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DRESDNER PHILHARMONIE Mittwoch, den 1. November 1972, 20.00 Uhr Donnerstag, den 2. November 1972, 20.00 Uhr Festsaal des Kulturpalastes Dresden 3. AUSSERORDENTLICHES KONZERT Dirigent: Lothar Seyfarth Solist: Dmitri Baschkirow, Sowjetunion, Klavier Felix Mendelssohn Bartholdy Sinfoniesatz c-Moll 1809-1847 Grave - Allegro molto Erstaufführung Ludwig van Beethoven 1770-1827 Cesar Franck 1822-1890 Konzert für Klavier und Orchester Nr.3 c-Moll op. 37 Allegro con brio Largo Rondo PAUSE Sinfonie d-Moll Lento - Allegro non troppo Allegretto Allegro non troppo Zum 150. Geburtstag des Komponisten am 10. Dezember 1972 ...... geboren. Er studierte 1950 bis 1954 in der DMITRI BASCHKIROW wurde 1931 in T 1 am M os |< a uer Konservatorium und errang 1955 Meisterklosse von Prof. A. B. Goldenweiser . lhrbaud . Wellbewerb in p aris den Grand beim VI. Internationalen Marguerite-Long-J“ erfo| iche Gastspiele u . a . in den Prix. Dieser ersten internationalen Anerkenn^ » 3 . , . ./ , i x . i „ Frankreich. Belgien, Österreich, m der DDK, aer USA, in Kanada, Lateinamerika, Japan, rra" a . ’ , , . BRD, in der VR Ungarn, der SFR Jugoslawien, der SR Rumänien, in Griechenland und Israel. In der Sowjetunion und im Ausland wurden zahlreiche Schallplattenaufnahmen mit dem prominenten Künstler gemacht, der Solist der Staatlichen Moskauer Philharmonie wurde und heute selbst als Professor am Moskauer Konservatorium wirkt, wo er einst studierte. Bei der Dresdner Philharmonie war Dmitri Baschkirow bereits 1958 und 1962 zu Gast. ZUR EINFÜHRUNG Wenn heute, 125 Jahre nach seinem Tode, das Gesamtwerk eines großen Komponisten erst vollständig gesichtet und veröffentlicht wird, so hat das im Falle Felix Mendelssohn Bartholdys seine Ursachen: Die nach lassende Wertschätzung durch die bürgerliche Musikwissenschaft im 19. und 20. Jahrhundert bewirkte, daß sich die Öffentlichkeit nur für wenige seiner Hauptwerke interessierte. Das Verbot der Werke Mendelssohns als Folge nationalsozialistischer Kulturpolitik wurde zur Gefahr, daß der Komponist ganz aus dem Blickfeld des musikalischen Lebens rücken könnte. Eine genaue Über prüfung und Korrektur von Bild und Bedeutung dieser Musikerpersönlichkeit war deshalb nach 1945 eine der ersten Aufgaben unserer Musikwissenschaft. Die neue Leipziger Mendelssohn-Ausgabe ist als bedeutendes Ergebnis in dieser Auseinandersetzung zu werten. Gewichtiger Bestandteil jener Ldition sind 12 Jugendsinfonien, die als Studien den sinfonischen Hauptwerken vorausgingen (Sinfonie c-Moll op. 11; „Reformationssinfonie'' D-Dur op. 107; „Italienische Sinfonie" A-Dur op. 90; „Lobgesang", Sinfonische Kantate op. 52; „Schottische Sinfonie" a-Moll op. 56). Obwohl Mendelssohn seine frühen Sinfonien nur für private Hausmusiken schrieb und später als nicht ausgereift verwarf, ist es erstaunlich, was der Komponist im Alter von 12 bis 14 Jahren zu leisten vermochte. Sicherheit in der Formanlage und im kontrapunktischen Satz weisen auf eine außergewöhnliche Begabung hin. Wir haben die Streichersinfonien als Studienwerke in Auseinan dersetzung mit klassischen und vorklassischen Stil- und Formelementen zu bewerten. Die intensive Beschäftigung mit Bach, Händel, Mozart, Beethoven und Schubert waren eine wichtige Ausgangsbasis für den künstlerischen Werdegang des jungen Komponisten. Der 1823 entstandene Sinfoniesatz c-Moll bildet den Abschluß dieser frühen Schaffensphase und ist gleichermaßen als Vorstufe zur ebenfalls in c-Moll stehenden 1. Sinfonie op. 11 anzusehen. Mendelssohn hat diesen Satz im Aufbau der französischen Ouvertüre (langsam, schnell) gestaltet, eine Form, die auch in der Wiener Klassik noch weiterlebte. Dem ernsten Einleitungs- Grave mit punktierten Rhythmen und chromatischen Linienführungen schließt sich das Allegro in Form einer großangelegten Tripelfuge an, kontrapunktisch eine ausgezeichnete Leistung. Ludwig van Beethoven hat mit seinen fünf Klavierkonzerten, die er zunächst für sein eigenes öffentliches Wirken als Pianist schrieb, Gipfelwerke der virtuosen Konzertliteratur geschaffen. Bereits vor den ersten beiden Klavier konzerten op. 15 und op. 19 hatte er sich mit der Komposition von Klavier werken beschäftigt (Trios op. 1, zahlreiche Sonaten) und auf diesem Schaffens gebiet weit eher musikalisches Neuland, neue Klangbezirke erschlossen als in der Sinfonik. Die Klavierkonzerte entstanden etwa parallel zu den ersten sechs Sinfonien. Als sein Gehörleiden den Meister zwang, seine von den Zeitgenossen hochgeschätzte pianistische Tätigkeit aufzugeben, hatte er sein bedeutendstes Klavierkonzert, das fünfte in Es-Dur, bereits geschaffen und die mit dem dritten Konzert einsetzende Entwicklung seines konzertanten Schaffens von aristokratisch-gesellschaftlicher Unterhaltungskunst zum ideell-schöpferi schen Bekenntnis auf den Höhepunkt geführt. Das 3. Klavierkonzert in c-Moll op. 37 stammt in seiner endgül tigen Gestaltung aus dem Jahre 1802 (Skizzen dazu entstanden allerdings bereits in früheren Jahren) und wurde mit dem Komponisten als Solisten zu sammen mit der 2. Sinfonie und dem Oratorium „Christus am Olberg" am 5. April 1803 in Wien uraufgeführt. Es ist sicher vor allem von der Zeit der Ent stehung dieses Werkes her zu begreifen, wenn Beethoven hier im Vergleich zu den beiden vorhergehenden Klavierkonzerten ganz neue Töne anschlägt,