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Donnerstag. , —— Nr. 29. — 3. Februar L8S3. Leipzig, vieZettnng «rschewt mil rlo-nahme dct Wontag« täglich und wird Nachmittag« 4 Uhr aus- gegeben. Peet« für da« Biertel. jahr 1'/, Thlr.; jede ein» »eine Nummer 2 Ngr. Dtitschc MgtMinc Zeitung. «Wahrheit und Recht, Freiheit und GesetzI» Za beziehen durch alt« Postämter bei Zn« und Ausländer, sowie durch die Erpedttio» in Leipug (Querstraße Nr. 8). Bnseetionsaebühr für den Ääuat einer Zeile 2 Ngr. Die Zoll- und Handelsfrage. Ueber die gegenwärtige Situation in der Zollfrage schreibt ein berliner Correspondcnt der Breslauer Zeitung vom 30. Jan.: „Trotz mancher seit einiger Zeit eingctretenen Zwischenfalle hat sich die Situation in der Zollsrage im Wesentlichen nicht geändert. Noch sind alle Aussichten vorhanden, cs werde eine Verständigung zwischen den beiden Commissaren über einen Handelsvertrag Oesterreichs mit dem Zollverein ermöglicht werden, und noch ist Grund zu der Annahme vorhanden, die Koalition werde nicht hinreichende Kraft gewinnen ihren Bestrebungen durch Bildung einer dritten Zollgruppe Gestaltung zu geben. Aber trotzdem sind jene Zwischen fälle erwähnenswerlh, weil sich gerade in dieser subtilen Angelegenheit kaum berechnen läßt, aus welch anscheinend geringfügigen Specialitäten Streit fragen hergeleitet werden, deren Unlösbarkeit am Ende das Scheitern der Pläne im Gefolge hat. Die Tariffrage bildete den Kernpunkt der Bera- thungen: Hr. v. Bruck setzte Alles daran, die diesseitige Negierung zu einer Erhöhung namentlich der Ganzfabrikate und Consumtionszölle zu vermögen; ein Ansinnen, das Preußen, wofern es die Aufrechterhaltung des Septem bervertrags beabsichtige, mit Entschiedenheit zurückweisen mußte. Hr. v. Bruck aber bestand trotzdem auf seiner Foderung, weil er für die concedirte Zollfreiheil der Rohstoffe eine Gegcnconcession fodern zu dürfen meinte. So sehr vielleicht die handelspolitischen Grundsätze des preußischen Handelsmi nisters die österreichische Proposition billigen konnte, so mußte doch mit Rücksicht auf den Septcmbervcrtrag hier ein unüberwindlicher Widerstand geleistet werden. Die Folge davon aber war, daß sich ein Zwiespalt zwischen den conferircnden Commiffaren herausstellte, der weitere Bcrathungen völlig fruchtlos machte. Die vielen Conferenzen der Commissarc mit dem Mi nisterpräsidenten und den Ministern des Handels und der Finanzen, von denen die officiellcn Blätter berichtet haben, haben sich darauf bezogen, die weitern Bcrathungen zu ermöglichen, während jener Punkt unerledigt blieb, da Hr. v. Bruck auf Gewährung dieser österreichischen Proposition als auf einem Präjudiz für den Handelsvertrag überhaupt bestand. Die Berathun- gcn des österreichischen Commissars mit Hrn. v. Pommer-Esche sind daher auch wieder ausgenommen worden, ohne daß bis jetzt von Seite Preußens die Erhöhung der Consumtionszölle concedirt worden wäre. Gegenwärtig wird von österreichischer Seite hierüber noch in Wien mit dem preußischen Gesandten Grafen v. Arnim verhandelt. (Daß die meisten Blätter jetzt ge rade von der Verständigung Preußens und Oesterreichs in der Zollfrage wie von einer vollendeten Thatsache reden, ist nicht so bedeutungsvoll, als es den Anschein hat. Diese Blätter sind, was vor allem beachtet werden muß, coalitionische; als solche wollen sie durch derartige Mittheilungcn die bairischen Bestrebungen durch den Hinweis auf das Resultat in Berlin fördern; in Wahl ihrer Mittel sind diese Blätter nicht gar skrupulös.) Aus dieser Darstellung der Sachlage wird Ihnen erklärlich werden, wie es gekommen ist, daß urplötzlich in Blättern, die überwiegend von österreichi scher Seite inspirirt sind, die Nachricht auftauchte, die Aussicht auf Ver ständigung sei verschwunden, und wie es dann gekommen ist, daß dieselben Blätter dann ebenso plötzlich berichtet haben, die Verhandlungen nähmen einen guten Fortgang und gäben die Gewähr erfreulicher Resultate." — Die officielle Kasseler Zeitung spricht sich über die in Aussicht stehende Einigung zwischen Oesterreich und Preußen sehr unliebsam aus. Sie sagt: „Oesterreich hat in Berlin darauf verzichtet, die Zolleinigung mit dem übrigen Deutschland in möglichst kurzer Zeit anzustrebcn, und begnügt sich mit einem Handelsvertrag auf zwölf Jahre, welcher, wie man hofft, «unwiderstehlich» dereinst zur vollen Einigung führen werde. Ueber die Ta rifsätze der Einfuhr nach Oesterreich und umgekehrt ist dagegen eine Ueber einstimmung noch nicht gänzlich erzielt worden, und Preußen beharrt noch immer auf seinen dem Freihandel mehr oder weniger günstigen Positionen. Frhr. v. Bruck wird wol in kurzem Berlin verlassen, und dann sollen die Coalitionsstaatcn wieder mit Preußen zusammentreten, um über die Recon- struktion des Zollvereins auf weitere zwölf Jahre zu verhandeln. Also eine neue Zollconfercnz. Ob cs auf derselben gelingen werde, diejenigen Be stimmungen des Septembervertrags auSzumärzen, welche die Industrie der Coalitionsstaaten zu ruiniren drohen, welche die Zollrcvenucn derselben so gut als auf Null reduciren, und den Bewohnern dieser Staaten statt ge hoffter Erleichterungen nur Stcuererhöhungen in sichere Aussicht stellen, dar über sind bisjctzt weder von Preußen nock von Hannover irgend befriedigende Erklärungen bekannt geworden. Die Coalitionsstaaten hatten in Betreff des Septembervertrags auf der unlängst beendigten berliner Zollconferenz nicht unwesentliche Concessionen gemacht, in der Voraussetzung, daß die Zolleini gung mit Oesterreich sic dafür entschädigen werde. Diese Zollcinigung ist aber nach dem augenblicklichen Stande der Verhandlungen zwischen Oesterreich und Preußen auf volle zwölf Jahre hinausgeschoben worden, und ob nach die sen zwölf Jahren der interimistische Handelsvertrag mit Oesterreich «unwider stehlich» zur vollen Einigung führen werde, da» ist und bleibt ein Glau- bensartikel, nicht minder als die Hoffnung, daß die vorher schon und noch innerhalb der zwölf Jahre hierüber einzuleitenden abermaligen Verhandlun gen ein günstigeres Resultat herbeiführen möchten. Als sicheres Ergebniß des im jetzigen Augenblicke in Berlin im Abschlusse begriffenen Handels vertrags zwischen Preußen und Oesterreich ergibt sich nur, daß die iü Ok- sterreich erzeugten wohlfeilern Rohstoffe mehr oder weniger zollfrei nach Preu ßen gehen, und dafür «wol als Entschädigung» die preußischen Fabrikate beim Eingänge nach Oesterreich mit geringer« Eingangszöllen sollen belegt werden; eine Manipulation, die zur Folge haben wird- daß die österreichi schen Fabrikanten ihre Rohstoffe um so viel theurer werden kaufen müssen, al- die preußischen sie um so viel wohlfeiler werden beziehen können, ein doppelter Schaden für die erstern, ein doppelter Vortheil für die letzter»; hierzu dann noch die Herabsetzung der Eingangszölle in Oesterreich — wahr lich, einen solchen Handelsvertrag kann sich Preußen immerhin gefallen las sen; die Sorgen wegen des «unwiderstehlichen» Uebergangs desselben in die volle Zolleinigung mögen in Berlin ohnehin nicht gewaltig sein. Schreiber dieser Zeilen gehört leider nicht zu jenen Personen, auf welche die Macht der Phrase einen «unwiderstehlichen» Einfluß übt; man darf eS ihm darum auch nicht übel nehmen, wenn er wenig Neigung zeigt, in das jetzt ziem- lich allgemeine Gerede von der neuesten «günstigen» Wendung der Zollfra- gen einzustimmen. Um die Sache handelt es sich, nicht um die Form oder um den leeren Nahmen, und wenn man, während Preußen und Hannover an ihren von Anfang an gestellten Fodcrungen im Wesentlichen nichts nach- lassen, die Absicht hatte, andererseits alles Wesentliche zu concediren, so hätte man, deucht uns, ein «solch günstiges Ergebniß» längst schon viel einfacher und wohlfeiler erzielen können. Es kommt mitunter vor, daß man sich vor seinem eigenen Schatten fürchtet." — Aus Berlin vom 1. Febr. schreibt die Neue Preußische Zeitung: Wie wir hören, wird hier der definitive Abschluß der Zollverhand- lungen noch innerhalb dieses Monats erwartet. Deutschland. Frankfurt a, M., 31. Jan. Der österreichische Bundcspräsidial- gesandte, Frh. v. Prokesch-Osten, ist heute Abend hier eingetroffen. — Daß in dem gegenwärtigen Jahre eine Inspektion sämmtlicher Bundescontingente im Auftrage des Bundes werde angeordnet wer den, kann als unzweifelhaft angenommen werden. Der betreffende BundeS- beschluß ist zwar noch nicht gefaßt, wird aber voraussichtlich in nächster Zeit erfolgen. Die nachgesuchten Instructionen für die Bundesgesandtschaften werden in kurzem erwarter. (Lcipz. Z.) Preußen. Berlin, 1. Febr. Die IN Kammer setzte heute die am 29. Jan. abgebrochene Debatte über den Bericht der Commission für die Gemeindeangelcgcnheiten über den Gesetzentwurf, betreffend die Auf hebung der Gemeindeordnung und des Art. 105 der Verfassungs urkunde, fort. Die Neue Preußische Zeitung berichtet darüber: Gegen die Regierungsvorlage sprachen die Abgg. Jacobs und Graf Goltz. Für die selbe die Abgg. Graf Renard und Keller. Nachdem darauf der Minister! des Innern das Gesetz verthcidigt, greift der Abg. Riedel es auf Vas hef tigste an und ruft dadurch folgende Erklärung des Ministerpräsidenten Frhrn. v. Manteuffel hervor: „Meine Herren! ES war nicht meine Absicht, in die' gegenwärtige Discussion einzugreifen; da ich aber provocirt worden bin, muß ich das Wort nehmen. Es ist richtig, daß ich die Gemeindeordnung vor zwei Jahren den Kammern vorgelegt habe. Aber zwei Umstände waren« cs, die die Negierung dazu nöthigten. Einmal waren eS gewisse Verhei ßungen, die in wahrlich nicht ruhigen Zeiten gemacht worden waren; der zweite Umstand war damals, endlich eine gewisse Ordnung wiederherzu stellen, im Volke das Bewußtsein wieder zu erwecken, daß eS noch eine Regierung gebe. Es ist zwar gesagt worden, daß, als die Gemeindcord- nung gegeben wurde, schon wieder Ruhe im Lande geherrscht habe. Aber ich frage Die, welche dies behaupten, ob nicht seitdem eine bedeutende Ab- klärung der Verhältnisse stattgcfunden habe? Ich frage, sind unsere Ver hältnisse noch dieselben, die sie 1850 waren? (Bravo rechts.) Man sagt, die Gemeindeordnung ist bureaukratisch; ja, sie muß es sein, weil man zu jener Zeit an nichts Anderes anknüpfen konnte. Jetzt aber, meine Herren, nachdem die Ruhe wieder vollkommen hcrgcstcllt, hat sich der Minister des Innern die große Mühe gegeben, an ältere Verhältnisse anknüpfcnd, eine bessere Gesetzgebung vorzubereiten. Sollte er sich in manchen Punkten ge irrt haben, so wird den Kammern bei der Specialberathung Gelegenheit genug gegeben werden, dies zu ändern. Aber das vorliegende Gesetz ver- werfen, heißt jenen Gesetzen allen Grund nehmen wollen. Für einen Grund- stein Preußens habe ich übrigens niemals die Gemeindeordnung gehalten. Man hat mir auch Inkonsequenz vorgeworsen. Ich bin der Erste, der,