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82 Nassau. Wiesbaden, 10. Jan. Sichern, Vernehmen nach hat brr Bischof von Limburg zur weitern Declaration der Unabhängigkeit und Trennung seiner Kirche vom Staate ein Lerordnungsblatt geschaffen, worin er seine geistlichen Verordnungen erläßt, auch die Geistlichen stehen, welche geprüft, von ihm selbst angestcllt, befördert, verseht worden sind. Bon diesem Vrrordnungsblatte sollen schon über sieben Nummern erschie nen sein. (Frkf. I.) Thüringische Staaten. ** Weimar, 10. Jan. Unsere neue Ge setzgebung hatte in Beziehung auf die Pol izcigewalt eine Lücke, welche unter Umständen sehr gefährlich werden konnte; denn nicht nur, daß jede Slrafgewalt der Polizei absolut unzulässig war und auch die Verfügun- gen der unzähligen kleinen Rügen, wir sie das tägliche Leben mit sich bringt, an die Gerichte überwiesen und dieselben dadurch mit Geschäften überbürdet wurden, vermochten die letztern nach der Fassung des Strafgesetzbuchs nicht einmal auf irgendein polizeiliches Verbot zu erkennen, wenn dasselbe nach Emanation jenes Gesetzes erlassen war. Diesem Uebelstande hilft nun ein soeben erschienenes Gesetz über das Skrafandrohungsrecht der Polizei behörden ab, ohne darum die Garantien zu beseitigen, welche den Staats bürger vor der Strafwillkür der Polizei schützen. Demzufolge räumt das selbe zwar den Polizeibehörden die Befugniß ein, zur Durchführung der von ihnen zu handhabenden gesetzlichen Vorschriften eine Strafandrohung auszusprechen, sowie überhaupt Gebote und Verbote mit Strafandrohung zu erlassen; es knüpft jedoch letzteres an die Bedingung, daß dringende Gründe des öffentlichen Wohls oder die Abwendung von Gefahren solches erfodern, und verpflichtet die Richter, nur in dem Falle auf solch« Stra fen zu erkennen, wenn durch das polizeiliche Verbot bestehende Landcsgesctze nicht verletzt werden. Greiz, 10. Jan. Das hiesige Fürstenlhum ist zur Zeit noch der einzige deutsche Bundesstaat, welcher einer Repräscntativverfassung im Sinne des Art. XIU.der Deutschen Bundcsacte entbehrt. Der Grund hiervon liegt nicht etwa darin, daß man das Bedürfniß nach einem solchen Staatsgrundgesetze nicht kenne, sondern in dem ohne Zweifel nicht ohne Grund verzögerten Einführen dieses schon seit zwei Jahren zwischen der Staatsregierung und dem Landtage vereinbarten Gesetzes. Im März und April des Jahres 1848 wurde von dem Landesherrn die Einführung einer landständischen Verfassung wiederholt zugesagt und durch die Staatsregierung sofort vorbereitet; im Monat Mai desselben Jahres war von der jetzt noch in anerkannter Wirksamkeit stehenden Ritter- und Landstandschaft der vor- gclegene Rcgierungsentwurf ea bloo angenommen, die Einführung aber da durch verhindert worden, daß ein großer Theil der Bevölkerung den Wunsch aussprach, die Verfassung möchte durch freigewählte Vertrauensmänner be- rathen werden, und die Slaatsregierung diesem Wunsche entsprechen zu wollen sich bereit erklärte. Dieser erste Verfassungsentwurf war dem Be dürfnisse unsers Landes entsprechend; in seinen Grundzügen stützte er sich auf die Verfassung des Königreichs Sachsen von 1830, war aber in vielen Punkten auf volksthümlichcre Principien begründet. Wie die Kleinheit des Landes bedingte, war die Repräsentation auf das Einkammersystem fundirt; der Modus der Abgeordnctenwahl war direct, ein Census bestand dabei nicht; die Nutznießung des im Lande gelegenen Domanialguts war dem fürstlichen Hause zur Sustentation überwiesen, bei Unzureichenheit aber eine weitere Sustentation aus den Mitteln des Landes nicht verlangt. Dieser aus der Feder eines sehr tüchtigen Juristen und Staatsmannes, des nunmehr in den Ruhestand versetzten Geh. Regierungsraths Henning, hervorgegangene Vcrfassungsentwurf wurde den Verhandlungen des im Mai 1849 zusammen- getretenen Landtags, bestehend aus zwölf vom Volke gewählten Vertrauens männern und drei vom Landesherrn ernannten Deputirten der Landstandschaft, zugrunde gelegt. Nach fünfmaliger Tagung in langen Zwischenräumen wurde endlich em Juni 1851 die Verfassung, nachdem sie in allen ihren einzelnen Thei len vom Landesherrn genehmigt worden war, vollendet; aus nicht bekannt gewordenen Gründen ist jedoch ihre Vollziehung und Einführung bisjetzt un terblieben. Obschon das Staatenleben innerhalb der jüngstverflosscnen fünf Jahre, als wie lange die hiesige Verfassungsangelegcnheit spielt, sehr we sentliche Acnderungen, namentlich rücksichtlich der politischen Rechte der Staats angehörigen erlitten, so ist doch, trotz der am ursprünglichen Entwürfe vor genommenen zahlreichen Modifikationen, nicht zu befürchten, daß auch nur eine einzige Satzung der Verfassung beim Bundestage, dessen Garantie die StaatSregicrung cinzuholen beschlossen hatte, Beanstandung finden könnte. Einen wesentlichen Theil der Verfassung bildet der zwischen dem Landtage und der Staatsregierung im Jahre 1851 abgeschlossene Vertrag über die Abtretung der Nutznießung des Kammervermögens an den Staat gegen Ge währung einer Civilliste. Die Rechtsfrage, ob das Kammervcrmögen Ei genthum des fürstlichen Hauses oder aber des Staats sei, konnte bei Ein gehung des Vertrags um deswillen nicht auftauchen, als nach den reußi- schen Haus - und Familienverträgen und nach dem Grundgesetze vom 15. März 1809 die Eigenschaft dieser Güter als Familicnfideicommiß feststeht. Die für alle Zukunft bemessene Civilliste des Fürsten ist nach dem Grund sätze vollständiger Entschädigung für die bisherigen Bezüge und auskömmli cher Sustentation, unter Berücksichtigung des Ertrags des Kammervcrmö- gens und des Bedarfs des fürstlichen Hauses, ermittelt worden. Zu diesem für den Percipienten der Civilliste sehr günstigen Vertrage, nach welchem die bedeutenden Kammerschulden vermöge eines festgesetzten Tilgungsfonds nach und nach abgestoßen und neue nicht contrahirt werden können, hat die Slaatsregierung den Beitritt der Ritter- und Landstandschaft erfo- oert und ihn dann, ohne die ganze Verfassung, deren Theil er ist, zu publi- ciccn, mit allen dadurch begründeten Rechtsverhältnissen in Wirksamkeit tre ten lassen. Allgemein beklagt man sich über die große Laßheit der mit der Versassungtberathung betrauten Abgeordneten, die bisjetzt noch nicht den geringsten Schritt bei der Staatsregierung zur Erledigung Lieser Angelegen heit gethan haben. In da- gegenwärtige Ministerium aber setzt man da- Vertrauen, daß dasselbe die baldige Einführung des hiesigen Grundgesetzes al- Ehrensache betrachte. Freie Städte. Hamburg, 10. Jan. Bekanntlich hat Ham burg eine aus Mitgliedern des Raths und der Bürgerschaft bestehende Com mission niedergesetzt, welche die Regulirung des Strombettes der Elbe von Hamburg bis Cuxhaven in Ueberlegung ziehen und darauf be zügliche Vorschläge machen soll. Die Commission, welche bereit-zwei Sitzun gen hielt, erwählte zum Präses den Syndikus Merck, unsern Minister der auswärtigen Angelegenheiten, und dieser ist sofort mit Hannover und Dä nemark in Rapport getreten, um zu erfahren, ob diese Negierungen sich bei der Regulirung betheiligen wollen, oder ob sie vielleicht gar einer gründ lichen Regulirung entgegen sind. Hannover wird allem Anschein nach sich gänzlich passiv verhallen. Wenn Hamburg seinen Stromarbeiten bei Moor- wärder nicht hinderlich ist, Arbeiten , die das Wasser der Süderelb« verbes sern sollen, kann es thun was es will, denn es arbeitet ja indirect mit für das ontuut gälö Hannovers, Harburg. Anders mit Dänemark. Dieses dürfte leicht Schwierigkeiten bereiten; wenigstens nahm man in Kopenhagen die Sache sehr flau auf. Um Glückstadt zu heben, würde man gern das unliebsame Altona opfern, dem ja diese Stromverbcsserung namentlich zum Nutzen gereicht: das Altona, welches 1848 und 1849 so begeistert für die Herzogthümcr auftrat. Man hört sagen, daß man zum kommenden Früh jahr in Glückstadt große Hafcnbauten unternehmen und namentlich den Ha fen vertiefen will. Es fragt sich indessen, ob die Anlage von Staakwerken und sonstigen Uferarbeiten von dänischer Seite überall behindert werden kann. — Zum Besten der Hinterbliebenen der durch den Untergang deS Dampfschiffes Marshall Verunglückten fand gestern ein Concert statt, in dem mehre hannoversche Kunstnolabililäten mitwirktcn; dasselbe war indessen sehr schwach besucht. Schleswig-Holstein. Dem Vernehmen nach hat am 4. und 5. Jan. die Abstimmung der schleswigschcn Ständeversammlung in Flensburg über die Sprachverhältnisse und die Verfassungsfrage stattgefunden. In der Sprachsache ist mit wenigen Modifikationen die Herstel lung des ststus quo antv (1850) mit großer Majorität (28 gegen 14 Stimmen) beantragt, und zwar wird ein speciellcs Gesetz darüber erbeten. Von dem Verfassungsentwurf, den die Negierung in 28 Paragraphen vor gelegt, deren vier erste der Berathung der Versammlung gänzlich entzogen worden, sind die übrigen HZ. 5—28 (mit Ausnahme einiger weniger, Ne benpunkte oder Geschäftsreglement für die Stände betreffend) gänzlich durch Acnderungsvorschläge umgestaltet, sodaß im Grunde nichts Wesentliches vom Entwurf übrig geblieben. Namentlich ist das alte ständische Princip vün der Majorität der Versammlung fcstgehalten. Die Regierung hatte die Wahlrechte auf eine große Zahl, die sich dem Proletariat näherte, auSbeh- nen wollen und auf fünf Geistliche, wohingegen die Versammlung nur de ren zwei wünschte. Die Versammlung hält fest an dem allgemeinen Gesetz vom 28. Mai 1831, welches die Grundlage der ständischen Institution ent hält, bis die Gesammtstaatsverfassung zustandekommt. Die Regierung wollte jenes Gesetz sofort aufgehoben wissen, weil es im §. 1 die bis dahin bestandene rechtliche Verbindung der beiden Herzogthümcr garantirt. End lich ist die Frage, ob ein Verfassungsgesetz nach dem Regierungsentwurf und den Aenderungsvorschlägen der Stände zu erlassen, mit 34 gegen 4 Stimmen verneint. Das Resultat ist daher wie in der holsteinischen Stände versammlung. Noch drei andere Abstimmungen über Amendements brachten jedesmal die Verwerfung der vorgelegten Grundlagen der Verfassung zu wege. Man hält dafür, daß es besser sei, die alten Institutionen und Ge setze zu behalten, als in dieser Zeit etwas Neues zu machen, welches nach dem Negierungsentwurf weit hinter die Periode zurückführen würde,' deren Bewegung zum Fortschritt mit der Institution von 1831 begann. Oesterreich. Ueber die Tendenz der projectirten neuen An seih- schreibt man der Allgemeinen Zeitung aus Wien vom 7. Jan.^ „Man weiß noch nichts Sicheres über den Zeitpunkt, wann, und die Bedingungen, unter welchen die neue Anleihe aufgelegt werden soll. Da sie auf Ein zahlung in Banknoten gestellt ist, so rechnet man hauptsächlich auf ein- Betheiligung des einheimischen Capitals. Wir finden heute 18 Proc. Agj- für Silber und einen Curs von 91 für Metalliques notirt. Bei diesem Stande der Curse, muß sich Jedermann sagen, ist es keine Zeit zu großen. Finanzoperationen, zu einer völligen Fundirung der schwebenden SchulL, Die europäischen Ereignisse, welche unsere Diplomatie so gern verhindert hätte, deren Eintritt aber von dem besten Willen diesseit des Pruth nicht aufgchalten zu werden vermochte, haben jene Verschlimmerung der Curs- verursacht, und eine patriotische Finanzverwaltung kann jetzt nur Einen Zweck verfolgen: nämlich Zeit zu gewinnen und das Gewitter vorbeiziehen zu lassen. Der Staat aber will indessen leben, und er verzehrt, wie wir alle wissen, jetzt immer noch mehr als er einnimmt. An weitere Reduktionen der Armee ist jetzt nicht zu denken, man hat im Gcgentheil Ursache, sich Glück zu wünschen, daß jetzt noch der Kern der kriegsgeübten, der einzig«» neuester Zeit im Felde erprobten europäischen Armee auf den Beinen steht. Ebenso wenig darf man jetzt mit den Eiscnbahnbauten innehalten, denn erst nach der Vollendung des Netzes kann sich das aufgcwendete Capital reich lich verzinsen. Jedes Jahr Zögerung wird mit dem Verluste von Zinsen bezahlt. Diese Capitalanlagen aber veranlassen die Fortdauer des Deficit-, und es gibt nur zwei Wege, dieses Deficit zu decken: man macht entweder