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IL4 Thema, bis endlich ganz neulich die Weser-Zeitung einen ausführlichen Brief «aus Dresden» sich hat schreiben lassen, welcher neues Licht über dir Sache verbreitet. Da alle Hoffnung geschwunden war, etwas von dem vielbesprochenen Vertrage zu entdecken, an dessen Existenz doch gar nicht gezweifelt werden durfte, sucht man sich seht damit zu helfen, daß nun mehr erzählt wird, der Abschluß eines solchen Vertrags sei versucht, aber nicht erreicht worden. Man wird zugesiehen müssen, daß diese nicht auf- hörenden Insinuationen nachgerade eine gewisse Beachtung verdienen kön nen, und wenigstens wird man es diesen Insinuationen ganz allein beizu- mcsscn haben, wenn zuletzt der Gedanke Boden gewinnen sollte, daß ein zweiter Bregenzer Vertrag zwar nicht geglaubt, wol aber gebraucht wird. Wir für unsern Theil wollen jedoch das von anderer Seite gegebene Bei- spiel nicht nachahmen, zumal wir für jene neue Version eine viel näher liegende Erklärung in der Verlegenheit gewisser Blätter finden, welchen es in der That unangenehm sein muß, wenn ihr Publicum nur die Wahl hat, sie entweder für Lügner oder für Belogene zu halten. An die Redaction der Weser-Zeitung haben wir aber ein einziges Wort zu richten. Dieselbe hat, wie sie jenem «dresdener» Artikel beifügt, von anderer Seite Mitthei- lungen erhalten, welche die Sache in umgekehrter Weise darstellen. In sol chem Falle, däucht uns, hat eine gewissenhafte Redaction nur Eins zu thun: nämlich die ganze Sache nicht aufzunchmen. Die Redaktion der Weser-Zeitung ist aber anderer Meinung gewesen und zwar, wie sie sagt, weil die Aufnahme vielleicht dazu beitragen werde, an betreffender Stelle eine weniger unbestimmt gehaltene Ableugnung hervorzurufen. Mit Rück sicht hierauf nun möge die Erklärung genügen, daß eine einmalige Vernei nung eines falschen Gerüchts wol erwartet werden darf. Ist diese aber er folgt und wird das Gerücht dennoch wiederholt, so hat weder die davon betroffene Regierung noch deren Organ sich damit weiter zu befassen, son- dein es hat die erstere lediglich darauf Bedacht zu nehmen, daß die durch die Preßgesctzgcbung an die Hand gegebenen Maßregeln gegen geflissentliches und wissentliches Verbreiten falscher Nachrichten in Anwendung kommen." — Der bei dem Deutschen Bunde beglaubigte französische Gesandte, Marquis de Tallenay, hat im Auftrage seiner Regierung an das Bundes präsidium eine Note gerichtet, worin er den Text der vom letzten 30. Dec. batikten Circulardepesche des Ministers der auswärtigen Angelegenheiten Frankreichs, des Hrn. Drouin de Lhuys, mittheilt. Zugleich hat er dem Bundespräsidium eine Note des Ministers der auswärtigen Angelegenheiten Frankreichs communicirt, welche die freundlichsten und friedlichsten Gesin nungen des Kaisers der Franzosen für die Staaten des Deutschen Bundes darlegt. (Lpz. Z.) N Preußen. Berlin, 17. Jan. Officiöse Korrespondenzen hatten in verschiedenen Blättern versichert und ministerielle haben darauf bestritten, daß Preußen wegen des Beitritts zum skandinavischen Neutralitäts- vertrage in Unterhandlungen getreten sei. Letztere Nachricht, welche die erste officiöse in Abrede stellt, stimmt mit Dem überein, was Ihnen am 10. Jan. über die Notification der Neutralitätserklärung an sämmlliche maritime Staaten geschrieben ward. — In einem brüsseler Privatschreiben vom 12. Jan., welches nicht aus journalistischen noch ministeriellen, aber wol aus unter richteten Kreisen stammt, wird mir als „die in Brüssel am meisten beglau- bigte Version" über die Reise des Prinzen v. Chimay nach Paris mitgetheilt, daß der Kaiser Napoleon den Herzog und die Herzogin von Brabant eingeladen habe, einige Zeit in Paris zu verweilen. Der Fürst habe ihren Dank überbracht. So unglaublich das klinge, schreibt man wei ter, lasse sich die Nachricht doch nicht ganz zurückweiscn. Natürlich habe der König die Gelegenheit wohl benutzen wollen, um sich noch über andere Dinge auszusprechen. Wie dies nun mit der Quasi-Ministerkrisis zusam menhängen könnte, wird nicht erklärt. Es läßt sich aber annehmen, daß das Ministerium eine Mission, die ihm nicht ganz amtlich mitgetheilt war, nicht zugeben wollte. Das Ganze bedarf aber wol der Bestätigung. — Die Preußische Correspondenz bestätigt, baß in der belgischen Angelegenheit der niedrige Transitzoll vorläufig forterhoben werden soll. Das Ver- hältniß, welches infolge der mündlichen Verabredung vom 29. Dec. Platz gegriffen hat, stellt sich mithin so heraus, daß der frühere Transit vorläufig fortbesteht und Belgien seinerseits die im Jahre 1839 Luxemburg gewähr ten Begünstigungen, für deren Fortdauer sich Preußen verwendet, nicht aufhebt, auch den bekannten hannoverschen Schiffahrtsvertrag nicht kündigt und endlich den Schcldezoll auch fernerhin für die Schiffe des Zollvereins zurückzahlt, — Die Preußische Correspondenz schreibt: „Die von uns früher ausge sprochene Erwartung, daß die diesseitige Negierung den an sie gerichteten Antrag auf Erlaß eines Verbots der Getreideausfuhr nach Frank reich ablehnen werde, hat sich bestätigt. Zu den Zeugnissen dafür, daß in den thalsächlich vorhandenen Verhältnissen kein Grund zu einer solchen Maßregel zu finden wäre, können wir auch einen uns vorliegenden Bericht aus dem Regierungsbezirke Trier rechnen, Wilcher constatirt, daß in der er sten Hälfte des Monats December in diesem Regierungsbezirke nur in Wei zen Exportgeschäfte von einigem Belang gemacht wurden, bei denen es aber nicht zu ermitteln war, ob die damit zusammenhängenden Aufkäufe in dem Regierungsbezirke oder außerhalb desselben stattgefunden hatten. Die Aus- fuhr von Roggen und Kartoffeln war ganz unerheblich. In der zweiten Hälfte des December wurden wegen der unfahrbarcn Land- und Wasser straßen in Roggen und Kartoffeln fast gar keine Exportgeschäfte gemacht, und selbst die Eisenbahn über Saarbrücken führte dem Auslände nur die geringe Quantität von 570 Maltern Weizen zu, deren Herkunft ebenso wenig nachzuweisen war als bei den früher ausgehenden etwas größern Quan titäten. In den Marktpreisen war neuerdings keine wesentliche Steigerung eingelreten und die Preise der Kartoffeln waren sogar etwas zurückgegangen, wie denn überhaupt über Theuerung der Lebensmittel in dortiger Gegend weniger geklagt wird als über den Mangel an Steinkohlen." — Nach der Neuen Preußischen Zeitung erweist sich die gestrige Nach richt der Voß'schen Zeitung, daß die von der russischen Negierung in ber liner Maschinenbauwerkstätten gemachten Bestellungen auf Locomoti- ven ic. zurückgenommen wordeü, als unwahr. -s-Halle, 15. Jan. Seit einigen Tagen cursirt hier, auch in sonst wohlunterrichteten Kreisen, das Gerücht, daß unserm Univerfilätsprocurator, Geheimrath Pernice, die Stelle als Unterstaatssccretär im Ministerium des Auswärtigen angelragen sei; über die Annahme soll noch nichts ent schieden sein. Bekanntlich wurde Hr. Le Coq, der aus der gedachten Stelle kürzlich ausgeschieden ist, der Westphalen-Naumer'schen Fraction beigezählt; an Hrn. Pernice würden dann voraussichtlich beide Parteien im Ministe rium, Hr. v. Manteuffel sowol wie Hr. v. Westphalen, ein eifriges Werk zeug haben. — Auch von einem Rufe erzählt man sich, den der hiesige Professor der Theologie, Hr. Moll, vor kurzem noch Prediger in Pom mern, an Rothe's Stelle nach Bonn erhalten haben soll. Doch wird die Erzählung noch vielfach bezweifelt, da Hr. Rothe bekanntlich eine der ersten wissenschaftlichen Größen der Theologie ist, Hr. Moll dagegen nur prakti scher Theolog. — Auch die vierte Wahl zur I. Kammer, die von unsern neuorganisirten Stadtverordneten vor einigen Tagen vollzogen ward, hat zu keinem Resultate geführt; der Gewählte, Professor vr. Volkmann, hat ebenfalls abgelehnt, und wird somit zu einer fünften Wahl geschritten wer den müssen. Württemberg. Der Karlsruher Zeitung berichtet man aus Stutt gart vom 13. Jan.: „Ein weiterer Staatskassirer, Oberfinanzrath I., ist seit gestern suspendirt und in Untersuchung gezogen worden. So viel man hört, wird ihm zur Last gelegt, Gelder, die einem Bankhause gehör ten, als Staatsgelder portofrei spedirt zu haben, und cs soll sich dabei um eine sehr namhafte Summe handeln, um welche auf diese Weise die Post- einnahmen verkürzt worden seien. Die Untersuchung gegen seinen Kollegen H., in deren Folge auch die Bücher des betreffenden Hauses einer Durch sicht unterworfen wurden, hat auf diese Spur geführt." Baden. Karlsruhe, 14 Jan. In der heutigen Sitzung der U. Kammer der Abgeordneten wurde die Wahl der drei Präsidcntschafts- candidaten, unter denen die Krone zu wählen hat, vorgenommen. Gewählt wurden die Abgeordneten Bader mit 58, Trefurl mit 52 und Rettig mit 38 Stimmen. Die erste öffentliche Sitzung der II. Kammer eröffnete der Alterspräsident Rettig mit einer geistreichen Ansprache an die Versammlung, in welcher er einen Rückblick auf die Vergangenheit warf und in kurzen Umrissen die verschiedenen Perioden, die das constitulionelle Leben in Baden durchlaufen, näher beleuchtete. — Dem Frankfurter Journal schreibt man aus Karlsruhe vom 14. Jan.: „Bischof v. Ketteler von Mainz, welcher schon einige Tage hier weilt und mit Auszeichnung behandelt wird, ist, dem Vernehmen nach auf vorhergegangene Zustimmung von unserer Regierung, von dem Erzbischof in Freiburg mit dem Geschäfte betraut, eine gütliche B ei leg un g des Kir chenstr ei tö herbeizuführen. Unsere Regierung wird auf die ihr gemachten Vorschläge nur insoweit und insofern eingehen als dies ohne irgendeine Verletzung ihrer Rechte geschehen kann. Mehre Plenarsitzungen des Mini steriums des Innern scheinen bereits in dieser Angelegenheit gehalten worden zu sein. Auch heute fand eine solche statt. Angebahnt wurden, wie man hört, jedoch diese Vermittelungsunterhandlungen durch das freundliche eigen händige Glückwünschungsschreiben des Erzbischofs an den Regenten und an die großherzogliche Familie bei dem Jahreswechsel." Thüringische Staaten. Meiningen, 15. Jan. Unsere Residenz ist durch die Nachricht von der plötzlichen Erkrankung des Herzog- in Bestürzung versetzt. Jedoch vernimmt man, daß das Seitenstechen und der Husten, an denen er leidet, sich schon gestern gegen Abend vermindert und daß auch die Nacht-eine ziemlich ruhige gewesen. — Die Wahlen anderer Landtagsabgeordneter an die Stelle der nicht beurlaubten Beamten sind nunmehr beendet und meist auf ministerielle Kandidaten gefallen. (Fkf.J.) Freie Städte. Frankfurt a. M., 13. Jan. Ausläufer Leichter von Neu-Isenburg, welcher vor etwa Dreivicrteljahren im Börsengebäude den Kassendiener der Versicherungsgesellschaft Deutscher Phönix, Fritz, er- mordet hatte, ist vom hiesigen Appellationsgericht in erster Instanz zum Tode verurtheilt worden. — Die Kölnische Zeitung schreibt: „Der 15jährige Sohn eines kurhessischen höhern Beamten war bei einemKaufmann in Bremen in derLehre und benahm sich dort so fleißig, arbeitete namentlich spät Abends noch immer im Kontor, wenn die übrigen Kontoristen längst ihre Arbeit beendigt hatten, daß sein Principal sehr mit ihm zufrieden war und ihn deshalb nach Möglichkeit lobte und belohnte. Vor kurzem sind die Gründe dieses Fleißes auf eine sehr eigen- thümliche Weise zutage gekommen. Es waren nämlich seit längerer Zeit an mehre Personen der kurhessischen Regierung anonyme Briefe gerichtet worden, welche die gröbsten Schmähungen enthielten. Der Poststempel er gab, daß die Briefe in Bremen zur Post gegeben worden; die kurhesfische Regierung wendete sich daher an die Polizeidircction in Bremen und trug darauf an, den Schreiber dieser Briefe zu ermitteln. Die Polizeidircction zu Breme» gab sich alle Mühe, den Anonymus, der unterdessen immer von neuem Schmähbriefe cinsendcte, kennen zu lernen, und cs gelang ihr endlich, in dem 15jährigen Lehrling den Schreiber der Schmähbriefe zu entdecken. Die späten Abende hatte er zur Abfassung seiner schriftstellerischen Versuche be-