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DRESDNER PHILHARMONIE ZUR EINFÜHRUNG Freitag> den 27. Oktober 1972, 20.00 Uhr Sonnabend, den 28. Oktober 1972, 20.00 Uhr Festsaal des Kulturpalastes Dresden 3. KONZERT IM ANRECHT C UND 3. ZYKLUS-KONZERT MENDELSSOHN-BRAHMS-REGER Johannes Brahms 1833-1897 Dirigent: Lothar Seyfarth Solistin: Renate Schorler, Berlin, Klavier Sinfonie Nr. 3 F-Dur op. 90 Allegro con brio Andante Poco Allegretto Allegro PAUSE Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 Max Reger 1873-1916 Konzert für Klavier und Orchester Nr. 2 d-Moll op. 40 Allegro appassionato Adagio Finale (Presto scherzando) Erstaufführung Vier Tondichtungen nach Arnold Böcklin op. 128 Der geigende Eremit Im Spiel der Wellen Die Toteninsel Bacchanal Solovioline: Konzertmeister Walter Hartwich RENATE SCHORLER, die heute zu den führenden jüngeren Vertretern ihres Faches in unserer Republik gehört, studierte bei den Professoren Heinrich Bergzog und Gerhard Puchelt. Mit 15 Jahren erhielt sie ein Diplom des Bach-Wettbewerbes, löjährig spielte sie erstmalig im Rundfunk, und im Alter von 17 Jahren wirkte sie erstmals als Solistin in einem Sinfonie konzert mit. 1960 gewann sie beim VI. Internationalen Chopin-Wettbewerb ein Diplom und vervollkommnete anschließend während eines zweijährigen Studienaufenthaltes in Leningrad bei Prof. Pawel Serebrjakow ihr Können. 1963 nahm sie ihre Konzerttätigkeit - Klavierabende, Rundfunk-, Schallplatten- und Fernsehaufnahmen, Orchesterkonzerte - wieder auf. Konzert reisen führten Renate Schorler bisher nach Ungarn, Rumänien, Polen, Bulgarien Algerien, Frankreich, Finnland und wiederholt in die UdSSR. Bei der Dresdner Philharmonie war sie bereits 1961, 1968 und 1970 zu Gast. IIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIHIIIIII Seine 3. Sinfonie F-Dur op. 90 schrieb Johannes Brahms 1883 in Wiesbaden und bei Aufenthalten im Taunus. In diesem Werk fand der Komponist die künstlerische Synthese aus den Erfahrungen, die er während der Arbeit an den beiden vorausgegangenen Großwerken gesammelt hatte. Völlig zu Recht wurde die „Dritte" als die „Brahmsischste" bezeichnet, trägt sie doch am deutlichsten die Wesensmerkmale des Meisters: Herbheit und Innig keit, die Liebe zum Volksliedhaften, kämpferischen Trotz ebenso wie den tröstenden Charakter seiner Tonsprache. Das schwermütige Pathos der 1. Sin fonie und die idyllische Heiterkeit und Musizierfreudigkeit der „Zweiten" sind in Einzelzügen in die F-Dur-Sinfonie eingeflossen. Sie ist ein Werk höchster menschlicher Reife, die äußerlich knappste der vier Brahms-Sinfonien überdies. Im Formalen waltet Klarheit und Übersichtlichkeit, obwohl die „Dritte" eine von der Tradition abweichende Eigentümlichkeit zeigt. Der Höhepunkt, die dramatische Entladung, liegt im Finale. In den drei vorausgehenden Sätzen werden gleichsam Kräfte gesammelt, wird die innere Dynamik aufgebaut, die sich dann im Schlußsatz stürmisch entfaltet. Es ist gesagt worden, daß der letzte Satz die eigentliche Durchführung der gesamten Sinfonie darstelle. Dennoch fand die Sinfonie, die zu den ganz großen Schöpfungen der musika lischen Kunst gehört, bei der Uraufführung am 2. Dezember 1883 in Wien unter Hans Richter nicht sofort den verdienten Anklang. Gegenüber Richard Heuberger, dem Wiener Kritiker und Komponisten, bekannte Brahms: „Es ist doch was Unangenehmes, wenn man so regelmäßig durchfällt, es macht einen trotz aller Grundsätze stutzig." Hinter solcher Ironie verbarg sich die Emp findlichkeit eines Meister, der sich des Wertes seiner Arbeit durchaus bewußt war. Vielleicht dachte er auch an die verletzende Rezension des jungen Hugo Wolf im „Wiener Salonblatt", der als enthusiastischer Parteigänger Wagners die heftigsten Attacken gegen Brahms ritt, was uns heute unvorstellbar erschei nen will. Respekt- und verständnislos urteilte er über die 3. Sinfonie: „Als Sinfonie des Dr. Johannes Brahms ist sie zum Teil ein tüchtiges, verdienstliches Werk; als solche eines Beethoven Nr. 2 (Anspielung auf Hans von Bülows Bonmot, das die 1. Sinfonie von Brahms als die „Zehnte" von Beethoven bezeichnete) ist sie ganz und gar mißraten, weil man von einem Beethoven Nr. 2 alles das verlangen muß, was einem Dr. Johannes Brahms fehlt: Origi nalität! Brahms ist ein Epigone Schumanns, Mendelssohns. Er ist ein tüchtiger Musiker, der sich auf seinen Kontrapunkt versteht, dem zuweilen gute, mitunter vortreffliche, zuweilen schlechte hie und da schon bekannte und häufig gar keine Einfälle kommen . . . Die Führer der revolutionären Musikbewegung nach Beethoven sind an unserem Sinfoniker spurlos vorübergegangen; er war oder stellte sich blind, als der erstaunten Menschheit die Augen vor dem strahlenden Genie Wagners auf- und übergingen . . . Brahms kommt wie ein abgeschiede ner Geist wieder in die Heimat zurück, wackelt die schwankende Treppe hinauf, dreht mit vieler Mühe den verrosteten Schlüssel um . . . und sieht mit abwesendem Blick die Spinnweben ihren luftigen Bau betreiben und den Efeu zum trüben Fenster hineinstarren." Brahms hat es Hugo Wolf auf seine Weise vergolten, als er sich später einmal über dessen Kritikertätigkeit äußerte: „Damals haben wir viel über den närrischen Davidsbündler gelacht, wenn ich seine Kritiken, die ich Tag und Nacht bei mir trug, zum besten gab. Aber damals haben wir nur die Aufsätze gekannt - heute weiß man, daß er ein ernster Mensch war, der Ernstes gewollt hat, und die Hauptsache ist schließlich doch der Ernst, wenn auch Spaßhaftes dabei herauskommt." Der erste Satz (Allegro con brio) beginnt mit einem Motto-Motiv, das im ganzen Werk an wichtigen Punkten der Entwicklung eingreift. Aus dem dritten Takt geht das weitgeschwungene, kraftvolle Hauptthema hervor, voll leiden schaftlichem Ausdruckscharakter, voll herber Wendungen. Diesem männlichen Gedanken folgt eine der wundersamsten Eingebungen des Melodikers Brahms,