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Rabenauer Anzeiger : 07.09.1916
- Erscheinungsdatum
- 1916-09-07
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Deutsches Stuhlbaumuseum Rabenau
- Digitalisat
- Deutsches Stuhlbaumuseum Rabenau
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id178001192X-191609079
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id178001192X-19160907
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-178001192X-19160907
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Bestände des Deutschen Stuhlbaumuseums Rabenau
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Rabenauer Anzeiger
-
Jahr
1916
-
Monat
1916-09
- Tag 1916-09-07
-
Monat
1916-09
-
Jahr
1916
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man zu der Auffassung, daß König Ferdinand den Mut dazu nicht finden werde, oder baß seine Gemahlin, eine be geisterte Englandfreundin, nicht die Einwilligung dazu geben und die Abdankung mit allen Mitteln zu verhindern suchen werde. über die Lago in Griechenland lauten die Mel dungen so widerspruchsvoll, daß ein klares Bild sich nicht gewinnen läßt. Nach Londoner Meldungen will Minister präsident Zaimis zurücktreteu. Der Chef des Generalstabeö- Dusmanis wurde vom König seines Postens enthoben. Drc dem Generalstab angehörige Offiziere sollen ihre Entlassung gegeben haben. >— Rundschau. Die Ernennung Hindenburgs zum Generalstabs chef und die damit erfolgte größere Vereinheitlichung der Kriegführung wird von der gesamten österreichtsch-ungarischen Presse aufs freudigste begrüßt. Die Blätter schildern die herrlichen Siege, die der mit Recht als Nationalheld ge- feierte Heeresleiter und dessen getreuer Mitarbeiter Luden- dorff erfochten haben. Die Reichspost sagt: Die Betrauung Lieser beiden Persönlichkeiten mit der obersten Leitung der Krieasoperationen aller deutschen Armeen wird naturgemäß dazu beitragen, die vollste Einheitlichkeit und kraftvolle Wucht des Auftretens nicht nur Deutschlands, sondern auch seiner Verbündeten in noch höherem Grade zu sichern, als es bis her der Fall war. — Die Neue Freie Presse verweist darauf, daß der Schwerpunkt des Krieges gegenwärtig im Osten liege. Die auf dem östlichen Kriegsschauplatz bewiesene Feldherrnkunst Hindenburgs werde unterstützt durch seine Persönlichkeit, die schlicht und stark zugleich mit ihrem ruhi gen Ernst und mit ihrer Gleichmäßigkeit und Sicherheit das Herz des Volkes erwärmt. Auch im neutralen Ausland hat die Ernennung Hinden burgs großen Eindruck gemacht. Schweizerische Blätter be grüßen die Unterstellung des ganzen Herres unter die rein militärische Hand. Die Zürcher Post will wissen, daß Hindenburg die maßvolle Politik des Reichskanzlers unter stütze. Der neue Chef besitze das Vertrauen der Armee und Les Volkes in ganz unbegrenztem Maße. über ein hervorragendes deutsches Soemannsstück wird der „Voss. Ztg." aus Batavia (Java) berichtet. In Len Hafen Tandjong Priok bei Batavia lief im Mai d. I. ein deutscher Dampfer ein, der die englische Blockade vor Lem Sndiflusse in Ostafrika zweimal durchbrechen konnte. Einmal gelang es dem 7000 Tonnen großen Dampfer „Marie", der in Stettin beheimatet ist, in den Fluß unbe merkt einzufahren und unseren Landsleuten seine wertvolle Ladung auszuliefern. Inzwischen erfuhren die Engländer von dem Durchbruch und bombardierten das Schiff, das Übel zuacrichtet wurde. 1130 Granaten wurden auf die „Marie" abgefeuert. Das Schiff war bet seiner Ankunft in Java hinten von Geschossen geradezu durchsiebt, die Masten waren eingefallen, der Schornstein ganz zerschossen. In dunkler Nacht gelang der Ausbruch und nach drei Wochen Fahrt quer über den Indischen Ozean, die deutsche Flagge im Top, lief es in den neutralen holländischen Hafen ein. Wie aus einem der „Magd. Ztg." aus Batavia datierten zur Verfügung gestellten Brief hervorgeht, hatte die Besatzung Lie Löcher mit Balken und Klötzen so gut wie möglich ver stopft und sodann die Löcher innen mit Zement verkittet, so daß man sich auf diese Art und Weise über Wasser halten konnte. Also bedenke, heißt es in dem Brief, es sind 23 Schuß, die faustdicke Löcher machten, wenn auch nur aus 4- bis ö-Zentimeter-Kanonen, unter Wasser! Und man hatte nur etwa 24 Mann an Boro!!! Laut Aussage des Kapitäns hat alles recht tapfer mitgearbeitet, man hatte nur noch ca. 150 Tonnen Kohlen an Bord und wenig Lebensmittel. Einer von uns gab den Leuten sofort 2000 Fr., damit sie sich an Land amüsieren konnten. Die Ausbesserung des Schiffes wird von den Docks nicht auSgeführt, weil die Engländer sich ins Mittel legten und den Firmen drohten, sie auf die Schwarze Liste zu setzen. Aber die Besatzung anderer im Hafen liegender Schiffe arbeitet freudig mit an der Ausbesserung der „Marie", sodaß sie durchaus wieder seetüchtig wird. ' Elternsprechstunden. Nack) den guten Erfahrungen, die die höheren Schulen durch die Pflege möglichst enger Beziehungen mit dem Elternhause gemacht haben, hat der - preußische Kultusminister nun folgenden Erlaß an VA Provinzialschulkollegien gerichtet: Die Erfahrungen legen eS nahe, von neuem auf die Ausgabe der Direktoren und Lehrer, der Direktorinnen und Lehrerinnen hinzuweisen, sich mit den Eltern in dauernder Verbindung zu halten und keine Ge- legenheit zu versäumen, durch Besprechungen mit den Eltern Erfahrungen über ihre Schüler zu sammeln und sich über deren besondere Veranlagung in geistiger und sittlicher Hin sicht zu unterrichten. Die Bestimmung früherer Dienst anweisungen über die regelmäßigen Sprechstunden hat nicht den Sinn, daß Direktor und Lehrer nur zu dieser Zeit den Eltern die Möglichkeit einer Besprechung bieten, zumal, da es manchen Vätern wegen ihrer beruflichen Verpflichtungen ost unmöglich ist, zu der angegebenen Sprechstunde zu er scheinen. In solchen Füllen müssen der Direktor und Lie Lehrer sich gerne bereit zeigen, durch besondere Verabredung eitle Aussprache zu ermöglichen. Unter Umständen wird es sich empfehlen, die Eltern zu einer Besprechung einzuladen oder sie zu diesem Zwecke auch einmal aufzusuchen. In den regelmäßig, mindestens eininal wöchentlich festzusetzenben Sprechstunden muß der Lehrer stets zu sprechen sein, auch ohne vorherige Anmeldung der Eltern. Für die ganze Schule ist ein Sprechstundenplan auszustellen und den Eltern br i.mnt zu geben, wie dies bereits an manchen Anstalten mit gutem Erfolge gemMst. Für die Elternsprechstunden ist in der Schule nach Möglichkeit ein besonderer Naum zur Verfügung zu stellen. Frühere Elnberufuufl des Reichstags? Der Reichskanzler und der Staatssekretär des Innern Dr. Helfferich weilten beim Kaiser im Großen Hauvtquartier. Beide Staatsmänner wollten am Freitag wieder in Berlin ein treffen. In politischen Kreisen wurde laut „Voss. Ztg." die Reise ins Hauptquartier u. a. auch mit der Frage in Ver bindung gebracht, ob der Reichstag früher, als ursprünglich beabsichtigt war, zusammentreten soll. Würden sich die maß gebenden Persönlichkeiten dafür entscheiden, die Volksver tretung vor dem seinerzeit festgesetzten Termin des 26. Sep tember zusammenzuberufen, so käme wahrscheinlich schon der nächste Donnerstag als Zeitpunkt der Wiederversammlung des Reichstags in Betracht. Indessen bestehen auch in Ab geordnetenkreisen doch gewisse schwerwiegende Bedenken gegen den Zusammentritt im gegenwärtigen Augenblick, so daß es mindestens als zweifelhaft bezeichnet werden kann, ob der Reichstag wirklich jetzt zusammentreten wird. Die Be sprechung des Reichskanzlers mit den Parteiführern wird nach der Rückkehr des Kanzlers voraussichtlich am Sonntag oder Montag stattfinden. Ilie Kdmdeo in ünqpMWkdilt in Will Alle Schrecken, alle schauderhaften Schilderungen über Lie Lage der Kriegsgefangenen in Rußland werden über troffen durch einwandfreie Berichte, die von wenigen, glück lich den Orten des Grauens entflohenen Gefangenen erstattet und erst unlängst zur Kenntnis der deutschen Regierung ge langt sind. In den ungeheuren Gebieten Rußlands gibt es weite Landstrecken, in die noch nie während des Krieges der Fuß eines Neutralen gedrungen ist. Der Vorwand „Militärische Rücksichten" bilden den Niegel, um diese Welt abzuschließen von jeder Kontrolle durch Neutrale, von jeder Liebestätigkeit, von jeder Aufsicht. Preisaegeben schänd lichen Blutsaugern von Unternehmern, nicht bewacht, sondern wie Sklaven geknechtet von unkultivierten Horden von Tscherkessen und Kosaken, gehen in den Distrikten an der Olonetz-Murman Eisenbahn und im Gouvernement Kriegs« und Zivilgefangenen unter so grauenhaften Umständen dem sicheren Tode entgegen, daß der menschliche Geist sich sträubt, von diesem Elend sich eine Vorstellung zu machen. Die Zustände sind so furchtbar, daß die deutsche Negierung egen sie laut „Nordd. Allg. Ztg." bei der russischen Re gierung energischen Einspruch erhoben und unverzügliche Abstellung gefordert hat. Der russischen Regierung ist ferner mitgcteilt morden, daß, wenn bis zu einem bestimmten Zeitpunkt keine befriedigende Antwort eingetroffen ist, die deutscheRegierung Gegeumatzregeln ergreifen wird. Außer dem sind bedeutende Geldmittel zur Linderung der Not an die Schutzmächte in Petersburg überwiesen worden. An der Olonetz—Murmanbahn arbeiten Tausende ariner Menschen, die als Helden für ihr Vaterland gekämpft haben, halbngrkt, bei Tag und Nacht, im Winter bet einer Külte Sön ost mehr als 40 Grad Reaumur, unbarmherzig zur Arbeit getrieben, bis sie unter qualvollen Schmerzen zu sammenbrechen, um ihr Leben unter den Streichen der entmenschten Peiniger auszuhauchen. Durch Urwald und tiefen Sumpf wird die Bahn gebaut. Die Gefangenen, die dor hin geschleppt wurden, sind in Hütten oder Baracken untergebracht, die so niedrig sind, daß ein Ausrichten auf der Holzpritsche, auf der sie ohne Stroh oder Derke liegen müssen, nicht möglich ist. Fenster find nicht vor handen, eine Lüftung der Räume wird lediglich durch das schadhafte Dach ermöglicht, durch das der Regen eindringt. Alles wird durchnäßt, und die frierenden Leute sind den größten Erkrankungen preisgegeben. Kleidung, Wäsche und Schuhe erhalten die Gefangenen nicht, so daß alle in Lumpen und Fetzen gehüllt sind, Lurch die man den bloßen Körper sieht. Oft barfuß, im Winter bei strengster Kälte, müssen sie in Sümpfen arbeiten, die im Frühjahr und Sommer todbringende Dünste ausströmen. Die schlechte und gänzlich ungenügende Ernährung hat schwere Krankheiten zur Folge. Von den ersten 16 000 Mann, die dorthin geschafft wurden, starben Tausende im Laufe dos Sommers. Die noch lebenden sind infolge ihrer Krankheiten kaum noch wandelnde Leichen zu nennen. Die Arbeiszeit dauert von morgens halbsünf bis ächt Uhr abends ohne Ruhepause, auch an Sonn- und Feier tagen. Wehe dem Armen, der nur einen Augenblick aus ruhen will! Unbarmherzig sausen die Peitschen der Tscher- kessen und der entmenschten Arbeitgeber auf den Uliglücklichen nieder, bis er ohnmächtig, oft tot liegen bleibt. Man wird buchstäblich zu Tode geprügelt! sagt ein Zeuge. In Kantselja werden die Gefangenen fast nackt zur Arbeit ge trieben, so daß Arme und Beine erfrieren und schwarz werden. Auf den zu den Jschewwerken gehörenden Förstereien, die der Leitung des Generals Alexander Grigorjewitsch Dub- nitzki unterstehen, wüten Dysenterie und Hungertyphus in schrecklicher Weise. Die grundlos verhängten Strafen sind barbarisch. So sind einmal 250 Gefangene mit Peitsche» iu einen Naum hineingeprügelt, der kaum 100 Men sche» faßte. Türen und Fenster wurden mit Brettern ver nagelt. In dieser Lage mußten die Ärmsten bei schrecklicher Hitze 26 Stunden ohne Nahrung oder Wasser aushalten. Eine andere Strafe ist das Einsperren in einer tiefen, nassen Erdgrube. Leute, die sich über die unmenschliche Behand lung m beschwere» wagen, verschwinde» spurlos. Aus aller Wett. Die reklamierte Frau. Auf einem englischen Rekru tierungsbüro konnte der untersuchende Arzt eine merkwürdige Feststellung machen. Ein zur Stellung befohlener Mam: entpuppte sich nämlich als Frau. Vor Gericht erklärte dann die Frau, daß sie von ihrem Manne, mit dem sie erst längere Zeit in unglücklicher Ehe gelebt habe, sich getrennt habe. Um vor seinen Nachstellungen sicher zu sein, habe sie sich als Mann verkleidet und in einer Druckerei Anstellung gefunden. Der Druckereibesitzer hatte den Angestellten als seinen besten Arbeiter als unabkömmlich bezeichnet. Unter Bergiftungserfcheinnngen erkrankte in Herold i. Erzgeb. die Familie des Gutsbesitzers Karl Böhm. Böhm selbst, seine zwei Söhne, eine Schwiegertochter und ein Enkelkind. Der siebzehnjährige Sohn starb nach qualvollen Leiden, der Vater, der zweite Sohn, die Schwiegertochter und das Enkelkind wurden in das Chemnitzer Krankenhaus eingeliefert. Die Erkrankung soll vom Genuß neuer selbst erbauter Frühkartoffeln herrühren, und zwar vermutet man, daß die Vergiftung auf zuviel künstliche Düngung des Kartoffelackers zunickzuiuhren ist. Eino Million süv Kreuz-Pfennkg-Marke». Das Ergebnis aus dem Verkaufe der „Kreuz-Pfennig"-Marken hat sich als überraschend günstig herausgestellt. Im Deutschen Reich haben die Einnahmen dieses Unternehmens nahezu die stattliche Summe von einer Million Mark erreicht. Da die Rote Kreuz-Marke nur in den kleinen Werten von 1, 2, 5 und 10 Pfennig das Stück zur Ausgabe gelangt, so beweist dieser Erfolg, wie selbst durch geringe Beiträge bei großer Opferfrendigkeit die Wohlfahrtspflege gefördert werden kann. Bet der noch wachsenden Vertreibung der Marke, die auch in Heften zu 20 und in Bogen zu 100 Stück ausgegeben werden, wird der Weg zur zweiten Million wohl noch schneller zurückgelegt werden. kliiek sock Elas? Erzählung von Hermann. Egloff. 12 „Nicht bloß Schade ist es um das schöne Geld, son dern direkt fatal," setzte der eigentliche Liebhaben der schö- nen Helene ihrem Bedauern hinzu. „Ich bin dadurch aller Mittel entblößt." „Schon wieder, Otto, ich denke, Du hattest in der letzten Zeit so großes Glück im Spiel, wie Du mir sag test ?" „Gewiß, aber Berlin ist ein teures Pflaster — es langte kaum zu einem anständigen Leben." Helene Kupfer nagte an ihren Lippen, das Geständ nis dieses Mannes, mit dem sie seit Jahren schon ein liederlicher Lebenswandel verband, war ihr sichtlich höchst unangenehm. „Was willst Du beginnen, warum kommst Du um diese Zeit zu mir, wo man Dich leicht sehen und auch mir dadurch die größten Unannehmlichkeiten entstehen." -Du mußt Rat schaffen, Helene." »Ich, was soll ich in diesem Falle tun?" . »Höre mich ruhig an; ich muß Berlin sür längere Zeit verlassen und ich habe daher die Absicht nach Frank- Main iiberzusiedeln, wo auch noch ein Feld für Mich ist. Dazu brauche ich aber unbedingt Geld." „Welches ich schaffen soll?" „In, Du bist ja so klug und weißt in solchen Fällen immer praktischen Rat." .Was soll dann aus mir werden?" .Du begleitest mich natürlich." Ich bin überzeugt, einige Zeit der Abwesenheit von Berlin kann auch nur nützlich für Dich jein." Ganz unrecht hast Du ;a nicht, Otto, aber es kommt mir "Alles so überraschend, ch über den Hals, daß ich r» wirklich nicht weiß „Ob Du mich begleiten sollst," unterbrach der Mann die „schöne Helene" mit einem höhnischen Auslachen, als er bemerkte, wie sie bei ihren letzten Worten ihren Blick über die Wohnungseinrichtung gleiten ließ. „Du nimmst natürlich mit, was möglich ist, das Andere wird verkauft, ich kenne schon einen verschwiegenen Mann, der solche Sachen rasch abwickelt und in Frankfurt finden sich ge nug Leute, die einer Gräfin oder Baronin soundso eine elegante Wohnungseinrichtung — kurze Zeit natürlich nur — kreditieren." „Ha, ha, da soll ich in Frankfurt als Gräfin oder Baronin austreten?" „Warum nicht, mein Schatz, hier verdientest Du Dir als Kunststickerin Dein Brod, während Du in Frankfurt das garnicht mehr nötig hast. Laß mich nur machen. Aber nun nicht länger mit Worten die Zeit vergeudet. Wie ist es, hast Du von dem Gimpel die 200 Taler für Deinen angeblichen Königsberger Bruder erhalten?" Helene Kupfer zögerte mit der Antwort. Wohl hatte sie das Geld von Gronau gestern Abend noch erhalten — es lag unangerührt wohlverwahrt in einem Fache ihrer Schreibtisches. Sie hätte es doch am liebsten sür sich behalten, denn sie wußte, wenn sie er ihrem teuren Otto gegeben hatte, dann blieb nicht mehr viel für sie übrig. „Ich sehe, Du Haft es erhalten, Helene, dann hat es ja keine Not mit der Frankfurter Reise, wenn die Woh nungseinrichtung dazu noch verkauft ist. Also jetzt zu- sammengepackt, war Du mitnehmen willst." 7. Eine Ueberraschung. Die „schöne Helene", die noch vor einer halben Stunde nicht wußte, wie sie den heutigen Tag verbringen sollte, sah sich mit einem Male vor eine tüchtige Beschäftigung ge stellt, indem sie das Hermchen, Sortieren und Packen derjenigen Habseligkeiten vornehmen mußte, die sie bei der so wenig geahnten schnellen Abreise mitnehmen wollte, wobei ihr Otto mit großer Sachkunde half. Sie ahnten nicht, das; draußen vor der Türe schon seit geraumer Zeit der Buchhalter Gronau mit blei dem, verzerrtem Gesicht stand, den Türgriff in der Hand hielt und im Begriff war einzutreten. Er hatte Helene Kupfer-in einer wichtigen Angelegen heit aufsuchen wollen, allerdings war es zu einer Zeit, in welcher er sich sonst im Geschäft befand, eine dringende Veranlassung war es eben, die ihn bestimmte, eine Aus nahme zu machen und da hörte er denn, wie sie sich mit einem Manne unterhielt; er konnte die Stimmen ganz deutlich unterscheiden, den Inhalt konnte er nicht genau vernehmen, nur Bruchstücke, und das halte ihn veranlaßt, zunächst vor der Türe horchend stehen zu bleiben. Wenn er bisher, trotz der immer dringender werden den Warnungen seiner Mutter keinen Verdacht gegen Helene Kupfer hinsichtlich ihrer Ehrenhaftigkeit gehegt hatte, so stieg jetzt ein furchtbarer Verdacht in ihm auf und drohte ihn zu Boden zu schmettern; es hielt ihn nicht länger mehr zurück, er mußte sich Gewißheit verschaffen — um jeden Preis. So klopfte er denn zunächst heftig an die Türe und als es wie aus Verabredung drinnen plötzlich ganz stille wurde, da verließ ihn der letzte Rest seiner Selbstbeherr schung und stürmte in das Zimmer. Die kurze Spanne Zeit, die zwischen seinem Anklop sen und Eintritt verflossen war, hatte aber der Geliebte der „schönen Helene, der in erster Linie eine Gefahr für sich vermutete/dazu benutzt, rasch in einem Nebenzimmer zu verschwinden und die Türe hinter sich zu verriegeln. Als daher Gronau in das Zimmer trat, sah er sich nur der erschrockenen Helene Kup er gegenüber, die sonst zwar nicht leicht die Fassung verlor. Sie verlor dieselbe diemsal doch als sie das Feuer iah, was aus den Augen Gronaus sprühte.
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