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Mittwoch. Leipzig. Dl- Zeitung -r- schelnt mit «»«nahm- de« Sonntag« täglich zwei mal und wird au«gegtben in »«ip- zig Vormittag« ll Uhr, Abend« « Uhr; in Dresden Abend« L Uhr, Vormittag« 8 Uhr, Elsie Ausgabe. Vormittags II Uhr. 21. Januar 18S2 —- Nr 33 . Deutsche Mgemciiie Zeitung. Zu b-jiehen durch alle Post Lmter de« In- und Auslande», sowie durch die Expeditio nen in Leipzig (Querstraße Nr, 8) und Dresden (bei E, Höckner, Neustadt, An der Brücke, Nr. S) Preis für da» Vierteljahr l V.THlr.j jede einzelne Num mer 1 Ngr. »Wahrheit und Recht, Freiheit und Gesetz!» Jnsertionögebühr für de» Raum einer Zeile 2 Ngr Der Septembervertrag und Hannover. L Hannover, 16. Jan. Unsere Kammern treten heule wieder zusam men, wie es scheint, nur zur Berathung und Beschlußfassung über den Septem bcrvertrag. Denn eS dürfte sich nicht bewähren, was in die sen Tagen durch die Neue Bremer Zeitung verbreitet wurde, daß das Mi nisterium ausführliche Vorlagen, betreffend die Organisationen und die Re vision der Verfassung, alsbald machen werde. Freilich hat man davon ge hört, daß eben in diesen Tagen die Organisationen ein Gegenstand eifriger und anhaltender Ministerialcrörtcrungen gewesen. Diese aber haben sich wol lediglich auf die Frage bezogen, ob die Justizorganisation nebst Aemterver- fassung durchzuführcn, sei wozu das formelle Recht vorhanden ist, wogegen aber rin Bedenken darin liegt, daß die erfoderlichen Gelder, wie behauptet wird, nur in der Voraussetzung bewilligt worden, daß die sämmtlichen Ne- formen zur Ausführung gelangen. Das Ministerium wird sich in dieser Diät höchsten herbeilasscn, die Kammern zu fragen: Wollt ihr nun die sen Theil oder nicht? Die Kammern mögen dann Ja oder Nein sa gen, so ist das Ministerium gerechtfertigt wegen Dessen, was cs thut oder nicht thut. An Nevifionsvorlagen wird sicher für jetzt noch gar nicht ge dacht. Es hat ohnehin an sich selbst mit diesem Punkte seine großen Haken, worüber unten noch ein paar Andeutungen. Die brennendste Frage ist: werden die Kammern den Vertrag geneh migen oder nicht? Viele sehen dem Entscheide mit Spannung entgegen, je doch ist diese und ist überhaupt die Theilnahme weder intensiv noch extensiv eine solche, wie es die Beschaffenheit des Gegenstandes wol erfoderte. Die muthmaßlichen Folgen, die Bedenklichkeiten der Sache werden, wie es mir scheint, nicht in dem Maße bedacht und erwogen, das ihrer Größe ange messen wäre. Die Kammern werden nach aller Wahrscheinlichkeit genehmi gen, wie man auch längst gesagt hat. Freilich regen sich die Antipathien um so stärker, je näher die Entscheidung rückt. Wie gering aber ihre Kraft ist, geht aus den vorgestrigen Beschlüssen dec Commission hervor. Was aber dann? Wird die Genehmigung des Vertrags durch die preußischen und hannoverschen Kammern zu Verwickelungen, zu Wirren, zu politischen Neugestaltungen führen, und zu welchen? Wer weiß cs! Dagegen wird aus und in dem Vergangenen und Gegenwärtigen Manches klarer und ge wisser. Ich hebe Eins und das Andere hervor. Als ein Jrrthum erweist sich, daß man glaubte und sagte, das jetzige Ministerium werde der Vertragsgenehmigung Hindernisse entgegensetzen oder sie doch nicht fördern. ES hat sie aber gefördert. Man schloß zu viel uus der Annahme, daß König und Ministenum dem Vertrage sicher nicht geneigt wären, daß das jetzige Ministerium zu Oesterreich Hinneige, daß es durch seine Lage darauf hingcwiesen werde, wenigstens Aufschub zu suchen. Man sagte, wenn geschlossene Verträge auch gehalten werden müssen und wenn dieses Ministerium auch noch so redlich ist und sein will: ursprüng liche Bedenken fallen jetzt schwerer ins Gewicht, und die Voraussetzungen haben sich geändert, Unvorgesehcncs ist dazwischcngetretcn. Man hat den Abschluß des Vertrags als einen politischen Sieg Preußens über Oesterreich genommen, die Sache nimmt eine politische Wendung und zwar mit einem Ausgange, der Hannover, ja ganz Deutschland schwer bedroht, und so ist es denn doch von hannoverscher Seite nicht gemeint gewesen. Bringt der Vertrag Zerwürfnisse, Spaltungen, Schädigung, Lähmung oder gar Zer störung des Bundes und der Bundesverfassung, dann wird die Situation doch gar zu wesentlich verändert, die Existenz erscheint gefährdet, die han noversche deutsche Politik verliert ihre Basis, wie soll man in Hannover regieren? Es geht nicht-- d. h: dieses Ministerium kann seine Ziele nicht erreichen, kann nicht regieren ohne BundeSbcschlüffe, und woher sie nehmen, wenn der Vertrag Conflicte, eine Spaltung zwischen den nördlichen und südlichen Bundesstaaten hcrbeizieht? Allein das Ministerium hat die Sache so oder ähnlich entweder gar nicht aufgefaßt oder diese und ähnliche Erwä gungen gegen andere doch nur leicht ins Gewicht fallen lassen, andern mehr Raum gegeben — genug, man hat sich über sein Verhalten im Jrrthume befunden. So viel ich zu ersehen vermag, hat man auch geirrt oder irrt noch, indem man annahm, Stüve und dessen Freunde würden dem Vertrage eine lebhafte Opposition machen. Bisjetzt wenigstens scheint dies noch kei neswegs geschehen zu sein. Sie haben sich in der That äußerst zurückhal tend, haben wol Bedenken, haben sich aber doch für die Genehmigung und mit Einem Worte so ausgesprochen, daß die dem Vertrage Abgeneig ten dadurch eher unsicher als bestärkt und ermuthigt werden mußten, daß dabei nur fruchtloser Widerspruch herauskommen konnte. Die Beschlüsse der Zollcommission dürften dies bestätigen. Stüve hat selbst für die Geneh migung gestimmt, für seinen lediglich auf einiges Hinausschicben und Zu- wartcn. zielenden Antrag haben nur vier Mitglieder gestimmt, und wenn er wirklich agitirt hätte, wenn cs ihm Ernst gewesen wäre, würde cs dann bei diesem Resultate geblieben sein? Dabei kann er sehr wohl seine Ansicht Hrn. Klcnze und sonst Einem und Andern gegenüber lebhaft vertreten ha ben. Allein Propaganda hat er so wenig gemacht, daß er nicht sein os- nabrückischcs Organ benutzt und so leise, unentschlossen oder schwankend sich er klärt hat, daß selbst in den seinem engsten Freundeskreise nächststehenden Kreisen irgend sichere Kunde über seine Meinungen und Vorschläge nicht anzutreffen ist; ja aus der Zahl der ihm und seiner politischen Richtung Befreundeten, die sein Verhalten weder recht erklärlich gefunden noch ge- ! billigt, soll ihm mehr als ein „Brutus, du schläfst!" zugerufen worden sein. Oesterreich will den Zollverein sprengen, wird Alles aufbieten, das Zustandekommen des Scptembcrvcrtrags zu vereiteln! So ließen sich die meisten Stimmen, die meisten Blätter vernehmen. ES war das wie ein Glaubensartikel. Und dennoch, glaube ich, hat man, haben Oesterreichs Feinde und Freunde darin geirrt; die österreichischen ofsicicllen Versicherun gen sind nicht Phrase, sondern ernstlich gcmcint, die Wiener Conferenz hat jenen Zweck nicht, die österreichische Diplomatie hat weder in Hannover noch anderer Orten agitirt oder minirt, Oesterreich läßt den letzter» eben wie vorhin den Zollverein zu Stande kommen, seine Politik ruht wirklich und wahrhaftig auf dem Gedanken: wir suchen m Berlin zur Verwirk lichung unserer handelspolitischen Ideen zu gelangen, und werden um so eher dazu gelangen, wenn zuvor der Zoll- und der Steucrverein sich ver bunden haben, denn wir haben cs dann nur noch mit einer Gruppe, statt mit zweien zu lhu». Man sagte: Oesterreich hat ohne Zweifel den Fehler erkannt, daß es einst den Zollverein zu Stande kommen ließ. Es kann ihm nicht entgangen sein, daß durch den Septembervcrtrag die preußischen Unionsbestrcbuilgcn eine neue solidere Grundlage erhielten und auf derselben von neuem begannen. Es kann und wird sic nicht gelingen lassen. Es strebt selber die Hegemonie an, ist einigermaßen in ihrem Besitz, wird sie § nicht an Preußen dahingeben. Preußens Politik war, die Nationalversamm lung zur Nealisirung seiner VcrgrößerungSwünsche und Plane zu benutzen; als dies mislang, suchte sie den Bund aufzulösen und aus den äi8jkwti8 momk>ii8 sich neu und stärker aufzucrbauen, durch Militär- und andere Conventionen, durch die Union; sic sträubte sich aufs äußerste gegen die Her stellung des Bundestags und nachdem sie genöthigt wordcn, denselben wie der anzucrkennen und zu beschicken, hat sie — was klarer und immer klarer geworden ist — Alles gelhan was sie konnte, in Frankfurt nichts zu Stande, den Bund nickt zu Kräften, zu eigentlichem Leben und Bedeutung kommen ! zu lassen; der Septembervcrtrag hat die Tendenz seiner weiter» oder völli- ! gen Lähmung, sie würde durch sie an ihr Ziel gelangen. Das Ziel Oester- j rcichs ist aber das entgegengesetzte. Das Hindcrniß der österreichischen han delspolitischen Ideen und Plane liegt nicht in Hannover, sondern in Preußen. Hätte sich dieses mit Oesterreich darüber geeinigt, so müßte Hannover von selbst folgen. Hat aber Preußen den Vertrag mit diesem, so kann es den Süden entbehren, dürfte sogar auf dessen Abtrennung gern hinwirkcn, um zunächst einen handelspolitischen norddeutschen Staat zu bilden, indem es den Freihandelsprincipicn sich näherte und so ganz leicht auch noch andere, wie Hamburg, hereinzöge. Eben darauf kommt es ihm an. Am Süden ist ihm nicht gelegen. Die Voraussetzung, daß auch die süddeutschen, jetzt noch zum Zollvereine gehörenden Staaten seiner politischen Suprematie ver fallen würden, hat sich als fchlsam erwiesen. Es hat nun seine ganze Kraft auf den Norden geworfen, und wenn die süddeutschen Staaten auf der Zollconfcrenz in Berlin ungenehme Bedingungen vorbringen und sich nicht völlig fügen, wenn Oesterreich dort mit seinen Anträgen auftritt, nach dem der Septembervcrtrag eine vollendete Thatsache geworden, so wird Preu ßen, verstärkt durch den Bund mit Hannover und vor dem Ziel seiner nächstliebsten Wünsche stehend, zu dem Allen Nein sagen, sich diesseits des Main so gut und so weit es gehen will mit den nord- und mitteldeutschen Staaten abschließen, und mit welchem Rcchtsgrundc könnte es daran gehin dert werden, oder welch ein Entschluß, und wie viel sonst würde dazu ge hören, ihm Gewalt entgegenzusetzen? — Aus diesen Prämissen zog man seine Schlüsse, und ist doch im Jrrthume gewesen. Die österreichische Po litik war und ist die, die man am letzten von ihm erwartet hätte. Deutschland. Wie der Preußischen Zeitung aus Fran kfurt a. M. geschrieben wird, ist in der Sitzung des Bundestags am 12. Jan. ein Antrag, welchen das Königreich Sachsen wegen Erlaß eines allgemeinen deutschen Patent- gesetzes gestellt hat, nebst dem zugleich vorgelegtcn Gesetzentwurf dem handelspolitischen Ausschuß überwiesen worden.