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Freitag. Nr. 339. 13. August 18S2 Leipzig» Die Zeitung erscheint mit Ausnahme des Montags täglich und wird Nachmittags 1 Uhr aus- gegeben. Preis für das Vfertel- jahr 1'/, Thlr.; jede ein zelne Nummer 2 Ngr. Deutsche Allgemeine Zeitung. «Wahrheit und Recht, Freiheit und Geseh!» Zu beziehen durch alle Postämter deS In- und Auslandes, sowie durch die Expedition in Leipzig (Querstraße Nr. 8). Bnf-etionsgebühr für den Raum einer Zeile 2 Ngr. j Die Zollvereinsconferenzen in Berlin. Hannover/ 11. Aug. Ucbcr die Stellung unserö Cabinets in der Zollvereinsangelegenheit wie in der allgemeinen Zollfrage ist so viel Irriges verbreitet, daß es wol von Interesse sein dürfte, diese Stellung etwas genauer zu bezeichnen. Das Ministerium Schele hat den Septembcrvertrag von seinem Vorgänger, dem Ministerium Münchhausen, als Erbschaft übernommen und dieselbe ganz zu der seinigen gemacht, wie dies auch mit der Verfassung, den Kammern und allen andern beste henden Institutionen in gleicher Weise der Fall war. Das Ministerium hält demnach an dem Septembervertrag fest, hat aber gleichzeitig sich die volle Consc- quenz jenes Vertrags klar gemacht, daß nämlich Hannover dadurch vom Finanz zollsystem zum Schutzzollsystem übcrgegangen sei, und da dies einmal gesche hen und es seinen Vortheil in der Verbindung mit einem größern Staatencom- plex und einer vermehrten Einwohnerzahl suchte, so war das frühere wie das jetzige Cabinet nicht nur kein Feind der österreichischen Vorschläge in Bezug eines Handels- und Zollvertrags, sondern auch der österreichischen Zollcini- gungsplane und sprach sich zu wiederholten malen sehr günstig für die letz- tern aus, sofern der Uebergang ein leichter und für Hannover keine Nachtheile in finanzieller Beziehung für die Staatskasse mit sich führe, sowie keine wei tere Tariferhöhung enthalte, welche die Steuerkraft des Landes auf andere Weise schwäche. Während nun unser Cabinet auf Seiten Preußens bei Ausführung des Septembervcrtrages und Reconstituirung des Zollvereins steht und diese mit Entschiedenheit anstrebt, gewährt es Preußen in dem Abweisen der österreichischen Forderung keine Unterstützung, sondern ist viel mehr dafür, die österreichische Foderung auf gleichzeitige Berathungen über den Abschluß eines Handelsvertrages, wie über eine später einzuleitende Zoll einigung zu unterstützen, um zu sehen, ob sich'der jetzt gewonnene Markt von 25 Millionen Consumenten nicht unter gleichen Bedingungen auf 70 Millionen ausdehnen lasse. Da das Opfer des Schutzzolles nun einmal gebracht, so will Hannover wenigstens den größtmöglichsten Vortheil erzielen, der sich aus dem System erzielen läßt, und deshalb hält es an dem Glauben fest, daß es sich in einer Zeit von 8—10 Zähren wol erzielen ließe, Oesterreich zu einer Annahme des Tarifs, wie er im Septembervertrag festgestcllt, bewegen zu können, zumal die Differenzen eben nicht so bedeutend zu nennen seien. Würde Oesterreich bei den Verhandlungen nicht darauf eingehen, sondern seinen Ta rif festhalten, so würde man die Sache aufgeben; bevor dies aber nicht erwiesen, hält Hannover an der Eröffnung von Verhandlungen fest, welche die spätere deutsche Zolleinigung zum Zweck hätten. Wol Niemand wird die Consequenz dieser Auffassung in Zweifel ziehen können, die aus dem Schutzzollsystem diesseits gezogen wird. Da nun Hannover bei der letzten streitigen Frage zwischen Preußen und Oesterreich resp. der Darmstädter Coalition, wo es sich lediglich um das Zulassen von Verhandlungen mit Oesterreich handelte, für eine solche Zulassung war, so konnte es Preußen nicht unterstützen, sondern mußte sich vielmehr, da einige Vermittelungs versuche fehlschlugen, mindestens passiv verhalten, da Preußen sich entschie den weigerte, auf Verhandlungen einzugehen. Bis zu diesem Augenblick hat das Cabinet dieses sein Programm in der Zollfrage nicht verlassen, und sobald, sei dies vor oder nach der Reconstituirung des Zollvereins, Ver handlungen mit Oesterreich beginnen sollten, die ja selbst von Preußen nach Sicherstellung des Zollvereins in Aussicht gestellt sind, wird man Hannover in den Reihen der österreichischen Streiter kämpfen sehen, sobald nicht die Interessen dieses Staats durch finanzielle Einbußen, sei dies durch Gefährdung seines zugesicherten Präcipuums oder durch Einführung höherer Zölle, gefährdet erscheinen. Eine politische Seite, wie der Frage so- wol von Oesterreich wie von Preußen beigemessen wird, sieht Hannover nicht in dieser Angelegenheit, läßt sich deshalb auch nicht wie die Darmstädter Coalition durch Sympathien oder Antipathien staatlicher Rücksichten leiten, sondern beobachtet vielmehr lediglich seinen Vortheil bei der Frage, der frei lich unserer Meinung nach am besten dadurch gewahrt geblieben wäre, wenn man das Finanzsystem nicht verlassen und dafür das Schutzsystem einge tauscht hätte; doch auch unsere Staatsmänner wurden hierbei mehr von rei nen Staatsintcressen als von Volksinterefsen geleitet, indem sie das Präci- puum als einen Nutzen aus der Tasche des Nachbars betrachteten. München, 9. Aug, Die Allgemeine Zeitung meldet: Der Minister präsident v. d. Pfordten hat sich heute Vormittags nach Stuttgart begeben, wo vermuthlich die besprochene Zollconferenz der Darmstädter Ver bündeten stattfinden wird. (Gestern ließ ihn die Allgemeine Zeitung noch so krank sein, daß er, wie es bedeutungsvoll hieß, sein Portefeuille nicht vor der Mitte dieses Monats übernehmen könne.) Der Ministerpräsident v. d. Pfordten hat, wie die Augsburger Post- zeitung berichtet, während seines Unwohlseins den Entwurf zu einer an Preu ßen abzugebenden Erklärung ausgearbeitet und denselben mit nach Stuttgart genommen. Der Hauptinhalt dieses Entwurfs soll, derselben Quelle zufolge, dahin gehen, daß von Preußen die Eröffnung der Unterhandlungen mit Oesterreich über die Zollcinigung gefodert werde, sobald die Zollvereinscon» fcrenzen in ein bestimmtes Stadium getreten seien; bei der Ratification der Zollvereinsverträge müßten die Unterhandlungen mit Oesterreich bis zckeinem gewissen Punkte gereift sein. Danach würde also der Darmstädter Bund insoweit nachgeben, als nicht mehr auf der Gleichzeitigkeit des Abschlusse- des neuen Zollvereinsvertrags und der Unterhandlungen mit Oesterreich be standen würde ; festgehalten wäre dagegen die Foderung der sogleich bestimmt ins Auge zu fassenden Zolleinigung mit Oesterreich. Damit wird, bei der Stellung, die Preußen einmal eingenommen hat und auch wol festhalten wird, nicht vorwärts zu kommen sein, und wird daher dieser Entwurf in Stuttgart genehmigt, so dürfte der Wiedereröffnung der Konferenzen in Ber lin am 16. Aug. die Abbrechung der Unterhandlungen mit den betreffen den Staaten bald folgen. — Wenn wir, sagt die Neue Preußische Zeitung vom 12. Aug., vor läufig recht unterrichtet sind, tzllen die sogenannten Darmstädter Zoll- berathungen sehr langsam fortschreiten, und soll schon jetzt die unange nehme Nähe des 16. Aug. verspürt werden. Wir unsererseits meinen, daß der Stand der Angelegenheit für jene Regierungen klar genug ist, und cs nur darauf ankommen kann, einen herzhaften Entschluß zu fassen, zumal der diesseitige Entschluß schon lange genug gefaßt und bekannt ist. — Die Deutsche Volks-Halle äußert in einem wiener Briefe über die vom preußischen Ministerpräsidenten namens der Regierung in der Zollsache abgegebenen Erklärung: „Die eigenthümliche Maxime des Hrn. v. Man teuffel, öffentliche, selbsteigene Erklärungen mehr zu Demonstrationen als zu wirklichen definitiven Absichten zu gebrauchen, trägt noch mehr zur Confu sion der öffentlichen Meinung bei. Hr. v. Manteuffel ist übrigens mit Worten kühner als mit Handlungen, und das ist für Preußen und für Deutschland kein Unglück." — Ein angeblicher darmstädter Correspondent der Kasseler Zeitung tritt sehr entschieden gegen Preußen auf, dem er ein sehr willkür liches Benehmen gegen die Vereinsstaaten vorwirft. „Man muß anneh men", sagt er unter Anderm, „daß Negierungen weniger empfindlich als Privatpersonen sind, denn unter diesen hätte ein solches Verfahren nicht Platz greifen können, ohne sogleich zu einem Bruch zu führen." Er schließt mit den Worten: „Wir find überzeugt, daß die Erklärung, über welche man sich jetzt in Stuttgart einigen will, nicht minder als die früher abge gebene, sowol der eigenen Würde der beim Zollverein verbleibenden Regie rungen als den Rücksichten auf die Interessen ihrer Länder und auf die Zukunft von ganz Deutschland entspricht. Die einfachste und bündigste Er klärung würde freilich darin bestehen, wenn nian den angesetzten Termin verstreichen ließe, ohne sich in Berlin wieder einzufinden." D eirtschland. Berlin, 11. Aug. Unterm 3. Juli hat der Minister der geistlichen, Unterrichts- und Medicinalangelegenheiten folgende für das Unterrichts- wesen wichtige Circularverfügung erlassen: Eine nähere Prüfung der Verhältnisse der zu Entlassungsprüfungen berech tigten Hähern Bürger- und Realschulen hat ergeben, dass in vielen dieser Anstal ten die Zahl derjenigen Schüler, welche den Cursus derselben vollenden, nur sehr geringe, und daher der Aufwand, den die Besoldung des für die krirna crfoderli- chen Lehrerpcrsonals in Anspruch nimmt, um so weniger zu rechtfertigen ist, als es den betreffenden Schulen überhaupt an hinreichenden Mitteln fehlt, die Lehrer angemessen zu besolden und den unentbehrlichen Lehrapparat zu beschaffen. Da es unter den gegenwärtigen Verhältnissen nicht möglich ist, die von mehren Sei ten für diese Schulen beantragten Zuschüsse aus allgemeinen Staatsfonds zu er- wirssen, so sehe ich mich zu folgenden Bestimmungen veranlaßt: I) Die Etats der betreffenden Anstalten sind einer sorgfältigen Revision zu unterwerfen. Ergibt sich, daß die Mittel derselben für die Bedürfnisse der betreffenden Schule, insonderheit für die angemessene Besoldung des zur Durchführung des Lehrplans erfoderlichcn Lehrerpersonals nicht ausreichen, so hat die königliche Regierung darauf zu drin gen, daß die Patronatsbehörde, insofern ein Zuschuß der Erhöhung des Schulgel des nicht zu erzielen ist, das Nöthige beschaffe, widrigenfalls die Schule -»auf die Aufgabe einer allgemeinen Stadtschule beschränkt werden muß und das Recht zu Entlassungsprüfungen nach dem Reglement vom 8. März 1822 ihr nicht ferner belassen werden kann. 2) Die Errichtung neuer zu Entlassungsprüfungen berech tigter höherer Bürgerschulen ist nur dann zu gestatten, wenn ein ausreichender Etat für dieselben von der betreffenden Stadt garantirt wird. Bevor zur Aus führung des Projekts geschritten wird, ist der Einrichtungs- und Lehrplan und der Etat der zu errichtenden Schule dem königlichen Provinzialschulcollegium nach der Bestimmung der Instruction für die königlichen Confistorien vom 23. Oct. 1817, §. 7, 2 mitzutheilcn und demnächst mit dem Gutachten desselben mir zur Geneh migung einzureichen. Ebenso bleibt die Anstellung der Directoren und Lehrer der zu Entlaffungsprüfungcn berechtigten höher» Bürgerschulen nach der Bestimmung der allerhöchsten Eabinctsordre vom 8. Dec. 1842 §. 2, welche seither nicht immer pünktlich befolgt ist, meiner Genehmigung Vorbehalten. 3) Wenn eine zu Entlassungs-