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IL55 zahlen und keine unbeweglichen Güter besitzen.) Die Pflicht zur Stellung öffentlicher Arbeiter kann abgelöst werden, und werden als Ablösungssumme für jede Fuhre 45 und für jeden Handlanger 45 Kreuzer C.-M. festgesetzt. Die Arbeitszeit dauert von Georgi bis Michaeli elf, sonst aber neun Stun den täglich. Welchen Eindruck diese Verordnung machen mußte, läßt sich denken. Schweiz. ^Aus der Schweiz, 9. Aug. Zur Aufklärung darüber, daß die kle- rikale und ultramontane Partei in Freiburg so heftig die Revision der 4848er Verfassung anstrebt und mit allen Mitteln der Agitation zu erlan gen sucht, dürften folgende Artikel dieser Verfassung der Erwähnung werth erscheinen. Während früherhin die frciburger Priester außerhalb oder über der weltlichen Jurisdiction standen, vieler Immunitäten theilhaftig waren, die geistlichen Güter unter ihrer beliebigen Verwaltung hatten und den Un terricht vollständig leiteten, enthält die Verfassung von 4848 die Bestim mungen: „Jedes Mitglied, sowol der Weltgeistlichkeit als der Ordensgeist, lichkeit, ist den Gesetzen und Verordnungen des Staats unterworfen, steht unter den gewöhnlichen Gerichten und trägt die Auflagen wie jeder andere Bürger. Die Güter des BiSthumS, der Weltgcistlichkeit und der Ordens geistlichkeit, stehen oder bleiben unter bürgerlicher Verwaltung. Die Colla tuten kirchlicher Pfründen fallen dem Staate anheim. Der Staat anerkennt keine den vorstehenden Verfügungen, den Staatsrechten und den Gesetzen widersprechenden Vorrechte oder Immunitäten. Der Unterricht kann keiner religiösen Corporation, Gesellschaft oder Versammlung übertragen werden, was immer für einen Namen sie führen möchte. Die Wiedereinführung der'Jesuiten, Ligorianer und anderer vermöge Dccrcts vom 49. Wintermo nat 4847 aufgehobenen Gesellschaften in den Canton ist aus immer unter sagt. Die Jünglinge, welche künftighin bei Jesuiten oder andern mit sel- bigcn affiliirten Orden sich den Studien widmen, sind unfähig, irgend eine öffentliche, sowol bürgerliche als kirchliche Beamtung oder Anstellung zu be kleiden. Die Oberaufsicht über alle Theile des öffentlichen Unterrichts und Erziehung gehört dem Staate zu. Alle für den weltlichen oder geistlichen Unterricht bestimmten Güter jeder Art sollen bürgerlich verwaltet werden un ter Oberaufsicht des Staats rc." — Die Beschlüsse der republikanischen Ver sammlung in ValendiS vom 6. Juli, die unterdessen nahe an 41,000 Unterschriften erhalten, wovon freilich 4000 nicht Cantons- sondern in dem Canton ansässige Schweizerbürger sind, wurden den Bundesbehörden zugcstellt. — Kürzlich brachte das BundeSblatt eine Tabelle der Auswanderer aus unserm Lande vom Anfänge dieses Jahres bis Ende Juni, woraus sich ergab, daß in dem Semester 4344 Personen über Havre nach Amerika ge gangen sind. Hierzu bemerkt die Aargauer Zeitung, daß damit noch nicht die volle Zahl der Auswanderer erschöpft sei, indem auch viele Havre nicht berührt und über Antwerpen oder England, Hamburg und Bremen ihre Wanderung genommen hätten, sodaß man ohne Uebertreibung berechtigt sei, die Zahl der Auswanderer innerhalb dieses halben Jahres auf 6000 See len anzuschlagen. Nähme man an, daß in der zweiten Hälfte des Jahres auch nur 4000 auswandern würden, so sei diese ungeheure Auswanderung im Verhältniß zu unserer Bevölkerung von nicht vollen 2'/r Mill. Seelen eine Thatsache, welche wol die Aufmerksamkeit der Patrioten auf sich zu len ken in hohem Grade geeignet wäre. Spanien. Madrid, 5. Aug. Nichts zeigt von Seiten der Regierung an, daß das Wahlgesetz geändert werden soll. Man glaubt, daß, wenn die Ne gierung am Ende des Monats die Cortes auflöst, dieselben nach dem be stehenden Wahlgesetze wieder zusammenberufen werden. — Der Vorsteher der dominicanischen Missionare auf den Philippinischen Inseln, Pater Car rillo, ist in Madrid angekommen. Es ist das erste mal, daß ein Prälat gegen die Regel nach Madrid kommt. Die Negierung hat ihn veranlaßt sofort abzureisen. Krankreich. * Paris, 40. Aug. Der halbamtliche Theil des Moniteur enthält die einfache Nachricht: daß der Präsident am 7. Aug. nach der Sologne gereist ist, um die Arbeiten zu besichtigen, die er dort ausführen läßt, und daß er nächstens zurückkehren wird. Dies „nächstens" beweist, daß über den Zeitpunkt der Rückkehr nichts bestimmt wurde, oder daß man aus Rück- sichten der Vorsicht nichts darüber bekannt machen will. Jedenfalls hat der Präsident den 8. und 9. Aug- in der Sologne zugebracht, danach ist un- scre gestrige irrige Nachricht von seiner Rückkehr in St.-Cloud zu berichti gen. Der Präsident ist gestern Abend zurückgekehrt und wird morgen den Vorsitz im Ministerrathe führen. — Die Regierungsorgane kündigen an, daß die am 7. und 8. Aug. stattgehabten Wahlen der Generalräthe mit einer großen relativen Majorität günstig für die Regierung ausgefallen sind. Nähere Details über die Thcilnahme der Wähler hat man bisjetzt nur aus dem Departement der Seine infe'rieure. Im Arrondissement Rouen muß ten in fünf Cantons von sechs, die cs enthält, die Wahlen erneuert werden. Die Wähler zeigten sich diesmal noch weniger eifrig als das erste mal, wo sich von 26,890 eingeschriebenen Wählern nur 6622 betheiligt haben. Dies mal wählten von 24,000 Wählern nur 4200. In Havre sind die Can didaten mit 4070 Stimmen unter 8000 Wählern erwählt worden. Diese Theilnahmlosigkeit der Wähler ist bereits von den Journalen aller Farben hinreichend commentirt worden, sodaß die Frage als erschöpft betrachtet wer den kann. Die Zusammenstellung aller Berichte und Urtheile hat uns in unserer Ansicht bestärkt, daß die alleinige Ursache, aus der das französische Volk so wenig Geschmack an der Ausübung seines Wahlrechts findet, in dem sehr vortretenden Einflüsse,- den die Regierung auf die Wahlen aus übte, zu suchen ist. — Da- Pays soll vollständig umgestaltet werden. ES wird daS Format des Constitutionnel annehmen, der, beiläufig gesagt, alle Tage an Abonnentenzahl abnimmt, und wird das halbossiciellc Organ der Regierung werden. Hr. de la Guöronniöre bleibt Redacteur en Chef und wird zu politischen Mitarbeitern die HH. Granier de Cassagnac, Cohen, Amödöe de Cessna und mehre Andere haben. Jeder Theil des Journals wird einem besonder» Redacteur anvertraut werden. Hr. Cormenin wird die VerwaltungSangelegenheiten, der ehemalige Minister Giraud den öffent lichen Unterricht, Hr. Nisard die Literatur, der General Daumas die Mi litär- und die Colonialangclegenheiten und der StaatSrath Stourm die öf fentlichen Arbeiten bearbeiten- Der Preis des Journals wird auf 40 Fr. per Jahr Heruntcrgeseht. Diese Maßregel hat zum Zweck, den Moniteur von der Verbindlichkeit, räsonnicendc und polemisirende Artikel bringen zu müssen, zu entheben, und eine überwiegende Concurrenz nicht nur den Op- positionSblattern, sondern auch einigen andern ungeschickten Verlhcidigern, worunter der Constitutionnel gezählt wird, zu machen. Die Letzter» wer- den wol auch am härtesten davon betroffen werden, indem ein ausschließlich ministerielles Blatt die Oppositionsblättcr deren Lesern nicht ersetzen kann. — Die Conferenzen zwischen dem Minister des Auswärtigen und dem Bel giens haben weder zum Abschlusse eines neuen noch zur Verlängerung des alten Vertrags geführt, der heule erlischt. ES bestehen also von heute an die allgemeinen Zollsätze für die Produkte beider Länder, was auf die Wcinprcise in Belgien und die Leinwand- und Eisenpreise in Frankreich nicht ohne Einfluß bleiben kann. Es fleht jedoch zu erwarten, daß die erhobenen Schwierigkeiten, die sich hauptsächlich auf den Nachdruck der französischen Werke in-Belgicn beziehen, bald gehoben werden. Man glaubt, daß die Unnachgiebigkcit der französischen Regierung auf die Bildung des neuen Ministeriums Einfluß auSüben soll. — Das Pays enthält heule einen ziemlich heftigen Artikel gegen die Times, welche die Wahl der Generalräthe eine Farce nannte, an der sich kein ehrenwerther Mann betheiligen sollte. Es erhitzt sich dabei so sehr, daß cs auf seinen Angriff gegen die Orlcanisten, denen es die Polemik der Times in den Schuh schiebt, zurückkommt und sie diesmal sogar beschuldigt, mit den Demokraten bei den Jntriguen der letzten Wahlen gemeinschaft liche Sache gemacht zu haben, obwol ihm nicht eine einzige Thatsache, son dern nur ein kleiner Artikel eines noch kleinern Provinzialjournals die Ver anlassung dazu bietet. — Der Constitutionnel zieht gegen Rußland und dessen Eroberungspolitik los, was sich in diesem Blatte etwas seltsam ausnimmt. Man sieht es ihm an, daß es Abonnenten sucht, und es ihm dabei nicht darauf ankommt, sich selbst zu widersprechen und nach Umstän den auch eine liberale Fahne aufzustecken. Dasselbe Blatt liefert eine Ueber- sicht der Chargen, welche das Haus oder den Hof des Präsidenten bil den. Ein Ober- und ein Untergouverneur, ein Präfect und Unterpräfect des Palastes. Ein Chef und ein Unterchcf des Cabinets. Ein Bibliothekar. Ein Ober- und ein Unterstallmeister. Ein Ober- und ein UnterjäHermeister. Ein Ccremonienmeister mit einem Adjuncten. Ein Ober- und ein Unter- intendanl des Hauseö. Ein Ober- und ein Unterdirector des UntcrstützungS- bureau. Ein Schatzmeister. Ein Leibarzt, zwei Hausärzte, zwei berathende Acrzte und zwei Unterärzte. Acht Generale und drei Obersten als Adjutan ten; fünf Stabsoffiziere, sechs Capitäns und ein Lieutenant als Ordonnanz offiziere. — Man erwartet Ende dieser Woche eine längere Begnadi gungsliste, die diesmal aber nicht vom Staats-, sondern vom Justiz minister gegcngczeichnet wird. — Hr. Dufaure hat sich in die Liste der Advocatcn beim AppcllacionShofe eintragen lassen. — Der Spanier Na varro Perez, Mörder der unglücklichen Dolores, ist gestern in der Rue Chaussee d'Antin verhaftet worden. Er hat sich anfangs zur Wehre gestellt, wurde gber gleich übermannt. Er hatte keine Geldmittel zur Flucht, da ihm der spanische Konsul, bei dem er sich verstört und mit Blutflecken nach der That präsentirte, den verlangten Geldvorschuß abschlug. Bei der Se- cirung des Leichnams der Gemordeten fand man daS Herz derselben mit dem Stockdegen durchbohrt, außerdem hatte sie noch 43 Dolchstiche erhalten. — Die Vorbereitungen zu dem Feste des 4 5. August werden mit außeror dentlicher Thätigkeil betrieben. Gestern Abend hat man versuchsweise einige Fontainen in den Champs Elysecs spielen lassen. Die Wirkung war bei der großartigen Beleuchtung mit elektrischem Lichte wahrhaft magisch. An dem Pont de Jena Hal man eine Wasserwehre angebracht, damit die Seine zu dem Gefecht zwischen der Fregatte und einigen Dampfschiffen Wasser gc- nug enthalte. — Das berliner Correspondenz - Bureau läßt sich über das Heiraths- project Ludwig Napoleon's also vernehmen: „Wir sind nicht da- von unterrichtet, ob eö begründet ist, was die Zeitungen berichten, daß die Prinzessin, welcher der Präsident Herz und Hand zugedacht haben soll, diese Ehre in der That abgelehnt hat. Nur so viel glauben wir vermuthen zu dürfen, daß, wenn die Angelegenheit so weit gelangen sollte, um durch ein Ja oder Nein entschieden werden zu müssen, Einflüsse sich geltend machen dürften, welche eine Entscheidung im bejahenden Sinne erschweren würden. Ohne Zweifel wird die Lösung der Frage, wem die Herrschaft in Frank reich gebührt, dadurch nicht vereinfacht, baß der gegenwärtige Inhaber der- selben außer den Ansprüchen auf die Erbschaft seines Namens noch eine Prä tendenz wiederbelebt, die von den mannichfachen Anwartschaften, welche auf europäische Throne in der Schwebe sind, gerade die am meisten zurückge- drängte ist. Es wird sicher an Interessen nicht fehlen, zu deren Sicherung eö nicht erwünscht sein kann, daß der Präsident von Frankreich auch in dem Hasse gegen das Haus Bernadotte als der Erbe seines Oheims und als der Vollstrecker seiner Wünsche auftrete."