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Donnerstag. Nr. 392. 14. October 18SL Leipzig. Dit Zeitung «scheint mit Ausnahme de- Montags täglich und wird Nachmittags 4 Uhr «ur- gegeben. Preis für da- Viertel jahr 1'/, Thlr-r jede ein zelne Nummer 2 Ngr. Deutsche Allgemeine Zeitung. «Wahrheit und Recht, Freiheit und Ätsetzl» Hu beziehen durch alle Postämter des In- und Auslandes, sowie durch die Expedition in Leipzig (Querftraße Nr. 8). JnserttonsgedÄH, für den Raum einer Zeile 2 Ngr. Die Zoll- und Handelsfrage. /^Berlin, 12. Oct. Seit die Zollvereinsangelegenheit durch die neueste, vielbesprochene Wendung in ein Stadium gerückt ist, das im Vergleich mit den unmittelbar vorhergehenden Zuständen jedenfalls den Vorzug min derer Unklarheit für sich in Anspruch nehmen kann, blickt man hier mit dem Bewußtsein der Frage ins Angesicht, daß diese wichtige Angelegenheit sichern und treuen Händen anvertraut ist. Mit ungetheilter Befriedigung werden die Maßnahmen der Negierung vom ganzen Volke beurthcilt; die vielfältigen Parteidifferenzen sind, was diese Frage betrifft, wie ausgeglättet und selbst die principielle Opposition gegen die Politik Manteuffel beugt sich in voller Anerkennung des ebenso einsichtsvoll gemäßigten als kräftig weisen Verfahrens, durch welches die Negierung zugleich den allgemeinen deutschen und den specifisch preußischen Interessen vollauf Genüge gethan. So schwer auch die Opfer sein mögen, welche durch eine etwaige Wicderaufrichtung längst gefallener Vcrkehrsbeschränkungen innerhalb des deutschen Vaterlan des einzelnen Classen preußischer Unterthancn auferlegt werden dürften, die Negierung kann sich überzeugt halten, daß sie von keiner Seite her ein Wort des Vorwurfs treffen wird. So vielfach auch der Ausspruch: Volkes Stimme, Gottes Stimme! hier unrichtig angewendet, dort schlau ausgebeutet werden mag — wenn je, so bewährt er sich hier als ein wahres Wort, wo die dem Jnstinct nahestehenden Empfindungen der großen Masse mit dem Ur theile aller Sachverständigen und aller politisch Gebildeten so völlig übcrein- stimmen. Wie sehr muß sich eine Negierung durch so übereinstimmende Kundgebungen der Zustimmung gekräftigt und im Gange ihrer Politik ge stärkt fühlen, zumal wenn dieselben noch dadurch bestätigt werden, daß in den deutschen Ländern, welche bezüglich der Zollfrage Preußen gegenüber- stehen, die Negierungen von Seiten der Industriellen und Handeltreibenden aller Orten auf das dringendste beschworen werden, von dem betretenen Wege umzukehren. Bei diesem Sachverhalt wird cs wol nirgends, selbst in München und Wien nicht, befremden, daß die preußische Negierung in dem so gestärkten Bewußtsein, gerade so wie sie es gethan, recht gehandelt zu haben, einerseits mit aller, den Umständen entsprechenden Beschleunigung in Ausbildung und Befestigung der handelspolitischen Verhältnisse dem be schränkten Kreise, auf den sie nunmehr angewiesen ist, entsprechend voran schreitet und daß sie andererseits auf Alles gefaßt und vorbereitet ist, was etwa durch fernere Provokationen nothwendig werden könnte. In ersterer Be ziehung sind die Separatverhandlungcn mit Braunschweig so weit geför dert, daß der Abschluß eines Accessionsvcrtrags in den nächsten Tagen be stimmt erfolgen wird, desgleichen mit dem Thüringischen Staaten verein. Bezüglich etwa zu treffender Abwehrungsmaßregeln ist gleichfalls das Erfoderliche bereits festgesetzt und die Negierung sieht mit großer Ruhe der bevorstehenden Wiedereröffnung der Bundestagsverhandlungen entgegen. Weit davon entfernt, sich Täuschungen darüber hinzugeben, welcher Art die Operationen sein werden, die Oesterreich auf diesen, bis 1848 ihm aus schließlich günstigen Terrain vorzunehmen gedenkt, wird Preußen die Schritte abwarten, welche das kaiserliche Cabinet, um mit der Oesterreichischen Corre- spondenz zu reden, „mit allem Ernst ins Auge zu fassen und mit allem Nach druck ins Werk zu setzen für seine gebieterische Pflicht erachtet". Wiewol aber Preußen für alle Fälle bereit und gerüstet ist, sein und Deutschlands gutes Recht in jeder Weise zu verlhcidigen, so unterlasse ich doch nicht, Sie schon heute auf das Unbegründete eines Gerüchts aufmerksam zu machen, das gestern hier stark zu cursiren begann und, nach der Natur solcher Dinge, zweifels ohne auch rasch durch Deutschland und weiter die Runde machen wird. Es heißt nämlich hier, cs stände eine theilwcise Mobilmachung, die des 3. Armee corps, bevor und die betreffenden Ordres lägen zur Vollziehung im Kriegsmini- sierium bereit. Ich befinde mich in der Lage, Sie versichern zu können, daß bisjeht eine solche Maßregel hier nicht getroffen wurde. — Der hannoversche Korrespondent der Preußischen Zeitung versucht es, über die vielbesprochene außerordentliche Mission des Grafen Alvens- leben nach Hannover eine Aufklärung zu geben. Wir ersehen daraus, daß Graf Nostitz an dem Tage, an welchem der Minister des Auswärtigen die bekannte Circulardepesche vom 27. Sept, erließ, nicht in Berlin war, das preußische Gouvernement aber sofort der hannoverschen Negierung Erläute rungen über den geschehenen Schritt geben wollte. Die Wahl fiel deshalb auf den Grafen Alvensleben. Nachdem derselbe bereits am Morgen des 27. Scpt. vom Ministerpräsidenten seine Instructionen empfangen hatte und gleich darauf nach Hannover abrciste, traf Graf Nostitz bekanntlich erst ge gen den Abend des 27. Scpt. wieder in Berlin ein. Der Erfolg der Sen dung des Grafen Alvensleben besteht der Preußischen Zeitung zufolge darin, „daß die hannoversche Negierung die richtige Auffassung über die dem erfolgten Schluffe der Berliner Konferenzen zu Grunde liegenden Motive erhalten hat, daß dagegen die preußische Negierung genaue Kcnntniß dar über erhalten hat, welche Stellung Hannover nunmehr der süddeutschen Koa lition gegenüber einnehmen wird. Von einer ferncrweiten Unterhandlung zwischen Preußen rmd den ihm verbündeten Staaten mit der Darmstädter Coalition als solcher kann natürlich nach dem Schluffe der Conferenzen nicht mehr die Rede sein, und ebenso wenig von einer Vermittelung Hannovers auf der bisherigen Basis." Aus dieser Darstellung ist immer noch die Stel lung Hannovers nicht ersichtlich; mehr würde diese aus der folgenden No tiz desselben Korrespondenten zu erkennen sein, wenn sie nicht etwa nur des- sen persönliche Ansicht ausdrücken soll. „Da man in Hannover", schreibt derselbe der Preußischen Zeitung, „dafür hält, daß in nächster Zeit sich mit den Ein zelregierungen neue Anknüpfungspunkte finden lassen würden, so glaubt sie, um etwaigen neuen Verwickelungen zu begegnen, ganz im Einverständnisse Preußens zu handeln, wenn man sich vorläufig jedes weitern Vorgehens, wie dies anfänglich beabsichtigt wurde, enthält. Bis dahin aber, daß zwi schen Preußen und den Einzclregicrungen neue Unterhandlungen auf diplo matischem Wege nicht angcknüpft sind, wird man sich hier, wie wir wie derholt versichern können, nach außen hin vollkommen passiv verhalten, wäh rend man jedoch zugleich die Vorbereitungen zur Ausführung des Septem- bervertrags treffen wird. Sollte inzwischen der Gang der Ereignisse sich für die Wiedererneuerung des Zollvereins günstiger gestalten, so wird Hannover mit Freuden bereit sein, Alles zur Erreichung dieses Zweckes bcizutragen, was in seinen Kräften steht." — Man schreibt der Neuen Preußischen Zeitung aus Wien über die dortigen Absichten in der Zollfrage: Man erzählt sich hier, daß unter den Staaten, welche sich gegen eine abermalige Berufung der Koalitionsregie rungen nach Wien zur Fortsetzung der Zollconferenzcn erklärt haben, vor nehmlich Sachsen und Baden zu nennen wären, von denen übrigens der erstere sich nicht abgeneigt zeigt, die dicsfälligen Verhandlungen in Wien in einer später» Zeit wieder aufzunehmen. Dies dürfte denn auch geschehen und zwar aus doppelten Gründen. Erstens will man die Konferenzen nicht ohne Sachsen beginnen, und zweitens schmeichelt man sich mit der Hoffnung, daß dieselben, falls sie in einer später« Zeit stattfinden, auch von Hannover aus beschickt werden dürften. Man thut hier alles Mögliche, um sich diese letztere Negierung geneigt zu machen. Einstweilen, bis man mit Hannover im Reinen ist, wird man sich hier ganz passiv verhalten; gelingt aber das beabsichtigte Arrangement mit diesem nordischen Staate, so wird man nicht länger zögern, die Existenz der neuen Zollgruppe zu proclamiren. Was endlich die Thüringischen Staaten und Braunschweig betrifft, so hofft man dieselben mit Hülfe des Bundestags zu bearbeiten, indem man zu gleicher Zeit den Grundsatz aufstellen wird, daß dieselben kein Recht hätten, einen Sonderbund mit Preußen zu schließen, da nur dieser letztere Staat die Zoll vereinsverträge rechtzeitig gekündigt hätte. (Siche oben den berliner /^-Brief.) — „Oesterreich hat sich, dafern Preußen bei seinem jetzigen Sinne be harrt, bereit erklärt, mit den Darmstädter Verbündeten den ZolleinigungS- vertrag abzuschließen, ihnen einen festen Betrag ihrer jetzigen Zollrevenuen zu garantiren, und seine Grenzen schon am 1. Jan. 1854 zu öffnen. Es kann, weil Preußens eigenes Interesse es gar nicht anders zuläßt, nicht dem geringsten Zweifel unterliegen, daß dann zwischen ihm und dem süddeutsch österreichischen Zollverein ein Handelsvertrag auf sehr liberalen Grundlagen zu Stande kommen wird. Und daß dieser Handelsvertrag, nachdem Preu ßens Industrie und Finanzen genug gelitten haben, dann zur Zolleinigung von ganz Deutschland führen muß, unterliegt für den Einsichtigen eben falls keinem Zweifel." Dieser kühne Passus findet sich in der Freimüthi- gen Sachsen-Zeitung vom 13. Oct. — Der augsburger Allgemeinen Zeitung geht von ihrem münchener Kor respondenten folgende zur Aufklärung dienende Mittheilung zu: „Sie wa ren in Bezug auf die letzte Collectiverklärung der Darmstädter Verbündeten in vollem Recht, meine Mittheilung als authentisch zu be zeichnen. Derselbe Wortlaut fand sich auch gleichzeitig in der Neuen Mün chener Zeitung vom 3. Oct. Aus Versehen wurde jedoch die Abschrift nicht von dem Aktenstück genommen, wie cs aus der letzten Nedaction hervorge- gangen war, wonach sich die — übrigens wenig bedeutenden (?) — Abwei chungen im Text erklären, und die Veranlassung zu der neuesten Mitthei lung in der Neuen Münchener Zeitung vom 8. Oct. gegeben war." D eutschland. Die Weser - Zeitung veröffentlicht Folgendes als den Wortlaut des preußischen Entwurfs zum Bundcspreßgesetze: In Erwägung, daß cs zu den Zwecken deö Bundes gehört, für die Aufrecht haltung der inncrn Sicherheit Deutschlands Sorge zu tragen, und die nnt Rück sicht auf Art. XVIII. >l der Deutschen Bundcsacte, nach welchem die Bundesver sammlung sich mit Abfassung gleichförmiger Verfügungen deschästigen sollte, sowie auf Art. I.lll. der Wiener Schlußacte, durch welchen die Bundesversammlung ver pflichtet wird, die Erfüllung dieser Verbindlichkeiten zu bewirken, erachtet die Bun-