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LI4 Abmarsch nach dem Süden anbefahl. Und so sah man denn auch noch gestern Nachmittag einen langen Wagenzug mit lustig singenden Soldaten au» dem hiesigen Eisenbahnhofe gegen Wien -»brausen. Die k. k. Bahn, betrieb-dircction ha» übrigen» die Weisung, auf noch weitere Truppen-, Pulver- und PferdetranSporte vorbereitet zu sein. — Die Pferdeeinkäufe für den Militärdienst werden hier in Prag und den übrigen Remontestationen de» Lande- mit allem Eifer fortgesetzt. Die Pferde sind dadurch bedeutend im Preise gestiegen. — Die neue Lotterieanleihe findet hier sehr viel Betheiligung, namentlich von kleinen Privaten, die ihr Geld, statt in die Sparkasse zu legen, lieber -um Ankäufe von Loosen verwenden wollen, die ihnen einen so großen Gewinn versprechen. Pesth, 11 März. Auf die neue Staatsanleihe sind hier bei der Filialbank bis heute bereit» eine Million Gulden unterzeichnet worden. Er freulich ist, daß diese namhafte Summe nicht von Bankier» und großen Capitalistcn gezeichnet wurde, sondern von der großen Anzahl bürgerlicher Geldbesitzer, die sich fortwährend zur Betheiligung drängen. (P. Ll.) Italien. Parma. Die Gazetta di Parma veröffentlicht ein Deeret des Her zogs von Parma, welches die Auflegung einer 5proc. Zwangsanleihe, ohne Angabe bcS Maximalbetrags, anordnet, zu welcher Jedermann ohne Ausnahme mit 5 Centesimi für jede Lira Einkommen beitragen muß; aus genommen sind nur Grundbesitzer unter 200 und Beamte unter 1000 Lire. Jene, die Pensionen und Bezüge genießen, welche 1000 Lire übersteigen, haben nach Verhältniß der Pension 2'/, —25 Proc. für jede» Tausend zu Gunsten dieser Zwangsanleihe beizutragen. Frankreich. Paris, 15. März. (Telegraphische Depesche.) Bei der neuen An leihe können Zeichnungen von mehr als 1000 Fr. nicht sogleich voll eingezahlt werden. — Die orientalische Armee wird sechs Almoseniers erhalten. Paris, 12. März. Die gestern Abend erfolgte Abreise des Her zogs von Sachsen-Koburg-Gotha über Brüssel nach Deutschland zeigt der Moniteur mit folgenden Begleitworten an: „Se. königl. Hoh., der sich während seiner hiesigen Anwesenheit das Vertrauen und die Zuneigung des Kaisers erworben hat, nimmt das Bedauern aller Derer, welche in seine Nähe gekommen sind, mit sich fort." — Folgendes ist die vollständige Zu sammensetzung der orientalischen Armee: Generalissimus ist der Mar schall St.-Arnaud, dem 10 Adjutanten und Ordonnanzoffiziere beigcgcben sind; Chef des Generalstabs ist der Brigadegeneral de Martimprey; außer dem gehören zum Generalstabe als zweiter Chef der Oberstlieulcnant Jar- ras, als Befehlshaber der gesammten Artillerie der Oberst Leboeuf, als Be fehlshaber des GenicwesenS der Oberst Tripier, als Vorsteher der Inten dantur der Militärintendant Blanchot, als Großprovoß der Gendarmerie- escadronschef Guisse, als Obcralmosenier der Abbe Parabdre, ferner 5 Ge neralstabs-, 4 Artillerie- und 5 Genieoffiziere, 7 Jntendanturbeamte, -1 Offiziere für den politischen und topographischen Dienst. Die Zahlmeister- steile, die Direktion des Postwesens und die dem Gcneralstabe bcigegebene Gendarmerie sind noch nicht besetzt. Befehlshaber der 1. Division ist Ge neral Canrobert, welcher als Brigadebefehlshaber die Generale Efpinasse und Vinoy unter sich hat; Befehlshaber der 2. Division ist General Bosquet, welcher als Brigadcbcfehlshaber die Generale d'Autemarre und Bouat un ter sich hat; Cavaleriebefehlshabcr ist der Brigadegeneral d'Allonville; Re servebefehlshaber ist der Prinz Napoleon; Oberstlieulcnant Roujoux befehligt den Artillericpark, Bataillonschef Guerin den Geniepark. vr. Scrive ist Chef des Sanitätswesens, dem cin zahlreiches Personal an Feldärzten beigcgcben ist; sodann folgt noch das Personal für 2 ambulante Lazarethe und andere Hospitäler, für die Jntendanturbureaux, das Proviant-, Kleidungs- undLagerwe- sen. Abgesondert von der Hauptarmee und mit einer vollständigen eigenen Orga nisation versehen steht eine Rcservedivision da, welche berDivisionSgcneralForez befehligt, dem für die Infanterie die Brigadegenerale de Lourmel und d'Aurclle, für die Cavalerie der Brigadcgeneral Caffaignvlles sowie Befehlshaber und Vor steher für die sämmtlichen andern Waffengattungen und Dienstzweige bcigegeben sind. Was die Truppen betrifft, so besteht die Hauptarmee, deren nächste Unter- abtheilungen zwei Divisionen und das unter dem Prinzen Napoleon stehende sogenannte Reservecorps bilden, aus 3 Bataillonen Schüßen (Jäger von Vincennes) und den afrikanischen Tirailleurs Cril-uilleurs instiZdnos); 11 Regimentern gewöhnlicher Infanterie, worunter 3 afrikanische Zuaven- regimenter (französische Truppen in orientalischer Tracht mit einer Art Turban, weiten roihen Hosen und anliegenden Stiefelchen von weichem Leder); 2 Regimentern leichter Reiterei (eknssnurs U'^fiiquo); 11'/, Bat terien Artillerie, 3 Compagnien Sappeurs und den nöthigcn Detachements an Handwerkern, Gendarmen rc. Die Reservedivision besteht aus 1 Ba taillon Schützen, 4 Regimentern gewöhnlicher Infanterie, 2 Regimentern schwerer Reiterei (Kürassiere und Dragoner), 3 Batterien Artillerie, 1 Compagnie Genietruppen rc. Rechnet man das Infanterieregiment zu 2 Bataillonen und jedes Bataillon Infanterie oder Schützen zu 1000 Mann, so findet man als beiläufige Stärke der gesammten orientalischen Armee 50,000 Mann. — Was die dem Prinzen Napoleon zugedachte Nolle betrifft, so darf man nicht glauben, daß die unter ihn gestellten „Reserve- truppen", wie dieser Name auszudrücken scheint, blos zum Rückhalt für die im Gefecht befindlichen Truppen oder zu ähnlichen weniger gefahrvollen Zwecken bestimmt sind. Sie werden vielmehr, wie in den Kaiserkriegen die Garde, jcdcsmal auf dem Schlachtfelde erscheinen, wenn es sich darum > handelt, den Ausschlag zu geben und die Niederlage dcs Feindes vollstän- i big zu machen. Da- „ReservecorpS" de- Prinzen Napoleon besteht daher auch au- besonder- tüchtigrn Truppen, worunter das au« der ganzcn Ma rineinfanterie au-gewählte Regiment, ein Regiment Zuaven, «in Regiment lcichtcr Infanterie und viele Artillerie, und wird mit dcn ersten Transporten nach der Türkei gehen. Der Marschall St.-Arnaud hat schon in Ucber- rinstimmung mit dem Kaiser die Absicht ausgesprochen, diese- Corp- gleich am Anfang de- Feldzugs ins Feuer zu führen. — Man versichert, daß zahlreiche Straferlässe gegen politische Gefangene, die nach Algier de- poriirt oder verbannt worden sind, bevorstehen, wozu sich allerdings die äußern Umstände sehr eignen. Ein dcportirt gewesener Journalist, Hr. de Feuillide, Freund Emile de Girardin'S, protestirt heute in der «Presse» gegen seine Begnadigung; Letzterer begleitet aber den Brief mit verwei senden Betrachtungen. L Paris, 12. März. Die liberale und die russische Opposition, wir meinen die Organe der Republikaner und Royalisten, sind seit kurzem über die TageSfrage in Einem Punkte einig geworden, nämlich: zu schweigen. Da», was gesagt wird, berührt die Entwickelung der kommenden Dinge kaum in ihren Seitenphasen. Einen guten Theil der Schuld trägt wol die besondere Aufmerksamkeit, mit welcher die SichrrheitSorgane der Preßpolizei im Ministerium des Innern die Haltung der Journale beobachten. Aber im Allgemeinen ist das Verhalten der Parteien selbst der richtigste Maß stab für die Haltung ihrer Organe in der Prcsse. Die liberale Opposition, Siöcle und «Presse», hat bis heute die Regierung nach vorwärts gedrängt, und sie ist gegangen. Auf diesem Punkte angekommen, hat die republika nische Presse nunmehr die Thatsachen zu verzeichnen, weil cs dieser Partei genügt, die Regierung dahin gestellt zu haben, wo ihr der Rückweg un möglich ist. Es scheint, daß sich die republikanischen Prcßorgane das Zei chen gegeben, in den AntirussicismuS-Predigten nicht zu weit zu gehen. Ohne Zweifel deshalb, weil sie mit der gouvernementalen Presse in Einem Punkte zusammentrcffen; mehr noch: weil sie auf der Straße dcn poetischen Erzeugnissen einer kaiserlichen Polizei begegnen, die „um einen Sou kricge- rische Couplets gegen den Zar Nikolaus und seine Kosacken" durch ihre Leute verkauft. Derlei Propaganda kann im Grunde die republikanische Partei nicht miSbilligen wollen; aber sie will sich auf dem Punkte von der Regierung scheiden, wo die Popularität Ludwig Napolcon's nach innen mit der liberalen äußern Politik sich zu verschmelzen droht. Die andere mäch tige Partei Frankreichs, die Royalisten, ist ebenfalls auf ein peinliches Schweigen angewiesen. Mit Ungeduld, beinahe schon halb enlmuthigt, sehen diese auf die langsame Entwickelung der Dinge hin. Seit ihnen die Assem blee nationale gestorben, haben sie als russisches Equivalent nur die Union; denn seit dem Tode Bertin's hat das Journal des Dcbats in diesen Din gen seine Farbe gewechselt, und die Gazette de France war nie russisch. In ihrer Bedrängniß flüchten sich die royalistischen Journalisten in die Arme der Kirche Christi; aber der fromme Klerus von Frankreich, sonst den mei sten Parteimanövcrn der Royalisten zugänglich, ist den Befehlen von Rom gehorsam und horcht auf die krachenden Diatriben des Univers gegen das „moskowitische bluttriefende Ungeheuer". Und Das ist cs, was die Roya listen so ungeduldig und so cntmuthigend stimmt. Die frommen Kutten träger wollen sich mit dem Türkenhaffe der Legitimisten oder Fusionisten nicht cinverstanden erklären und meinen, daß der Papst in Petersburg dem Papste in Rom gefährlicher sei als der Halbmond. Da man schon mit den protestantischen Ketzern von der Kreideinsel drüben gehen müsse, so werde man die Türken weit eher zu paaren treiben und die Christen emancipiren körMen, als wenn das griechische Kreuz auf der Sophienmoschee thronen würde. In diesem Punkte sowie in den meisten andern ist die ultramon tane Presse Deutschlands verschiedener Meinung mit unsercr: cin Beweis, daß selbst die wohldiscipiinirtcn Jesuiten durch die orientalische Weltfrage in Unordnung gebracht wurden. In der Stellung gegenüber Ludwig Na poleon herrscht unter der liberalen Opposition Deutschlands und Frankreichs ebenfalls ein bemerkenSwerther Unterschied. Während die französische libe rale Opposition ihn schon heute zu verlassen beginnt, wird die deutsche Op position mit ihm gehen, bis er an den — Rhein kommt. Es bedarf kaum einer Erörterung, welche Stellung der beiden Parteien mehr politische Be deutsamkeit für die möglichen Eventualitäten hat. Hier sind die Vorberei tungen zu allen Zeiten fertig, und es handelt sich nur darum, in den Tut- lerien und im Hötcl de Ville Platz zu nehmen. Ein einziger Griff liefert einer einzigen Partei das Ruder in die Hand und sie ist in wenigen Stun den, mit Hülfe der erdrückenden Centralisationsmaschine, Herrin deS Landes und — der orientalischen Weltfrage. Das berechnet man nicht nur in den Tuilcrien und im St.-JamcSpalast, sondern mehr noch in Potsdam und in der wiener Hofburg. Man berechnet es aber auch an der Newa, und von daher die Kühnheit dcs Kaisers. Es sollen nach dieser Richtung hin in London Vorstellungen gemacht worden sein, die dringlich und gebie terisch die gegenwärtige Haltung der deutschen Cabinete erklären sollen; aber es wird uns versichert, daß diese Vorstellungen ohne Eindruck geblieben seien. Man erwartet die Antwort des Zar auf die letzten formellen Erklärungen, um entschiedene Foderungen nach Wien und Berlin zu senden. — Der Moniteur kommt in einer populär gehaltenen Abhandlung auf die Rationalsubscription zurück, um die Vorzüge dieser Maßregel all gemein begreiflich zu machen: „Der bescheidenste Handwerker, der Arbeiter selbst kann seine Ersparnisse auf die sicherste Weise zu 5 Proc. in der 4'/,proc. Rente, zu 4/4 Proc. in der 3proc. anlegen, mit der Aussicht, sein Capital durchs Steigen der Fonds vermehrt zu sehen; durch diese direkte Unterhandlung mit dem Publicum ziehen Alle den in der Regel nur weni gen Capitalisten zufallenden Nutzen. Die weniger Begüterten werden inso-