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Sonnabend. Nr. 34« 14. August 1852. Leipzig. Di-Zeitung erscheint nm Ausnahme d«S Montags täglich «ud wird Nachmittag» 4 Uhr aus- gegeben. glrei» für da» Viertel jahr I'/, Thlr.; jede etn- jelne Nummer 2 Ngr. Deutsche Mgemciilk Zeitung. »Wahrheit and Recht, Freiheit und BesehI» Zu beziehen durch alle Postämter de» In- und Auslandes, sowie durch die iLrveditivn in Leipzig (Querstraße Nr. 8). Bnferttonsgebühr für den Raum einer Zeile 2 Ngr. Die Zollvereinsconferenzen in Berlin. *Aus Norddeutschlaud, 1t. Aug. Wenn man die jetzt im glück lichsten Vorschreiten begriffene Reconstruirung des Deutschen Zollver eins darauf basirt, daß Oesterreich in diesem Punkte der preußischen Po litik nachgegrben und die Darmstädter ihrem Schicksale und damit derDiS- erelion Preußens anheimgestellt hätte: so stimmt dies mit der Lage der Sache und mit Dem, waS die österreichische officiöse Presse darüber verlautbart, nicht überein. An und für sich ist eS nicht wol denkbar, daß die öfter- reichische Regierung, nachdem sie in dieser Angelegenheit einen so starken Anlauf genommen, dieselbe plötzlich und während ihr die Mehrheit der Ver- bündeten geblieben, außgeben sollte. Dann handelt es sich hierbei nicht so- wol um eine commerzielle als vielmehr um eine einzige politische Frage, wie die österreichischen Blätter, die jetzt bekanntlich nur aussprechen dürfen, was die Regierung will, dies neulich bei Beleuchtung eines Artikels der «Zeit» offen bekannten. Oesterreich fürchtet nämlich von der Reconstrui rung deS Deutschen Zollvereins, besonders in vergrößerter Gestalt, eine neue Auflage der „preußischen Unionsgelüste". Wie in Frankfurt, in Erfurt, so will es jetzt auch nicht in Berlin von Deutschland gleichsam ausgeschlossen werden. Ist diese Furcht nun auch nach Allem, was die Erfahrung der Neuzeit darüber gelehrt, eine ungegründete, so hat sie sich doch in Oester reich sehr festgesetzt, und es ist nicht zu leugnen, daß mancherlei Umstande sie motiviren. Daher dort plötzlich das Verlangen, mit Deutschland sich commerziell zu vereinigen, nachdem man so-lange dies für unnöthig, ja für schädlich gehalten. Eine solche, gewissermaßen zur fixen Idee gewor dene Ansicht gibt man über Nacht nicht auf. Es ist daher auch nicht wahr- scheinlich, daß Oesterreich den Plan der Zolleinigung mit Deutschland so leicht und plötzlich aufgeben wird. Jedenfalls würde ein solches Aufgeben auch kein freiwilliges und überhaupt nur eine Ajournirung sein. Es würde sich damit wie mit dem Plane des „Gesammteintritts" verhalten. Weil Oesterreich sähe, daß die Zolleinigung jetzt nicht möglich sei; daß es auch den Darmstädtern die Zollrevenuen nicht garantiren könnte; daß die poli tische Lage Europas die Freundschaft der drei östlichen Großmächte gebie terisch fodere, die Zollvereinssache aber sie zu zerstören drohe: darum könnte es jetzt mit seinen Plänen zurücktreten und Preußen noch ein mal ohne seine Theilnahme an die Spitze der materiellen Interessen Deutschlands tre ten sehen. Allein ohne die vollwichtigsten Gründe würde es sich vor Preu ßen in einer Angelegenheit nicht zurückziehen, in welcher es bereits so weit gegangen ist und bei der es schon so viel Chancen für sich hatte. Aber mächtiger als der Wille der Staatsmänner ist die Gewalt der Umstände. Diese ist aber in der Zollvereinssache unstreitig auf der Seite Preußens und reicht ihm in diesem Kampfe bei konsequenter Beharrlichkeit die Palme des Sieges. Es wird Oesterreich nur Ehre machen, wenn es einer solchen Gewalt nachgibt. — Der Schwäbische Merkur berichtet aus Stuttgart vom 11. Aug. : Zu den heute hier beginnenden Conferenzen der Darmstädter Coa- lition in der ZolleinigungSfrage sind gestern hier angekommen: der bai rische Ministerpräsident v. d. Pfordten und der königlich sächsische Minister Frhr. v. Beust, Minister des Auswärtigen Frhr. v. Nüdt aus Karlsruhe, Minister des Auswärtigen v. Dalwigk und Frhr. v. Schenk von Darmstadt, Fürst v. Wittgenstein von Wiesbaden, Minister des Auswärtigen v. Baum bach von Kassel. Dieselben sind sämmtlich im Hotel Marquardt abgestiegen. — Die Augsburger Abendzeitung schreibt aus München: Es verlautet hier zuverlässig, daß die bairische Staatsregierung am Fortbestände des Zollvereins festhalle, wenn ein allgemeines Zollbündniß nicht erreicht wer den kann. D chland. Berlin, 12. Aug. Es ist zu beklagen, daß diejenige Partei, welche auf dem politischen Gebiete alles Das so erfolgreich bekämpft, was selbst nur mit einem sehr bescheidenen Anspruch im Sinne billiger Reformen her vortritt, auch in Betreff der in religiöser Richtung einzuschlagcnden Wege sich eines ungeschmälerten Einflusses erfreut. Sowie man behaupten darf, daß aus dem Schoost dieser Partei alle die dunkeln Umtriebe hervorgehen, welche durch Sammeln von Unterschriften darauf berechnet sind, die Aufhe- bung der Verfassung als einen allgemeinen Wunsch darzustellen, ebenso muß man derselben das christliche Denunciationswesen zuschreiben, welches immer stärker hervortritt. Schon wieder liegt in dieser Beziehung hier ein neues Beispiel vor. Es ist nämlich gegen die zu Charlottenburg bestehende alte Kauer'sche Anstalt, eine Vorbildungsschule zum Gymnasium, in Betreff der dabei fungirenden Lehrer höhern Orts die anonyme Anzeige gemacht worden, daß dieselben allerdings klassische Bildung besäßen und auch eine christliche Färbung zur Schau trügen, daß die letztere aber doch nicht aus dem eigentlichen christlichen Glaubensfundament hervorgche. Na mentlich sind einzelne Lehrer als solche bezeichnet, die nicht geeignet wären, in einer christlichen Anstalt Unterricht zu ertheilen. Sie sehen also, daß es hier abermals darauf abgesehen ist, im christlich-pietistischen Sinne zu pu- rificiren. Bereits ist auch eine große Untersuchung in Folge dieser Denun- ciation eingeleitet. Daß man übrigens auch hier schon so weit sei und mit dem Plane umgehe, wie in Frankreich und Oesterreich, bei den Gym nasien purificirte Handausgaben der Clasfiker einzuführen und statt deS Ovid oder des Horaz der Jugend künftig die Schriften deS heiligen Au gustin oder anderer Kirchenväter in die Hand zu geben, wollen wir noch nicht glauben. Berlin, 12. Aug. Die Preußische Zeitung sagt : Die in mehren Zei tungen verbreitete Nachricht von einem bevorstehenden Rücktritte des Ju stizministers Simons aus seiner gegenwärtigen Stellung ist sicherm Vernehmen nach ganz ungegründet. — In der hiesigen katholischen Kirche, schreibt das berliner Correspon- denz-Bureau, wird eine besondere Feier zum Gedächtniß Napoleon'S nicht stattfinden. Dem Vernehmen nach ist der hiesigen katholischen Geist lichkeit eine auf Veranstaltung einer solchen Feier gerichtete Äuffoderung auch gar nicht zugegangen. Man vermuthet, daß für bas Personal der Gesandtschaft im Hotel des Hrn. de Varenne ein Gottesdienst veranstaltet - werden wird. — Das Korrespondenz-Bureau hört in Verfolg einer gestern von ihm gegebenen Nachricht, daß die mitgetheilte Ansicht,-welche die Negierung zu Magdeburg über die Ausdehnung der dortigen Freien Gemeinde aus gesprochen, bereits die Billigung der vorgesetzten Ministerien gefunden habe. Es sei zugleich ungeordnet worden, daß der Prediger Uhlich religiöse Hand lungen nur bei den zu der Magdeburger Gemeinde gehörenden Mitgliedern, sofern sie sich in deren territorialem Bezirke aufhalten, vornehmen darf. — In Trzemeszno wurde am 4. Aug. vor dem dasigen Kreisgerichte ein Proceß verhandelt, der großes Interesse und einen bedeutenden Zufluß des Publikums veranlaßte. Gegen Ende Mai d. I. fand dort bei einem Polen, Hrn. v. L., eine polizeiliche Haussuchung nach politischen Papie ren statt. Hr. v. L. wohnt parterre in einem Hause, in welchem sich eine Treppe höher eine Pensionsanstalt für junge Polinnen befindet. Als die vom Landrathe dazu beauftragten Gendarmen die erwähnte Untersuchung ohne Resultat beendet haben und aus der Hausthüre treten, werden ihnen aus einem Fenster des obrrn Stockwerks zwei Rollen zusammengewickelter und zusammengebundener Pappdeckel auf die Helme geworfen; sie verneh- men die Worte: „Hier habt ihr Papiere", und bemerken zwei junge Fräu lein, die sich lachend vom Fenster zurückziehen. Der Gendarmeriewachtmei ster sah sich veranlaßt, von dem Vorfälle Anzeige zu machen, und so stan- den denn gestern die Vorsteherin der Anstalt und die beiden jungen Damen, von denen die eine 15, die andere 17 Jahre alt ist, vor Gericht, angeklagt, Beamte im Dienste öffentlich beleidigt zu haben. Die Gendarmen recog- noscirten die beiden Fräulein, der Gerichtshof nahm den Thatbestand als erwiesen an und verurtheilte die Vorsteherin als Theilnehmerin an dem Ver gehen zu einer Geldstrafe von 20 Thlrn., die beiden jungen Damen aber zu einer Gcfängnißstrafe von resp. vier und acht Tagen. (Pos. Z.) — Das in der Nacht zum 8. Aug. in dem bairischen Städtchen Orb ausgebrochene Feuer hat, wie die Frankfurter Postzeitung meldet, bis zum 9. Äug. gegen Abend trotz aller Hülfe von nah und fern über 150 Häu ser und mehre Scheunen zerstört. — Wie man der Speyerer Zeitung aus Heidelberg schreibt, haben die Geistlichen des Bezirks Ladenburg, welche bekanntlich die Feier für den verstorbenen Großherzog nach der Vorschrift des Ministeriums vornah men, beschlossen, in einer schriftlichen Eingabe an den Erzbischof-die Gründe ihrer Handlungsweise darzulegen und, darauf gestützt, zu erklären, daß sie der angeordneten Strafe sich nicht unterziehen werden. — Der Lloyd sagt: Es wird nun auch durch Mittheilungen aus Berlin bestätigt, daß die Bemühungen des Kurfürsten von Hessen, für seine Gemahlin, die Gräfin v. Schaumburg, die Fürstenwürde zu erlangen, nicht ohne Erfolg geblieben sind und daß der Kurfürst diesfalls im Spätherbste nach Wien kommen werde. — Die Zeitung für Norddeutschland berichtet: Welche Strenge der Bi schof von Fulda gegen die seiner Obhut befohlene Geistlichkeit und Or den übt, kann man daraus ersehen, daß derselbe, wie wir erfahren, dem Guardian des Franciscanerklosters auf dem Frauenberg das Verbot hat zu gehen lassen, fortan den Fremden den Eintritt in das Innere des Klosters zu gestatten, wogegen indeß der Guardian remonstrirt haben soll. Auch den Nonnen ist die weitere Einschränkung gemacht, daß sie nicht mehr die Klo stermauern verlassen dürfen, außer denen, deren Beruf den Besuch der Stadt erlaubt. Die Strenge des Bischofs in der Ausübung seiner Amtsgewalt