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Freitag. Di« Zeitung erscheint mit Sutnahme de« Montag- täglich und wird NaäMttag» -1 Uhr aus- gegeben. «II H»r«i« für da« Viertel, ahr l>/» Lhlr., jede ein zelne Nummer 2 Rgr. Nr. 7«. 24 März 18S4 Zu beziehe? durch alle Postämter deS In- und AuSlrnoeS, sowie vurch die Srpcdition in Leipzig (Querstraße Nr. 8). Hnsertion-gebühr «Wahrheit und Recht, Freiheit und Gesetz!» für d-nRaum einer Zc»e Deutsche Mgemeiue Zeitung De« erhöhten Anfoderungen, die mit der steigenden Wichtigkeit der Zeitereignisse an die größern politischen Blätter Deutsch land« gestellt werden, sucht die Deutsche Allgemeine Zeitung in jeder Weise zu entsprechen. Sie hat zahlreiche und zuverlässige eigene Correspon-ettte« an allen Hauptpunkten Europas, namentlich auch an den verschiedenen bei den gegenwärtigen Ber- Mickelungen besonders wichtigen Orten (London, Paris, Wien, Berlin, Konstantinopel, Athen, Smyrna u. s. w.). Ihre Leit «rrtikel suchen den Leser über die wichtigsten Angelegenheiten, jetzt namentlich die orientalische oder vielmehr europäische Frage, zu unterrichten und zugleich den bestimmenden Kreisen gegenüber die Aufgabe der unabhängige» patriotischen Presse zu er füllen. De« sächsische« Angelegenheite«, «nd insbesondere denen Leipzigs und Dresdens, wird in Leitartikeln und Correspon- denzen gvoße Aufmerksamkeit gewidmet. Wichtige Nachrichten, auch die Börsencurse von London, Paris, Wien, Berlin re., erhält die Zeitung durch telegraphische Depesche«. Die Interessen des Handels und der Industrie finden sorgfältige Beachtung. Ein tägliches Feuilleton gibt zahlreiche Originalmittheilungen und kurze Notizen über Theater, Kunst, Literatur u. s. w. Die Deutsche Allgemeine Zeitung erscheint, mit Ausnahme des Montags, täglich in einem ganzen Bogen. DaS viertel jahrliche Abonnement beträgt für Sachsen 1 Thlr. 1S Ngr., für Preußen 2 Thlr. S'/- Sgr , für das übrige Deutschland und daS Ausland 1 Thlr. 21 Ngr. Inserate finden durch die Zeitung die weiteste Verbreitung und werden mit 2 Ngr. für den Naum einer Zeile berechnet. Besiellnngen auf -as mit dem L April beginnende neue Abonnement (April bis Juni) werden von allen Postämtern des In- und Auslandes (auch den österreichische«), in Leipzig von der Expedition der Zeitung angenommen und baldigsi erbeten Die Rede des Herrn v. Manteuffel. A Leipzig, 23. März. Preußens gegenwärtige Stellung zu der orien talische» Frage beruht auf der Thatsache, daß der Antrag Oesterreichs, wel chen die Westmächte unterstützten: ohne unmittelbare Theilnahme am Kriege gegen Rußland das Festhalten an den Beschlüssen der Wiener Conferenz durch Document auszusprechen, in Berlin abgelehnt wurde. Damit ist das ffchwankungslose Verharren beim Rechlspunkte und die Rücksicht auf eine zukunftvolle nationale Politik verlassen worden, um eine Politik der Even- «ualitäten und der augenblicklichen Vorthcile und Entschließungen verfolgen zu können. Mit der vollständigen Trennung Preußens von Rußland würde das besorgte deutsche Vaterland wieder aufgeathmet haben; statt dessen hat sich das berliner Cabinet aber nicht blos von den Westmächtcn entfernt, sondern auch Oesterreich gegenüber isolirt, und es ist bei der gegenwärtigen Parteistellung am Hofe von Potsdam mehr als zweifelhaft, ob es Hrn. v. Buol noch gelingen werde, Preußens Zustimmung für ein, wie cs hieß, neuformulirtes Schlußprotokoll der Wiener Conferenz zu gewinnen. Preu ßens „isolirte Neutralität" ist ein verhängnißvoller Schritt, welcher, wenn aus dem Frohlocken der Kreuzzeitung zu schließen ist, leicht weitere Hin neigung zu dem Osten und seinen Principien nach sich ziehen wird; und unter so düstern Voraussetzungen bringt Hr. v. Manteuffel seine Credit- foderung von 30 Millionen Thalern in die ll. Kammer, fast das Doppelte der Exigenz vom Zahre 1850. Bei der Begründung eines solchen Antrags war ein offenes Wort der Regierung an die Nation zu erwarten. Das gcfoderte Vertrauen zur Regierung verlangt Klarheit der Entschlüsse, und die Sachlage ist von den verschiedensten Seiten so erschöpfend dargelcgt, daß Preußen für diplo- malische Zurückhaltung wenig Grund hat. Dennoch bestrebt sich der Mini- skerprästdent in der Motivirung seiner Foderung, mit möglichster Umständ lichkeit möglichst wenig zu sagen. Hr. v. Manteuffel hat freilich im April 1850 viel determinirter von seinen Absichten und viel zuversicht licher und verheißungsvsller von Preußens und Deutschlands Zukunft ge sprochen, und seine Zusicherungen haben kein Resultat gehabt. Gegenwärtig sdllen wir uns aber sogar mit den allgemeinsten Andeutungen begnügen, und um so schwerer wird es, Vie Hoffnung zu bewahren, daß Preußen, wenn es nicht dazu beitragen mag, den nordischen Nachbar in angemessene Schranken zurückzuweisen, wenigstens nicht zu dessen Machterweiterung bei tragen wird.. Wer möchte Hrn. v. Manteuffel's gute Absicht verkenne», wenn er AlleS aufzubieten verspricht, „Preußen und seinen deutschen Bun desgenossen die Segnungen des Friedens noch länger zu erhalten"? Wer möchte es Nicht billigen, wenn „dem preußische» Volke die schweren Opfer des Kriegs nur dann angesonnen werden sollen, wenn die wahren Jnteres- sen des Landes, unter denen die Ehre und Unabhängigkeit Deutschlands obenan stehen, einen solchen Entschluß gebieterisch sodern"? Und Mr möchte nicht beipflichten, wenn „Preußen jedem Bundesgenossen treu zur Seite stehen soll, der durch seine geographische Lage früher als Preußen berufen sein möchte, zur Vertheidigung deutscher Interessen daS Schwert zu ziehen"? Nur sind alle diese Sähe so allgemeiner Natur, daß sie besser in einen deutsche» Montesquieu als in den Mund eines Ministers passen würden, Wilcher im Gedränge der Ereignisse redet, die aller Wahrscheinlichkeit nach im Verlauf deS nächsten Halbjahrs Europa mit neuen Schlachtfeldern be decke» werden. Bei der Präcision der Verhältnisse müßte auch die Auf fassung derselben eingehender und präciscr sein. Vollends unbestimmt wird ! aber die ministerielle Sprache in den folgenden Sätzen: „jedem Versuch, j von welcher Seite er auch käme, der dahin gerichtet wäre, Preußen aus der in freier Bestimmung gewählten Bahn zu drängen und die Kräfte des Landes andern Interessen, als den von ihm selbst als entscheidend aner kannten, dienstbar zu machen, mit allen Mitteln entgegenzutreten". Zwar ist vorher gesagt: „wir halten nach wie vor an der durch die Wiener Pro tokolle eingenommenen Stellung fest"; allein einmal hat Preußen es abge schlagen, diese bisherige und gegenwärtige Position auch für die Zukunft zu verbürgen, und sodann wird dieselbe Stellung nicht als eine Erklärung gegen die russischen Uebergriffe bezeichnet, sondern der Zweck der Wiener Confsrenzen wird, wol nicht ganz richtig, nur dahin formulirt, daß sie den Frieden erhalten oder wiederherstellen sollten. Hr. v. Manteuffel ist zwar entschlossen, „Preußen unter allen Umständen die ihm gebührende Mitwir kung zur Erhaltung des europäischen Gleichgewichts zu wahren"; allein was heißt europäisches Gleichgewicht, wenn der deutlich genug kundgcgebene Ver such der nordischen Großmacht, ihr Uebergewicht zur Entscheidung zu brin gen, noch nicht mit dem rechten Namen genannt, sondern die Sachlage so genommen werden soll, als wenn es sich statt notorischer Gebiets- und Souveränetätsverletzung lediglich und harmlos „um die Privilegien und den Einfluß handle, welche andere Mächte in den Ländern der Pforte in An spruch nehmen". Allerdings werden die preußischen Kammern nicht umhinkönnen, in einem Augenblicke, wo ein europäischer Krieg von einer Ausdehnung, wie sie nur die Napoleonischen Kriege hatten, droht, der Regierung die Mittel zu bewilligen, ihre ganze Hecresniacht binnen vier Wochen unter die Waffen ru fen zu können; allein sie haben die Pflicht, jetzt, da es noch Zeit ist, im Interesse Preußens und Deutschlands, welches Hr. v. Manteuffel selbst ins Auge saßt, eine bestimmtere und eine ganz unzweideutige Zusicherung zu erlangen, daß die preußischen Regimenter nicht zu Gunsten Rußlands und seiner Machtvermehrung marschiren werden. Es kann von liberaler und nationaler Seite nichts weniger gefodert werden, als daß ein Bündniß mit Ludwig Napoleon in derselben Weise geschlossen werde, wie es bisher mit dem Kaiser Nikolaus bestand. England ist immer ein Gegner deutscher Entwickelung gewesen, Frankreich stets ein gefährlicher Grenznachbar; aber Rußland ist der gefährlichste unter dem Mantel der Freundschaft. Solchen Einfluß auf Deutschlands innere Angelegenheiten, einen solchen Druck, jedes nationale Streben zu lähmen, wie ihn Rußland seit fast 30 Jahren übte, haben weder die wiederhergestcllten Bourbonen, noch Ludwig Philipp, noch Ludwig Napoleon jemals in Anspruch genommen. Würde deshalb die Ga rantie geboten, daß Preußen dazu beitragen werde, Rußland auf den Ural zu verweisen, statt daß es stets »ach Konstantinopel, Königsberg und Ko penhagen ausschaut: mit welcher Freudigkeit würde der preußische Land tag die Geldmittel bewilligen können! Würde diese Garantie geboten: in welcher Einhelligkeit würde das preußische Volk sich um seinen König scha ren, in welcher Äertrauensfülle würde Deutschland auf Preußen blicken! während ohne solche Gewißheit die Erwartung, ob die Kammern bewilli gen werden, und die Ungewißheit, ob sie bewilligen dürfen, eine getheilte und bekümmerte ist. Wir wollen nicht auf die Einstimmigkeit verweisen, mit welcher der Gesetzgebende Körper Frankreichs die Gelder für die Rüstun gen genehmigte: dort ist zu viel vorhergegangen, was den Gesetzgebenden Körper als ein willenloses Organ erscheinen läßt. Aber auf Englands Par lament möchten wir hindeutcn dürfen, wo alle Parteien der Königin jauch-