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Lr« Die Oberaufsicht und Verwaltung de« Kirchenvermögens wird die Siaais- regierung nicht aus der Hand geben. Es geschieht dies zugleich nach dem Willen der weitaus meisten Katholiken unsere Landes. Diese haben die Ueberzeugung, dafi die jetzige so tüchtige Verwaltung des Millionen betra genden katholischen Kirchenvermögens in keiner andern Weise durch eine andere ersetzt werden könne, welche einen gleich glücklichen Erfolg hätte." Kurhessen. Den Hamburger Nachrichten schreibt man auS Kurheffen vom 18. Marz: „Viel Aufsehen erregt cs, daß jetzt ohne Genehmigung des Kurfürsten, ja trotz dessen Weigerung die beiden Söhne des Landgrafen Karl von Hesscn-Philippsthal-Barchfeld, Prinz Alexis und Prinz Fried rich Wilhelm, in den preußischen Militärdienst getreten. ES soll dies «ine große Bitterkeit am kurfürstlichen Hofe hcrvorgerufen haben, da man dort den H. 7 des Haus - und Staatsgcsetzes vom 4. März 1817, nach welchem kein Prinz des Hauses ohne Genehmigung des Souveräns in auswärtige Dienste treten darf, als noch zu Recht bestehend betrachtet. Ucberhaupt hat sich die schon seit Jahren bestehende Spannung zwischen den Neben linien des kurfürstlichen Hauses und diesem selbst jetzt noch ungemein durch den Protest der erster« gegen die Verfassung von 1852 gesteigert; ja man erzählt sich, daß die Beschwerden der Agnaten beim Bundestage auch die gegenwärtige Administration zum Gegenstände hatten, zu welcher sie sich deshalb berechtigt glauben, weil eS ihnen nicht gleichgültig sein könne, in welchem Zustande sie einst das Land übernehmen." Braunschweig. Braunschweig, 19. März. Unter diesem Datum wird dem Hamburgischen Correspondenten von der hier erfolgten Verhaftung des Literaten Gustav Diezel geschrieben. Derselbe war von Wolfenbüttel, wo er sich behufs seiner Studien aufhielt, herübcrgekommen. Die Polizei, welche anfangs die Verhaftung ohne den gesetzlich nothwendigcn gerichtlichen Haussuchungsbefehl vornehmen wollte, brachte, als ihr Widerstand entgegen gesetzt wurde, einen Polizeibefehl, und als auch dieser nicht respeclirt wurde, einen Befehl bei, der nur von dem Kreisgcrichtsdirector und nicht auch von zwei andern Richtern unterschrieben war. Sie wollte nun Gewalt brauchen und auf diese Erklärung erfolgte die Verhaftung des Hrn. Diezel und spä ter seine Abführung nach Hamburg. Der Obergerichtsadvocat Lucius hat sofort eine Anzeige bei der Staatsanwaltschaft gemacht und auf eine An klage der herzoglichen Polizcidirection wegen Amtsmisbrauch angetragen. Freit Städte. Frankfurt, 21. März. Das Frankfurter Journal schreibt: „Man hatte immer noch gehofft, unserer öffentlichen Turnan anstalt die ihr bisher zugefloffenc städtische Subvention von 1500 Fl. er halten zu seh n. Ein wiederholter abschlägiger Bescheid hohen Senats hat jede Hoffnung in dieser Beziehung indeß fürs erste vernichtet. Es liegt hier der seltene, bei uns ungewohnte Fall vor, daß man ein aus förderlichem Zusammenwirken der Behörden und Bürger hiesigen Gemeinwesens hervor- gegangenes tadellos geführtes Unternehmen seinem Schicksale überläßt. Er- freulich ist es jedoch bei alledem, daß die bei der Turnanstalt betheiligten Actionäre in einer dieser Tage hierüber gepflogenen Bcrathung zu dem pa triotischen Beschlusse gelangt sind, zunächst versuchsweise für das Jahr 1854 auf den Bezug ihrer Zinsen zu verzichten und hierdurch den Fortbestand der schönen Anstalt sowie die Existenz des bei derselben angestelllen Lehrers zu sichern. Bereits mehre der Betheiligten sind noch weitergcgangcn und ha ben ihre Aktien selbst geschenkt. Es darf erwartet werden, daß bei der im mer mehr zur Anerkennung kommenden wohllhätigen Wirksamkeit gymnasti- scher Uebungen die Theilnahmc des Publikums an der Turnanstalt nicht al lein erhalten, sondern allmälig noch gesteigert und damit der empfindliche Verlust einer städtischen Subvention für die Betheiligten weniger fühlbar gemacht werden wird." Schleswig-Holstein. Kiel, 21. März. Die britische Dampf fregatte Miranda, deren Abgang von Kopenhagen auf hier gemeldet wurde, ist hier nicht angckommcn, sondern beschäftigt sich mit Peilungen in der Ost see. Dagegen ist, trotz entgegcnstehender Aeußcrungen anderer Blätter, die Stalionirung der Flotte im hiesigen Hafen, sobald sie das Kattegat verläßt, noch immer mehr als wahrscheinlich. (H. C.) — Dem Vernehmen nach sind wieder mehre schleswig-holsteinische Offiziere (man nennt neuerdings die Majore Kobbe und Stornemann) bei dem Bundestag mit der Bitte um Gewährung einer Pension einge kommen. Oesterreich. LI Wien, 22. März. Es ist gewiß höchst lehrreich bezeichnend für den Stand unserer öffentlichen Meinung, welch eine merk würdige Wirkung die jüngsten officiellcn Erklärungen über die Richtung unserer Politik auf den Stand unserer Geldverhältnisse übten. In folge der Erklärung der Oesterreichischen Korrespondenz, daß die kaiserliche Regierung, nachdem sie bis zuletzt die freundschaftlichen Rücksichten auf Rußland beobachtet, fortan nur die eigenen Interessen wahren werde, und infolge der weitgehenden Deutung, welche dieser Erklärung gegeben wurde, stiegen alle Papiere, fiel das Silberagio. Man hielt den Krieg gegen Ruß land für ausgemacht; aber ungeachtet dieser verhängnißvollen Annahme er- kräftigte sich das öffentliche Bewußtsein. Nun kam die zweite officiellc Kundgebung, um die durch die erste erregten Erwartungen auf das beschei dene Maß zu reduciren und ein bereits geschloffenes Bündniß mit den West- mächlen in Abrede zu stellen: sofort verschlechterte sich wieder unser ganzes Papier- und Valutawcscn. Aehnliches geschah bekanntlich auch in Preußen. Aber in Preußen gibt es doch eine festorganisirte und kühnauftrctende Partei, welche die russische Allianz um jeden Preis will; in Oesterreich dagegen fehlt eine solche Partei gänzlich. Einzelne Gesinnungsgenossen hat die Kreuzzeilung allerdings auch bei uns; aber sie find so isolirt und durch die Macht der allgemeinen Ueberzeugung sp entmuthigt, das sie kein« tf- fentliche Kundgebung wagen. Selbst der streng konservative Graf Kieq««l- mont, der doch viele Jahre am russischen Hofe gelebt und in hohem Grad« die Gunst des Zar genossen hat, nennt in seiner neuesten Broschüre da« Heraufbeschwörrn dieses Kriegs einen Verrath an der Menschheit und spricht offen aus, daß Oesterreich die Waffen gegen Rußland kehren müßte, falls dieses die Fürstenthümer behalten wollte. Die öffentliche Stimmung ist mit Heftigkeit gegen Rußland. Die Motive sind verschieden, aber die Gesinnung ist fast ausnahmslos allgemein dieselbe, und der Lloyd-Artikel, der sie neulich aussprach und eine diplomatisch nothwendig erachtete Bestrafung des Blatts zur Folge hatte, war noch mild im Vergleich mit den münd lichen Acußerungen, die man jetzt an allen öffentlichen Orten hören kann. Diese Politik des allgemeinen Gefühls stimmt glücklicherweise vollkommen mit den Interessen Oesterreichs überein, was bekanntlich bei der Gefühls politik nicht immer der Fall ist. Diese Interessen liegen so klar vor, daß sie schon von den vormärzlichen Staatsmännern erkannt, aber leider nicht energisch genug gewahrt worden sind. Daß dies jetzt geschieht, erzeugt um so größere Befriedigung, je ängstlicher man das Gcgcntheil gefürchtet und je billiger man die persönliche Selbstüberwindung anerkennt, welche in de« höchsten Regionen den Beschlüssen unsers Cabincts vorausgcben mußte. — Die Ost-Deutsche Post spricht sich über die Rede des Hrn. v. Man teuffel folgendermaßen aus: „Bei aller Achtung vor den großen Talenten dcS preußischen Ministerpräsidenten Frhrn. v. Manteuffel müssen wir doch gestehen, daß wir schon viel klarere Reden gelesen haben als diejenige ist, welche er vor einigen Tagen in der Kammer über die Stellung des preu ßischen Cabinets zur orientalischen Frage gehalten hat. Mir gratulircn den preußischen Abgeordneten, wenn sie daraus klug geworden sind. Wir un- sercrscits gestehen unsere Begriffsstutzigkeit ein. Wir finden die Rede so geschraubt, daß der zweite Satz immer die Hälfte von Dem wcgzunehmen scheint, was der erste zugestanden hat. Uns bäucht, daß allzu große Klar heit gerade das Gcgcntheil von Dem war, was der Redner erreichen wollte. Auf der einen Seite wird ein Zaun um Preußen gezogen, als ob es wie die kleine Republik San-Marino auf einem hohen Berge abseits deS eu ropäischen Verkehrs läge. Der Grundsatz wird ausgestellt, baß Preußen «nicht in demselben Maße wie andern Mächten vermöge ihrer geographi schen Lage» der Schutz der Integrität der Türkei obliegt, vielmehr erlau ben Preußens besondere Verhältnisse ihm auch dann noch «friedliche Be strebungen, wenn andere Staaten durch ihre von der unserigen verschie dene Lage sich veranlaßt sehen zu den Waffen zu greifen». Dazwischen wird wieder der Grundsatz proclamirt: «Die Ehre und Unabhängigkeit Deutschlands stehen unter den preußischen Interessen obenan.» Nun aber ist Oesterreich, wenn wir nicht irren, auch ein Stück Deutschland und, wie wir glauben, ein sehr respektables Stück. Dieses Oesterreich gehört aber auch zu den Mächten, welchen vermöge ihrer geographischen Lage der Schutz der Integrität der Türkei mehr als Preußen obliegt. Wenn nun dieses Oesterreich früher oder später in die Consequen-, gerathcn sollte, behufs jenes Schutzes auch die Waffen zu ergreifen, so ist es uns nicht klar, welchen von den beiden citirten Grundsätzen Preußen anzuwcnden ent schlossen ist: den Grundsatz «der Ehre und jUnabhängigkeit Deutschlands» oder den Grundsatz der «besonder« geographischen Lage». Das Einzige, was diese Rede für uns nur dunkel und nicht gleichzeitig auch beunruhigend macht, liegt in dem Umstande, daß sich auch folgender Satz darin vorfindet: «Insbesondere aber sind es die Rücksichten auf unsere deutschen Bundesge nossen und die Zuversicht der von uns bereits cingcleitcten Verständigung mit diesen und vor allem mit Oesterreich, welche einen hervorragenden An theil an den Entschließungen der Regierung haben.» Diese Verständigung ist offenbar mittlerweile um ein Bedeutendes vorgeschritten; denn wir finden zu unserm Vergnügen, daß die Ocsterrcichische Correspondem sich mit Be friedigung über die Erklärungen des Hrn. v. Manteuffel ausspricht und die Rede vollständig klar findet." — Der Wiener Lloyd veröffentlicht zwei Briefe des österreichischen Hof- rathö Friedrich v. Gentz an Lord Stanhope aus Wien vom 30. Dec. 1827 und Ende März 1828. In dem erster« heißt es: „Sobald man seine Blicke auf Rußland richtet, wird man von einem ernsthaften Schauer er griffen. Die «großartige und freisinnige» Politik (wie die deutschen Radi kalen sie nennen) des unsterblichen Canning hat diesem für die Sicherheit und Freiheit Europas so unendlich gefahrvollen Reiche in den letzten zwei Jahren, ohne daß es (außer gegen die armseligen Perser) einen Flinten- schuß gethan hatte, so viele Vorthcile zugewcndet, als cs in dem glücklich- sten Feldzüge kaum erreichen konnte. Für Rußland allein haben England und Frankreich gearbeitet, für Rußland allein den unseligen Tripeltractat unterzeichnet, für Rußland allein bei Navarin die türkische Seemacht ver tilgt. Die Conventionen von Akjerman haben die moralische und politische Eroberung der Fürstenthümer an der Donau vollendet; zu der materiellen bedarf es nur eines Schritts. Dec Weg nach der Hauptstadt des türkischen Reichs ist jetzt den Russen auf allen Seiten geöffnet; denn während ihre Flotte im Schwarzen Meere ihre Landarmee ungehindert begleiten und ver sorgen kann, gibt ihnen die Linie des Araxes und der Besitz deS nördlichen Persiens den Eingang in die asiatischen Provinzen der Türkei preis. Der Friede, den sie soeben mit Persien geschlossen haben, setzt sie in den Stand, in vier oder fünf Tagemärschcn den Schah aus Teheran zu vertreiben; in acht oder zehn Tagen können sie Erzerum überfallen, und wenn jemals die so oft angekündigte Gefahr für die englischen Besitzungen in Ostindien mehr als ein Traum war, so ist unstreitig jetzt die Zeit gekommen, wo dieser Traum in Erfüllung gehen könnte. Und dies Alles seht England für das