Volltext Seite (XML)
Sonntag. Nr. 347 ELM»--'— - 22. August 18S2 Leipzig. Die Zeitung erscheint mit Ausnahme des Montags täglich und wird Nachmittags -1 Uhr auS- gegeben. Preis für das Viertel jahr I'/z Thlr; jede ein zelne Nummer 2 Ngr. Deutsche Mgemeillk Zeitung. «Wahrheit und Recht, Freiheit und Sesehl» Zu beziehen durch all« Postämter des In- und Auslandes, sowie durch die Spedition in Leipzig (Querstraße Nr. 8>. AnfertionSgebühr für den Raum einer Zeile 2 Ngr. Die Zollvereinsconferenzen in Berlin. Der Kasseler Zeitung schreibt man aus Frankfurt vom 18, Aug.: Der Grundgedanke des neuen Stuttgarter Vermittelungsvorschlags geht, wie ich höre, dahin, den Zollverein auf eine kurze Reihe von Jahren in bisheriger Weise fortbestchen zu lassen (sie), den Steuervercin unter billigen Bedingungen in denselben aufzunehmen und einen Handelsvertrag mit Oester reich für die Dauer dieses Interim abzuschlicßen, wobei der Wiener Ent wurf X zu Grunde gelegt würde; sich aber, wie selbstverständlich, das Recht vorzubehalten, nach Ablauf dieser Uebcrgangsperiode mit Oesterreich in eine völlige Zollcinigung zu treten. Die Coalitionsstaatcn hoffen, daß dieser Vor schlag von Preußen werde angenommen werden, da er nach keiner Seite hin präjudicirt und Preußen freie Hand läßt, sich nach Ablauf des In terim mit Oesterreich zu zolleinigen oder nicht. Sollte diese Hoffnung nicht in Erfüllung gehen, dann würde man auf weitere Verhandlungen mit Preu ßen verzichten und bis zum Eintritt der Einigung mit Oesterreich den Zoll verein in bisheriger Weise, aber ohne Preußen (!) fortsetzen, wie dies auch schon in der Darmstädter Convention festgestcllt wurde. — Nach einem berliner Schreiben der Breslauer Zeitung war der Grund, weshalb die Berliner Zollconferenzen nicht am 16. Aug. wieder er öffnet wurden, nicht der, weil die Bevollmächtigten noch immer nicht einge troffen waren, sondern weil man in Berlin Kenntniß davon erhalten hatte, daß Württemberg der in Stuttgart verabredeten Antwort auf die preu ßische Erklärung vom 20. Aug. nicht beigetretcn sei, und deshalb ein mo< tivircndes diffentirendes Votum in Berlin überreichen zu lassen gedenke. Weil dies aber noch nicht eingctroffen sei, und man doch andererseits wün sche, daß dasselbe gleichzeitig mit der Antwort der andern Staaten in Ber lin zum Vortrage komme, so sei die Wiederaufnahme dieser Sitzungen noch verschoben worden. Deutschland. Der Allgemeinen Zeitung wurde in einer frankfurter Correspondenz mitgetheilt, in der vorletzten Sitzung der Bundesversammlung habe sich grö ßere Geneigtheit der preußischen Negierung an den Tag gelegt, auf ge meinsame Preß maßregeln cinzugehen, und man glaube demnach nicht zweifeln zu dürfen, daß diese Negierung ihren Widerspruch in der Haupt sache werde fallen lassen, und daß der von der Mehrheit der Fachmänner verfaßte Preßgcsetzentwurf doch noch und sogar bald zum Bundesgesetz werde erhoben werden. Aus Berlin wird-nun aber das Gegentheil versichert, indem Preußen schon in der Vorfrage, daß nämlich über diesen Gegenstand nur mit Einstimmigkeit entschieden werden könne, seine bisherige Ansicht fcsthalte. Andere Bundesregierungen stehen hierbei Preußen zur Seite. F Berlin, 20. Aug. Die Annahme, daß der mit Ende dieses Monats ablaufende Termin der freien Getreideeinfuhr nicht werde verlängert werden (Nr. 341), ist jedenfalls jetzt noch eine gewagte, solange das Ergebniß der diesjährigen Ernte noch nicht überall feststeht. Denn wenn auch unsere Ernte in Preußen eine „gute mittelmäßige" ist, so folgt daraus keineswegs, daß wir unter allen Verhältnissen mit derselben ausrei chen iverden. Dies würde höchstens dann nur der Fall sein, wenn keine Ausfuhr bei uns stattfände. Dies ist jedoch mehr als unwahrscheinlich. Süddcutschland und Sachsen zwar werden dieses Jahr allen Nachrichten nach nicht wie im vorigen Getreide aus Preußen beziehen müssen, allein die Nachrichten über die französischen Ernten lauten sehr ungünstig, und cs ist daher anzunehmen, dass dorthin Getreideausfuhr aus unsern westlichen Provinzen stattfinden wird. Was dort ausgeführt wird, muß aber aus den östlichen Provinzen ersetzt werden, da dort bei der starken Bevölkerung auch bei den besten Ernten kein Ueberfluß an Getreide ist. Bei unserer aner kannt mittelmäßigen Ernte würde aber jede Ausfuhr uns mit Mangel be- drohen, wenn dieselbe nicht durch Einfuhr vom Osten her compcnfirt würde. Ueber den Ausfall der Ernte !m Norden und Osten hat man jedoch jetzt noch keine bestimmten Nachrichten, da dieselbe dort erst beginnt. Daher räth es die Klugheit, vorläufig die freie Getreideeinfuhr noch fortdaucrn zu lassen, bis sich die Ernteverhältnisse überall sicher übersehen lassen. Ein be deutender Ausfall am Gebund ist bei uns überall sichtbar; das zeigen un sere keineswegs gefüllten Scheunen am deutlichsten. Nun ist der Ausdrusch zwar gegen voriges Jahr ebenso wie die Qualität des Roggens ungleich besser, allein noch ist es unentschieden, ob Letzteres die geringe Schockzahl decken wird- Ueberdies ist bei der beispiellosen Dürre viel Roggen auf dem Felde ausgefallen. Daß sich die Gelrcidepreise auf den preußischen Märkten fast überall behaupten, obgleich dieselben mit neuem Getreide reichlich versehen sind, ist eben auch kein Beweis von Ueberfluß und unterstützt diese Ersah- rung unstreitig unsere obige Behauptung. — Der Gencrallieutcnant v. Nadowitz ist, wie verlautet, zum General- inspeclor des Militärerziehungs- und Bildungswesens ernannt worden. — Auf den Antrag des Hrn. de Varennes ist der Redaction des Klad deradatsch dieselbe Verwarnung zugegangcn, welche der Neuen Preußi- schcn Zeitung kürzlich zugcstcllt wurde. — Man schreibt der Breslauer Zeitung aus Berlin: Der Umstand, daß die dänische Negierung sämmtliche deutsche Truppen aus dem Hcrzogthume Holstein zurückzicht und durch specisisch dänische Trup- pcn ersetzt, sodaß nicht einmal das vorschriftsmäßige deutsche Bundcscontin- gent daselbst zurückbleibt, wird zum Gegenstände einer Remonstration ge macht werden, die für jetzt von Berlin aus bei dem österreichischen Cabi- net in Anregung gebracht worden ist, um dann in Gemeinsamkeit erlassen zu werden. Breslau, 19. Aug. Gestern wurden, wie die Neue Oder-Zeitung be richtet, von der hiesigen Polizeibehörde bei dem Professor Nees von Esen- beck sowie beim Schlossermcister Karsch und Literat Meyer Haussuchun gen vorgenommen. Die haussuchenden Beamten nahmen einige Schriften und Briese privaten Inhalts mit; Gravircndes soll nichts gefunden wor den sein. — Der Oberpräsident der Provinz Schlesien hat den breslauer Blättern nachstehendes Schreiben zugehen lassen: „Bei meiner Anwesenheit in Lands berg O/S. und den umliegenden von der Cholera betroffenen Ortschaften habe ich mich überzeugen können, daß zwar der aus dem Kreise und aus weiterer Ferne geleistete Beistand dem dringendsten augenblicklichen Bedürf, nisse abgeholfen und die Hoffnung und den Muth der unglücklichen Ein wohner einigermaßen gehoben hat, daß jedoch noch eine weitere thätige Hülfe überaus nöthig ist, um der vorhandenen großen Noth abzuhelfen. Beson ders ist auch die Beschaffung von warmen Kleidungsstücken neben baaren Geldbeiträgen sehr wünschenSwerth, worauf ich die Nedaction behufs gefälli ger Berücksichtigung bei etwaigen neuen öffentlichen Auffoderungen hierdurch ergebens! aufmerksam machen wollte. Breslau, 18 Aug. 1852." *Bon der posenschen Grenze, 19. Aug. Bei der nicht mehr hin- wcgzuleügnenden Gefahr, womit die im russischen Polen herrschende Cho lera Preußen und damit Deutschland bedroht, ist es nöthig, die Aufmerk samkeit aus Alles zu richten, was diesen gefährlichen Gast von unsern Gren zen möglichst fernhalten kann. Mehrfache Beweise aber sprechen für eine Verschleppung dieser Krankheit von einem Orte zum andern. Wo große Menschenmassen sich an Orten versammelten, in denen die Cholera bereits grassirte, da fand jedesmal eine Weiterverbreitung derselben statt. Es liegt auf der Hand, daß die Jesuitenmissionen in dieser Hinsicht sehr schäd lich wirkten. Bei denselben kamen die Katholiken im Posenschen meilen weit her zusammen. In den Kirchen, in den Wirthshäusern, in den Schlaf stätten fanden sie sich zusammengedrängt. Für eine gesunde Verpflegung derselben konnte nicht gesorgt werden; Unregelmäßigkeit im Essen und Trin ken war dabei unvermeidlich. Daher auch die Erfahrung, daß nach solchen zahlreichen Zusammenkünften, wie bei den Missionen, den Wallfahrten, die Cholera von der russischen Grenze her immer weiter verbreitet wurde. Schon nähert sie' sich den schlesischen, also den deutschen Grenzen. Wenn nun auch die frühcrn, oft ebenso lächerlichen als unnützen Sperren gegen die Cholera nicht mehr wiederherzustellen sind, so ist es doch auf der andern Seite rathsam, Alles zu vermeiden, was diese Krankheit crfahrungsmäßig herbeizicht und weiter verbreitet. Bei der durch die Thcuerung und Noth herbeigeführten geschwächten Gesundheit der nicdcrn Volksclassen sind sie der Ansteckung um so zugänglicher. Es wäre daher im allgemeinen Interesse zu empfehlen, daß aus Sanitätsrücksichten jetzt die Jesuitenmissioncn und Wallfahrten längs der russischen und polnischen Grenze eingestellt würden. Die bigoten Katholiken würden zwar dann über Glaubensdruck klagen; al lein zu ihrem eigenen und zum allgemeinen Besten müßten sie sich eine Beschränkung ihrer Gewohnheiten gefallen lassen. Landau, 18. Aug. Heute am Jahrestage der Schlacht von Polozk (1812) wurde in hiesiger Kirche das im Jahre 1842 durch die damals da hier versammelten Veteranen der bairischen Armee gestiftete Jahrcsgcdächt- niß für die in Rußland gefallenen 50,000 Baiern nach katholischem Ritus gefeiert. Stuttgart, 19. Aug. Die Kammer der Abgeordneten brachte gestern die Bcrathung über die Taggelder der Abgeordneten zum Schlüsse. Die Besoldung der Ausschußmitgliedcr ward auf 1600 Fl., die der Präsi denten auf 4000 Fl. festgesetzt. Daß die Kammer einen Antrag des Abg. Wiest auf Vertagung angenommen, haben wir gestern schon mitgetheilt. Es kamen gelegentlich dieser Sache harte Vorwürfe über Geschäftsver- schleppungcn zur Sprache; Staatsrath v. Linden sprach das Befremden der Regierung aus, daß über gewisse Gesetzentwürfe bisjetzt immer noch kein Bericht ausgegeben sei lind könne man überhaupt nicht umhin, sein Be fremden darüber auszudrücken, daß zur Bcrathung des Etats so viel Zeit verbraucht werde. Es wurde ihm entgegnet, daß unter andern der Gesetz-