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DRESDNER PHILHARMONIE Mittwoch, den 27. September 1972, 20.00 Uhr Donnerstag, den 28. September 1972, 20.00 Uhr Festsaal des Kulturpalastes Dresden 2. PHILHARMONISCHES KONZERT Dirigent: Hans Swarowsky, Österreich Solist: Walter Hartwich, Dresden, Violine Max Reger 1873-1916 Karol Szymanowski 1882-1937 Variationen und Fuge über ein Thema von Ludwig van Beethoven op. 86 Erstaufführung Konzert für Violine und Orchester Nr. 2 op. 61 Moderato — Andante sostenuto — Allegramente — Andantino — Allegramente DDR-Erstaufführung Richard Strauss 1864-1949 PAUSE Also sprach Zarathustra - Tondichtung op. 30 Introduktion Von den Hinterweltlern Von der großen Sehnsucht Von den Freuden und Leidenschaften Grablied Von den Wissenschaften Der Genesende Das Tanzlied Nachtwandlerlied Solovioline: Konzertmeister Jürgen Pilz ZUR EINFÜHRUNG In den Ferienwochen des August und September 1904 schrieb Max Reger, der zu dieser Zeit in München lebte und wirkte, zwei Variationswerke, die seinen Namen in die breiteste Öffentlichkeit trugen: die Bach-Variationen für Klavier zu zwei Händen op. 81 und die Beethoven-Variationen für zwei Klaviere op. 86, die in der Interpretation des Komponisten und seiner ersten Partnerin Henriette Schelle auch die widerstrebendsten Hörer bezwang. In seiner letzten Schaffenszeit in Jena, nachdem er längst seine anderen berühmten Variationszyklen geschaffen hatte, die Variationen und Fuge über ein Thema von J. A. Hiller für Orchester op. 100 (1907), die Variationen und Fuge über ein Thema von W. A. Mozart für Orchester op. 132 (1914) und die Variationen und Fuge über ein Thema von G. Ph. Telemann für Klavier zu zwei Händen op. 134 (1914), im Juli August 1915 bearbeitete er die Variationen und Fuge überein Thema von Ludwig van Beethoven op. 86 für Orchester, die in der neuen Fassung um vier Variationen gestrafft wurden. An seinen Verleger schrieb Reger am 18. August 1915: „Sie erhalten damit ein Werk, das an künstlerischem Wert dem meines op. 100, den Hiller-Variatio nen, mindestens gleichkommt, aber gegenüber meinem op. 100 zwei wesent liche Vorzüge hat: 1. es ist auf Grund meiner .Meininger' Erfahrungen viel besser instrumentiert, 2. es ist kürzer." Die Uraufführung der Orchesterfassung erfolgte am 26. Oktober 1916 durch Ferdinand Löwe in Wien - also erst nach dem Tode des Meisters, der am 11. Mai dieses Jahres in Leipzig ver storben war. Regers Beethoven-Variationen, mit deren Aufführung die Dresdner Philharmonie umfängliche Ehrungen des Komponisten anläßlich der 100. Wiederkehr seines Geburtstages am 19. März 1973 einleitet, liegt das harmonisch schlichte, anmutig beseelte Thema aus Beethovens „Bagatellen" op. 119 Nr. 9 zugrunde. Dem Thema folgen acht Variationen, deren Stimmungscharakter zwischen liebenswürdigem Humor, stolzer Kraft und zartem Träumen abwechselt, die in eine sich mächtig auftürmende triumphale Schlußfuge münden — eine energie geladene Musik voller freudiger Lebensbejahung. Mit dem Fugenthema ver einigen sich die fanfarenhaft gesteigerten Anfangstakte des Variationsthemas zu höchst eindrucksvoller Steigerung in der Coda. Regers Variationskunst und kontrapunktische Gestaltungskraft stehen in den „Beethoven-Variationen" auf gleicher Höhe wie in den bekannteren Hiller- und Mozart-Variationen. Karol Szymanowski, 1882 als Sohn eines Gutsbesitzers in Tymoszöwka geboren, erhielt ersten Musikunterricht durch den Vater. Nach frühen Kompo sitionsversuchen folgten ernsthafte Studien in Warschau. Hier gründete er später auch als führende Persönlichkeit der Komponistengruppe „Junges Polen" eine Verlagsgesellschaft, deren Anliegen es war, Werke junger polnischer Kompo nisten zu veröffentlichen. Szymanowskis Frühschaffen stand unter dem Einfluß von Chopin und Skrjabin, bald aber wurden Wagner, Strauss und Reger seine| Vorbilder. Reisen nach Italien und Nordafrika (1911) weckten in ihm die Liebel für das Exotische und für den französischen Impressionismus. Mit der Wieder-| errichtung des polnischen Staates (1918) ging Szymanowski, ermutigt von neuen gesellschaftlichen und künstlerischen Voraussetzungen, begeistert an den Wiederaufbau der nationalen Musikkultur. Im Ringen um dieses Anliegen und angeregt durch die intensive Beschäftigung mit der polnischen Volksmusik fand er in seinen Spätwerken zu einem eigenen nationalen Stil. 1937 verstarb er in Lausanne. Szymanowskis Bedeutung ist unumstritten. Unter seinem Einfluß wuchs eine ganze Generation junger polnischer Komponisten heran. Die Traditionen, die er besonders in seiner letzten Schaffensphase weiterentwickelte, sind bis heute Spielzeit zu Gast. HANS SWAROWSKY wurde 1899 in Bu dapest geboren. Seine Lehrer waren in der Theorie Arnold Schönberg und An ton von Webern und im Dirigieren Felix von Weingartner und Richard Strauss, über die Opernhäuser Stuttgart, Ham burg, Berlin, wo er 1934 Nachfolger Erich Kleibers wurde, kam er 1937 als Diri gent an das Opernhaus Zürich. 1940 bis 1944 wirkte er als Dramaturg der Salz burger Festspiele. 1945 wurde er Gene ralmusikdirektor in Stuttgart, übernahm jedoch bereits 1946 die Leitung der Wiener Sinfoniker und der Rundfunk konzerte. Im gleichen Jahr erhielt er eine Professur an der Wiener Musik akademie — ein Amt, das ihm den ehrenvollen Ruf eines „österreichischen Dirigentenmachers“ einbrachte. 1947 bis 1950 war er außerdem Direktor des Opernhauses in Graz. Seitdem ist Prof. Swarowsky — ausgenommen die Jahre 1957 bis 1959, in denen er am Scottish National Orchestra in Glasgow wirkte — als Gastdirigent bei den führenden Orchestern Europas und — seit 1960 — auch in den USA tätig. Er dirigiert regelmäßig zu den Fest spielen in Salzburg, Wien, Berlin, Prag und Athen, konzertiert mit den Wiener Philharmonikern und Sinfoni kern und ist auch Dirigent der Wiener Staatsoper. Hans Swarowsky genießt Weltruf als Kenner der Werke von Mozart, Brahms, Mahler und Strauss. Bei der Dresdner Philharmonie war er bereits in der letzten WALTER HARTWICH wurde 1932 in Öraunau (CSSR) geboren. Er erhielt seine musikalische Ausbildung bei Prof. Gerhard Bosse an den Musikhochschulen Weimar und Leipzig, spater bei Prof. György Garay. Nach dem Examen war er vier Jahre beim Staatlichen Sinfonieorchester Halle und drei Jahre beim Rundfunksinfonieorchester Leipzig als Konzertmeister tätig. Seit September 1962 wirkt er als 1. Konzertmeister der Dresdner Philharmonie. Seit 1966 ist er außerdem als Lehrbeauftragter an der Hochschule für Musik „Carl Maria von Weber" in Dresden tätig. 1967 wurde er mit dem Titel Kammervirtuos ausgezeichnet. Er gastierte bei zahlreichen Orchestern der DDR.