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starken Persönlichkeit besaß, dessen Stil sich aber durch eine hervorragende Melodik, gediegene Kontrapunktik, vielgestaltige Instrumentation und einen direkt ansprechenden, schlicht-volkstümlichen Ausdruck auszeichnete. Haupt werke und Schwerpunkt des Schaffens des gebürtigen Rheinländers Bruch, der bereits mit elf Jahren zu komponieren begann, lange Zeit als angesehener Dirigent in Deutschland und England wirkte, von 1891 bis 1910 eine Professur an der Akademie der Künste in Berlin innehatte, mit dreifachen Ehrendoktor würden und vielen anderen hohen Auszeichnungen geehrt wurde und große künstlerische Erfolge verzeichnen konnte, waren seine zahlreichen großen Chor werke mit Orchester (u. a. „Frithjof", „Schön Ellen", „Odysseus", „Das Lied von der Glocke", „Achilleus"). Weiterhin schrieb er drei Opern (darunter „Loreley" nach Geibel), drei Sinfonien, drei Violinkonzerte, mehrere andere konzertante Kompositionen, von denen besonders sein op. 47, „Kol nidrei" (Adagio für Violoncello auf hebräische Melodien) sehr bekannt wurde, sowie einige Klavier- und Kammermusikwerke. Bruchs 1. Violinkonzert, das als einziges seiner Werke die Zeiten zu überdauern vermochte, wurde zwischen 1857 und 1866 komponiert und 1866 in Koblenz unter Leitung des Komponisten uraufgeführt. Der Solist der Uraufführung war der große Geiger Joseph Joachim, dem das Werk (wie Brahms' Violinkonzert) auch gewidmet ist. Die dankbare und wirkungsvolle, echt geigerisch konzipierte Kom position hat durch ihre formale Ausgewogenheit, ihre jugendlich-musikantische Frische, ihre eingängige Melodik und die Substanz und Brillanz insbesondere des Soloparts, der dem Solisten in reichem Maße Gelegenheit gibt, Virtuosität und gestalterische Fähigkeiten unter Beweis zu stellen, bis heute noch nichts von seiner Beliebtheit bei Interpreten und Hörern eingebüßt. Die Bezeichnung des ersten Satzes mit „Vorspiel" deutet darauf hin, daß das Hauptgewicht des Konzertes im zweiten und dritten Satz liegt. Im knapp ge haltenen Anfangssatz, der mit einem Paukenwirbel und einer kleinen Kadenz des Soloinstrumentes einsetzt, wechseln lyrisch-elegische Momente mit stürmisch leidenschaftlichen Partien, wobei rhapsodische Deklamationen und zahlreiche kadenzartige Wendungen und Einwürfe der Solovioline den präludierenden Charakter betonen. Wie im Mendelssohnschen Violinkonzert führt eine modulierende Überleitung zum zweiten Satz, einem Largo, das sich pausenlos anschließt. Dieser langsame Es-Dur-Satz, eine echte Romanze von schwelgerischer, einschmeichelnder Kanta- bilität, läßt das Soloinstrument die ganze Süße seines Tones entfalten. Neben dem empfindsamen Hauptthema wird ein von den Hörnern vorgetragenes und von solistischen Arabesken umranktes Seitenthema bedeutsam. Rassig-kapriziös und voller Schwung gibt sich das besonders wirkungsvolle, in Rondoform angelegte Finale. Der zum Teil etwas ungarisch gefärbte Schluß satz ist wieder außerordentlich virtuos und stellt ein Musterbeispiel für Bruchs effektvolle Verwendung melodischer und rhythmischer Mittel dar. Das Konzert für Violine und Orchester Nr. 1 a-Moll o p. 99 von Dmitri Schostakowitsch, 1948 erstmalig konzipiert, 1955 schließ lich vollendet, stellt eine der hervorragendsten Schöpfungen des großen sowje tischen Meisters dar. Der Komponist widmete das ungemein dramatische, kon fliktgeladene Werk David Oistrach, der es auch erfolgreich uraufführte. Oistrach, einer der besten Kenner dieses Konzertes, veröffentlichte 1956 in der Fachzeit schrift „Sowjetskaja Musyka" nachstehende informative Charakterisierung des Werkes: „Strenge Verhaltenheit der Gefühle charakterisiert den ersten Satz (Moderato), der den Titel .Notturno' trägt. Er entwickelt sich in breitem, melodischem Fluß, in ruhiger Bewegung. Hier gibt es keine kontrastierenden Themen. Haupt- und Seitenthema ergänzen einander. Ein lyrischer, schwermütiger Charakter sowie die Gemeinsamkeit der rhythmischen Bewegung verbindet sie. Adel und Herzens wärme atmet das Hauptthema. Edlen, liedhaften Charakter hat die Melodie des Seitenthemas. Der von dramatischer Spannung erfüllte Satz verläuft allmählich abgeklärter, ruhiger. Innerhalb des Konzerts erscheint er wie ein selbständiger Prolog. Der zweite Satz (Allegro) hat den Charakter eines Scherzos. Die heftige, drän gende Dynamik, die komplizierte polyphone Anlage (eine Fuge im Mittelpunkt der Durchführung), die farbenprächtige Instrumentierung — das alles ist sehr eindrucksvoll. Die Musik ist stürmisch, ungestüm, sie hat etwas Dämonisches. Das polyphone Gewebe ist mit großartigem Können geflochten, zugleich subtil in der Instrumentierung. Die mittlere Episode des Scherzos ist ein grotesk anmutender Tanz volkstümlichen Gepräges, von eigentümlichem Humor und feiner Ironie. Der dritte Satz ist eine Passacaglia (Andante) voller Adel, Schönheit und Ge fühlswärme. Aus ihrem majestätischen Schreiten spricht aber auch Leid und Nach denklichkeit. Das ausdrucksstarke Thema der Passacaglia wird zu Anfang von Streichern, Pauken und Horn ausgeführt. Die bedeutsamen Pausen geben seinem stolzen und gebieterischen Charakter ausgeprägte Konturen. In der weiteren Ent wicklung schichten sich immer mehr und mehr Stimmen über diesem Thema auf, und jede von ihnen ist von melodischer Bedeutung. Nach einem von Dramatik und intensiver Pathetik erfüllten Höhepunkt beginnt die Kadenz, die einen fast selbständigen Satz darstellt, so bedeutend ist ihr Gehalt und so entwickelt ihre Form. Hier leben Nachklänge der Stimmungen und Bilder von Adagio, Scherzo und Passacaglia wieder auf. Eine ungeheure Woge dynamischer Steigerung führt die Kadenz unmittelbar ins Finale über, vom Komponisten .Burleske' genannt (Allegro con brio). Die Fest lichkeit und ungezwungene Fröhlichkeit dieser Musik bilden einen scharfen Kon trast zu den ersten drei Sätzen. In diesem Schlußsatz von betont nationaler Klangfarbe erlebt man Bilder eines fröhlichen Volksfestes. Zuweilen ist das Spiel von Skomorochen (Wandermusikanten) zu hören. Die Themen sind in der Intona tion mit denen der vorhergehenden Sätze verwandt. Das Hauptthema hat tänze rischen Charakter. Es wird in der Solovioline und im Orchester breit entwickelt und dann von einer tänzerischen Episode abgelöst, die auf ein russisches Lied zurückgeht. Sodann erklingt eine Weise, aus der man das fröhliche Spielen der Wandermusikanten heraushört. Auf dem Höhepunkt der Fröhlichkeit erhebt sich das stolze Thema der Passacaglia. Aber jetzt ist seine Bedeutung eine völlig an dere: es ruft alle herbei zum frohbewegten Volksfest, mit dessen Bild das Werk schließt." IIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIINIIIIIIIIIIIIIIillllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllltllllllllllllllllllllllllllll