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2315 Menschheit in Europa bleiben oder ganz und gar nach Amerika und Au stralien auSwandern soll, wo keine Enkel für die Sünden ihrer Väter zu büßen haben. Allerdings hatte die momentane Gestalt des Kampfes im Un- terhause auch viel Persönliches, Zufälliges, und offenbar wollte man dieDer- byilen nur noch mehr, nur bis aufs Aeußerste demüthigen; dessenungeachtet ist in England keine Aussicht auf ehrliche Freihandelspolitik; die Sünden der Väter wuchern fort bis ins tausendste Glied und der friedliche, allen Menschen Wohlfeilheit und Lebensfülle bietende Verkehr muß noch überall .angehalten und in der verschiedensten Weise gehemmt werden, damit man Witwen und Waisen mit einer Hand zum Theil geben kann, was man ihnen mit der andern durch eineni kostspieligen Apparat vorenthal- ten hat. Die Protection wird sogar von diesem Standpunkte aus bessere Vertreter finden als Leute wie D'Jsracli und Derby. Man nennt es einfach Finanzzoll und weist human und weichherzig auf Witwen und Wai sen hin. Die rohe communistische Form des Schutzzolls wird mit den Derbyiten in ihr gemeinsames Grab stürzen; aber die Geister Georg's III., Nelson's, Wellington's rc. verewigen das System des künstlichen Mangels durch Besteuerung des Verkehrs, wenn der ProtectionaliSmus auch längst arithmetisch und nalionalökonomisch überwunden sein wird. Neue Kriege zum Wohle der „Staaten" würden die Cultur und das „Blühen der Ge werbe" wol für immer aus Europa verbannen. Was nicht verwildert und todtgcschossen wird, muß blos arbeiten, damit Kriegsschulden und deren Be amte bezahlt werden- Man befestigt, rüstet und rasselt jetzt in England mit neuem Eifer. Jeder Sieg wird ein Pyrrhussieg sein und selbst den Derbyiten nichts helfen, die Krieg zum Theil sehr eifrig wünschen. — Von dem Einflüsse Amerikas auf England geben die neuesten Ereignisse auf fallende Beweise. Die ungeheure Majorität, mit welcher der neue Prä- stdent und somit sein Standpunkt ans Nuder gerufen ward, hat die Ge- burts- und Bodenaristokratie tief gedemüthigt und entmuthigt. Das Buch der Frau Stowe hat angeblich Tausende englischer Damen veranlaßt, ihre Schwestern drüben um Abschaffung der Sklaverei zu bitten. Ne ben Wellingtonbildern sieht man blos noch Negerbilder, Negerlieder rc. an den Schaufenstern. Abends singen die Leute auf den Straßen Lie der aus vnoln lom'« Oudin. — Lord I. Russell ist Literat gewor den und arbeitet eifrig an einem „Leben, Tagebuchc, Briefwechsel und den Denkwürdigkeiten" seines Freundes Thomas Moore. Der erste Band wird in der Mitte des December erscheinen, — wenn der Herausgeber inzwischen nicht wieder Minister wird. Belgien. Brüssel, 29. Nov. Die Commission hat ihren Beschluß, zur Amor- tisirung der in 4'/- Proc. convcrtirten 5 Proc. 1 Proc. statt des von der Regierung beantragten '/- Proc. anzuwcisen, wieder zurückgenommen. Schweden und Norwegen. Die neueste Post aus Stockholm bringt Nachrichten vom 23. Nov. über das Befinden des Königs Oskar. Nach dem Bulletin vom 20. Nov. Morgens hatte sich der Zustand des Königs seit dem vorhergehenden Tage insoweit gebessert, als die Mattigkeit, welche im vorherigen Bulletin gemeldet war, sich schon des Vormittags wieder verloren hatte. Die letzte Nacht war ziemlich ruhig verlaufen und gegen Morgen war der König in -rinen anhaltenden Schlaf verfallen, wachte aber gegen 6 Uhr Morgens auf, indem sich ein Anfall von heftigem Herzklopfen einstellte, worauf Schweiß und Unruhe folgte. Der Anfall hielt fast zwei Stunden an und hinter- >licß eine nicht unbedeutende Kraftlosigkeit. Um 4 Uhr Nachmittags ist wie derum ein Bulletin ausgegebcn worden, nach welchem der König gegen halb 41 Uhr in einen drei Stunden anhaltenden Schlaf gefallen war, wobei sich reichlicher Schweiß eingestellt hatte, während auch das Athemholen durchaus wieder frei geworden. Demzufolge müsse, nach dem Bulletin, die eingetre- tene Veränderung als eine günstige angesehen werden. Am 21. Nov. währte die Ruhe im Krankheitszustande, die nach dem gestrigen Schweiß und Schlaf «ingetrelen war, bis Abends fort, wo eine gelinde Unruhe wieder mit etwas vermehrtem Fieber eintrat. Inzwischen schlief der König etwa um 10 Uhr ein und hatte während der Nacht einen guten Schlaf, befand sich auch heute Morgen ruhig, aber matt und nicht fieberfrei. Das Bulletin vom 22. und 23. Nov. meldet keine wesentliche Veränderung in dem Zustande des Königs; die letzte Nacht war ruhig mit einigen Stunden Schlafs. Am 21. Nov. begannen in allen Kirchen die Fürbitten für die Genesung des Königs. Der Reichsmarschall Graf Lewenhaupt hat seine Wohnung in das königliche Schloß verlegt. Dä»kei. Konstantinopel, 14. Nov. Der griechische Patriarch Anthi- mos ist anläßlich seiner Haltung in der Frage der Stätten des Heiligen Grabes von seinem Posten enthoben worden. Am 13. Nov. versammelten flch die Notabilitäten der griechischen Gemeinde, um zu einer Neuwahl zu schreiten, die im Beisein des Said-Efendi, Sccretär im Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten, als Pfortencommiffar stattfand und aus den vormaligen Patriarchen Germanos fiel. Diese Wahl ist bereits der groß- -herrlichen Bestätigung unterbreitet worden. — Ein Aufruhrcomplot ist, laut Briefen aus Aleppo, zu Ajntab im Keime erstickt worden. «Königreich Sachsen. Aus Dresden vom 30. Nov. schreibt die Sächsische Consti- tutionelle Zeitung: Unsere Erwartung, daß der hiesige Vorstand des Gu stav-Adolf-Vereins nicht unterlassen werde, hinsichtlich der bekann ten Ministerialverordnung (Nr. 425) sich, den Verein und den Antrag steller zu rechtfertigen, ist in Erfüllung gegangen. Bereits am 23. Nov. hat der genannte Vorstand eine Sitzung gehalten, worin eine zu diesem Be- hufe entworfene Schrift, welche, wie wir hören, in sehr männlicher Weise über die dem hiesigen Verein gemachten Vorwürfe sich ausspricht, vorgelegt wurde und einstimmige Genehmigung fand. Dieselbe ist dem Vernehmen nach mit dem Gesuche an das Ministerium abgegangen, daß hochdasselbe diese Rechtfertigung auf demselben Wege zur Veröffentlichung bringen möge, auf welchem die hohe Verordnung zur Publicität gelangte. Hinsichtlich der, dem ganzen Gustav-Adolf-Verein zum Vorwurf gemachten „Ostentation" dürfte vielleicht auch der leipziger Ccntralvorstand Veranlassung nehmen, sich auszusprechen. Neuere Nachrichten. Fulda, 26. Nov. Gymnasiallehrer Volkmar, Verfasser des Schrift- chens: „Der Belagerungszustand Kurhesscns; ein Denkmal", welcher heute hier verhaftet wurde, wird nach Kassel vor das Kriegsgericht geführt wer den. Dem Vernehmen nach sollen in diesem Schriftchen die Vergehen der Majestätsbeleidigung und frechen Tadels gegen die Regierung gefunden worden sein. (Frkf. I.) Frankfurt a. M., 29. Nov. Der Stadtrath von Hanau ist nun vom dasigen Criminalgerichte auf den 3. Dec. zur mündlichen Ver handlung vorgeladen, angeklagt, in einer an den Kurfürsten am 21. Sept. 1850 gerichteten Adresse gröbliche Schmähungen auf dessen Minister vor gebracht und in öffentlichen Blättern verbreitet zu haben. (Frkf. I.) Kiel, 27. Nov. Man schreibt der Breslauer Zeitung: Im König reiche weiß man nichts von Bücher- und Zeitungsverboten, in den Herzogthümern kennt man fast nur diese. Unser Inckox librorum proki- ditorulir muß fast dem römischen ein Gegenstand des Neides sein. Es braucht nur in einem Buche das Wort „Revolution" vorzukommcn, so wird sofort das ganze Buch als Contrebande erklärt. Soeben erleben wir ein solches Beispiel. Ludwig Napoleon's „kövsrias politiquos" wurden in Plön übersetzt herausgegeben, und handeln sie gleich von aller Welt, nur nicht von den Herzogthümern, so wurden sie doch wegen ihres, von dem gegenwärtigen Beherrscher Frankreichs herrührenden Mottos: „Der größte Freund der Ruhe seines Vaterlandes ist Derjenige, der eine Revolution noth wendig macht!" sofort in ihrer Auflage von 2000 Exemplaren confiscirt. Nersonalnachrichten. lvrbensverleihungen Kaiern. Verdienstorden vom Heiligen Michael, Commandeurkreuz: der großherzoglich hessische Hofmarschall Frhr. v. Dörnberg. — Äraunschweig. Orden Heinrich's des Löwen, Großkreuz: der preußische Ober- jägermeister Graf v. d. Asseburg-Falkenstein. — Preussen. Schwarzer Adlerordcn: der Prinz Friedrich von Hessen-Kassel. Rother Adlerorden, 1. Cl.: der griechische Gesandte am bairischen Hofe Skhinas. Handel «nd Industrie. * Dresden, 29. Nov. Das Finanzministerium hat unterm 27. Nov. folgende Verordnung, die Ermäßigung der Gebühren für die telegraphische Correspondenz innerhalb Sachsens betreffend, erlassen: „Zn der Absicht, das Institut des Staatstclegraphen so gemeinnützig als möglich zu machen, und in der Voraussetzung, daß die dermaligen Lelegraphenleitungen eine noch ausgedehn tere Benutzung zulasten werden, hat, mit Sr. königl. Mas. allerhöchster Geneh migung, das Finanzministerium die dermaligen, mittels allerhöchster Verordnung vom 13. Sept. 1850 §. 24 festgesetzten Gebühren für die telegraphische Correspon denz innerhalb SachsenS versuchsweise zu ermäßigen und dieselbe festzusetzen be schlossen, wie folgt: 1) Die gegenwärtige Bemessung und Steigerung der Lele- graphengebühr nach der Entfernung der Aufgabe- und Bestimmungsstation findet für die Correspondenz innerhalb Sachsens nicht mehr statt. 2) Die Gebühr für jede Depesche zwischen den Stationen Dresden, Leipzig, Chemnitz, Riesa und der demnächst zu eröffnenden Station Zwickau beträgt ohne Unterschied: bis zu 20 Wor ten einschließlich 20 Ngr., von 21—50 Worten einschließlich 1 Lhlr. 10 Ngr., von 51 — 100 Worten einschließlich 2 Thlr., und für 50 Worte 20 Ngr. mehr. 3) Die Bestimmungen für die noch in der Einrichtung begriffene Benutzung des Betriebstelegraphen zwischen Dresden und Bautzen für die allgemeine telegraphi sche Correspondenz werden seinerzeit besonders veröffentlicht werden. 4) Im Uebri- gen bleiben alle wegen der telegraphischen Correspondenz ertheilten, insbesondere die mittels der oben angezozenen allerhöchsten Verordnung, sdwie mittels der Be kanntmachung vom 29. Febr. d. I. veröffentlichten Bestimmungen in Kraft. 5) Gegenwärtige Verordnung tritt mit dem 1. Dec. d. I. in Wirksamkeit." — Ein in Philadelphia ansässiger Deutscher, Hr. Ernst Lüdecke, hat eine neue sich selbst erneuernde Kraft erfunden, die, so viel bisjetzt davon bekannt ist, auf den Principien der Schwungkraft beruht, sodaß die bewegende Triebkraft von selbst den Trieb erzeugt. Der Erfinder hat bereits ein Patent in England auf diese äußerst wichtige Erfindung genommen und bewirbt sich jetzt, in Paris um ein Brevet. Diese Erfindung hat in der pariser Akademie der Künste bereits Stoff zu einem sehr ausführlichen Bortrage geliefert, und es ist allgemein anerkannt worden, daß sic zu den wichtigsten Entdeckungen der Gegenwart zu rechnen ist. Getreidebörsen. ÄerUn, 30. Nov. Weizen 60—6K Thlr.; schwimmend 887,- pfd. hochbunt. v. d. Netze 65 Thlr., 91pfd. weißernakler 66 Thlr., 89pfd.26Loth und 89pfd. 28 Loth hochbunt, bromb. 66 bez. Roggen loco 50—54 Lhlr.; schwim mend 86'/,pfd. 53 Thlr. bez.; Nov. 50 ä 49'/, L 49'^ ü 49'/, ä 49^ Thlr. bez.; Rov./Dec. 48V» ü 49'7 Lhlr. bez.; Frühjahr 48 Thlr. bez. Gerste loco 38 — 40 Lhlr. Hafer loco 26'/,—28 Thlr.; Frühjahr 50pfd. 28'/, Lhlr. Br. Erbsen, Koch- 52—55 Lhlr., Futter- 49—51Thlr. Winterraps 72—70 Lhlr. nominell. Winterrübsen do. Sommerrübsen 61—60 Thlr. nominell. Leinsaat 60 — 58 Thlr. Rüböl loco 107« Lhlr. Br., 10'/,, bez. u. G.; per Nov. do.; Nov./Dec. 1O'/„ u. '/« Lhlr. bez., 10'/« Br., 1O'/„G.; Dec./Ian. 10'/« Lhlr. Br., 1O'/„ G.; Jan./ Febr. 10 7^ Lhlr. Br., 10'/« G.; Febr./März 107-Thlr. Br., IOV4 G.; März April 107„ Thlr. Br., 10'/« G.; April/Mai 10'/, Thlr. Br., 107„ G. Leinöl