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PHILHARMONIE N E R D R E S D Freitag, den 8. September 1972, 20.00 Uhr Sonnabend, den 9. September 1972, 20.00 Uhr Kulturpalastes Dresden Festsaal des UND RECHT C A N I M KONZERT 1. K 1. N - BRAHMS - REGER MENDELSSOH Dirigent: Günther Herbig appassionata vivace PAUSE c-Moll op. 68 Johannes Brahms 1833-1897 Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 Ouvertüre „Die Hebriden" h-Moll op. 26 Konzert für Violine und Orchester e-Moll op. 64 Allegro molto Andante Allegro molto Sinfonie Nr. 1 Un poco sostenuto — Allegro Andante sostenuto Un poco Allegretto e grazioso Adagio — Allegro non troppo ma con brio Solist: Jürgen Pilz, Dresden, Violine Generalmusikdirektor Günther Herbig, der neue Chefdirigent und Künstlerische Leiter der Dresd ner Philharmonie, wurde 1931 in Usti nad Labern (CSSR) geboren. Er erhielt seine Dirigentenaus bildung bei Hermann Abendroth in Weimar und bildete sich in der Folgezeit weiter bei Arvid Jansons, Hermann Scherchen und Herbert von Karajan. 1957 begann er seinen Weg als Diri gent am Deutschen Nationaltheater Weimar. Die Stadt Potsdam berief ihn 1962 zu ihrem Musikdirek tor. Seit 1966 wirkte er als Dirigent des Berliner Sinfonieorchesters. Günther Herbig, heute zu den bedeutendsten Dirigentenpersönlichkeiten unse- ^ttfiepublik gehörend, gastierte erfolgreich bei Spitzenorchestern der DDR sowie in der in Ungarn, 'Österreich, Großbritannien, Polen, Bulgarien, Kuba und Chile. Darüber hinaus hat er zahlreiche Rundfunk- und Schall plattenproduktionen sowie vielbeachtete Fern sehaufzeichnungen geleitet. Jürgen Pilz, seit 1969 als Konzertmeister der Dresdner Philharmonie verpflichtet, wurde 1945 in Dresden geboren. Er studierte in seiner Hei matstadt, in Berlin und Weimar u. a. bei den Professoren Mühlbach, Scholz und Ehlers. Der junge Künstler erhielt 1967 den 1. Preis im Na tionalen Solistenwettbewerb der DDR in Mark neukirchen, im gleichen Jahr wurde er Preis träger beim Internationalen Enescu-Wettbewerb in Bukarest. 1968 und 1972 wurde er mit einem Diplom des Internationalen Bach-Wettbewerbes iiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiuiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiuiiiuHiiniiiiiniiiiniiiiiiiuiiininiiniuniiiniiiiiiniiiiiiiniiiiniiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiii in Leipzig und 1968 außerdem mit einer Bronze- Medaille beim Internationalen Geigerwettbe werb anläßlich der Weltfestspiele der Jugend in Sofia ausgezeichnet. Konzertreisen führten Jürgen Pilz bisher in zahlreiche Städte der DDR sowie nach Polen, Ungarn, Rumänien, in die CSSR und nach Bulgarien. ZUR EINFÜHRUNG Felix Mendelssohn Bartholdy, der musikalisch von einer seltenen Frühreife war, besitzt in der Musikgeschichte ein dreifaches Ansehen: als Or ganisator (so gründete er beispielsweise das Leipziger Konservatorium als erstes in Deutschland und brachte Bachs Matthäus-Passion hundert Jahre nach ihrer Uraufführung erstmalig wieder zum Erklingen), als Dirigent der Leipziger Ge wandhauskonzerte (hinzu kam seine ausgedehnte Konzerttätigkeit in Berlin, London und anderen Städten) und vor allem als Komponist zahlreicher Werke für die verschiedensten Gattungen, die zu den schönsten Zeugnissen der deut schen Musik in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts gehören. Anläßlich des 125. Todestages des Meisters am 4. November 1972 findet in der DDR, insbe sondere in Leipzig und Berlin, seinen einstigen Wirkungsstätten, eine repräsen tative Mendelssohn-Ehrung statt. Auch die Dresdner Philharmonie schaltet sich mit zyklischen Aufführungen der wesentlichsten Werke des im Dritten Reich tot geschwiegenen Komponisten in den Konzertreihen B und C dieser Spielzeit in die vielfältigen nationalen wie internationalen Würdigungen Felix Mendelssohn Bartholdys tatkräftig ein und leistet ihrerseits einen klingenden Beitrag zu einem neuen Mendelssohn-Bild. Mit der Niederschrift der Hebriden-Ouvertüre oder Ouvertüre zur Fingalshöhle op. 26 begann Mendelssohn 1829 auf der Hebrideninsel Staffa, überwältigt von der düster-herben Schönheit der nordischen Landschaft. Das Werk, das also Landschaftseindrücke widerspiegelt, knüpft stimmungsmäßig an die „Schottische Sinfonie" des Komponisten an. Das Tongemälde, dessen Hauptthema — in dunklen Klangfarben — Fagott, Viola und Violoncello into nieren, sollte nach Mendelssohns Worten nach „Tran und Möwen schmecken". Auch Assoziationen an Richard Wagners „Holländer"-Ouvertüre wollen sich ein stellen, der das stimmungsvolle Naturgedicht übrigens als „eines der schönsten Musikwerke, das wir besitzen" bezeichnete. Auch Brahms war von der herben Schönheit der Komposition zutiefst angetan, äußerte er doch überschwenglich: „Ich würde alle meine Werke hingeben, wenn mir ein Werk wie die Hebriden- Ouvertüre gelungen wäre." Eines der bekanntesten und meistgespieiten Violinkonzerte überhaupt ist neben den berühmten Konzerten von Beethoven, Brahms und Tschaikowski das Konzert für Violine und Orchester e-Moll op. 64 von Mendelssohn Bartholdy. Das Werk - übrigens wie die Schöpfungen der eben genannten Meister auch Mendelssohns einziger Beitrag zu dieser Gattung — entstand in seiner endgültigen Gestalt im Sommer 1844 in Bad Soden, wo der Komponist im Kreise seiner Familie heitere, ungetrübte Ferien tage verlebte; erste Entwürfe dazu stammen jedoch bereits aus dem Jahre 1838. Am 13. März 1845 wurde das Violinkonzert im Leipziger Gewandhaus unter der Leitung des dänischen Komponisten Niels W. Gade durch den Geiger Ferdinand David (Konzertmeister des Gewandhausorchesters) uraufgeführt, für den es geschrieben worden war und der den ihm befreundeten Mendelssohn auch schon bei der Ausgestaltung des Soloparts in violintechnischer Hinsicht beraten hatte. Nach der erfolgreichen Uraufführung schrieb David an den ge rade in Frankfurt/M. weilenden Komponisten einen begeisterten Brief, in dem es u. a. über das Werk hieß: „Es erfüllt aber auch alle Ansprüche, die an ein Konzertstück zu machen sind, in höchstem Grade, und die Violinspieler können Dir nicht dankbar genug sein für diese Gabe." Bis heute hat sich an diesem Urteil nichts geändert; vereinigt das unverblaßt gebliebene Konzert, das sich vor allem durch seine harmonische Verbindung von (niemals leerer) Virtuosität und Kantabilität sowie durch eine ausgesprochen einheitliche Thematik auszeichnet, doch auch wirklich in schönster Weise alle Vorzüge der Schaffensnatur seines Schöpfers: formale Ausgewogenheit, gedankliche Anmut und jugendliche Frische.