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Dienstag. Aiyntk Ausgabe. Abends k Uhr. 27. April L8S2. EelPzig. Die Zeitung «r« scheint mit Ausnahme de« Ganntag« tjglichjwelmal und »Kd «ulgegeben in »«ipztg Barmiltng« ll Uhr, Abend« I Uhr; In Lr«»d«« Abend« 5 Uhr, Vormittag« 8 Uhr. W«i« für da« Vierteljahr l'^THlr.; jedeeiojeln«Num mer I Ngr. —- Nr. ISS —— Deutsche Allgemeine Zeitung. »Wahrheit und Recht, Freiheit und GesetzI» Zu beziehen durch alle Post» Lmter de« 3n- und Au«l»n» de«, sowie durch die Srptdt» tionen iu Geip»ig (Quer straße Nr. 8) und sbei L. Höckner, Neustadt, An der Brück«, Nr. ».) SnstrtionsgebShr für den Visum einer Zeil« 2 Ngr. « München, 26. April. Der Finanzausschuß der Kammer der Abge ordneten hat sich gestern Vortrag erstatten lassen über den Gesetzentwurf be züglich der Anleihe, durch welche die Kosten der Aufstellung im Jahre 1849/50 au- der Intervention in Kurhessen gedeckt werden sollen. (Rr. 194.) Seit 15 Monaten ist der Landtag beisammen und bis zu den letzten Tagen, d. h. bis nach Erledigung des Budgets, hat man demselben diese Ueberschreitungen der bewilligten Etats verheimlicht. Jetzt, am Schlüsse der Session bringt man diese kostspielige JndemnitätSbill, die von nun an wahrscheinlich so oft wieder eingebracht wird, bis das Ja erfolgt. Denn der gegenwärtige Landtag wird, wie ich bereits berichtet, nimmermehr zustim men Der Referent beantragt die unbedingte Verwerfung und weist das Ministerium an den Bundestag, in dessen Auftrage es die Ausgaben ge macht. Sämmtliche Mitglieder des Ausschusses stimmten während der Be- rathung dem Referenten bei, und dem anwesenden Ministerpräsidenten blieb bei dieser Stimmung am Ende nichts übrig als der Antrag, die Abstim mung zu vertagen; denn eine verneinende Abstimmung wäre einer Anklage wegen Ueberfthreilung der bewilligten Etats, einer Verdammung der in der deutschen Frage und insbesondere Kurhessen gegenüber eingehaltenen Politik gleichgekommen. Der Ausschuß stimmte dem Anträge des Ministers bei, und so bleibt denn der Entwurf ruhen, bis ihn eine spätere Versammlung Wieder vorgelegt erhalten wird. Wenn der Ausschuß seiner Pflicht Nach kommen wollte, so koünte er auch nicht anders handeln, denn die Steuer kräfte des Landes sind auf das alleräußerste angespannt und der Credit wird mehr als genug durch den Bau der Eisenbahnen in Anspruch genommen. Die Armee kostet aber seit 3'/, Jahren durchschnittlich jedem bairischen In- dividuum an 10V Fl. — Bezüglich der Vorbehalte der Staatsregierung in Ansehung der Zollverhältnisse für die Zukunft vernimmt man, daß der Ausschuß eine andere Vorlage von dem Ministerium sich ausgebetcn habe, wozu, er die Directiven gegeben. Morgen beginnt die Berathung über das Fideieommißgesetz, dem der Ausschuß wiederum das so vielen Entwür fen angefügte voterum osnsoo beigefügt hat, daß der Entwurf nämlich erst mit dem Tage in Wirksamkeit treten solle, an welchem das Gesetz über die Gerichtsverfassung in den sämmtlichen Regierungsbezirken eingcführt fein wird. Da beide Gesetze in keinem Zusammenhänge stehen, so spricht dieser Zusatz von neuem dafür, wie wenig Zutrauen man trotz aller gegenthciligen Versicherungen des Justizministers in den guten Willen der Staatsregie rung zur Durchführung der Gerichtsverfassung heg?. — Aus Erfurt schreibt man der Neuen Preußischen Zeitung: Eine Diebstahlsgeschichte ist in diesen Tagen hier bekannt geworden, durch deren Entdeckung unsere Polizei auch wohlthätig für das Nachbarland ge wirkt hat und welche geeignet ist, eine wahrhaft menschliche Theilnahme zu erwecken. In Stadt-Ilm, einer vier Meilen von hier entlegenen kleinen Stadt im Fürstenthüm Schwarzburg-Rudolstadt, wurden aus dem Depo- sitorium des Justizamtes 2500 Thlr. auf räthselhafte Weise gestohlen, in dem weder an Thüren noch an Kasten die geringste Verletzung der Schlösser wahrgenommcn wurde. Der Vorfall mußte natürlich das größte Aufsehen und die Untersuchung durch die Oberbchörden veranlassen, zu welcher der Staatsanwalt aus Rudolstadt sich dahin begab. Vor demselben gab der Obermeister deö Schlossergewerks, nach genauer Besichtigung, die Erklä rung ab, daß die Schlösser nur durch die dazu passenden Schlüssel könnten geöffnet sein. Da sich nun diese Schlüssel in den Händen des Justizamt manns und seiner Unterbeamten befanden, so führte der Verdacht gegen diese Männer so weit, daß sowol der Justizamtmann als auch das übrige Amtsperson«! suSpendirt, und so eme Reihe von Familien in die peinlichste Lage und Spannung über ihr Schicksal versetzt wurde. Nur eine einzige Spur der verübten That fand sich, nämlich eine Laterne, welche in dem bestohlenen Amthause stand, und diese wurde zum Behuf der Nachforschung hierher nach Erfurt geschickt. Wirklich gelang es nun der einsichtigen Thä- tigkeit deö hiesigen Polizeiraths Rochlitz, den Eigenthümer dieser Laterne und dadurch auch die Thäter dieses Diebstahls zu entdecken. Es sind hier bereits sieben Personen verhaftet, und ein Theil des Geldes ist bei ihnen saisirt worden. Mit dem Reste sind indessen schon andere Ucbelthäter nach Amerika ausgewandert. Der Polizeirath Rochlitz versäumte nicht, den Iu- stizamtmann in Stadt-Ilm sofort von der Entdeckung zu benachrichtigen, und noch an demselben Tage, an welchem er seinen Brief dahin abgesendct hatte, als er Abends um 8 Uhr, von seinem Berufsgeschäfte zurückgekehrt, mit Familie bei Tische saß, baten noch neun Männer um Zutritt bei ihm. Es waren der Justizamtmann und das ganze Amtspersonal aus Stadt- Ilm, welche ihm sofort ihren Dank bringen wollten, was mit solcher Wärme geschah, daß die ganze Familie in Thränen der Rührung versetzt wurde. — Aus Oldenburg vom 24. April schreibt man: Ein von Seiten der hiesigen evangelischen obern Schulbehörde vorgestern an die Schulvorstände und Schulinspectoren erlassenes Cireular erinnert an strenge Befolgung der Vorschriften wegen des Turnunterrichts und weist dieselben an, in allen Schulen, deren Lehrer oder HülfSlehrer Anweisung zum Turnunterricht im Seminar erhalten haben, und wo dieser Unterricht biSjetzt noch nicht in den Lehrplan ausgenommen wurde, denselben nunmehr einzuführen und zwar unbedingt das Turnen ohne Gerüst auf dem Spielplätze. Schweiz. Aus der Schweiz, 24. April. Das nunmehr veröffentlichte Urtel des baseler correctioncllen Gerichts in Sachen der Fastnachtspersifflage Ludwig Napoleon's beginnt so: „Auf Begehren der französischen Regierung und auf Requisition des hohen Bundesraths <1.0.19. März durch E.E. Kleinen Rath mit Beschluß vom 22. März zur Führung des Processes bestellten Sachwalters" rc. Sie sehen also, daß ich damals gut unterrichtet war, als ich Ihnen schrieb, dieser Proceß sei auf direete Veranlassung des französi schen Gouvernements und Intervention des Bundesraths eingeleitet worden. Die Sache ist piquant. — Der nationalräthliche Commissar über die eidge nössische Universitätsfrage, die in Bern tagte, hat beschlossen, daß vor dieser Frage die Eisenbahn frage die Priorität verdiene und in der Bundes versammlung in Betreff der eidgenössischen Universitäten nicht eher Verhand lungen zu pflegen seien, bevor nicht die Eisenbahnfrage, als die dringlichere, definitiv erledigt sein werde. Ferner ist die Commission dafür, daß die eid genössische Universität in die deutsche, das eidgenössische Polytechnikum in die französische Schweiz zu verlegen sei. — Wie sich amtlich ergibt, hatte die Regierung von Bern in der Abberufungsabstimmung eine Mehrheit von über 6000 für sich. Frankreich. 8 Paris, 23. April. Man sieht gegenwärtig im Elyfte in der Procla- mirung des Kaiserreichs für den Augenblick eine Gefahr. Obgleich noch immer nicht klar geworden ist, ob die Haltung der Arbeiterklassen oder ob die Begriffsfügigkeit der pariser Nationalgarde die Schuld an dieser mo mentanen Sinnesänderung tragen, genug das Factum bestätigt sich auf ganz officielle Weise. Schon der vorgestrige Moniteur, welcher der Na tionalgarde anzeigte, daß sie bei der Adlerverlheilung am 10. Mai leer aus gehen werde, verrielh die Vertagung des Kaiserreichs, und der gestrige Mo niteur spricht sich über diesen Punkt ganz ausdrücklich aus. Ein officiclles Communique erklärt die Gerüchte von der Proclamirung des Kaiserreichs bei Gelegenheit des Festes'vom 10. Mai als ungegründet. (Nr. 192.) Wer freilich die Sprache unsers Moniteur versteht, der muß aus die ser officiellen Mittheilung ableiten, daß man wirklich darauf bedacht gewe sen, dem Wunsche der Armee zu willfahren und daß das Kaiserreich zwar an und für sich eine ausgemachte Sache, daß es aber zugleich als Zeit frage zu betrachten sei. Es scheint nun zwar, daß die Einreden der aus wärtigen Mächte und namentlich der russischen Negierung für jetzt noch als berücksichtigenswerth erschienen, darum wiederhole ich aber meine feste, aus der kalten Beurtheilung alles Dessen, was hier geschieht, geschöpfte Ueberzeugung: diese Protestationen werden auf die Dauer nicht aus reichend sein und der Präsident hat sich in demselben Augenblicke, als man das erwähnte Communique an die officiellen Abendjournale schickte, in diesem Sinne erklärt: „Ich für meine Person kümmere mich nur we nig um den Kaisertitel (auch zu Hrn. de Morny sprach er so), doch (und dies ist eine neue Wendung) bin ich es meinen Freunden schuldig, das Kaiserreich wiederherzustellen. Meine Freunde haben cs um mich ver dient und sie sehen blos im Kaiserreiche eine genügende Bürgschaft für die Zukunft, äo 83,8 bien pour mon oampto quo I'ompirv m ulfornait, M3I8 jo 8318 3U88i qu'il m'oxpiro." Man wird also dem 10. Mai, der vor dem Staatsstreiche in anderer Beziehung ein wichtiges Datum zu wer ben versprach, ruhiger entgegengehen und die furchtsamen Gemüther werden sich den Vergnügungen dieses Spektakels ohne Voreingenommenheit hin geben dürfen. Der Präsident hat nicht wenig zu thun, die Eitelkeit seiner treuen Diener zu beschwichtigen, und das Dekret über das Vortriltsrecht der drei Staatskörperschaften, welches der Moniteur veröffentlichte, läßt erra- then, was für kleinliche Eifersuchtsscenen im Schoose der Negierung täg- lich gespielt werden mögen. — Die Fusion ist für den Augenblick, dank dem Einflüsse der Damen Bocher und Sögur auf die Herzogin von Or leans, wieder in den Hintergrund getreten. Die Herzogin will nicht, daß man ihr davon spreche, solange das Kaiserreich nicht proclamirl sei. Dann wolle sie sich cs überlegen, denn dann erst werde es an der Zeit sein, daran zu denken. Diese Mittheilung wurde mir aus der zuverlässigsten Quelle gemacht.