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Sonntag. Nr. 2. — 2. Januar L8S3. Leipzig. Di« Zeitung erscheint mit Ausnahme de» Montag» täglich und wird Nachmittag» 4 Uhr aus- gegebtn. für da» Viertel» jahr I'/, Thlr.; jede ein zeln« Nummer 2 Ngr. Deutsche Allgemeine Zeitung. «Wahrheit and Recht, Freiheit uud Gesetz! > Zu beziehen durch alle Postämter de- In- und Auslande«, sowie durch dl« Expedition in Leipzig (Querstraße Nr. 8). Jnsertion»g«düh« für den Raum einer Zeil« 2 Ngr. Die Zoll- und Handelsfrage. Wir haben der Neuen Preußischen Zeitung vor einigen Tagen (Nr.456) eine Darstellung über die gegenwärtige Lage der Zollfrage entlehnt. Die «Zeit» bemerkt nun „auf Grund zuverlässiger Erkundigungen, daß, abgesehen von der richtig wiedergcgebenen Absicht der königlichen Negierung, einen Han delsvertrag auf zwölf Jahre zu schließen, die in dem Artikel vorgetragenen Lhatsachen theils — und zwar zum größten Theile — gänzlich unwahr, thcils so verkehrt sind, daß sie auf Glauben keinen Anspruch machen können." Nach der National-Zeitung steht fest, daß die Verhandlungen lediglich auf einen abzuschließenden „Handelsvertrag" zurückgeführt sind, dessen Beralhung natürlich die Tariffragen betreffen muß. — Unter glücklichem Conjuncturen — so schreibt ein berliner Corre- spondent der Leipziger Zeitung —, könnte Deutschland wol nicht in das neue Jahr eintreten, als wenn außer den politischen auch die materiellen Inter essen ihre Erledigung finden und für alle Zukunft auf einer festen Grund lage ruhen. Auf ein Mehr oder Weniger kommt es dabei gar nicht an, und wir glauben versichern zu können, daß jetzt schon bei der preußischen Regierung alle politischen Bedenken gegen eine Handelseinigung mit Oesterreich in den Hintergrund getreten und nur noch die volkswirthschaftli- chen und finanziellen Rücksichten übrig geblieben sind. Ist nur erst der morno terminö für den Vertrag gefunden, so kann man sicher sein, daß die ein mal in ihre richtige Bahn gerückte natürliche Gravitationskraft der materi ellen Interessen die Einigung von selbst bewerkstelligen wird. Der Gegen satz von Freihandel und Schutzzoll existirt doch nur in der Einbildung, d. h. als die theoretischen Extreme einer Frage, die nur praktisch gelöst werden kann. Unter diesem Gesichtspunkte betrachtet, hat kein Staat in den letzten zwei Jähren die Bahn des Freihandels so rücksichtslos betreten als Oester reichs!), und es unterliegt keinem Zweifel, daß manche Sähe des österreichi schen Zolltarifs den wahren Interessen Norddcutschlands weit mehr entspre chen als der Tarif des Zollvereins. Deutschland. Die Neue Preußische Zeitung nimmt in der schleswig-holsteinischen Frage jetzt ebenfalls Partei gegen Dänemark: „Ist es eine dänische oder eine deutsche Frage, ob dänische Truppen das holsteinische BundeScontingent bilden sollen? haben die Dänen darüber zu entscheiden, ob sie so gütig sein wollen, ihre Leute als Deutsche Bundestruppen herzugeben? oder gebührt dem Deutschen Bunde die Entscheidung sowol hierüber, als auch über die militärische Verwendung der holsteinischen Landeskinder? Sollen wir, und unter wir ist die ganze conservative Partei zu verstehen, uns fort und fort verstricken in falsche Consequcnzen aus der Haltung, welche wir, gezwungen durch die revolutionären Sympathien, mit denen Schleswig-Holstein seit 1848 bela stet war, zu seiner Sache einnehmen mußten, und sollen wir demzufolge Dänemark und seinen unerträglichen, übrigens vollkommen ebenso revolutio nären Anmaßungen gegenüber uns die Hände binden lassen oder selbst bin den? Sollen die unverschämten Reden von der Ausdehnung der «Neichs- grenze» bis zur Elbe ganz ruhig hingcnommen werden? Bei dem alten Sprüchwort, das Kind nicht mit dem Bade auszuschütten — was die con servative Partei thun würde, wenn sie fortfährt, im Gefolge von 1848 das deutsche Recht Holsteins gar nicht zu beachten und die Züchtigung unserer irrenden Brüder einem Fremden, noch dazu einem solchen Fremden zu über lassen — bei diesem alten Sprüchwort kann man freilich immer die Frage aufwerfen, ob auch wirklich ein Kind in dem Bade sei? In diesem Bade aber ist mehr als ein Kind: das lebendige und zum Leben berechtigte gute deutsche Recht, ja die deutsche Ehre. Aus demselben Grunde also, aus wel chem wir dem undeutschen schwarz-roth-goldenen Nevolutionswesen, mit dem die schleswig-holsteinische Sache befleckt (!) war, abgeneigt sein mußten, sollten wir den dänischen Eingriffen in deutsches Recht entgegenlreten, um so ent schiedener muß jetzt von konservativer Seite darauf gedrungen werden, daß der Bundestag mit Ernst und Nachdruck den Dänen die Wege weise. Ge schieht dies nicht, so haben wir obencin noch den Nachtheil, daß die Auf nahme, welche die durch Dänemark vertriebenen Beamten und Geistlichen in verschiedenen deutschen Staaten und auch in Preußen fanden, als gut- müthige Schwäche erscheint." — Dem Vernehmen nach soll bei dem Deutschen Bunde ein schwe- bischer Gesandter beglaubigt werden. Preußen. Berlin, 31. Dec. Ein berliner Correspondent der Kölnischen Zeitung schreibt: Man erfährt nun, welche Taktik die Ne ch te in der Kammer zu befolgen beabsichtigt. Von Seiten der äußersten Rechten ist es auf nichts we niger als auf einen Ministcrwechsel abgesehen, und man braucht nur die Reden Stahl's und gewisse eng damit zusammenhängende Artikel der Kreuz zeitung genau zu lesen, um ohne Mühe herauszusindcn, daß von dieser Partei das Ministerium nur so lange geduldet wird, als es eine volle und rückhaltslose Bekehrung zur ritterschaftlichen Landesvcrwaltung hoffen läßt. Diesem Vorhaben entspricht cs, wenn die rechte Seite des Hauses gleich nach Weihnachten neue Anträge aufs Tapet bringen wird, welche gleich den Anträgen auf Abänderung des Sportelwesens und der Aufhebung der maßlosen Parccllirungsfreihcit die Negierung in die Nothwendigkeit versetzen, entweder mit der Opposition zu stimme» oder sich immer weiter in die Netze der ständischen Partei zu verwickeln. Anfangs hoffte die Fraktion Gerlach ihre Plane mit Hülfe der katholischen Fraktion durchzusetzcn; da dies nicht geht, so findet sie cs doppelt erwünscht, daß kaum für eine einzige reaktiv- näre Vorlage eine Majorität in der II. Kammer zu erwarten ist. Es sollen die aus dem Schoose der Rechten hervorgehendcn Propositionen durchfallen, weil dann um so mehr Hoffnung vorhanden ist, daß auch die Regierungs vorlagen die Kammer nicht passiren. Ist aber nun erst die Sitzung ohne Resultat geblieben und die proponirte Reform der l. Kammer nicht zu Stande gekommen, dann soll die üble Lage, in der das Ministerium unter solchen Umständen sich befinden würde, dazu benutzt werden, um mit allen der Partei zu Gebote stehenden Hülfsmittcln auf das Ministerium einzustürmen und dasselbe entweder zur Capitulation oder zum Rücktritt zu nöthigen. In die sem Falle würde der Ansang nicht mit der Reorganisation der I., sondern der II. Kammer gemacht und jene „wahre" Landesvcrtretung hergestcllt werden, nach der die beklemmte Brust der Reaktion längst seufzt. Hoffentlich wird die Regierung sich durch solche Künste nicht irre machen lassen. Die unge heure Majorität des Volks siele ihr zu, wenn sie nur erst cs als ihre feste Absicht ausgesprochen hätte, an den konstitutionellen Principien nicht zu rütteln. — Die Breslauer Zeitung theilt folgende Punkte mit, welche die von den Katholiken an die Staatsrcgicrung gerichtete und von acht Kirchcn- fürsten unterzeichnete Petition enthalten soll, wie sie im Wesentlichen auch in einer in Breslau erschienenen Schrift („Die Verluste der katholischen Pfarrseelsorge"-c. von Nintel) bezeichnet sind. Die Petition sodert: „1)Die Rücknahme der bekannten Ministerialerlasse wider den Besuch des Collegium germanicum in Nom und die Jesuitenmissionen. 2) Die Anstellung eines katholischen Professors der Geschichte an der berliner Universität. 3) Die Creirung einer katholischen Nathsstelle im Unterrichtsministerium. 4) Die Befriedigung der katholischen Militärseelsorgebcdürfnisse in dem Umfange, wie für die Evangelischen gesorgt wird. 5) Die Befriedigung der dürftigen Seelsorge für die Katholiken in Ostpreußen, in der Lausitz und Branden burg. 6) Anstellung eines Neligionslehrers für die berliner Gymnasiasten katholischen Glaubens. 7) Einrichtung eines katholischen Militärwaisenhau ses. 8) Wicderausweisung des evangelischen Predigers aus der katholischen Reformatenkirche zu Nawitsch." Diesen Punkten ist von den Petenten eine umfangreiche Darlegung obwaltender Misverhältnisse beigefügt und schließ lich auch noch die Beilegung derjenigen Differenzen erbeten, welche zwischen einzelnen Bisthümern und den Ministerien über die Stellenverleihung schwe ben. Dabei ist wohl zu merken, daß diese Petition von den Anträgen, welche die katholische Partei der II. Kammer cinbringen will (Nr. 453), ganz verschieden ist, wenngleich auch dieser Antrag einzelne Punkte der Pe tition in sich aufnehmen wird. Die Neue Preußische Zeitung warnt ihre Freunde vor vier Fehlern, die sie gegenüber der sich selbst so nennenden spccifisch-katholischen Frak tion, vor allen andern zu vermeiden haben. „Das Erste ist, daß sie sich durch nichts verleiten lassen, die politischen Vertreter der Kreise Büren oder Steinfurt, oder wie die Wahlkreise sonst heißen mögen, als Vertreter der römisch-katholischen Kirche gelten zu lassen oder zu behandeln. Zweitens müssen unsere Freunde sich davor hüteu, daß sie Das, was sie augenblick lich äußerlich als eine Fraktion darstellt, als ein einiges und geschlossenes Ganze ansehen und verwerfen. Zum Dritten haben sich unsere Freunde wohl vorzusehcn, daß sie sich nicht dazu bewegen lassen, den «specifisch-ka- tholischen» Foderungen vermeintlich «spccisisch-evangelischc» gcgenüberzustcllen. Viertens endlich, daß wir nicht der Versuchung Naum geben, die katholische Fraktion durch «Concesfionen» gewinnen zu wollen." — Die Krcuzzeitung enthält folgende zwei Inserate: „Der Director des Königsstädtischen Theaters, Hr. Cerf, hat, wie wir glauben, in gu ter Meinung, auf morgen eine Vorstellung angekündigt «zum Vesten des Diakonissenhauses Bethanien», ohne zuvor unsere Zustimmung dazu einzuholen. Wir nehmen dankbar jede Gabe, die uns um Gottes willen gereicht wird, wir wollen aber auch unsere Sache »»vermischt erhalten mit Allem, was ihr fremdartig ist, und lehnen daher jede Betheiligung an der angckündigten Theatervorstellung und an jeden: ähnlichen Unternehmen hier durch öffentlich ab. Diakonissenhaus Bethanien, 28. Dec. 1852. In Stell vertretung: Schultz, Pastor."— „Zur Begegnung eines Inserats von Sei ten des geistlichen Vorstandes der Krankenanstalt Bethanien bemerke ich, das Se. Erlaucht der Oberkannncrhcn und Minister des königlichen Hauses,