Unterhalten auf hohem Niveau Wäre die Suite nicht erfunden, hätte das heutige auf sei ¬ nen »Rosenkavalier« wohl verzichten müssen. Verzichten auf die Wal zer, die melodienselig und schillernd in Straussschem Klangkolorit das Gemüt becircen. Ganz oben in der Gunst stehen diese Teile der »Ro senkavalier«-Musik, wo sich Richard Strauss zu Johann Strauß Sohn, »dem lachenden Genius Wiens«, bekennt. In Form einer Suite ist die musikalische Komödie für den Konzertsaal tauglich geworden. Redu ziert auf einen Bruchteil der Zeit, die das gesamte Opus in Anspruch nimmt, destilliert zu einer unterhaltsam pointierten Folge charmanter Tänze. Denn das Publikum mag beides - den epischen Raum der Oper, die musikalische Essenz der Suite. Strauss war allerdings unzufrieden darüber, wie man seine Opern musik bearbeitet hatte. Doch was soll’s? Er musste mit dem Konflikt leben. Musikalische Suiten (frz. suivre = fol gen), mehr oder minder lose Folgen tanzartiger Sätze, kennt man in der europäischen Musik nicht erst seit Strauss, viel mehr seit über vier hundert Jahren. Bald flie ¬ ßen tanzfreie Stücke ein, und oft symbolisiert nur die Tonart, dass die Teile demselben Werk angehören, derselben Idee folgen. Wer kennt nicht Bachs h-Moll-Ouvertüre? Oder Mozarts Serenade »Eine kleine Nachtmusik«? Tschaikowskis »Nuss knacker-Suite«? Das Beste aus Bizets »Carmen«? Diese Nummernfol gen stillen den Bedarf nach lose geknüpfter Unterhaltung auf hohem Niveau. Duke Ellingtons Suite »Harlem« zeigt: auch an Jazzfreunde wird gedacht.