auch nicht Einem Menschen in ganz Si- cilien so etwas in den Sinn kam. Wenn diese Verhältnisse hier selbst sich bessern, so haben wir dagegen das traurige Schicksal Messinas zu bekla gen und wahrscheinlich (genaue Nachrichten fehlen) viele dortige Freunde und Bekannte zu beweinen. Es scheint, die Seuche ist dort mit seltener Heftigkeit aufgetreten, sodaß Alle, die nur konnten, auf allen Seiten zu Lande und zur See sich flüchteten und sogar die Acrzte, selbst auch die Apo theker Reißaus nahmen und die Zurückgebliebenen ohne Hülfe und Bei stand waren. Die Zahl der Todesfälle war am 31. Aug. bis auf 500 gestiegen. Am I.Scpt. erreichten sie die Zahl 550, was, da die gewöhn lich 84,000 Seelen zählende Einwohnerschaft nach der Auswanderung auf höchstens 60,000 anzunehmen ist, beinahe 1 Proc. an Einem Tage aus macht. Auf die Einladung der Regierung sind mehre hiesige Acrzte und sonstige Hülfelcistende mit einem königlichen Dampfer dahin abgegangen. Auch von Neapel sollen mehre hingegangen sein. Alle Geschäfte stehen still und die sonst von so geschäftig hin- und hergehenden Leuten angefülllen Straßen sind beinahe leer, spätestens um 7—8 Uhr Abends ist außer den Apotheken Alles geschloffen, und sind etwa die Kaffeehäuser noch geöffnet, so sind dieselben nur düster beleuchtet, weil sie von Niemand besucht wer den, was Alles nicht wenig zum Herabstimmen aller Seelcnkräfte beiträgt. Frankreich. Paris, 18. Sept. Der österreichische Gesandte, Hr. v. Hübner, hat, die zeitweilige Unterbrechung der diplomatischen Unterhandlungen be nutzend, welche, wie ich schon angedeutct, den AuSgang des Angriffs auf die Krim abwarten, einen kurzen Urlaub genommen, um einen Ausflug, wie man sagt nach Südfrankreich, zu seiner Erholung zu machen. Es wäre, wie ich höre, nicht unmöglich, daß der österreichische Botschafter sei nen Weg nach Biaritz nähme, um daselbst dem Kaiser und der Kaiserin einen Höflichkeitsbesuch abzustattcn. Es kann nichts Widersinnigeres geben als die Gerüchte von einer Spannung zwischen den Cabineten zu Wien und zu Paris. Ich bin vollkommen in der Lage, zu versichern, daß das gute Einvernehmen zwischen den beiden Regierungen niemals ungetrübter war. — Das Journal des Döbats läßt sich von Berlin aus die preußi schen Rüstungen und Arbeiten in den festen Plätzen der Ostsee auf höchst einfache Weise erklären: „Kolberg, Swinemünde und Weichselmünde", antwortet es auf die verschiedenen Hypothesen übcr den Zweck dieser Maß regeln, „sind für Preußen von hohem Nutzen und es hat ein großes In teresse, sie stets in gutem Zustande zu erhalten. Seit einigen Jahren wa ren sie aber sehr vernachlässigt worden und die jüngsten Inspektionen zeig ten, daß alle diese Festungen rcparirt werden müßten, wenn man sie gegen die Angriffe des vom Nordwind in die Höhe getriebenen Meeres in Si cherheit bringen wollte; man erkannte sogar, daß es damit Eile habe. Die preußische Negierung hat daher Befehl ertheilt, die Reparaturen auf der Stelle vorzunehmen, und dies ist es, was den Argwohn gewisser Journale erregt hat." „Mit ein wenig Nachdenken", fährt da- Journal des Döbats fort, „hätte man indessen erkannt, daß die ausgeführten und noch in der Ausführung begriffenen Arbeiten keinen andern Zweck haben, als Festungswerk«, die seit langem an dieser Küste bestehen und niemals Je-