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Donnerstag. Zweite Ausgabe. Abends 6 Uhr. 8. April 1852. EeiPzig. Die Zeitung er. scheint mit Ausnahme des Sonntag« täglich zwei mal und «ird ausgegeben in Eeipzlg A.rmittag« tl Uhr, Abend« « Uhr; tn »re«da« Abend« ä Uhr, Vormittag« lt Uhr. für da« Vierteljahr >V»Thlr ; jede einzelne Num mer l Ngr. —- Nr. UM Dciltschc MgtMtiiie Zcitmg. »Wahrheit und Recht, Freiheit und Gesetz!» Zu beziehen durch alle Post ämter de« 3n- und Aullan« de«, sowie durch die (trpcti- tionen i» «eip,ig (Qucr- straße Nr. 8) und »reldr« (bei L. Höckner. Neustadt, An der «rücke, Nr. 's.) JnsertionSgebühr für den Raum einer Zeile 2 Ngr. Deutschland. X Berlin, 7. April. Die Agitationen der süddeutschen Staaten für gewisse Reservationen bei der hiesigen Zollconferenz fangen denn doch an, eine konsistentere Gestalt anzunehmen. Namentlich kommt dieselbe unsern -officiellen Kreisen sehr befremdend vor, weil man in solcher Weise darauf nicht gerechnet hatte. Zu den Berathungen in Bamberg treten jetzt die in Darmstadt, bei welchen außer Baiern, Württemberg und Sachsen auch Ba den, Hessen-Darmstadt, Kurheffen und Nassau sehr zahlreich vertreten sein werden. Wie uns nun von glaubwürdiger Seite mitgetheilt wird, geht der Kernpunkt jener Berathungen darauf hinaus, daß gleichzeitig bei den Un- terhandlungen auf dem hiesigen Zollcongreffe zur Reconstituirung des Zoll- Vereins über einen Handels- und Zollvertrag mit Oesterreich unterhandelt werden soll, sodaß beide Verträge, der des Zollvereins als solcher und der HeS Zollvereins mit Oesterreich, zu gleicher Zeit zum Abschlusse gelangen. Jene süddeutsche Coalition von Darmstadt würde sich nicht eher auf Unterhandlungen definitiver Natur einlassen, bis man sich zu .einer gleichzei tigen Unterhandlung mit Oesterreich zum Abschluß eines Handels- und Zoll- Vertrags verpflichtet und diese Unterhandlungen unmittelbar nach Zustande kommen des ersten rohen Entwurfs aufnimmt. Die Ratification des Zoll vereinsvertrags werde aber nur gleichzeitig mit der Ratification des mit Oe- Perreich vereinbarten Handelsvertrags angenommen werden. Es fragt sich nun, was man zu thun beabsichtigt, wenn Preußen diesen Antrag pure ablehnt, und da sollen Baiern, Württemberg und Kurhessen allerdings für ein Abbrechen der ferner» Zollvereinsverhandlungen gestimmt sein, während Sach sen, Baden, Hessen-Darmstadt und Nassau mehr zur Nachgiebigkeit sich ge neigt zeigen. Freilich soll Baiern die Absicht haben, da es drei Vertreter nach Darmstadt gesandt hat, an deren Spitze der Premier v. d. Pfordten steht, auch die andern dort vertretenen Staaten zum eventuellen Austritte zu veranlassen. Wenn dagegen einzelne Blätter melden, daß Baiern die Absicht habe, eine dritte Zollgruppe unter seiner Führung zu bilden, so ist dies gänzlich ungegründet; denn es gehört wenig Einsicht und Selbst- erkcnntniß dazu, um nicht zu begreifen, daß ein solcher Plan eine Absurdi tät sein müsse. Deshalb ist es auch noch sehr dunkel, welchen Plan Hr. d. Pfordten hat, den derselbe als Surrogat für den Zollverein bei einem «twa erfolgenden Austritte in Darmstadt in Vorschlag bringen wird. Wir sind der Meiüung, daß man nur eine imponirende Maffcnstellung gegenüber Preußen einnehmen will, um dieses durch eine sehr ernstlich aussehende Dro- hung zum Eingehen auf den gleichzeitigen Abschluß eines Handelsvertrags mit Oesterreich zu bewegen. Denn, so wird man sich sagen, ist es die ernst liche Absicht Preußens, einen Handelsvertrag mit Oesterreich abzuschließen, so muß es dies gleich thun, sonst liegt die Vermuthung nur zu nahe, daß es ein leeres Versprechen sei, worauf Preußen zwar formell eingehcn, allein, nachdem der Zollverein gesichert, solche Bedingungen stellen wird, die man dort nicht gut annehmen kann, um so sich unter einem plausibeln Vor wande zurückzuziehen. Es ist aber auch nicht zu zweifeln, daß die jetzige darmstädter Conferenz lediglich das Werk Oesterreichs ist und daß man sich in Wien bereits der Hoffnung hingibt, daß es gelingen wird, diese gleichzeitigen Unterhandlungen zu Stande zu bringen. Zu diesem Zwecke soll denn auch bereits der ehemalige österreichische Handelsminister Frhr. v. Bruck nach Wien berufen sein und den Auftrag erhalten haben, für den Hall des Gelingens hierher zu gehen und mit einem bedeutenden diploma- lischen Personale die Unterhandlungen zu führen. Daß diese ganze Evcn- -tualität lediglich von der Haltung Preußens abhängen wird, bedarf keiner weitern Erwähnung; und so sehr auch jeder Freund der politischen wie ffaatsökonomischen Unabhängigkeit Preußens und des Zollvereins wünschen muß, daß man sich nicht auf diese Weise in die Enge treiben lasse, so be rechtigt die Vergangenheit unsers Ministeriums nicht zu der Voraussetzung, daß Preußen hier einmal ausnahmsweise fest, entschieden und rücksichtslos auftreten wird, um wenigstens seine Unabhängigkeit und historische Macht im Zollvereine zu erhalten. 0 Berlin, 7. April. Unter den Mitgliedern des Deutschen Zoll- Vereins sind die M^rmgen über den richtigen Zeitpunkt für die Ver handlungen mit Oesterreich sehr verschieden. Mit den thüringischen Herzog- thümern sind cs noch einige andere kleinere Staaten, die schlechterdings sich gegen sofortige Verhandlungen mit Oesterreich aussprechen, weil man nur Erfahrungen über die bisherigen Verhältnisse im Zollverein, nicht aber über die Folgen der Modifikation desselben besitze. Es bestätigt sich, daß von dieser Seite ein Antrag auf den Congreß gebracht wird, welcher die Unter handlungen resp. einen Vertragsabschluß des restaurirten Zollvereins mit Oesterreich auf Jahresfrist ausschließen will. — Aus Frankfurt a. M. wird gemeldet, daß eine Partei der freien Stadt in der That schon ent schlossen ist, die Entscheidung in dcr Verfassungsfrage in die Hände der Bundesversammlung zu legen und daß man von dieser Seite eine ander weitige Verständigung über die Verfassung sich nicht mehr weiter angelegen sein läßt. /^Berlin, 7. April. Für die außerpreußische Presse Deutschlands wird die Debatte über die Zeitungssteuer, welche sofort nach den Ferien statt finden soll, von speciellem Interesse sein. Die Commission der II. Kammer schlägt bekanntlich für die außerhalb Preußens erscheinenden Blätter eine Steuer von 25 Proc. des am Orte ihres Erscheinens geltenden Abonne mentspreises, mindestens aber für Wochenblätter 15 Sgr., für zwei oder dreimal wöchentlich erscheinende Blätter 1 Thlr., für öfter erscheinende Blät ter 2 Thlr. 15 Sgr. Steuer per Jahrgang vor. Dies „mindestens" zeugt nicht eben von großer Sachkenntniß. Denn in ganz Deutschland kostet kein einziges politisches Blatt 10 Thlr. jährlich, was doch der Preis wäre, der bei 25 Proc. Steuer 2 Thlr. 15 Sgr. Aufschlag zu erleiden haben würde. . Durchschnittlich kosten die politischen Tageblätter zwischen 5 und 7 Thlr. jährlich, die Steuer von 2/- Thlr. würde demnach 40 — 50 Proc. durch schnittlich betragen. Unter solchen Umständen wäre es jedenfalls aufrichti ger, dies zu sagen, statt 25 Proc. anzugeben, die sich im concreten Falle als eine Fiction erweisen. Von der Ehrenhaftigkeit der preußischen Presse ist zu erwarten, daß sie sich gegen diese unmäßige Besteuerung ihrer deut schen Collegen ebenso entschieden wie gegen das Projekt im Allgemeinen aus sprechen wird. Außerdem aber wird die Frage auch vom Standpunkte des internationalen Verkehrs schweren Bedenken unterliegen. Was im eigenen Staate eine gerechtfertigte Finanz- und Polizeimaßregel sein kann, ist des halb noch nicht für andere Staaten gerechtfertigt. Bisjetzt steht in den Zollvereinsverträgen noch nichts von einer Steuer auf weißes oder bedruck tes Papier, oder auf Zeitungen, die von einem Zollvereinslande in das an dere eingefühkt werden und wir glauben nicht, daß Preußen berechtigt ist, eine solche Steuer auf zollvereinsländische Zeitungen zu legen, ohne sich zu vor darüber mit den betreffenden Regierungen zu verständigen. * Arnstadt, 7. April. Der hiesige Verein zur Unterstützung der Noth leidenden in den schwarzburgischen Walddörfern hat auf seine Ansprache von dem Hamburger Verein zur Abhülfe der Noth im innern Deutschland die bedeutende Summe von stOO Mk. Bco. erhalten, und ist ihm diese Summe durch ein leipziger Haus baar in 454 Thlrn. 16 Sgr. Übermacht worden. LI Hannover, 7. April. Die Nr. 18 des Preußischen Wochenblattes bringt einen ersten Brief „aus der Provinz", der das Thema von einem neu erstandenen politisch-religiösen Jesuitismus behandelt, welcher seinen Hauptsitz und Mittelpunkt in Berlin habe. Es ist damit das System der Kreuzzeitung gemeint, die von ihrer Grundanschauung aus zu der Con- sequenz gelange, die Maxime, daß der Zweck die Mittel heilige, wenn auch nicht theoretisch zu proclamircn, doch praktisch zu üben. Wir lesen in dem Aufsatze am Schluffe nachstehenden Satz: Das Gesetz, die Schranke und Schutzwehr der Freiheit, ist diesen modernen Zesuiten natürlich im Allgemeinen sehr heilig. Aber wenn es gilt, die „ständische Gliederung", dieses göttliche Fundamentalgesetz jeder denkbaren Staatsordnung (?) und mit ihr die verrotteten Privilegien des Landadels herzustellen, so ist eS um dieses „guten Zwecks" willen, dem alles Andere sich unterordnen muß, erlaubt, ja geboten, mit Aufbietung aller dialektischen Künste den „dürftigen Buchstaben des Gesetzes" jenem ewigen Recht anzupassen, oder, wenn cs nicht anders geht, gegen das klare, unzweideutige Gesetz sich geradezu auf sein „Gefühl" zu berufen. Selbst das eidliche Gelöbniß erhält auf diese Weise seine Ausdeutung. Es bezieht sich ja nicht auf die Verfaffungsurkunde; bei Leibe! das wäre gottlos, mit diesem Stück Papier solchen Götzendienst zu treiben; sondern auf die ganze Landesverfassung, das heißt alle Einrichtungen seit und vor 1850, 1848, 1847, 1840 und wer weiß wie weit zurück; und da dieselben in unlösbarem Widerspruch miteinander stehen, so hindert der Eid uns nicht, ja er verpflichtet uns, diejenigen Stücke, die dem ewigen Rechte oder unserer Vorstellung davon am meisten entsprechen, auSzuwäh- len, und nur diese zu halten, die andern über Bord zu werfen. Denn also fodert es der „gute Zweck". WaS eS auch koste, gesunde grammatische oder logische Aus-^ legung, klarer Buchstabe des Gesetzes, beschworene Pflicht — wir müssen zurück zu Dem, was nach der Versicherung dieser Schule politischen ZesuitismuS allein be rechtigt, weil er da« unzerstörbare Fundament göttlicher Ordnung auf Erden ist. Der böse Geist dieses Jesuitismus geht auch bei uns um. In dem Organe unserer extremen Adelspartei, der Neuen Bremer Zeitung, wird dieselbe Lehre gepredigt: Bei seinem Eide muß dcr König die Verfassung halten — heilig ist ein Eid, heilig sei dem Könige, fei Jedermann die Ver- fassung; aber die Verfassung, das ist nicht das Landesvcrfaffungsgesetz vom 5. Sept. 1848, sondern dazu gehört mehr, und vor allen Dingen gehören dazu die provinziallandschaftlichen, die Adelsrcchte, welche durch jenes Gesetz gekränkt sind, das der König also zum wenigsten insoweit bei seinem Eide