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2314 begründet; dagegen zweifeln wir noch daran, daß diese Unterstützung bereits allen vormärzlichen Offizieren zutheil ward. Wenigstens wissen wir biSjetzt erst von einem vormärzlichen Offizier (dem Oberstlieutcnant v. Knobbe), daß er in diesen Tagen durch den Syndikus Prehn in Altona (den Chef de- Finanzdepartcments unter der „obersten Civilbehörde") mit einer „Un terstützung", bestehend in der Hälfte der ihm zugestandencn jährlichen Pen sion, bedacht worden ist. Wien, 30. Nov. Die Wiener Zeitung meldet jetzt amtlich, was schon länger bekannt war, daß an Stelle des bisherigen Gesandten in Berlin, Baron v. Prokcsch-Osten, Graf Thun, zcilhcriger Bundespräsidialgesand- ter, ernannt worden sei. — Wie wir vernehmen, sagt die Oesterreichische Cor- respondenz, haben die neuen Direktiven bezüglich des Vereinswesens be- reits die Genehmigung des Kaisers erhalten und dürften bald zur Veröf fentlichung gelangen. — Da nach den Bestimmungen des neuen Preßgcsetzes nur amtliche Zeitungen die Befreiung von der Cautionsleistung erhalten können und es in der Ucbung liegt, in den Kronländern, wo eine Statthalterei oder Landcsstelle ist, eine solche bestehen zu lassen, so sind im Einverneh men des Ministeriums des Innern und der obersten Polizeibehörde neuer lich auf ihr Ansuchen nachstehende Blätter mit dem officiellen Charakter be kleidet worden: Die in Wien erscheinende Slovenske Novini, die Laibacher Zeitung, die Klagenfurter Zeitung, die Agramer Zeitung, als deutsche amt liche Zeitung für die Königreiche Kroatien und Slawonien, danch die Gaz- zetta offiiziale di Venezia, das zu Verona erscheinende Foglio di Verona und die Gazzetta di Milano für die Lombardei. — Man versichert, daß von Seiten der Regierungsbehörden, gleich als die Nachricht von der Ausweisung der Mönche aus Lugano anlangte, die Weisung erging, Diejenigen, welche sich in die Lombardei flüchten soll ten, in Klöster unterzubringen oder auf eine andere Weise zu versorgen. Italien. Turin, 27. Nov. (Tel. Dcp.) Die Debatten über die Finanzcre- ditc des Jahres 1851 wurden geschloffen, wegen unbcschlußfähiger Anzahl der Abgeordneten konnte indcß über daß Ganze nicht abgestimmt werden. Die Gazzetta Piemontese veröffentlicht heute die Namen der abwesenden Mit glieder. Dem Vernehmen nach wird der Ministerpräsident am 29. Nov. den Kammern ausführlichen Vortrag über die Finanzlage des Landes erstatten. Chambery, 25. Nov. (Tel. Dcp.) Der französische Flüchtling Bar ral ist hier verhaftet worden. Er führte fünf Kisten mit Schießpulver und 2000 Exemplare der Schrift „XapolScm Io petit" mit sich. Rom, 24. Nov. (Tel Dep.) Die französische Garnison hat bei- nahe einstimmig für das Kaiscrthum mit Ja gestimmt. Spanien. Madrid, 25. Nov. Mit der Familie des Don Carlos werden wie derum Unterhandlungen gepflogen, bei welchen der Herzog von Parma den Vermittler spielt. Man schmeichelt sich hier mit der Hoffnung (d. h. der Hof, denn das Land nimmt keinen Amheil daran), jetzt wenigstens den In famen Don Sebastian und den zweiten Sohn des Don Carlos, den Jnfan- ten Don Juan, herüberzuzichen, um wieder in ihre Rechte eingesetzt zu wer den. Jeder von ihnen würde dann 40,000 Piaster Apanage beziehen, die dem nächstjährigen Budget zuzuzählen wären. (Köln. Z.) Frankreich. Paris, 29. Nov. (Tel. Dep. des Corrcspondenz-Bureau.) So weit die Abstimmungen in den Departements bekannt sind, haben mit Einschluß Algeriens mit Ja gestimmt: 7,490,000, mit Nein: 288,000. In der Armee haben mit Ja gestimmt: 282,000, mit Nein: 10,000. Es sind also 7,752,000 Ja und 298,000 Nein. * Paris, 28. Nov. Der Präsident hat dem heutigen officiellen Mo niteur zufolge ein Schreiben des Kaisers von Rußland erhalten, worin ihm der Tod des Herzogs von Leuchtenberg angezeigt wird. Dieser Brief ist durch den russischen Geschäftsträger, Fürsten Kurakin, bei Abwesenheit des Botschafters Kiffelew überreicht worden. — Der halbamtliche Theil des Moniteur enthält das Resultat der Abstimmungen von allen 86 Departe ments und von der Land - und Seearmee, welche zusammen eine Summe von 7,714,585 bejahenden Stimmen enthalten. Dieses Resultat, welches schon gestern Abend bekannt war, hat Alle überrascht, welche die veröffentlichte Statistik der einzelnen Abstimmungen verfolgt hatten und bei 83 Depar- temcnts nur etwas über 6 Millionen Stimmen herausgcrechnet haben. Es ist ein glückliches Ereigniß für die Regierung, daß der kleine Rest der noch nicht abgeschlossenen Departements eine so reiche Ausbeute geliefert hat, da ihr daran gelegen war, die Summe der letzten Abstimmungen vom 20. Dec. zu überbieten. War auch mit einer kleinern Anzahl der positive Erfolg ge sichert, so ist doch der moralische Eindruck, den eine höhere Ziffer von Stimmen hervorbringt, wol zu berücksichtigen. Niemand hat das besser als die Regierung begriffen, welche so mächtige Hebel aller ihr ergebenen Ver waltungsbeamten in Bewegung setzte, um das gewünschte Resultat hervor- zubringcn. — Heute theilt nun auch der Moniteur mit, daß die Stadt Strasburg dem Kaiser Napoleon III. das alte kaiserliche Schloß, welches in diesem Augenblicke das Eigenthum der Gemeinde ist, angeboten habe, damit es seiner ursprünglichen Bestimmung nach dem Decrete vom 21. Jan. 1806 wiedergegebcn werde. — Die meisten Journale bringen heute den ge strigen Artikel des Moniteur, der gewissermaßen das Programm des neuen Kaiserreichs enthält. Es versteht sich von selbst, daß nur die Ne gierungsorgane eS wagen, dazu in beifälligem Sinnt Commentare zu lie- fern. Es ist auffallend, daß alle officiellen Erklärungen mit Eifer die fried lichen Gesinnungen der neuen Regierung vertheidigen, als ob die Idee des Krieges mit der Idee des Kaiserthums eng verknüpft wäre, sodaß bei Vie len der letztere als die nothwendige Conscquenz des erstem erscheint. Für den Geschichtskundigen sind politische Versicherungen, die ebenso ost von der Nothwendigkeit geboten wie als Maske gebraucht wurden, von nur ge ringem Werth. In der Politik ist nicht die Gesinnung eines Einzelnen, sondern größtentheils nur Nothwcndigkeit oder Berechnung entscheidend. — Halbamtliche Organe versichern, was wir schon vor längerer Zeit mitgetheilt haben, daß bei der Proclamirung des Kaiserreichs sehr umfassende Gna denbezeugungen vsrgenommcn werden. Jeder Verurtheilte, der sich schriftlich verpflichtet, seiner Tendenz der Vergangenheit zu entsagen, und für die Zukunft Unterwerfung verspricht, erhält sofort den vollständigen Erlaß seiner Strafe. Ausgeschlossen von dieser Begünstigung sind nur Individuen, welche Anstifter oder Thäter von Angriffen gegen Personen gewesen sind, oder welche früher gerichtliche Verurtheilungcn erlitten ha ben.— Heute findet im Schlosse von St.-Cloud ein Privatempfang statt, wozu nur die vertrautesten Personen aus dxr Umgebung Ludwig Na- poleon's gezogen werden. Der Präsident will, wie man sagt, diese Gelegenheit dazu benutzen, um die Mitglieder seiner Familie, die seit längerer Zeit mit einander entzweit sind, untereinander zu versöhnen. Aufsehen macht ein Artikel des Pays, welcher dem Journal des De'bats, das bekanntlich neulich dem Napoleonischen Empire nach jahre langer gctreulichcr Verfechtung der Julimonarchie sich gebeugt hat, in be leidigender Weise cntgegentritt und mit verächtlichem Stolze die von dem ehemaligen Moniteur der Bourgeoisdynastie dargebotene Hand zurückweist. Pays meint: Dieses Einlenkcn einer kleinen orleanistischen Coterie könne Niemanden überraschen, da der Orleanismus vornämlich die Doctrin des ksit aooompli sei und weder jemals ein Dogma noch ein Princip gehabt habe. Pays sei überzeugt gewesen, daß in dem Augenblicke, wo die Gewalt Ludwig Napoleon's sich definitiv befestigen würde, der zürnende Achill aus seinem Zelte hervorkommen würde. Dem Ucbertrilte des Journal des Dö- bats ins Napoleonische Lager traut aber Pays nicht recht. Nicht dem Kai- scrthume pflichte der Orleanismus bei, sondern dem Frieden, den der neue Kaiser verheißen, und dem Frieden wieder nur in der Hoffnung, daß er den unglücklichen Liberalismus befriedigen werde, der 18 Jahre lang das Schau kelsystem der konstitutionellen Monarchie gemacht habe. „Wir gehören nicht zu Denen", sagt Pays, „welche den Tod des Sünders wollen. Aber der Sünder muß nach den Worten der Schrift sich auch bekehren. Die Hal tung der orleanistischen Partei erscheint uns nun aber von einer großen Schüchternheit und Zurückhaltung. Man wagt freilich nicht mehr zu schmollen, man spart sich aber für die künftigen Eventualitäten auf. Man will wol aus seinem Zelte hervorkommen, aber sich zu nichts verbindlich machen, man schaut um sich, sieht, woher der Wind weht, setzt einen Fuß vor, bleibt aber auf der Grenze zwischen Zustimmung und Feindseligkeit stehen." Der Bo- napartismus will also, wenn der Artikel des Pays wirklich ernstlich gemeint ist, entschieden auch von dem halb und halb ralliirten Orleanismus nichts wissen; und unter diesen Umständen würde die Stellung des Journal des De'bats unter dem Empire nicht die angenehmste sein. Armand Bertin hat den verletzenden Artikel des Pays ruhig in die Tasche gesteckt. Daher das Gerücht, daß die Leitung des Journal des De'bats aus den Händen Ber- tin's in die des vr. Ve'ron übergehen werde, der denn auch in diesem Jour nale echt bonapartistische Saiten anschlagen würde. — Man schreibt der Neuen Preußischen Zeitung aus Turin vom 17. Nov.: Aus guter Quelle kann ich Ihnen mittheilen, daß Papst Pius IX. vorläufig wenigstens fest entschlossen ist, nicht zur Krönung und Salbung Ludwig Napoleon's nach Frankreich zu gehen. Er soll wörtlich Folgendes geschrieben haben: „Pius VII. hatte Recht, den Kaiser Napoleon zu salben, denn dieser begründete eine neue Dynastie; aber Sie, mein Sohn, nennen sich Napoleon III., folglich wäre die Salbung ganz überflüssig. Alle katho lischen Souveräne hätten das Recht, ein Gleiches zu verlangen bei ihrer Thronbesteigung, und die Päpste müßten ihre Zeit auf Reisen zubringen." Ich bemerke ausdrücklich, daß meine Quelle zuverlässig ist, aber freilich wußte man in Rom schon in voriger Woche, daß der Papst sich neuerdings nachgiebiger gezeigt, und daß die französische Botschaft beim Heil. Stuhle nur über die Bedingung verhandele, ihres endlichen Erfolgs aber völlig sicher sei. Großbritannien. ^London, 27. Nov. Der parlamentarische Jnteressenkampf, der sich aus Villiers' Motion entspann, bezog sich nicht sowol auf die jähr lichen 180 Mill. Thlr., um welche die Brotverzehrer für die Landeigen thümer besteuert wurden, sondern wesentlich auf die Verpflichtung der En kel, die Sünden ihrer Väter zu büßen, d. h. die Zinsen von 5600 Mill. Thlrn. Kriegsschulden an die Gläubiger, worunter viele Witwen und Wai sen, zu bezahlen. Solche ungeheure Summen lassen sich nicht durch ehrliche directe Steuern beschaffen; die Täuschung, der Betrug und Communismus des Protectionalismus nährt sich wesentlich von diesen Errungenschaften glor reicher Politik und Diplomatie, die ihre Schläfe mit Lorbern schmückte, die noch fortwährend dem Volke 5600 Mill. Thlr. kosten. Man sollte sich die Freihandelsfrage einmal näher von diesem Standpunkte ansehen, zumal jetzt, wo das Kriegsgeschrei für manche Menschen und Staaten so weit gekom men ist, daß man Krieg als einen rettenden Ausweg wünscht und zu pro- vociren scheint; jetzt, wo es sich entscheiden wird, ob die Culturgeschichte der