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Rabenauer Anzeiger : 23.11.1916
- Erscheinungsdatum
- 1916-11-23
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Deutsches Stuhlbaumuseum Rabenau
- Digitalisat
- Deutsches Stuhlbaumuseum Rabenau
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id178001192X-191611239
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id178001192X-19161123
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-178001192X-19161123
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Bestände des Deutschen Stuhlbaumuseums Rabenau
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Rabenauer Anzeiger
-
Jahr
1916
-
Monat
1916-11
- Tag 1916-11-23
-
Monat
1916-11
-
Jahr
1916
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Zur Kriegslage schreibt »n« unser Berliner Mitarbeiter: Bei der loder« »miiaen Verteidigung der Stellungen von St. Pierre-Dtoion »nd Beaumont-Hamel hatten wir erhebliche Verluste erlitten; bk d«r angretsenden Engländer müssen ganz ungeheuer groß gewesen sein, und die von un« bezogene Riegelstellung muß M« hervorragende Stärke besitzen. In ihrer Hoffnung, den Franzosen, bet Lenen bte sogenannte Polenfreundlichkeit, die freilich nicht» kostete, immer eine Tradition gewesen ist, daS heißt diesmal: ein Spiel mit Worten! Die Leistungen unserer Truppen und derjenigen unserer Verbündeten lassen auf dem östlichen Kriegsschauplatz irotz der wachsenden winterlichen Unbilden die Russen und Ru mänen nicht zur Ruhe kommen und die buntscheckige Salo« niki'Arme» vergeblich auf Lorbeeren harren. In Rumänien erstreckt sich jetzt der Vormarsch auf Sinaia, wo König Karol und Königin Elisabeth daS waldumrauschte Kastell Pelesch, ihren Lieblingssitz, erbaut hatten. Es wäre bedauerlich, wenn diese schöne Stätte ebenso mitgenommen würde, wie das im Kugelregen verwüstete Gebirgsparadies Predeal, aber die Schonung muß natürlich der Gegner durch sein Verhalten herbetführen. Der italienische Krieg ist ein fortgesetzter Aderlaßfür unseren jetzigen Feind und früheren Bundesgenossen. Man hat behauptet, daß auch die neunte Jsonzoschlacht, durch die General Cadorna bestimmt daS heiß ersehnte Triest zu er reichen gehofft hatte, den Verrätern nicht weniger Opfer ge< kostet hat al» die achte Jsonzoschlacht, deren Gesamtverlust für Italien mit rund 100 000 Mann an Toten, Verwundeten und Gefangenen beziffert worden war. Im italienischen Volke wächst infolge der schweren Verluste und Mißerfolge die Friedenssehnsucht zusehends; trotz schärfster Gegenmaß- regeln kann es die Regierung nicht verhindern, daß diese Sehnsucht täglich lauter zum Ausdruck gelangt. Große Um gruppierungen lassen vermuten, daß Cadorna eine zehnte Schlacht vorbereitet. WaS daraus werden wird, können wir abwarten; daran besteht jedoch heute schon nicht der geringste Zweifel mehr, daß Italien ganz außerstande ist, eigene Truppen an seine Ententefreunde abzugeben. DaS wäre nur möglich, wie selbst römische Blätter zugestehen, nach der Ein nahme von Triest oder einer so entscheidenden Niederlage Österreichs, daß sich au» der Truppensendung inS Ausland kein Rückschlag ergeben könnte. Daran ist jedoch nicht zu denken. Meldungen von Friedensbestrebungen und geplanten Vermütelungsanerbieiungen machen in dem Augenblick die Munde durch den Blätterwald, in dem daS gesamte deutsche Volk zur Mitarbeit an den Kriegserscrdernissen aufgeboten wird, und in dem unser Feldmarschall v. Hindenburg in seinem offenen Brief« an den Reichskanzler schreibt: E» geht um Sein oder Nichtsein des deutschen Volkes und de» Reiches, für di« Kriegsindustrie ist die Lösung der Arbeiter frage entscheidend, es muh unter allen Uniständen dafür ge sorgt werden, daß der Arbeiter die erforderlichen Lebens« Mittel, namentlich auch an Fett erhält. Das Volk will keine Verordnungen, langwierige Beratungen oder Bedenken aller Art, sondern starke, entschlußkräftige Männer und Beamte, dann wird «8 auch selbst stark sein und sich mancher »nbe« quemrn Maßnahme freiwillig beugen. DaS waren kraft volle, zu Herzen dringende Worte, denen gegenüber alle» da», was heut« von FriedenSoermittelungen und -Aussichten gesprochen wird, sich wie Schall und Rauch auSnimmt. Gewiß wollen und wünschen wir von Herzen einen baldigen Frieden; bei der Gesinnungs« und Handlungsweise unserer Feinde können wir ihn jedoch nur von der Entscheidung der Waffen, nicht aber von irgendwelchen Verhandlungen erwarten. Wenn jetzt in amerikanischen und englischen Zeitungen be richtet wird, Präsident Wilson werde nach der erfolgten Wiederwahl alsbald an eine Friedensaktion größten Stiles herantreten und ein« Konferenz von Vertretern der krieg führenden Mächte, vielleicht auch von solchen der neutralen Staaten einberusen, um die Friedensmöglichkeiien zu erörtern, so können wir solche guten Absichten, vorausgesetzt daß sie tatsächlich bestehen, wohl loben, einen praktischen Erfolg dürfen wir uns von ihnen nach Lage der Duige jedoch kaum versprechen. Wir fehen dabet ganz von der vielfach aufge worfenen Frag« ab, ob gerade der Präsident Wilson die geeignete Persönlichkeit zu einer Friedensvermittlung ist, für bi« unbedingt« Vorurteilslosigkeit als Voraussetzung zu be« zeichnen ist. «7 .' >!«.. lokalen Erfolg des Großkampftages ausnützen zu können, haben die Engländer sich aufs bitterste getäuscht. Konnten sie am zweiten Kampftage vormittags noch das Dorf Beau court gewinnen, so blieben doch bis auf diesen einen Erfolg alle weiteren Benuihungen ergebnislos. Am Nachmittage icku-iterten alle AvgriWyerstichc. und am dritten Kampftage brachen auch stärkere Angriffe in unserem Feuer zusammen. Durch kommen sie nicht; da» hat die Engländer auch die gescheiterte jüngste Kraftanstrengung gelehrt; wann werden ,ste aus dieser großen Reihe schmerzlicher Lehren einmal die Nutzanwendung ziehen! Die Franzosen erlitten an der vor springenden Nordostecke der Front, bei Saillisel und am St. Pierre-Vaast-Walde, empfindliche Schlappen, wir ent rissen ihnen den Ostteil des zuerst genannten Ortes und zäh verteidigte Gräben an dem heiß umstrlltenen Wäldchen, wobei uns erhebliche Beute an Gefangenen und Maschinen gewehren in die Hände fiel. Am Südteil der Sommefront, nördlich von Lhaulne», im Abschnitt Ablaincourt-Pressoire führten die Kämpfe zu keinerlei Frontveränderung, d. h. wir behaupteten unsere Stellungen. Trotz der endlosen Reihe übler Erfahrungen, die sie im Gebiete von Riga pachten, können die Russen dort gelegent liche Vorstöße nicht unterlassen. Sie nehmen wohl an, wir könnten dort weniger wachsam sein oder unsere Stellung Lurch Abziehung von Kräften nach den südlicher gelegenen Kriegsschauplätzen geschwächt haben. Sie müssen ihre viel leicht auf russisch«, nicht aber auf deutsche Kriegstaktik ge gründeten Unternehmungen jedesmal mit empfindlichen Schlappen büßen, wie das soeben wieder bei Dünhof geschah. Im östlichen Siebenbürgen scheiterten russische Angriffe, an den Paßstraßen des südlichen Siebenbürgen erlitten die Rumänen trotz zähester Verteidigung ihres heimatlichen Boden» Niederlagen und Verluste. Die verhältnismäßig hohe Zahl der Gefangenen spricht "'cht gercl L von besonders großer Kampfbegeisterung der rumänischen Truppen. An der mazedonischen Front befinden wir uns im Cernabogen in starken Stellungen. Auf dem italinischen Kriegsschauplatz« zeigt der Feind noch merkliche Erschöpfung als Folge der neunten Jsonzoschlacht. Die Stoßkraft der Österreicher ist ungebrochen. Unsere Freunde nahmen einen feindlichen Graben, machten 480 Gefangene und erbeuteten 7 Maschinen gewehre. Das Gesetz über die Hast-Dienstpflicht wird nach Mitteilungen von zuständiger Stelle eine allge meine staatsbürgerliche Pflicht zur Tätigkeit im Dienste der Kriegführung und Kriegswirtschaft begründen. Diese Pflicht soll gleichmäßig alle nicht militärisch -lnL-ruf-»-» Personen »Insassen, die nach ihrem Alter und ihrem Gesundheitszustand zur Erfüllung dieser Tätigkeit fähig sind, ohne Rücksicht auf soziale Unterschiede, wie bei der Wehrpflicht. Das hindert nicht, Laß bei der Zuweisung von Beschäftigung im Einzel fall zur Vermeidung unnötiger Härten wohl die Familien verhältnisse, der Wohnort, di« Leistungsfähigkeit und die bis« herige Tätigkeit in Betracht gezogen werden. Der Zweck des Gesetzes soll keineswegs ein allgemeines Eingreifen in die Tätigkeit des einzelnen sein; das Gesetz ist lediglich als letztes Mittel gedacht. Man darf hoffen und annehmen, daß seine Anwendung nur eine Ausnahme bilden wird. Wer beschäftigungslos ist oder in einer Be - schästigung tätig ist, die nicht als vater ländischer Hilfsdienst tm strengen Sinne anerkannt wird, soll Zeit erhalten, sich selbst eine Be schäftigung tm vaterländischen Hilfsdienst zu suchen. Erst wenn er nach gewisser Zeit solches nicht getan hat oder keine solche Beschäftigung erhalten hat, soll er dieser zwangsweise zugeführt werden. Vaterländischer Hilfsdienst wird jede Tätigkeit sein, die für die Fortführung und Befriedigung der Bedürfnisse von "Heer und Heimat unmittelbar oder mittelbar von Bedeu tung ist. An der Spitze steht die Kriegsindustrie und die Volksversorgung mit Nabrungsmittekr und anderem drin genden Bedarf. Die Leistungen sollen auf diesem Gebiete gesteigert werden, während gleichzeitig alle zum Heeres dienste an der Front unentoehrlicheo Kräfte sreigemacht werden. Die Vefttrchtung, daß durch Zuweisung von Arbeit ein Lohndruck «usgeüvt ist vicU gerecht fertigt, da ein« behördliche GegenM-lurg möglich ist und nötigenfalls «rfolgen würde; die A ^lu.rg von Arbeit wird ' ja auch nur dis Ausnahme bi^e^ die Entscheiduna Die letzte Linegswoche. Die Imposante Macht, welche daS Deutsche Reich Larsiellt, soll in naher Zeit noch weiter erhöht werden durch die Ver wirklichung LeS soeben angekündigten Plane» über den Zivildienst der daheim gebliebenen Bevölkerung. Und für den Geist, der unsere öffentliche Meinung beseelt, spricht eS, daß sich keine Stimme gegen daS Prinzip dieser Neuordnung erhoben hat. Praktische Vorschläge zu der sicheren Erreichung LeS großen Ziele» werden heute und später immer willkommen sein, aber die Hauptsache bleibt klar und einfach. Wie wir für die Front so viele Soldaten haben müssen, als wir ge brauchen, und an felddienstfähiaen Männern fehlt e» ja erfreulicherweise nicht, so müssen für MunitionSarbeiten und andere militärische Zwecke daheim diejenigen Arbeitskräfte, die benötigt werden, -ur Einstellung gelangen, und daran fehlt es erfreulicherweise erst recht nicht. Männer und Frauen werden und wollen daheim im Dienst deS Vaterlandes, wenn eS sein muß, unbekümmert um Rang und Stand die Hände rühren; daß hierfür keine Hindernisse obwalten, haben unter ganz anderen Verhältnissen bereit» die Schippe^-Kom- pagnien in Feindesland bewiesen. So besteht kein Zweifel, daß es auch nach dem Erlaß deS neuen Gesetzes über die Dienstpflicht der bürgerlichen Bevölkerung daheim heißen wird: „Der Kaiser rief und alle, alle kamen!" Unsere Feinde sollen sehen, daß nichts, aber auch gar nichts unsere Widerstandskraft erschüttern kann. Die Engländer haben «S unternommen, den Reden ihrer Minister in London den Versuch zu Taten an der Somme folgen zu lassen. Nachdem sie den Franzosen wieder geraume Zeit den Vortritt im Todesringen gelassen hatten, haben sie zu einem neuen Vorstoß ausgeholt, in dem deut sche Energie und angelsächsische Zähigkeit in dem feuchten Novembernebel grimmig miteinander gerungen haben. Eine durchgreifende Wirkung ist den Briten auch diesmal versagt geblieben, lokale Festsetzungen sind mit unübersehbaren feindlichen Leichenhaufen bezahlt worden. Die deutsche Schlachtlinie steht aber nach wie vor ungeschwächt da. Auf dem Sumpffelde des Sommegebiets, auf dem nun schon vier und einen halben Monat der Streit wogt, liegt jetzt auch die Blüte der englischen Volkskraft, nachdem Frank reichs Männerreihen schon lange vorher dezimiert waren. Die Engländer hatten Monate hindurch ihr weißes Menschen material gespart, jetzt haben sie alles barangesetzt, und der große Erfolg kommt nicht hinterdrein. Die englisch« Regierung hat inzwischen zu Hause schon die Polizei auf- geboten, um die Drückeberger, die Kriegsuntüchtigen, auf Grund des Gesetzes über di« allgemeine Wehrpflicht zum Dienst heranzuholen, aber e» will nicht immer gelingen. Viel Unruhe erweckt in England auch die Bestimmung de» Heeresgesetzes, daß ein Wehrpflichtiger aus Gewiffen»- bedenken den Frontdienst adlehnen kann, um in der Gar nison beschäftigt zu werden. Die Zahl derjenigen, die solche Bedenken haben, ist groß geworden, eS beginnt schon an Rekruken auch trotz der neuen gesetzlichen Bestimmungen zu mangeln. Demütigend empfinden Franzosen und Engländer die harten Bedingungen, die ihnen und ihren Verbündeten die amerikanischen Nabobs für den Geldbedarf auferlcgen. Di« Amerikaner, die bei den Waffenlieferungen schon ein so gewaltiges Stück Geld verdient haben, nehmen di« Entente- länder nun auch bet den Anleihen hoch. Verdenken kann man eS den New-Aorker Bankiers natürlich nicht, daß st« sich vorsehen, aber Lie geldstoUen Briten waren bisher wohl gewöhnt, in Geldgeschäften Bedingungen zu stellen, ab«r nicht, sie sich vorschreiben zu lassen. Und England muß für alle seine Freunde eintreten, wenn eS st« bei dem im Sommer 1S14 vereinbarten Not- und Tod-Vertrag sesthalten will. Die Transport- und LebenSmittelschwiertgkeiten nehmen in England, Frankreich, Italien, Rußland imaurgesetzt zu. Der Proklamierung der Wiedererrichtung beS KLnix- reich» Polen sind die ersten Mitteilungen über den v«>. sassungSmäßigen Ausbau de« neuen Staatswesen» und die Schaffung einer polnischen Kriegsmacht gefolgt. E« liegt kein Grund vor, anzunehmen, daß daS groß« Werk nicht zu einem Gelingen führen sollte. Hat man doch auch einrüumen müssen, daß die Klugheit, welche di« deutsche und die österreichische Politik in der polnischen Fraa« leitet, sehr der russischen Regierung zu wünschen gewesen wäre, daß eS aber unmöglich ist, aut zu mache«, wo» »er- säumt worden ist. Am empfindlichsten betroffen find die Unter üem Ualbinonck. Roman von G. v. Goltz. 25 Die letzten Worte des Signor hatte die Italienerin wohl nicht mehr vernommen, denn sie war schon in dem Nebengemach verschwunden, wohin ihr die alte Meriam folgte. So befand sich der Professor mit Signor Fr«- telli alleine. Die Signora war ohne Abschied hinaus- gegangen, sicherlich wollte sie er bei dem ersten Abschied- nehmen bewenden lassen. Seines Bleibens konnte keinen Augenblick sein und wünschte er nur, er wäre schon aus diesem Hause. Die Unruhe, die ihn erfaßt hatte, mochte ihm wohl schon äußerlich anzumerken sein, denn der Italiener fragte ihn: „Ich vermute, Sie wollen fortgehen?" Der Professor besäte die Frage, indem er noch einen Blick nach dem Eingang zu dem Gemach warf, in wel chem die Italienerin verschwunden war. Sollte sie nicht noch einmal kommen — aber vergebens war diese Hoff nung — sie blieb unsichtbar zu seinem größten Leid wesen. „Dann kommen Sie, ich werde Sie begleiten. Las sen Sie es sich nicht leid tun, daß wir keinen Mein er halten haben," fuhr der Italiener fort. „Sie haben ja gehört, daß es durchaus nicht meine Schuld war." „Wie sollte mir d«s leid tun," entgegnete der Pro fessor, ich trinke um diese Zeit keinen Wein, gänz beson ders nicht den leicht berauschenden Palmwein." „Schmähen Sie mir den Palmwein nicht, diesen Göt tertrank. Für Menschen, die noch nicht lange genug un ter dieser Zone der Erde wohnen, mag er im Anfänge von etwas zu großer Wirkung sein — ich sage aber aus drücklich nur im Anfänge. Rian gewöhnt sich schließlich dann und findet ihn dann köstlich. Der Professor wandte sich zum Gehen. Die angebo rene Begleitung des Italieners war ihm zwar durchaus nicht angenehm, aber er konnte sie doch nicht ablehnen und so verließ er in dessen Gesellschaft zum zweiten Male dar Haus der vielumworbrnen Sängerin von Medeah, der Si«nora Fratelli. Würde er noch einmal hierher kommen? Diese Frage drängte sich ihm unwillkürlich aus, als er über die Tür schwelle schritt. 11. Kapitel. Signor Fratelli schien wieder ganz nüchtern gewor den zu sein, nachdem er mit dem Professor auf die Straße getreten war, die völlig dunkel und menschenleer dalag. Nur das fernere oder nähere heisere Gebell eines Hundes, die wie in allen anderen Orten dieser Gegend, auch in Medeah Tag und Nacht herrenlos Herumschweiften, un terbrach die abendliche Stille. Der Italiener schlug so gar noch einen kurzen Spaziergang vor, da der Abend io schön war, bevor die empfindliche Nachtkuhle eintrat. Er wartete gar nicht erst eine Zusage des Professors ab, sondern ergriff denselben wie einen alten Bekannten un ter dem Arm und so wandelten die beiden nach der Stadt zu, wo, je näher man dem Mittelpunkt kam noch reges Leben herrschte, trotz der holperigen Gassen und man gelnden Beleuchtung. Während sich der Professor begreiflicher Weise sehr schweigsam verhielt, erzählte der Italiener unaufhörlich. Besonders erzählt« er von dem Leben und Treiben in Medeah, was den Professor doch zu interessieren begann. Einen breiten Naum nahm in seiner Erzählung die Schil derung ein, wie sich die Europäer, insbesondere die Offi ziere die Zeit vertrieben und hieran war dem Professor neu, daß man arg dem Spiel huldigte. Bei ihrer Verabschiedung batte Signor Fratelli den Professor gebeten, für die Zeit seiner Anwesenheit in Me deah sich seiner Führung anzuvertrauen, dann werde er sich gewiß nicht langweilen — und der Professor hatte schließlich zugesagt — ja,-noch mehr, er hatte sogar ein- gewilligt, daß ihn der Leutnant schon am anderen Tag abholen könne. Des Vorkommnisses, um dessen Willen er und Dejelma noch einmal in das Haus der Signora zurückgekehrt und dessen Zeuge sie geworden waren, erwähnte er mit kei nem Worte. Nicht einmal auf seine Schwester und den Flötenspieler kam er zu sprechen, obwohl er so gerne über die erstere erfahren hätte. Als der Professor den Versuch machte, durch eine Frage nach der Heimat des Leutnants vielleicht etwas aus der Vergangenheit des seltsamen Ge- schwisterpaares zu erfahren, da nannte er Kurzweg Rom seine Heimat und damit lenkte er das Gespräch wieder auf Medeah. Der Professor sah ein, daß er auf diese Weise nichts erfahren konnte. Aller Wahrscheinlichkeit nach war es dem Italiener nickt lieb, von vergangenen / Zeiten und von der Heimat zu sprechen — vielleicht gab es Punkte, die zu berühren er sich scheuen mochte und auch Ursache hatte, sie nicht zu berühren. Ueber die Erlebnisse des vorherigen Tages dachte der Professor sehr lebhaft nach, als er am anderen Morgen zeitig aufgestanden war. Sogar geträumt hatte er von der schönen Italienerin, und in diesem Traume war sie von tausend Gefahren umringt gewesen. Aber in den Augen blicken der höchsten Gefahr war er ihr als Retter er schienen. Voll Dankbarkeit war sie an seine Brust ge sunken — o, Wonne. In diesem Augenblick des höch sten Entzückens hatte er ihr seine Liebe offenbart. Wie er mutvoll alle Gefahren für sie überstanden, so hatte er dann auch noch den Mut gefunden, sie zu bitten, ihm in seine deutsche Heimat zu solgen, als sein liebes teuere» Weib, die er Hinfort wie seinen Augapfel breiten, die sc auf den Händen tragen wollte.
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