Volltext Seite (XML)
Dienstag. Zweite Ausgabe. Abends 8 Hr. SO. März 1852 EebPttU. Die Zeitung er» steint mit AEahMt »« G-nntag« täglich,«eimal und wird auSgege-e« in Leip,la Äurmtttag« l l Uhr, Abend« 8 Uhr; l» »«»«u Abend« » Uhr, V.rmgta,« 8 Uhr. Wrel« für da« Bierteljahr »'/.Thlr.i jedeeinzekneRum» «er I Ngr. —- Nr. 1SV. Deutsche Mgmcine Zeitung. «Wahrheit und Recht, Freiheit »ud GesetzI» Zu beziehen durch alle Post ämter de« Zn- und «u«la>- de«, sowie durch die Srpedt- tioncn in L«t»«ig (Ouer. strafe Nr. 8) tind wreldt« sbet S. Hickner, Neustadt, «» »er «rücke, Rr. >.) Zuserttousgebühr für de« Naum einer Zeile 2 Ngr. Deutschland. Berlin, 29. März. Nachdem aus dem geh. S t a a t s. und Cabinets- archiv zwei Abtheilungen, ein königliches Hausarchiv und ein geheimes Staatsarchiv, gebildet wurden, sind beide Archive, nach wie vor als ein Ganze- betrachtet, unter die gemeinsame höhere Leitung des Ministers des königlichen Hause- und de- Präsidenten des Staatsministeriums, welcher an dir Stelle des bisher mit der Oberaufsicht betraut gewesenen Ministers der auswärtigen Angelegenheiten tritt, gestellt worden. Der Professor an der Universität zu Berlin, vr. v. Lancizolle, ist zum Director der Staats archive an Stelle des ausgeschiedenen bisherigen Direktors wirklichen Geh. RegitrungSrathS v. Raumer ernannt worden. 2 München, 27. März. Mit kommendem Monat wird hier eine Mo natsschrift: Die Leuchte, herausgegeben von N. Vecchioni (dem frühem Redacteur eines radicalen Tageblattes), erscheinen. Dieselbe soll sich indeß nicht allein über di« politischen und socialen Fragen verbreiten, sondern auch Gegenstände aus den Naturwissenschaften enthalten.— Justizminister v. Klein schrod hat sich von längerm Unwohlsein wieder erholt und erschien heute zum ersten male in der I. und II. Kammer, welche beide Sitzungen hielten. *Kiel, 26. März. Eine Anzahl hiesiger Damen hatte vor einiger Zeit zueiner Verloosung zum Besten vertriebener und abgesetzter Schles wiger aufgesodert und einen Theil der Loose auch in das Ausland (dieser Ausdrück ist leider wieder gerechtfertigt) gesendet. An Gegenständen der Berloosung, unter denen sehr viele weibliche Arbeiten, ist kein Mangel ge blieben, und nach der nunmehrigen Beendigung der Lotterie hat man Ur sache, sich über eine rege Theilnahme zu freuen. Das Damencomiti hat 20,160 Loose abgesetzt und hofft, nach Abzug der Kosten, einschließlich de- nicht unbedeutenden Entrbegeldes, 10,000 Mk. an die „Altona-Kieler Vereine zur Unterstützung hülfsbedürftiger Schleswiger" einliefcrn zu kön nen. So ist doch wieder vielen Familien einen Monat sang geholfen, denn das letztgenannte Comit^ braucht gerade 10,300 Mk. (5 Mk. — 2 Thlr.) für vier Wochen. Was wir ferner zu erwarten haben, müssen wir der Zu kunft überlassen. Sorge und Kummer ist fast in allen Familien, doch trägt Jeder sein Schicksal mit Ruhe und Ergebung und erprobt in so schwerer Zeit erst recht seine Kraft. Aber wie viel schöne Kraft ist schon zerrie ben worden! — Aus Hannover vom 23. März wird der Deutschen Volkshalle ge schrieben: Auf den 26. März, ist eine Abtheilung des Staatsraths zu einer wichtigen Berathung züsammenberufen; die Sitzungen desselben wer den, wie man hört, etwa 14 Tage dauern. Der Beschluß der Bundes versammlung vom 23. Aug. d. I. wird den Gegenstand dieser Berathun- gen bilden; der StaatSrath wird demnach, wie anzunehmen, neue Gesetzes vorlagen des Ministeriums zu begutachten haben, welche das Ministerium auf Grund des erwähnten Bundesbeschlusses zu dessen Ausführung für das Königreich Hannover für «rfoderlich erachtet, und welche ohne Zweifel demnächst auch vor die allgemeine Ständeversammlung gelangen dürften. Der StaatSrath hat seiner Bestimmung zufolge nicht Beschlüsse zu fassen, sondern bei der Erlassung neuer Gesetze und Verordnungen und in sonsti gen wichtigen Megierungsangelegenheiten nur Gutachten abzugeben. Di« geschehene Einberufung auch der auswärts wohnenden Mitglieder des StaatS- raths zur persönlichen Anwesenheit bei den angeordneten Berathungen scheint anzudeuten, daß eS sich um wichtige Maßregeln handelt. — In Hildesheim ist der Kaufmann W. von dort verhaftet wor den; man meint, infolge der Untersuchung, welche von Seiten mehrer Le- bensversicherungsgesellschaften vor dem hiesigen Stadtgerichte, anhängig ge macht worden. — Die bremische Verfassungsangelegenheit ist in ein neues Stadium getreten. Unterm 29. März wird von dort die Auflösung der Bürgerschaft, SuSpendirung der Verfassungsparagraphen über die Presse und das Vereinsrecht, des provisorischen Schwurgerichtsgesetzes, sowie der Erlaß eines provisorischen Wahlgesetzes gemeldet. In einer obrigkeitlichen Bekanntmachung, durch welche die Verfassungsfrage, vorbehaltlich weiterer Revision, unter Mitwirkung einer neu zu wählenden Bürgerschaft, erledigt wird, heißt es: Nachdem der Senat mit dem hierselbst eingetroffenen CoMmiffar des Deut schen Bunde», dem königlich hannoverschen Staatsminister a. D. Hrn. General major Jacobi, in Gemäßheit des BundeSbeschluffes vom 6. März sich in das er- foderliche Einvernehmen gesetzt hat; so sind nunmehr in Erwägung, daß unter den gedachten Schritten die unverweilte Einberufung einer neuen Bürgerschaft, und in Verbindung damit die interimistische Sicherstellung einer geordneten Staats verwaltung sich vorkommenden Umständen nach als dringendstes Erfodcrniß hcr- ausstellt; auch während solcher Uebergangkperiode der miSbräuchlichen Benutzung der Presse, gleichwie des Vereins- und VersammlungSrechtS, durch geeignete Ver ¬ fügungen begegnet werden muß, auf Veranlassung des BundeScommiffarS und na mens des Bunde« zunächst die nachstehenden Anordnungen provisorisch getroffen, .und verordnet demgemäß der Senat: l. 1) Die bisherige Bürgerschaft ist hiermit aufgelöst, und endet daher ihr« Wirksamkeit mit dem heutigen Lage. 2) Diejenigen Mitglieder der bisherigen Bürgerschaft, welche zu Deputationen gehören, scheiden folgeweise auS denselben au«. Der Senat wird für solche Deputationen, deren Geschäfte keine Unterbrechung dul'- den, geeignete Staatsbürger berufen, welche bi« zu erfolgter Uetrernahme derselben durch neuerwählte Mitglieder der künftigen Bürgerschaft jene Geschäfte interimi stisch besorgen helfen. Zur Mitwirkung bei dieser interimistischen Geschäftsführung können von Mitgliedern der bisherigen Bürgerschaft selbstredend Diejenigen nicht in Frage kommen, welche dem erwähnten Beschlusse vom 20. Febr. zugestimmt haben. 3) In Beziehung auf die zu berufende neue Bürgerschaft dienen bi« auf weiteres, und unter Vorbehalt einer zum Behuf definitiver Feststellung mit dieser neuen Bürgerschaft baldthunlichst vorzunehmenden Revision, die dieser Verordnung beigefügten „provisorischen Bestimmungen, die Bürgerschaft betreffend", zur Richt- schnür. Nach Maßgabe dieser Bestimmungen wird unverweilt zu den Wahlen der 150 Vertreter der Staatsbürger, aus welchen die Bürgerschaft bestehen wird, ge schritten werden. Nachdem dieselben geschehen sind, wird der Senat eine Ver sammlung der Gewählten veranstalten und eröffnen. 1) Alle Vorschriften der Verfassung und der Gesetze, welche mit den vorstehenden Anordnungen nicht in Einklang stehen, sind bis auf weitere« außer Kraft gesetzt. ll. 1) Die Art. 10,13, 14 der Verfassung, welche die Presse, da« Bersamm- lungS - und Vereinsrecht betreffen, sind bis auf weiteres außer Kraft gesetzt. 2) Da« provisorische Gesetz über Geschworenengerichte vom 7. Febr. I8SI, sowie die auf das schwurgerichtliche Verfahren sich beziehenden Bestimmungen des provisorischen Strafgesetzes wegen Verbrechen wider den Staat und de« provisorischen Preßge- setze« von demselben Tage, sind gleichmäßig sußpendirt; statt dessen findet in An sehung aller nach diesen Gesetzen strafbaren Vergehen und Verbrechen das gewöhn liche strafrechtliche Verfahren ohne Zuziehung,von Geschworenen Anwendung. Zn den bei Publikation dieser Verordnung bereit« anhängigen Sachen wird, insofern die Entscheidung der Anklagekammer (§. 57 de« provisorischen Gesetze« über Ge schworenengerichte) schon einer der Parteien geöffnet ist, da« eingeleitete Verfahren fortgesetzt, ohne daß dabei das Vorstehende zur Anwendung kommt. 3) Versamm lungen und Vereine, welche politische Zwecke verfolgen, sind ohne obrigkeitliche Er- laubniß bei angemessener Geld- oder Gefängnißstrafe einstweilen untersagt. Auch andere Versammlungen und Vereine können unter Androhung gleicher Strafe au- polizeilichen Rücksichten aufgehoben oder im voraus verboten werden. Auf diese Bekanntmachung folgen „Provisorische Bestimmungen die Bür- gerschaft betreffend". Sie enthalten die schon unterm 27. Sept. 1851 vom Senate vorgeschlagenen Wahlbestimmungen. Die Bürgerschaft besteht da nach aus 150 Mitgliedern; 16 wählen die Gelehrten, 48 die Kaufleute, 24 die Theilnehmer des Gewerbeconvents und der Gewerbekammer, 30 die zu keiner dieser drei Classen gehörenden in der Stadt wohnenden Staats bürger (und zwar 10 Diejenigen, welche ein Einkommen über 500 Thlr., 10 Diejenigen, welche ein Einkommen über 250 Thlr. versteuert und 10 Diejenigen, welche keinen Einkommenschoß bezahlt haben). Vegesack wählt 6, Bremerhafen 6, und zwar auch in den zuletzt angegebenen Einkommen- klassen. 20 wählt das flache Land, und zwar 10 die Theilnehmer und Wähler zur landwirthschaftlichen Kammer, 10 die übrigen Landleute. Die Mitglieder werden auf sechs Jahre gewählt, alle drei Jahre tritt die Hälfte aus. — Aus Triest vom 22. März schreibt man der Allgemeinen Zeitung: Wenn unsere Conjecturen nicht trügen, hat vorige Woche in aller Stille in einem unbedeutenden Orte des Lombardisch-Venetianischen Königreichs ein wichtiger politischer Act stattgefunden. Am 18. März verließ der Herzog von Bordeaux nebst dem Großfürsten Konstantin- dem Herzoge von Würt- temberg u. A. auf kurze Zeit Venedig; sie gingen nach Padua und von da nach kurzem Aufenthalte in das benachbarte herzogliche Schloß Cattaio und kehrten am Abend zurück. Am 15. März kam der Herzog von Au male unter fremdem Namen in Genua an und reiste sogleich nach Mai land ab. Er muß am 17. März dort gewesen sein. Die Mailänder Blät ter melden nichts von seiner Ankunft, er scheint sich also dort nicht aufge halten zu haben, und von seiner Reise ist nichts Weiteres bekannt. Zur selben Zeit meldete der Public den Abschluß der Fusion, wovon die Nach- richt, wenn man den Gang der Postschiffe von Neapel nach Marseille in Betracht zieht, leicht einen oder zwei Tage vor Abreise des Herzogs von ersterer Stadt abgehen und nach Frankreich gelangen konnte. Wir wollen keinen Schluß ziehen, aber die Wahrscheinlichkeit liegt nicht fern. Man darf überdies nicht vergessen, daß der Graf von Chambord während des ganzen Winters nicht nach Venedig kam, was man als absichtliches Vermeiden des Großfürsten deutete, und muß noch die Abreise des Hrn. v. Titow nach Italien in Rechnung bringen und die Sprache der Union in letzter Zeit nicht außer Acht lassen. Ich wiederhole jedoch, daß es trotzdem nichts mehr -lö eine bloße Conjectur sei.