Volltext Seite (XML)
1717 b'ese Entscheidung dahin gehen, daß von Holstein keine Ansprüche auf Ent schädigung an die Staatskasse für die verlaufenen Kriegsjahre gemacht wer den würden; namentlich solle der Finanzminister Graf v. Sponncck im StaatS- rathe die Erledigung befürworten, und Fädrelandet kann nicht begreifen, wie die Versöhnlichkeit deS FinanzministerS so weit gehen könne, daß er zu ver gessen scheine, was er seinem Vatcrlande schuldig sei. Das Blatt berechnet das Opfer, welches Dänemark hiernach dec Versöhnlichkeit wegen Holstein bringen würde, -u 4 Mill. Rbthlr. Auf diese Summe, sagt Fädrelandet, habe Dänemark eine unabweisbare Foderung an Holstein und Lauenburg, und so sehr das Blatt auch von Herren wünscht, daß die in Holstein auf keimende günstige Stimmung gegen Dänemark gefördert werde, so kann es der Negierung doch nicht das Recht cinräumen, bei dieser Gelegenheit von dem Sprüchworte Anwendung zu machen: „Ich will lieber mein Geld als meine Freunde verlieren." Fädrelandet protcstirt daher schließlich im Na men aller dänischen Steucrtragenden dagegen, daß der trcugebliebcne Theil der Monarchie ohne Ersatz die angeführten Abgaben, welche die ganze Mon archie zu tragen habe, erlegt haben sollte, und hofft, daß die Regierung diese Sache, ob auch schon Beschluß darin gefaßt sein sollte, nochmals in Erwä- gung nehmen würde und nicht Holstein auf Kosten Dänemarks um 4 Mill. Thlr. bereichere. Amerika. * Neuyork, 21. Aug. In Bezug auf die Fischereienfrage schwebt man noch in der alten Ungewißheit. Glücklicherweise hat der Gegenstand viel von seiner Aufregungskraft verloren, und alle Zeitungen, den lärm süchtigen Newyork Herald ausgenommen, besprechen ihn mit größter Ruhe und Mäßigung, Wen» man übrigens die erste Depesche Sir I. Pakington's misverstand, so ist dies kein Wunder; auch das jetzige Verhalten des briti schen Cabincts ist kaum zu verstehen, und fast scheint es, Lord Dcrby's Negierung versteht sich selbst nicht und sendet so lange Ordres und Con- trcordres, bis sich Herausstellen wird, daß Hr. Webster die erwähnte De pesche nicht misverstanden, sondern ganz richtig beurthcilt hat. Auch aus den ofsiciellen Aeußerungen der britischen Presse kann man hier nicht klug werden. Dazu kommen folgende Thatsachen. Die ganze Bai von Fundy ist von amerikanischen Fischerbooten gesäubert worden, und diese Bucht hat doch England im Jahre 1845 unsern Netzen ausdrücklich freigcgcben; fer ner hört man, daß der britische Dampfer Devastation wieder vier Prisen nach Charlottetown geschleppt hat. Andererseits schreibt man aus Boston, Commodore Perry werde mit dem Mississippi dieser Tage nach Ncuyork zu- rückkehren, und am 1. Sept, zur Expedition gegen Japan die Anker lichten. — Wir erwähnten in unserm letzten Schreiben Hrn. Seward's Antrag auf eine Mission nach den Sandwichsinscln. Dies hängt damit zu sammen, daß der König jener Inseln dem Präsidenten die Abtretung sei ner Souveränetät an die Republik antrug. Hr. Fillmore hat, aus Rück sichten für das allgemeine Wohl, den Antrag abgclehnt, und dem Senat zwei mal jede nähere Auskunft über den Vorgang abgeschlagen. DerCon- greß, sagt das Journal of Commerce, wird den Gegenstand in der näch sten Session vor sein Forum ziehen. Die eingeborene Bevölkerung jener Inseln stirbt allgemach aus, und an ihre Stelle tritt ein buntes Gemisch von Einwanderern aller Nationen und Zungen. Da die gegenwärtigen Au toritäten nicht im Stande sind, sich der civilisirtern Einwanderung gegen über lange zu behaupten, so muß Amerika auf friedlichem Wege in Besitz der Eilande zu gelangen suchen; sonst könnten sie einer fremden Seemacht in die Hand fallen.— Hrn. Webstcr's Stern scheint sich zu heben. Der Unionsconvent von Georgia hat seine Sitzungen damit geschlossen, daß er Webster als Candidaten für die Präsidemur, und Charles I. Jenkins für die Viceprä'sidentur aufstellte. Auch in Boston fand ein begeistertes Meeting derselben Tendenz statt.— Mejico steht, nach allerhand dumpfen Gerüchten zu schließen, wieder einmal, zur Abwechselung, am Vorabend einer allgemeinen und ernsthaften Revolution. Havana, von wo wir Briefe bis zum 14. Aug. haben, ist in tiefer Gährung und Unruhe. Täg lich werden Massen von Creolen und Creolinnen ins Gcfängniß geworfen; in der Calza de San-Lazaro und in den Häusern vieler angesehener Per sonen fand man Pulver und Patronen. In den Vorstädten sind Raub und Meuchelmord an der Tagesordnung. Ein Korrespondent von dort meldet: „Damit Sie sich über den neuen Generalcapitän von Cuba keine Täuschun gen machen, zeige ich Ihnen an, daß ungefähr 500 Negersklaven aus Afrika bei Orligosa eingeschmuggelt wurden; Se. Ercellcnz erhielt zwei Unzen (34 Dollars) per Kopf für gnädiges durch die Finger Sehen." — Der neuyorker Correspondent der Times schreibt derselben unterm 21. Aug.: Es wäre ein gewaltiger Jrr.thum, zu wähnen, daß die Amerikaner den Gedanken der Erwerbung Cubas aufgegebcn haben. Sie sind viel mehr entschlossen, in Güte oder durch Gewalt, diese Perle der Antillen zu fischen. Der Schiffbruch der Lopez-Expedition schien allen Enthusiasmus für diese Eroberung zu ersticken, hatte aber gerade die entgegengesetzte Wir kung. Wir müssen bedenken, daß die bei der Unternehmung bethciligten Amerikaner weder zahlreich noch einflußreich genug waren, um die Politik dieses Mannes zu beherrschen, der damals wie jetzt als ein halbverrücktcr und dabei gesinnungsloser Abenteurer betrachtet wurde. Daher schlossen sich ihm so wenig Leute von Ansehen an. Aber sein Untergang hat die Cu- basympathisers blos größere Vorsicht und Klugheit gelehrt. Jetzt ist eine weiter greifende und mächtigere Bewegung im Gange, um seine Fehler gut zu machen. Vor ungefähr einem Jahre bildete sich im Süden der „Orden des einsamen Sterns" (Orckor of tko iono stur), welcher in diesem Augenblicke über 25,000 entschlossene eingeborene Amerikaner zu seinen Mitgliedern zählt. Kein Ercole wird in den Orden ausgenommen oder zu seinen Berathungcn zugelassen. Ein großer Theil des Bundes besteht aus Männern von Vermögen und angesehener Stellung in der Gesellschaft; sic gehören allen möglichen politischen Parteischattirungcn und allen kirchlichen Sekten, im Allgemeinen aber den höher» Classen an. Der Gründer und daS Haupt des Ordens, Di. Wren aus Alabama, ist seit einigen Wochen in Neuyork, um die neuen Zweigvereine seines Bundes zu organisiren, und schon haben sich ihm sehr viele der achtbarsten und würdigsten Kaufleute, Advocate» und Poli tiker dieses Staats angeschloffen. Sein offen ausgesprochenes Ziel ist — „die Ausdehnung und Ausbreitung des Handels, der Macht und der In stitutionen der Republik über die westliche Erdhälfte und die Inseln deS Atlantischen und Stillen Weltmeeres." Sie haben von den letzten Ereig nissen in der Havana gehört; eine Menge Creolen schmachten in den Kerkern, fast jeder Crcole von Rang oder Einfluß steht unter polizeilicher Aufsicht. Alle Postfcllcisen werden erbrochen, alle Briefe von oder nach dem amerikanischen Festlandc von der Polizei gelesen, während die Cho lera und das gelbe Fieber die düstere Stimmung des Volks über dieses Schalten einer unverantwortlichen Regierung noch erhöhen. Ohne Zweifel hat die spanische Negierung Kunde von den Anschlägen der Creolen gegen die Monarchie erhalten. Die Männer vom Einsamen Stern hatten mit die ser Crcolenbcwegung nicht das Mindeste zu schaffen, aber sie verfolgen die selbe mit Luchsaugen und rüsten langsam, aber sicher einen Kreuzzug, wel cher die öffentliche Meinung der Vereinigten Staaten für sich haben wird, und schlägt die Stunde, so wird Cuba jede Spur spanischer Herrschaft von seinem Antlitze fegen, ehe zwei Sonnen auf- und untcrgegangen sind. Cuba ist das schönste, fruchtbarste und schlichtest regierte Eiland der Welt. Die Amerikaner haben mancherlei Gründe, danach zu gelü sten, und wissen soll man, daß die Angelsachsen seit den Nömerzeitcn die größten Landräuber gewesen sind. Erstens fühlen die Amerikaner, daß es nur ein frommes Werk wäre, die Insel von der bigoten und kulturfeindlichen Tyrannei Spaniens zu erlösen. Zweitens sehnt sich ein großer Theil der cubanischcn Bevölkerung nach einen: solchen Verbände mit unserer Republik. Drittens würde der ganze Süden die Bewegung begünstigen, um das Gleich gewicht der Macht zwischen den südlichen und den Nordstaaten wiedcrhcrzu- stcllen. Viertens würde die Handelswelt aus begreiflichen Gründen der Un ternehmung in Masse zujauchzcn. Fünftens endlich würden die reichen und gebildeten Classen der gcsammten Union sich freuen, die Perle der Antillen zu besitzen, die durch DampfeSflügel in drei, vier Tagen von Neuyork auS erreicht werden kann, und unsern Angelsachsen im Norden als eine Art Station dienen würde-. Schließlich wächst unter uns Amerikanern der bald allgemeine Glaube groß, daß uns gehört, was wir fassen können. Ich bin daher ziemlich fest überzeugt, daß, komme uns oder Cuba davon Wohl oder Wehe, komme Krieg oder Frieden mit Spanien oder einer andern eu ropäischen Macht, daß die Zeit vorbei ist, da amerikanische Staatsmänner, Politiker oder Bürger einem europäischen Staat erlauben werden, ihrer um sich greifende» Habgier eine Schranke zu setzen. Die Aera des republika nischen Propagandismus ist für unser demokratisches Land angebrochen, und die Ereignisse des nächsten Viertcljahrhunderts werden zu dieser geschichtli chen Prophezeiung den Commentar liefern. — Aus Baltimore berichtet man ein furchtbares Unglück, das sich in der Nacht vom 19. auf den 20. Aug. auf dem Eriesee, in der Nähe von Buffalo, zuirug. Während eines dichten Nebels stießen die Dampfer Atlantic und Ogdensburg aufeinander, und das erstere Schiff erhielt einen Leck. Der Capitän ermahnte die Passagiere, meist norwegische Auswanderer, die kein Wort englisch verstanden, zur Fassung, und sprach die Hoffnung aus, den Hafen zu erreichen; aber im ersten Schrecken spran gen Einige über Bord, und kaum hatte sich der Atlantic zwei Miles wei ter fortgeschlcppt, als die Flut so hoch stieg, daß sie das Feuer in der Maschinenkammer löschte, und das Fahrzeug zu sinken anfing. Der Schrecken, die Verwirrung und das Geschrei wurden jetzt entsetzlich. Viele überhörten oder verstanden nicht die Auffodcrung des Capitäns und der Of fiziere, sich der Stühle, Bänke, Sophas und Matratzen in der Kajüte zu bemächtigen, diese Geräthe waren alle luftgefüllt und sichere Lebensretter, sondern stürzten blindlings dem nassen Tod in den Nachen. Um halb 3 Uhr fuhr das Boot, unter dem Gekreisch von Hunderten, in die Tiefe, nur das Hinterthcil ragte über die Wogen, und ein paar Unglückliche klammer ten sich theils an das Wrack, theils an das Tauende eines schwimmenden MasteS. Der Ogdensburg folgte im Fahrwasser des unglücklichen Dampfers nach, und rettete an 150 Personen, aber der dichte Nebel lähmte seine Anstrengungen und mehrte die Zahl der Opfer. Unter den Letzten, welche vom Wrack genommen wurden, befanden sich Hr. Bucil, der Maschinen meister, Hr. Blodgctt, der Obersteuermann, Hr. Eivan, der Buchführer des Atlantic, und ein Knabe von acht Jahren, den man rufen hörte: „O, ich kann nicht lange mehr festhalten. Wenn Papa nur da wäre!" Der Kleine hielt sich am Masttau und war im Sinken begriffen, als ein Kahn des Ogbensburg, bis an den Rand mit Passagieren vollgepackt, in einiger Entfernung vorbeikam. Hr. Blodgelt, eben gerettet, sprang aus dem Na- chcn, schwamm dem Tau zu, und erlöste den armen Jungen aus seiner verzweifelten Lage. Sein Onkel, der mit ihm gewesen war, ertrank. Als die Geretteten Eric erreichten, sanken sie, wie auf ein gegebenes Zeichen, Alle auf ihre Knie und verrichteten ein stummes Dankgcbet. Ungefähr 200 Personen, meist arme Auswanderer, sind ertrunken. Unter den Ver- mißten ist Mistreß Cornwell, eine Schwester des bekannten Friedensapostels Elihu Burritt.