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DRESDNER PHILHARMONIE Freitag, den 5. Januar 1973, 20.00 Uhr Sonnabend, den 6. Januar 1973, 20.00 Uhr Festsaal des Kulturpalastes Dresden 5. PHILHARMONISCHES KONZERT Dirigent: Lothar Seyfarth Solist: Rolf Dieter Arens, Leipzig, Klavier Chor: Philharmonischer Chor Dresden Einstudierung Wolfgang Berger Leos Janäcek 1854-1928 Johann Cilensek geb. 1913 Cesar Franck 1822-1890 Lachische Tänze Starodävny I (Andante) Pozehnany (Allegretto) Dymdk (Allegro) Starodävny II (Moderato) Celadensky (Allegro) Pilky (Andante con moto) Konzertstück für Klavier und Orchester Fantasie Adagio Tokkata Erstaufführung PAUSE Psyche - Sinfonische Dichtung für Chor und Orchester I. Psyches Schlaf (Lento) Psyche wird vom Zephir entführt (Allegro vivo) II. Die Gärten des Eros (Poco animato — Lento) Psyche und Eros (Allegretto moderato) III. Psyches Verstoßung, Leiden und Verklärung (Quasi Lento - Lento) Zum 150. Geburtstag des Komponisten am 10. Dezember 1972 ROLF DIETER ARENS, einer der profiliertesten jüngeren Pianisten unserer Republik, wurde 1945 in Zinnwald geboren. Nach erster Unterweisung im Klavierspiel durch Prof. O. Keller in Leipzig studierte er von 1963 bis 1968 an der Leipziger Musikhochschule bei Prof. Heinz Volger. Am gleichen Institut wurde er 1966 Aspirant, 1970 Assistent und 1972 Oberassistent. 1966 errang der Künstler ein Diplom im Liszt Bartök-Wettbewerb in Budapest, 1963 wurde er Bach-Preisträger in Leipzig, erhielt im gleichen Jahr einen 2. Preis anläßlich der Weltfest spiele in Sofia und 1971 einen Sonderpreis beim Marguerite-Long-Wettbewerb in Paris. Rolf Dieter Arens konzertierte in der DDR, in der CSSR, in Bulgarien, in der Sowjetunion, in Zypern, Frankreich und produzierte zahlreiche Funkaufnahmen. ZUR EINFÜHRUNG Leos Janäcek (1854—1928) gehört neben Bedrich Smetana und Antonin Dvorak zu den bedeutendsten Persönlichkeiten der tschechischen Musik. Erst in den achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts fand er in der Volksmusik seiner mährischen Heimat die Ausgangsbasis für seinen mühevollen, geradezu fanatischen Kampf um eine eigenständige musikalische Sprache. In seinen neun Bühnenwerken, darunter „Jenufa", „Katja Kabanova", „Das schlaue Füchslein", „Aus einem Totenhaus'', kam er zu einem ganz eigenen realistisch-sensiblen Sprachgesang, der mit dem selbständig-sinfonischen Orchestergeschehen zu einer zwingenden Einheit verschmilzt. In den Jahren 1888 bis 1894 unternahm Janäcek intensive volkskundliche For schungen in den verschiedensten Landschaften Mährens. Er selbst stammte aus dem Dörfchen Hukvaldy (Hochwald) in der Lachei (Nordmähren), kannte also das dörfliche Leben sehr genau. Er sammelte Volkslieder und -tänze, zeichnete sie auf und publizierte sie. So gab er 1891 und 1893 die Sammlung „Volkstänze in Mähren" mit lachischen, wallachischen und hanakischen Tänzen heraus. Die Ergebnisse seiner Forschungen schlugen sich auch in verschiedenen Artikeln nieder, die noch heute von großer Bedeutung für die tschechische Volkskunde sind, so beispielsweise der umfangreiche Aufsatz „Musikalische Charakteristik der mährischen Volkstänze". Bei der Sammlertätigkeit — die Melodien wurden Volksmusikanten abgelauscht — fesselten den Komponisten sowohl die musikalische Substanz als auch das tänzerische Brauchtum. Diese Beschäftigung mit den Volkstänzen seiner Heimat gab Janäcek 1889 die Anregung, die Lachischen Tänze für Orche ster zu schreiben, wobei zweifellos auch die Beispiele von Dvoräks „Slawischen Tänzen" und Smetanas „Böhmischen Tänzen“ mitgewirkt haben dürften. Janäceks in diesem Tanzzyklus vereinigten sechs Orchesterkompositionen wurden erstmals im Rahmen seines Balletts „Räkos Räkoczy" 1891 in Prag, als Ballett 1925 in Brünn, in Konzertform 1926 in Pisek und Prag aufgeführt. Jeder der sechs Tänze ist auf einem ausdrucksvollen Thema aufgebaut, wobei der Komponist originale Volkstanzmelodien aus der lachischen Landschaft wörtlich zitierte oder sie nur geringfügig änderte. Die Lachischen Tänze sind bei kunstvoller polyphoner Verarbeitung Beispiele einer temperamentvollen, zündenden, rhythmisch faszinierenden Musik mit einem typisch slawischen Charakter (überraschende Mollwendungen). Farbig ist die Instrumentation, interessant wird die Harfe eingesetzt. Der dokumentarische wie musikalische Reiz der Tänze ist außerordentlich. Auf die ursprüngliche Verwurze lung im Volksbrauchtum verweisen die Überschriften, die die sechs Tänze tragen: „Der Altertümliche" (vereint mit einem „Tüchlein' und einem „Stocktanz''), „Der Gesegnete" (ein Hochzeitstanz), „Der Blasebalg" (ein stilisierter Schmiede lanz mit Polkarhythmus und Tempowechsel), „Der Altertümliche" (ein polonäsen- hafter Hochzeitstanz), „Celadensky" (nach der Ortschaft Celadnä, wo er aber zumeist „Kaspar", „Müllertanz" oder „Der Bettler" heißt) und „Pilky" (Tanz beim Holzschneiden für den Winter). Johann Cilensek, einer der hervorragendsten Komponisten unserer Republik, wurde 1913 in Großdubrau bei Bautzen geboren. Schon während der Schulzeit erhielt er Unterricht im Klavier-, Orgel- und Violoncellospiel. 1935 bis 1939 studierte er am Leipziger Konservatorium Orgel bei Friedrich Högner und Komposition bei Johann Nepomuk David, nachdem er ursprünglich ein sprachwissenschaftliches Studium aufnehmen wollte. Nach dem zweiten Welt krieg wurde ihm 1945 (bis 1947) eine Dozentur für Musiktheorie am damaligen Thüringischen Landeskonservatorium Erfurt übertragen. 1948 folgte die Ernennung zum Professor für Komposition an der Franz-Liszt-Hochschule Weimar, als deren