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Mittwoch. Nr. Lv 12. Januar L8S3. «sipzig. stett«»« «rfcdrtal mit A-Soabme de- Montag- tLgltch und wird Nachmittag» -1 Uhr aus- gegeben. Preis für da- Viertel jahr l'/, Tblr.; jede ein« -eine Nummer S Ngr. Driltscht Allgcmciiit Zeitung. «Wahrheit avd Stecht, Freiheit and Gesehi» gu beziehen durch alle Positioner de- In- und Au-lande», sowie d»rck> kte Vrperitivn in Leipzig (Querjiraßt Nr. 8). Jjnsertion-gedüh« für den Nauw einer Zeil» 2 Ngr. Die Zoll- und Handelsfrage. * Bon der Oder, 9. Jan. Wir können der in Nr 3 dieser Zeitung ausgesprochenen Ansicht, daß Preußen der Z alleinig ung^mit Oesterreich unrettbar verfallen sei, sobald eS sich verleiten ließe, jetzt einen Handels vertrag mit demselben zu schließen, nicht beitreten. Zuvörderst wird das neue Berhältniß mit Oesterreich auf zwölf Jahre abgeschlossen. Bis diese Zeit verflossen ist, werden sich di« Verhältnisse so ändern, daß Pläne und Stipulationen der Gegenwart auf sie nicht mehr anwendbar sind. Allein wenn auch der auf zwölf Jahre abgeschlossene Handelsvertrag Preußen und Oesterreich durch seinen Tarif so näherte, daß dadurch eine völlige Einigung ermöglicht würde, so liegt eS immer in Preußens Macht, dieselbe zu ver hindern. Es darf nur dem Systeme des Freihandels sich mehr oder ganz zuneigen, waS ihm seine bis dahin gewiß sehr vervollkommnete Industrie, wie jetzt England, sehr leicht machen würde, so wirb ihm Oesterreich auf dieser Bahn nicht jvlgen, eine Einigung also nicht eingchen können. Der projectirtc Handelsvertrag an sich, wenn er nicht die auehrü^lichc Bedingung der Zollcinigung nach zwölf Jahren in sich enthält, was bekanntlich nickt der Fall sein wird, nöthigt also Preußen dieselbe nicht auf. Ebenso müssen wir die ebendaselbst ausgesprochene Besorgnis) als eine übertriebene bezeichnen, daß Oesterreich im Falle der Zollcinigung die Finanzen des ganzen Zoll vereins in seine Hände bekommen und mit denselben nach Belieben zu rein- österreichischen Zwecken verfahren würde. Daß. die österreichische Politik ähnliche Zwecke verfolgt, wollen wir weder bejahen noch verneinen. Allein sie Hal, wie früher verlautete, den dicefallsigen Argwohn dadurch bcs.iiigcn wollen, daß sie sich bereit erklärte, die finanzielle Verwaltung des neuen großen Zollbundes Preußen zu überlassen. Dadurch wäre jene Bcsorgniß entkräftet. UcbrigcnS wird die Zollcinigung durch Schwierigkeiten, welche in der Sache selbst liegen, fast unmöglich gemacht. Wir rechnen dazu das Schwanken der Valuta in Oesterreich, welches, momentan sich zwar zur Besserung anlasscud, durch den ersten innern oder äußern Sturm wieder in den alten Zustand zurückgeführt werden kann; ferner die unmögliche weil ungerechte gleichmäßige Vcrtheilung der Zollrcvcnuen nach der Kopfzahl, da die Zölle an der galizischen, ungarischen, slawonischen, kroatischen und dalmatinischen Grenze unmöglich soviel einbringcn können als diejenigen auf der entgegengesetzten Seite des Zollvereins; endlich die Kosten der Grenz bewachung, welche auf der österreichischen Seite das Doppelte, der aus der deutschen Seite erfoderlichen verlangt, weil die Ausdehnung der österreichi schen Grenze, von Krakau angcrechnct und die zollvcrbündcten italieni schen Staaten mit eingefchlossen, bis an den Bodensee, ungefähr das Dop pelte der Grenzbewachung längs der deutsch-französischen und preußischen Linie beträgt. Diese kostspielige und doch größtcnthcils wenig cinbringcnde Grenzbtwachung müßte den Finanzen des bisherigen Deutschen Zollvereins den größten Schaden bringen. — Die von Dr. Tögel herausgegcbene „Volkswirthschaftliche Mo natsschrift für den Deutschen Zollverein" hat nach halbjährigem Bestände aufgehörl zu erscheinen. Deuts chLand. Preußen. * Berlin, 10. Jan. Die I. Kammer setzte heute dieBk- rathung dcr Gemeindeordnung fort. Die 3. und 4 des Gesches werden angenommen. Darauf geht man zu §. 5 über, der die Provinzen Westfalen und Rheinland behandelt. Abg. Graf Meerveldt spricht sehr energisch den Dank für die Wicderaufhcbung der Gemeindeordnung von 1850 aus, die, nur durch die revolutionären Tendenzen ins Leben gerufen, gegen den religiösen Geist der Provinz Westfalen streite und lediglich durch die Verbreitungen und Anpreisungen der Kölnischen Zeitung einen schein baren Anklang gefunden habe. Die in der Nhcinprovinz beliebten Tenden zen zeigten überhaupt gegen die Berechtigung und die Stellung des großen Grundbesitzes stete Feindseligkeit, und es wäre sehr zu wünschen, daß die stets bewiesene Opposition der Kölnischen Zeitung durch Entziehung der amt lichen Inserate seitens der Behörden bestraft würde. Hierauf erwidert Abg. Overweg: Dcr Wunsch nach Wicderaufhebung der Gemeindeordnung von 1850 in Westfalen kann nur von Denen ausgehen, die aus Privatintercsscn eins Aenderung derselben begehren. (Allgemeines Zischen; der Präsident be- dtutcl dem Redner, daß er hier keine persönlichen Andeutungen machen dürfe. Der Abg. Overweg erklärt, daß er keine bestimmten Persönlichkeiten ge meint habe.) Was die Provinz will, hat dcr westfälische Landtag ausge sprochen: die Beibehaltung dcr Gemeindeordnung. Was die Provinz nicht will, das ist: Wiedereinführung dcr Rechte dcr Rittergutsbesitzer und Auf- Hebung der Sclbstwahl dcr Beamten. Meine Wähler, die doch gewiß auch zu den loyalen Bewohnern der Provinz gehören, sind gewiß nicht derselben Ansicht in Betreff dcr Kölnischen Zeitung, wie dcr Abg. Graf Mccrvcldt von allen Loyalen vorauöseht. Sie verletzen die Provinz, meine Herren, > wenn Sie ihr die Gemeindeordnung von 1850 nehmen, unter dcr sie sich l glücklich fühlt. RegierungScommissar v. Klühow will aus dem Votum des west- ! fälischcn Provinziallandtags nachweisen, daß derselbe die Einführung einer bc- sondern Städteordnung und eine wesentliche Veränderung der bestehenden Gesetze für dringlich erachtet habe. — Der Minister des Innern unterbricht die Discussion mit den Worten: Der König hat mir befohlen, dem höhen Hause die Specialgesstzvorlagen zu machen, die sich auf die kreisständische Verfassung beziehcn. Es ist ganz dem bisherigen Gange gemäß von der Regierung für zweckmäßig gehalten, daß nicht ein genercller Entwurf für die kreisständische Verfassung gemacht, sondern daß für jede Provinz die passenden Veränderungen und Zusätze nach dem provinziellen Bedürfnisse zur Ausführung gebracht werden. Ich lege deshalb besonders vor: 1) einen Gesetzentwurf für die kreisständische Verfassung in dcr Kurmark Branden burg und der Altmark; 2) desgleichen im Königreiche Preußen; 3) für Pommern und Rügen; 4) für Schlesien und die Oberlausitz; für Posen; 6) für Sachsen excl. dcr Altmark; 7) für Westfalen; 8) für die Rhein- Provinz. Es sind den Gesetzentwürfen die Motive bcigcfügt. Ich stelle dem hohen Hause anheim, ob und welcher der bestehenden Commissionen die Bcrathung überwiesen werden soll, oder ob es den Vorzug verdienen würde, die Gesetze einer besonder« Commission zu übergeben. — Die Bcrathung wie der aufnchmend, sagt Abg. Dr. Lutz: Von dem Abg. Grafen v.Meerveldt ist die Kölnische Zeitung und die Gesinnung eines Theils dcr Bewohner dcr Nhcinprovinz angegriffen worden. Als Vertreter der Stadt Köln muß ich dagegen protesiircn. Die KölnischeZeitung hat nie revolutionäre oder demokra tische Tendenzen verfolgt. Sie hat ihre Spalten stets den conscrvativcn Bestre bungen geöffnet, selbst 1848, als große Gefahr damit verknüpft war. Sic hat auch damals für die Interessen des Königs und der Besitzenden ge kämpft. Welche Wichtigkeit das Blatt für die Bevölkerung hat und welche Zustimmung cs findet, beweist eine Auflage von 16,000 Exemplaren, wäh rend Blätter, die dcr Kölnischen Zeitung entgegengesetzte Tendenzen versol- gen, cinzugchen im Begriff sind. Deswegen dürfte die Kölnische Zeitung auch vorzugsweise zu Inseraten geeignet sein. Der Redner geht hiernach auf die Vertheidigung dcr Gesinnung dcr Nhcinprovinz über und erklärt, daß dort keineswegs Neid und Haß gegen den großen Grundbesitz herrsche. Auch dcr kleine Grundbesitz sei von jeder revolutionären Tendenz so weit entfernt, daß gewiß jeder Bauer, dcr zehn Acker Landes besitzt, sich lieber darauf todt- schießcn lassen, als einen Theil davon dcn. revolutionären Tendenzen opfern würde. Die Eemcindewahlcn seien freilich zum Theil demokratisch ausge fallen, das sei aber doch nur an wenigen Orten der Fall. Abg. v. Dues berg bemerkt, daß die Erfahrung und Stimmung der Provinz Westfalen sich allerdings für Veränderung der Gesetzgebung von 1850 ausgesprochen. Der Minister des Innern entwickelt die Gründe, welche der Negierung die Aufhebung der Gemeindeordnung von 1850 auch in der Nhcinprovinz als nothwcndig »scheinen lassen mußten. Nach einigen Schlußworten des Bc- richtcrstatters Frhrn. v. Gaffron wird der H. 5 (eine Landgcmeindcordnung für Westfalen und eine Gemeindeordnung für die Nhcinprovinz werden er lassen) angenommen. 2: Berlin, 10. Jan. Das Ministerium des Innern hat mit dcr An- nähme der Artt. 1 und 2 des Gesetzentwurfs über die Aufhebung derGe- meindeordnung vom 11. März 1850 (Nr. 9) einen um so vollstän- digcrn Sieg errungen, da nicht nur die constitutionellc Minorität des Hau ses, sondern auch ein nicht unbcdcutcndcr Theil seiner entschiedenen Anhän ger gegen dasselbe in die Schranken trat. Es halte nicht nur niit der Op position, sondern auch mit dcn Elementen zu kämpfen, welche sich durch dcn Conflict der Thatsachen und Principien, dcr bei dieser Debatte mit wirkte, zu einem Wetteifer in Betätigung conscrvativcr Gesinnung angc- fcuert fühlten. Während die Erflern die schärfsten Waffen inS Gefecht führten und die Hindernisse und Schwierigkeiten dcS TerrainS hartnäckig gegen den Entwurf der Negierung benutzten, gelang cs den Lchtcrn durch ihr passives, aber nicht minder hartnäckiges Verfahren, dcn Kampf in die Länge zu zie hen. So gering oder so bedeutend die Gefahren erachtet werden mögen, welche die Gegner des Ministeriums demselben zu bereiten trachten, jeden- falls war cs di« Mcinungsvcrschicdcnhcit im conscrvativcn Lager selbst, wclche hier den Fäden zu dem Damoklesschwerte hergab. Die Abgg. v. Sybel und v. Vincke (Olbcndorf) verlangten ohne Umschweif, die Bc- rachung über dcii Gesetzentwurf so lange auSzuschen, bis die verheißenen Kreis- und ProvinzialoldnUngen, sowie die vorgelegten Landgemeinde- und Städtcordnungcn von dcn Kammern angenommen worden, resp. die betref fenden Gesetze von 1850 wenigstens für die Nhcinprovinz und Westfalen beizubchaltcn. Dennoch moiivirten sie ilre Anträge mit einer Resignation, welche nach der Entgegnung des umer dem Bcifallc dcr Versammlung dcn Willen dcr Regierung knndgebcndcn Hrn. v. Westphalen dcn Antrag auf „Schluß" schon bald nach Beginn dcr Discussion mit Emphase hervorricf. Das aber war dcr Moment, dcn die vorhin bezeichnete Cohortc sich aus-