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Klarinette übergebene Thema des kurzen Mittelteils begegnet uns in einem Brahms-Lied („Todessehnen") wieder. Rondoartiges Gepräge trägt schließlich das fröhliche, musikalische Finale des Konzertes (Allegretto grazioso), dessen kapriziöses, anmutiges Hauptthema zunächst vom Klavier solistisch dargeboten wird und im Verlauf des Satzes in verschiedener Beleuchtung immer wieder erscheint. Auch die für Brahms' Thematik so typischen ungarischen Anklänge tauchen hier wieder auf, besonders in den Terzen- und Sextengängen eines Seitenthemas. Geistvolles, gelöstes Konzertieren von Soloinstrument und Orchester kennzeichnet diesen Satz, der das Werk mit hinreißendem Schwung und bezaubernder, liebenswürdiger Grazie beendet. Die Uraufführung der Sinfonietta A-Dur op. 90 von Max Reger fand am 8. Oktober 1905 in Essen unter der Leitung von Felix Mottl statt. Es handelte sich hierbei um das erste Orchesterwerk des damals 32jährigen Komponisten, der bis dahin nur Kompositionen für Klavier, Orgel, Gesang sowie Kammermusik geschrieben hatte. Während um die Jahrhundertwende die Orchesterbesetzungen immer größere Ausmaße annahmen, begnügte sich Reger hier mit einem „kleinen" Orchesterapparat: nur zweifache Holzbläser, zwei Trompeten, vier Hörner, Pauken, Harfe und Streichquintett, keine Posaunen und kein Schlagwerk also. Karl Straube hat Regers Sinfonietta, die jeder Äußerlich keit entbehrt, als stärkstes Werk des Komponisten bezeichnet. Die überreiche Polyphonie, die typisch Regerschen Klangfarbenmischungen machen es zu einem der schwierigsten Orchesterwerke überhaupt. Das ist auch der Grund, weshalb die Sinfonietta nach dem Uraufführungserfolg in Vergessenheit geriet. Erst Rudolf Schulz-Dornburg hat sich 1923 wieder zu einer Aufführung entschlossen, die in der Musikwelt starke Beachtung fand. Natürlich hat es Reger mit seinem neuartigen Stil, seiner überreichen Kontrapunktik den Zuhörern nicht leicht gemacht. Zur hundertsten Wiederkehr des Geburtstages unseres Meisters ist es jedoch selbstverständliche Pflicht, gerade dieses Werk mit seiner quellenden Melodienfülle wieder aufzuführen. Der im anmutigen Serenadenton beginnende, in freier Sonatenform aufgebaute 1. Satz bringt im wiegenden 6 / 8 -Takt ein einfaches Thema, das aber in der weiteren Entwicklung die unvergleichliche Kraft Regerscher Sprache ausnutzt. Das Seitenthema versucht zwar zu beruhigen, aber vergeblich; die einzelnen Motive sorgen stets für neue unruhige Bewegung. Das Scherzo wirkt besonders durch seinen grotesken Humor mit einer kühnen Selbständigkeit aller Stimmen. Eine Überraschung bringt das fast menuett artige Moderato mit seinem schlichten Zauberklang. Der 3. Satz gehört zu den schönsten Eingebungen des Meisters. Ein Violinsolo singt ein volkstümliches Motiv, das trotz der vielstimmigen Unterlage an Innigkeit alle ruhigen Sätze Regers übertrifft. Im Finale überwiegt in burlesker Art das Tänzerische. Ein beruhigendes Seiten thema unterbricht das aufgeregte Stimmengewoge, und mit einem wuchtigen Schluß endet dieser letzte Satz. VORANKÜNDIGUNGEN: Mittwoch, den 29., und Donnerstag, den 30. November 1972, jeweils 20.00 Uhr, Kulturpalast 4. AUSSERORDENTLICHES KONZERT Dirigent: Günther Herbig Solistin: Liana Issakadse, Sowjetunion, Violine Werke von Beethoven, Lalö und Tschaikowski Freier Kartenverkauf Sonnabend, den 9., und Sonntag, den 10. Dezember 1972, jeweils 20.00 Uhr, Kulturpalast Einführungsvorträge jeweils 19.00 Uhr Dr. habil. Dieter Hartwig 5. ZYKLUS-KONZERT und 5. KONZERT IM ANRECHT C Dirigent: Günther Herbig Solistin: Silvia Marcovici, SR Rumänien, Violine Werke von Reger, Brahms und Mendelssohn Anrecht B und C Montag, den 25., und Dienstag, den 26. Dezember 1972, jeweils 20.00 Uhr, Kulturpalast 5. AUSSERORDENTLICHES KONZERT Dirigent: Lothar Seyfarth Solisten: Dr. Jiri Reinberger, CSSR, Orgel Ludwig Güttler, Dresden, Trompete Werke von Brixi, Haydn, Vanhal und Schubert Freier Kartenverkauf Programmblätter der Dresdner Philharmonie — Spielzeit 1972/73 — Chefdirigent: Günther Herbig Redaktion: Dr. habil. Dieter Härtwig Die Einführung in Regers Sinfonietta schrieb Prof. Heinz Bongartz Druck: Polydruck Radeberg, PA Pirna - 111-25-12 3 ItG 009-120-72 (•HilHamroomio 4. KONZERT IM ANRECHT C UND 4. ZYKLUS-KONZERT 1972/73