Volltext Seite (XML)
251 Stadt Verlassen tonnen; zugleich ist di« Eisriibahndicection angewiesen, stets zum Truppentransport bereit zu sein. Wie es heißt, soll die altonaer Gar- nisön nach Seeland verlegt werben, ohne daß von einem Ersaht etwas ver- lauter. Die Maßregel steht indessen nicht isolirt; sie erscheint vielmehr als ein Ring an einer Kelte von Borkehrungen, welche auS der eigenthümlichen Consttlla^ion der gegenwärtigen europäischen Politik zu erklären sind. Denn Dänemark trifft auch bereits Veranstaltungen, um die Seefestung Fried- richSort, von wo aus der kielec Hafen und Meerbusen überwacht und be- herrscht wird, mit sechs Batterie» zu armiren, nachdem unsere Negierung erst noch kürzlich beabsichtigte, diese Militärcolonie in einen Badeort zu ver wandeln. Dabei hort man nicht, daß auch der unfern auf holsteinischem Boden liegende hohe Punkt Labä, und noch weniger die Anhöhen und Forts um Kiel, welche noch kürzlich wider die Dänen Schutz- und Trutzpositionen abgaben, befestigt oder irgend genützt werden sollen. Dagegen sollen die Demolirungsarbeiten Rendsburgs vorerst nicht fortgesetzt werden, sowie auch die Engländer ihre Bahnbauten gänzlich sistirt zu haben scheinen. Aus dem Allem geht hervor, daß Dänemark an seine eigene Neutralität nicht glaubt." Oesterreich. Wien, 5. Febr. Die Oesterreichische Korrespondenz schreibt: „Daö Handelsministerium hat vor kurzem der wiener Handels und r ewcrbekammer eine ebenso wichtige als interessante Mittheilung auf Grundlage eines von dem österreichischen Generalkonsul zu Bukarest er statteten Berichts zugchen lassen. Es sei nämlich infolge der kriegerischen Vorgänge in den Fürstcnthümern der Verkehr derselben mit dem übrigen Europa zum größten Theile auf die Landwege von Kronstadt, Hermannstadt und Orsowa beschränkt. Diese Conjunctur müßte eigentlich der österreichi schen Industrie in vorwiegendem Maße zugute kommen und jedenfalls einen sehr vortheilhasten Transitverkehr durch die österreichischen Staaten vermit teln helfen, käme nicht ein sehr misliches Hinderniß dazwischen, nämlich der Mangel an Fuhren und sonstigen Transportgelcgenheitcn an den oben ge dachten Vermittelungspunkten des wechselseitigen Landverkchrs. Solcherge stalt seien widerwärtige Versäumnisse in der rechtzeitigen Ablieferung der bestellten Waaren entstanden, und es sei ein Project aufgetaucht, leipzi ger (muthmaßlich auch englische) Waaren sogar über Marseille mit Hülfe der Dampfschiffahrtsgesellschaft Rostan und in der Voraussicht der Behebung der gegenwärtigen Klemme der Sulinamündung zu leiten. Käme dieser Plan zur Ausführung, so wäre damit dem österreichischen Handel mit den Donaufürstenthümern schon an und für sich eine empfindliche Wunde geschlagen, insbesondere aber demselben jeder aus der gegenwärtigen Con junctur entspringende Vortheil entzogen. Es ist zu berücksichtigen, daß der Handel ungern einmal gewohnte Bahnen verläßt, und deshalb in jedem Falle zu wünschen, daß die österreichischen Unternehmer jetzt schon alles Er denkliche aufbielen, um dem marseillcr Projekte in seinen Anfängen die Spitze der Concurrenz zu bieten. Freilich steht zu hoffen, daß die Eröff- nung der Donaudampfschiffahrt im nahenden Frühjahre die Conjunctur wie der wesentlich zu Gunsten Oesterreichs verbessern wird; aber es schiene be denklich, auch nur bis dahin zuzuwarten und nicht jetzt schon auf die größt mögliche Erleichterung der Communication in jenen Gegenden bedacht zu 'sein, in einem Augenblicke, wo ausländische Produkte dort zu unerhörten Preisen gekauft werden, während große Mengen von Brotfrüchten wegen Hemmung der Ausfuhr zugrunde gehen." — Die Oesterreichische Korrespondenz vom 5. Febr. bemerkt: „Sowol in inländischen als in ausländischen Blättern wird wiederholt von bedeutenden Tabackshlättereinkäufen Nachricht gegeben, welche die k. k. Regie im Auslande macht oder zu machen gedenkt. Wir wissen aus guter Quelle, daß der diesjährige Bedarf der k. k. Tabacksfabriken durch die reiche Taback- «rnte in Ungarn und durch die bereits in Holland und der badischen Pfalz vollzogenen Einkäufe an Cigarrendeckblättern mehr als hinreichend gedeckt ist und weitere Einkäufe nicht beabsichtigt werden." — Die nach Wien zurückberufenen vier Liguorianer und zwei Laien brüder erhalten zu ihrer Wohnung nicht das ehemalige Klostergebäude, son dern einen Theil des anstoßenden kleinen Gebäudes. Das Klostergebäude ver- hleibt in seiner bisherigen Verwendung. Spanien. Madpid, 29. Jan. Der Civilgouverneur hat die drei Journale Epoca, Diario Espagnol und Novedades suspendirt, weil sie die gesetz liche Frist zur Ergänzung ihrer durch eine Geldstrafe unvollständig gewor denen Eaution versäumt haben. — Dem Clamor püblico zufolge will die Regierung die Reserve einberufen. — Die Königin soll gestern wichtige Ne- sormdecrete unterzeichnet haben. — Die Civilgouverneure von Santander, Burgos und Coruna haben aus Gesundheitsrücksichten ihre Posten nie- Hergesegt. — General Sanz ist zum Generalcapitän von Galicien ernannt worden. — Dec Jnfant Enrique hat die Erlaubniß zur Rückkehr erhal ten. — Der Heneralcapitän von Navarra ist nach Pampelona abgcgangen. — Die Mittelmeerflotte ist fünf Segel stark nach Barcelona abgesegelt. Frankreich. * Paris, 4. Febr., Nachmittags. (Telegraphische Depesche.) Nachdem Ihki Eröffnung der Börse Pie Consols von Mittags 12 Uhr (925/,) bxxc>nnt geworden waren, begann die 3proc. Rente zu 69- 40. Da man den Grund des Steigens der Consols an hiesiger Börse nicht kannte, so drückten alsbald Gewinnrea- lisirungen den Kurs auf 68. 70 und schloß die Börse zur No tiz. Schlußcurse: 3proc. Rente 68. 80; 4'/-proc. 97. 10. 3proc. Spanier 36'^; 1proc. 19. Silberanl. 79'/-. * Paris, 4. Febr. Wir haben bereits gesagt, daß der Knotenpunkt für die Lösung der orientalischen Frage weder in London noch in Paris und kaum noch in Petersburg, sondern einzig und allein in Wien und Ber lin zu suchen sei, und in der Thal hängt die Entwickelung der gegenwär tigen KrisiS ganz allein von der Haltung der deutschen Mächte ab. Wir haben allen Grund zu glauben, daß das Fehlschlägen der Sendung des Grafen v. Orlow in Wien begründet ist, und wenn wir gutunterrichtet sind, so sind die Aussichten für eine Allianz mit Oesterreich gegcn Rußland nicht mehr so unwahrscheinlich als sie vor einiger Zeit noch erschienen sind. Von dem Augenblick an, wo diese Hoffnung zur Realität wird, ist der Friede eine Wahrscheinlichkeit geworden; denn man kann nicht annehmen, daß die Verblendung Rußlands so weit gehe, um sich dem ganzen bewaffneten Eu ropa gegenüber stellen zu wollen und sich in einen Krieg einzulassen, der nothwendigerweise mit einer Demüthigung Rußlands und der Verminderung seiner moralischen und materiellen Macht enden muß. Sollte sich dieser Entschluß Oesterreichs und Preußens bestätigen, so muß man beiden Mäch ten dazu Glück wünschen, daß sie im entscheidenden Momente die Dynastie inlercssen den Interessen ihrer Völker nachgestellk haben. Wenn man zwi schen einem europäischen Kriege von unabsehbaren Folgen und zwischen einer Allianz zu wählen hat, welche die deutschen Mächte für immer gegen Ueber- griffe Rußlands sicherstcllt, so kann man nicht lange unentschlossen bleiben. Die Erkenntlichkeit gegen eine befreundete Macht findet ein Gegengewicht in den Interessen des Landes, und Oesterreich kann nicht zugemuthet werden, daß es die Dankbarkeit mit der Gefährdung seines Reichs bezahle, dsssen Einheit durch einen europäischen Krieg aufs höchste bedroht wäre. Wir möchten nicht gern ein vorschnelles Urtheil fällen; wir glauben aber, daß nach der verfehlten Mission des Grafen Orlow, wenn sich überdies noch der Anschluß von Preußen und Oesterreich an Frankreich und England be stätigen sollte, man mit großer Zuversicht ein schnelles Umschlagen der russi schen Politik erwarten kann. — Der Allgemeinen Zeitung schreibt man aus Paris vom 1. Febr.: „Ueber das Ergebniß der Sendung des Grafen Orlow in Wien und Berlin sind die Ansichten so ziemlich gleich. Man glaubt nämlich, daß sich weder Oesterreich noch Preußen dazu verstehen werde, Rußland mehr zu bewilli gen als Frankreich und England. Beide Mächte werden vorläufig ihre strengneutrale Haltung nicht aufgeben. Was Belgien betrifft, so hat sich dasselbe vollständig der englisch-französischen Allianz angeschlossen. Die Vermittelungsrolle, welche dem König Leopold zugcschrieben wird, beruh: nicht auf Thatsachen, sondern auf bloßen Vermuthungen. Die Depeschen, welche gestern aus Berlin und Wien gleichzeitig eintrafen, bestätigen, wie sehr die deutschen Großmächte fortwährend bemüht sind, Rußland zu beleh ren, daß die Cabinete in Paris und London nichts Anderes wollen als was der Kaiser von Rußland zu wiederholten malen feierlich versprochen: die un versehrte Integrität des türkischen Reichs. Gibt man in Petersburg nicht nach, so werden bis zu Ende dieses Monats 560,000 Mann französischer Truppen auf den Beinen sein." — Man schreibt der Jndependance belge aus Paris vom 2. Febr.: „Die Rüstungen werden nach einem großartigen Maßstabe betrieben. Be reits sind bedeutende Ankäufe für die Cavalerie gemacht. Am 30. Jan. ward dem Vernehmen nach ein großer Rath von Generalen gehalten, wel cher, wie es heißt, beschlossen hat, daß eine Armee von nicht weniger als 80,000 Mann nach dem Orient gesendet werden soll. Zuerst war es Ab sicht, das Expeditionscorps nur aus 25,000 Mann bestehen zu lassen; spä ter aber wurde diese Zahl auf 40 Bataillone erhöht, von denen die eine Hälfte in Frankreich, die andere in Algerien ausgesucht werden soll. Eng land wird, wie es heißt, nur 20,000 Mann nach dem Orient senden. Die Kriegskosten werden von den beiden Mächten zu gleichen Theilen ge tragen werden. Es wird ferner versichert, General Baraguay d'Hilliers werde das Obercommando über die französischen Truppen, welche in vier Divisionen unter den Generalen Canrobert, Mac Mahon, Pelissier und Bousquet getheilt werden sollen, führen. Am 30. Jan. erhielten die in den Gemeinden von Paris wohnenden jungen Männer der Reserve von 1852 Ordre, sich sofort ihren resp. Corps anzuschließen. In diesem Jahre wird keine Reserve gebildet, und alle noch nicht einberufenen Truppen aus den früher» Jahren werden einbcrufen werden. Vorgestern wurden die Plane zur Reorganisation der reitenden Artillerie entworfen. General Baraguay d'Hilliers hat von Konstantinopel alle Plane und Karten geschickt, welche das Expeditionscorps gebrauchen wird. Der britische General Sir John Äourgoyne ist durch Paris gereist; er ist nach Konstantinopel unterwegs, wo er einen besonder» Auftrag seiner Negierung zu erfüllen hat. Oberst Ardant vom französischen Geniewesen geht mit einem ähnlichen Auftrage seiner Regierung nach der türkischen Hauptstadt. Die Rüstungen in den franchsischen Seehäfen werden mit solchem Eifer betrieben, daß hie meisten in Hafencommission gegebenen Schiffe Ende Februar segelftrtig sein können. Aus denselben soll ein Reservegcschwader gebildet werden. Außerdem soll noch ein drittes Geschwader formirt werden, welches auS den beiden Drei deckern Ludwig XlV. und Ulm, welche binnen kurzem in Rochefort vom Stapel laufen wexden, dem Linienschiffe Eylau und verschiedenen Fregatten bestehen soll. Jeden Tag inspiciren die Marinepräfecten selbst die Arbeiten auf den Werften. Man beeilt die Aushebung und die Abreise der Ma trosen zu ihren resp. Häfen. Den Matrosenfrauen wird Beschäftigung bei der Verfertigung von Lcinenzeug und Segeln angeboten, und eine große Zahl derselben hat ihre Heimat verlassen, um in den Hafenstädten zu ar- beiten. Die Artilleriedirection in Metz hat den Befehl erhalte», 11^,000 Congreve'sche Rakete» zu verfertigen."