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Klage der Ariadne Claudio Monteverdi/Carl Orff: Die Zu Ende geht nun alles, erlöschen wird Ariadne. Was ist das Leben mir, von Dir verlassen, auf diesem Fels der Qualen, in diesem Meer der Leiden! Zu Ende geht nun alles, erlöschen wird Ariadne. O Theseus, Theseus, Geliebter, Theseus, fliehst Du vor mir, flieht mich das Leben. Kannst Du mich fliehn, fliehn Ariadne, die alles Dir gab?! Treibt Dich die Flucht von dannen, treibt Dich Dein Schicksal, sterbe ich hier, weil nichts in mir war, das nicht Liebe war zu Dir, nichts, was nicht ganz für Dich entflammte, nichts, was nicht Dir erglühte; versank in Dir mir alles, was ich liebte, für Dich versinke ich nun selbst. O Theseus, Theseus, Verräter, zum letzten Mal, eh' ich vergehe, zum letzten Mal grüßt sterbend Dich Ariadne, grüßt Dich Ariadnes Liebe. Einzig, einzig Vergessen bringt dem verrat'nen Herzen endlich Ruhe. Träume, selige Träume, Träume der goldnen Jugend, o kehrt mir wieder! Ruhe, heitere Ruhe der sorglosen Sinne, o kehrt mir wieder, gebt mir zurück, was ich erhofft, ersehnte. Friede, göttlicher, heiliger Friede, Friede des Herzens, o, nimmer kehrst du wieder! Weh, Theseus, Weh, Ariadne! Fluch Dir, Fluch Deinem Treubruch und meinem blinden Glauben! Was sind nun diese Schwüre, was diese heiligen Eide?! Was ist nun diese Liebe, die mich so ganz betörte?! Was blieb nun Ariadne, was blieb ihr nun von allem?! Verraten und verlassen, verlassen ist Ariadne, von Dir verlassen! Ah Theseus, treuloser Theseus, bringt meine Liebe den Tod mir, klag ich vergebens, schrei’ ich vergebens nach Rache. Unsel’ge Ariadne, die Dir vertraute, die sich Dir hingab in Liebe! — Mächtiger Tod, Du letzte Zuflucht, entreiß mich diesen Qualen, und nimm von mir die Reue und alle meine Träume und alle Hoffnung. Nimm mich auf, dunkler Gott, zu Deinen Schatten! Und Du, O Mutter, gedenke mein, gedenke Deines armen Kindes, das seine Liebe tötet! O Mutter, leb ewig wohl! Ariadne scheidet. Wohin, ach, hat das Verhängnis mich getrieben, wohin, ach, in welches namenlose Leid trieb mich die Liebe, diese Liebe, die mir den Tod bringt! So komm denn, o Tod, Ariadne harret Dein. Erasmus Widmann: Wer Lust und Lieb zur Musik hat (Aus „Ander Teil neuer musikalischer Kurzweil", 1624) Wer Lust und Lieb zur Musik hat, der wird sie nicht verachten, noch, weil er lebt, ihr werden satt. Vielmehr wird er betrachten ohn Unterlaß ihr Wirkung groß; drum pflegt er's hoch zu achten. Barbarisch ist ja wohl ein Stein, der die Musik will neiden und ihr begehret gram zu sein, gönnt denen nicht die Freuden, welche da sein zur Musik fein von der Natur bescheiden. Bei Fröhlichen man fröhlich sei mit Maß und in Gebühre; zu hindern die Melancholei, die Gsänglein ich fingiere. Niemand zu Leid, sondern zur Freud pfleg ich zu komponieren. Adam Gumpelzhaimer: Wacht auf, ihr lieben Vögelein (Aus „Neue deutsche geistliche Lieder mit drei Stimmen", 1591) Wacht auf, ihr lieben Vögelein, ihr Nachtigallen kleine, die ihr auf grünen Zweigelein, noch eh die Sonn recht scheine, stimmt an die lautbar Schnäbelein, gedreht von Elfenbeine; mit euch zum besten Liedelein, ich Laut und Harf vereine. Den Takt gebt mit den Flügelein, so schickt sich.’s recht ihr Feine! Auch freudig schwingt das Federlein, wiegt Ärmelein und Beine, erstreckt zum Klang die Hälselein, ein jedes tu das seine, laßt gähn die klingend Stimmelein zum tiefen Wald hineine. Johann Hermann Schein: Kikeriki (Aus den „Waldliedern" 3. Teil, 1628) Kakakanei, kakakanei! Da ist Hahn und Hennen Weckgeschrei. Wenn bricht hervor der Morgenstern, da lassen sie sich hören gern. Kakakanei, kakakanei! Da ist Hahn und Hennen Weckgeschrei. Die helle Sonn nimmt ihren Lauf, sie ruft euch zu: steht auf! Johann Hermann Schein: Frau Nachtigall (Aus den „Waldliedern") Frau Nachtigall mit süßem Schall sich lasset hör’n nur Gott zu Ehr’n, dem auch die edle Lerche singt, und alle Tag ihr Opfer bringt. Ach, was für Freud und Ohrenweid, wird künftig sein bei Gott allein, wann, nachdem diese Welt verjüngt, der Engelchor die Musik bringt. Johann Staden: Herr, unser Herrscher („Hausmusik III. Teil", 1628) Herr, unser Herrscher, wie herrlich ist dein Name in allen Landen, da man dir danket im Himmel, aus dem Munde der jungen Kinder und Säuglinge hast du eine Macht zugericht um deiner Feinde willen, daß du vertilgest den Feind und den Rachgierigen. Denn ich werde sehen die Himmel, deiner Finger Werk, die Monden und die Sterne die du bereitest. Was ist der Mensch, daß du sein gedenkest.