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«sah, um mit ihren Umgchungsoperatiouen ins Treffen zu rücken und auch die lautlos verstummten Geschütze, die sie selbst zu bedienen verschmähten, dadurch zum Beginn eines erneuten Angriffs zu demaskiren. Dieses Mano- ver war es, welchem die Angelegenheit, die man in Einer Sitzung zu er ledigen hofft«, eine Verzögerung verdankt, die vorläufig unabsehbar ist. Die Nolle der Abgg. v. Vincke und v. Sybel wurde heute von dem Schrift führer des Hauses, Abg. Schlegtcndal, und dem Oberbürgermeister Ber lins, Abg. KrauSnick, weitcrgespielt, ja selbst von der rechten Seite erhob sich der Vicepräsident Brüggemann, um die Rückzugslinie des durch die ethische Beweisführung des Abg. Nitzsch moralisch gewappneten Abg. Kraus- nick mit einem vermittelnden Anträge zu decken. Hatten die zuerst erwähn ten Gegner sich hauptsächlich auf den Nechtspunkt gestützt, welcher ein ver fassungsmäßig entstandenes Gesetz wieder aufzuhcben verbiete, so war es heute die Ausführung jener Aufhebung, welche Vorschläge veranlaßte, die den Weg des Ministeriums durchkreuzten. Die Berathung der neuen Kreis- und Provinzialordnung, welche das Ministerium noch für diese Session vor- zulegcn versprochen, sollte nach dem Schlegtendal'schen Anträge die Zurück führung des früher» Ncchtszustandes vorberciten. Der revolutionäre In halt der Gesetze von 1850 wurde bereitwillig zugestanden, aber man wollte beweisen, daß man „vergessen und gelernt" habe. Der Abgeordnete für Berlin hatte hauptsächlich die Vermehrung der Abgeordneten der Städte- unv Landgemeinden im Auge, indem er an die Wiedereinführung der frü her» Kreis- und Provinziallandtage die Bedingung dahinzielender Conces- sionen knüpfte. Vergebens suchte der ritterliche Abg. Stahl durch seine Be leuchtung zu schrecken, daß jeder vermittelnde Standpunkt in dieser Frage das Unkraut begünstige, welches ausgejätet werden müsse, und daß hier nur die Frage: ob revolutionär, ob conservativ? maßgebend sei. Hierin lag aber nur ein Anstoß zu erneuter Entfaltung des conservativen Bewußtseins, welches heute gerade so verhängnißvoll wirkte. Da war es denn wieder das vom Ministertische erschallende Resume, welches den Statusquo des gestrigen Antrags auf „Schluß" durch die Erklärung herbeiführte, daß die sechs Paragraphen des Gesetzentwurfs allein die fundamentalen Bestimmun gen für die fernere gesetzliche Regelung des Communalwcsens enthielten, denen jetzt auf Grund des Amendements hin vorzugreifen, dem allgemeinen Charakter der aufzuhebcnden Gemeindeordnung widersprechen, die Aushe bung der letzter» unmöglich und das Amendement des Abg. Krausnick nicht minder verwerflich als das des Abg. v. Sybel machen müsse. Interessant war es, bei dieser Gelegenheit zu erfahren, daß die ersehnten Gesetzent würfe für die neue Gemeinde-, Kreis- und Provinzialordnung unsers Lan des bereits soweit vorgeschritten sind, daß nur noch die Autorisation des Königs erfoderlich ist, um sie den Kammern zur Durchführung und Voll endung des wichtigen politischen Actes, zu dem sie heute die Hand geboten, vorzulegen. — Die Preußische Wehrzeitung sagt in ihren Besprechungen über die in Paris erschienene Broschüre „Kes kimites Oe Is Kranes": „Es wäre zwar das Geeignetste, wenn man die kimites naturelles in scherzhaf- tem Tone abfertigte — aber hinter einem französischen Scherze ist zu ost deutsches Blut geflossen, als daß man den trüben Ernst der Sache ganz abweiscn könnte. Ein unmittelbarer Angriff stände also nach Hrn. Le Mas son nicht bevor. Dafür aber ein Abwarten der Gelegenheit und ein ge wissenloseres Ergreifen derselben. Daß sich eine Nation nebenbei auch wol in ihrer Ehre verletzt fühlen könnte, wenn man ihr einen rechtlichen Besitz zu rauben unternimmt, gleichviel bei welcher Gelegenheit, das scheint den Verfasser nicht beunruhigt zu haben. An solchen kleinen Nebenumständen ist aber Frankreich bekanntlich schon verschiedene male bei seinen Eroberungs gelüsten gescheitert. Und die Ehre der deutschen Bevölkerung unserer Rhcin- lande hat sich einen breiten Stein zu ihrer Wohnung erbaut: den Ehrcn- breitstein!" — Die Einwohnerzahl von Königsberg betrug nach der am Schlüsse des Jahres 1852 vorgenommenen Zählung 75,587. Baiern. München, 8. Jan. Die Neue Münchener Zeitung mel det: Laut einer hier cingetroffenen telegraphischen Depesche hat gestern der bairische Gesandte zu Paris, Hr. v. Wendland, demKaiser der Fran zosen seine Accreditive überreicht. Gleichzeitig ist auch die sichere Nach richt cingetroffen, daß die französische Regierung die Accreditive der Ge sandten Oesterreichs, Preußens und Rußlands nebst den sie begleitenden No len entgegcngenommen habe. Ohne Zweifel werden in diesem Augenblicke auch die Gesandten der übrigen zu Paris vertretenen deutschen Regierungen ihre Accreditive überreicht haben. Sonach ist das neue sranzöfische Kaiser- thum nun von ganz Europa anerkannt.— Der Gutsbesitzer C der, wie man sich erinnert, nach jenem vor ungefähr zwei Monaten mit dem jungen Baron Cüstcr bestandenen unglücklichen Pistolenduell von hier sich entfernt und seitdem in Württemberg aufgehalten hatte, ist, wie uns von Ulm berichtet wird, dieser Tage auf Befehl des Oberamtsgerichts daselbst verhaftet worden. Da C württembergischer Unterthan ist, so scheint cs, daß die Untersuchung, welche von dem bairischen Landgerichte München eingeleitct worden war, nunmehr bei der genannten württembergischen Ju stizbehörde fortgeführt werden wird, wenigstens vernimmt man, daß diese Behörde um Uebersendung der Untersuchungsacten bei dem diesseitigen könig lichen Landgerichte bereits nachgesucht hat. 2 München, 8. Jan. Der Kevlar magnikous unserer Hochschule für das gegenwärtige Studienjahr, Prof. Streber, hielt heute in der Aula seine festliche Antrittsrede, welcher der Cultusminister mit seinen Räthen, sowie der Präsident der Negierung von Oberbaiern und der hiesige Polizeidirector anwohnten. Die Aufgabe der Kunst und Wissenschaft war das Thema, wel- El ¬ ches sich der Festredner gewählt und das er auch nach seinem (ultramonta- nen) Parteistandpunkte beleuchtete, denn die Idealität des biblischen Paradie- scS erschien ihm als Aufgabe der Kunst und die Lösung der Frage über die letzten Dinge des Menschen als Aufgabe der Wissenschaft. Professoren und Studenten hatten sich bei dieser Rede in auffallend geringer Anzahl einge sunken. — Die Gegenseitigkeit in Preßstrassachen ist nun auch zwischen der bairischen Negierung und denen von Baden und Reuß-Plauen eingetrelen und in unsern, neuesten Negierungsblatte verkündigt worden. Augsburg, 7. Jan. Von Montalembert's „Katholischen Inter essen im 19. Jahrhundert" ist die in Schaffhausen von F. Singer erschie nene Ucbersetzung, sowie eine zweite in Tübingen herausgekommene, dieser Tage hier mit Beschlag belegt worden wegen einer Baiern betreffenden Stelle. Thüringische Staaten. Weimar, 8. Jan. Der Großhcrzog ist nach überstandener Krankheit in seine gewohnte Lebensweise zurückgekehrt. Als derselbe zum ersten mal das Theater wieder besuchte, wurde er von dem zahlreich versammelten Publicum mit dreimaligem stürmischem Hoch empfan- gen. Außerdem hatten die Bewohner der Straßen, durch welche die Rückfahrt des Großhcrzogs ins Schloß erfolgte, eine Illumination ihrer Häuser ver anstaltet. Der Großherzog hat jetzt ein neues Generalconsulat für die Schweiz errichten lassen, welches dem niederländischen Consul vr. Lül- lie in Genf übertragen worden ist. Vor kurzem hat derselbe auch die Con- sulatsgeschäfte für das Herzogthum Koburg-Gotha übernommen. — In die ser Woche hat unser Landtag vor seinem Zusammentritte einen zwei ten Verlust durch den Tod des Kammerhcrrn v. Helldorf auf Draken- dorf, welcher sich um die Fortschritte der Landwirthschaft in seiner Gegend wesentliche Verdienste erworben, zu erleiden gehabt. Der Tod desselben und des im December verstorbenen Grafen v. Hohenthal-Püchau nöthigt die höchstbesteuerten Grundbesitzer zur Vornahme der Wahl zweier neuen Land- tagsabgeordneten. Wann der Landtag zusammengerufcn wird, darüber ist noch nichts entschieden. Freie Städte. Frankfurt a. M., 9. Jan. Die Frankfurter Post, zeitung schreibt: Die Mittheilung des Frankfurter Journals über eine am Abend des 7. Jan. auf der Zeil stattgehabte Schlägerei zwischen Soldaten ver schiedener Truppentheile, infolge deren zwei Preußen und ein Oesterreicher verhaftet worden seien, ist durchaus unwahr. Sichern, Vernehmen nach sind bereits Schritte geschehen, um eine Untersuchung über die Veranlassung dieses Artikels einzuleiten. — Das Dresdner Journal läßt sich aus Frankfurt a. M. schreiben: Daß Professor Gervimus aus dem Lager der sogenannten Gothaer Partei in dasjenige der Demokratie übergegangen sei, war eine in politischen Krei sen nicht neue Thatsache. (I?) Es konnte daher die Richtung des ersten Hefts seines neuen, im Großherzogthum Baden in Beschlag genommenen Werks: „Einleitung in die Geschichte des 19. Jahrhunderts", nicht überraschen. Schleswig-Holstein. Rendsburg, 9. Jan. Einem hier verbrei teten Gerüchte zufolge ist der Oberstlieutenant Seyffarth von der zur Un tersuchung seines Verhaltens niedergesetzten Commission freigesprochen worden. Altona, 5. Jan. Bei der hiesigen Kämmerei ist in dieser Woche eine Rate der Entschädigungsgelder für den Herzog von Augusten burg zum Betrage von beinahe 700,000 Thlrn. angewiesen und der Be trag von der Regierung bereits eingesendet worden. Oesterreich. Wien, 9. Jan. Nach Berichten der Consularämter in Skutari in Albanien und Prevcsa ist der österreichische Lloyddampfer Croazia, Capitän Burger, auf seiner Probefahrt längs der albanischen Küste am 14. Dec. auf der Rhede von Antivari und am 18. Dec. im Hafen von Prevesa angekommen. Das unerwartete Erscheinen eines österreichischen Dam pfers hat in den Hafcnplätzcn Albaniens einen höchst freudigen Eindruck ge macht und man gibt sich dort der Hoffnung hin, daß die Einrichtung re gelmäßiger Dampfschiffahrten längs der albanischen Küste dem Handelsver kehre der dortigen Gegend mächtigen Aufschwung geben werde. In Pre vesa wurde die Croazia bei ihrer Ankunft von allen dort befindlichen Con- sulaten durch Aufhissen der Nationalflagge begrüßt. (Oest. Cz.) Schweiz. ^.Aus der Schweiz, 7. Jan. Während die preußische Regierung die Handwerker dieses Staats aus der Schweiz zurückruft, weist das eid genössische Justiz- und Polizeidepartement durch Kreisschreiben die Canto- nalregierungen darauf hin, daß nachbarliche deutsche Regierungen Reisepässe und Wanderbücher an Handwerker und sonstige Individuen nach der Schweiz ertheilen, die sie gern aus den eigenen Ländern entfernt sehen und denen sie keine Wiederaufnahme zu gestatten beabsichtigen. Es wird daher im ge nannten Kreisschreiben den Cantonsregierungen empfohlen, vorsichtig bei dem Einlasse der Angehörigen deutscher Staaten in die Schweiz zu sein, und am besten nur solche Pässe und Wanderbücher gelten zu lassen, welche von den schweizerischen Consuln oder Gesandten in den deutschen Staaten lega- lisirt sind. Wie es heißt, soll der Bundesrath durch einen derartigen An laß mit einer deutschen Nachbarregierung bereits in Conflict gerathen sein. — Im Canton Freiburg werden nun auch die aufgehobenen Mönchs- und Nonnenklöster eins nach dem andern öffentlich zur Versteigerung- ausgeboten. Das am nördlichen Fuße des Moleson, 2860 Fuß über dem Meere gelegene ehemalige Karthäuserkloster la kart-vieu (Gottestheil) soll mit seinen Holz- und wiesenreichcn Umgebungen zuerst einen oder mehre weltliche Eigenthümcr finden. Diese alte Stiftung der Gräfin Wilhelme»» von Greierz hat von 1307 bis zum Jahre 1800 schon mancherlei Schicksale erfahren, als das Kloster in dem letztem durch eine Feuersbrunst in Asche gelegt wurde. Seitdem wurde es neu aufgeführl und vergrößert. Die