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Rabenauer Anzeiger : 13.07.1916
- Erscheinungsdatum
- 1916-07-13
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Deutsches Stuhlbaumuseum Rabenau
- Digitalisat
- Deutsches Stuhlbaumuseum Rabenau
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id178001192X-191607134
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id178001192X-19160713
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-178001192X-19160713
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Bestände des Deutschen Stuhlbaumuseums Rabenau
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Rabenauer Anzeiger
-
Jahr
1916
-
Monat
1916-07
- Tag 1916-07-13
-
Monat
1916-07
-
Jahr
1916
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Die lehke Kriegswoche. I» Englands Ketten. Blutiger Wetteifer. Verzweifelte russische Anstrengungen. Bon den kleinen Kriegsschauplützen. Das zweite Hundert Kriegswochen hat jetzt seinen An« fang genommen. Wird es voll werden? Der ertrunkene englische Kriegsminister Lord Kitchener hatte bekanntlich den Ausspruch getan, der Krieg könne zehn Jahre bauern; di« Grausamkeit, die aus diesen Worten sprach, hat sich an dem Karten Mann selbst gerächt, und es hat sich in der neuesten Zeit auch kein ernsthaft aufgenommener Politiker in Feindes land mehr gefunoen, der solche Behauptungen aufgestellt hätte. Wir brauchen deshalb auch dahin gehende Fragen nicht zu erörtern und wollen wie bisher unsern Armeen und ihren Führern vertrauen. Unnötig ist es deshalb auch, zu untersuchen, ob die große Generaloffenfive aller Feinde, die heute so furchtbare Kämpfe an allen Fronten veranlaßt hat, die Entscheidungsschlacht oarstellt oder nicht. Die Verluste sind ungeheuerlich bei allen unsern Gegnern und stehen nicht im Einklang mit den geringen lokalen Anfangserfolgen, auf welche keine wetteren Fortschritte zu verzeichnen waren, die an das Wort .Entscheidung" hätten anknüpfen können, aber vorerst muß sich noch immer zeigen, ob die Entente staaten aus den furchtbaren Blutopfern dis Kraft gewinnen werden, die Fesseln zu zerreißen, mit denen England sie gebunden hälft Wir wissen, baß in London alles aufgeboten Ut, die Verbündeten Englands abzuhalten, die Freiheit ihres Willens zurückzugewinnen. Die Regierungen in Paris, Petersburg und Rom haben sich am oritischen Gängelband dermaßen in Lügen verstrickt, baß jede Aufdeckung der Wahrheit sie vor ihren Völkern heillos bloßstellen und Wirkungen zelligen muß, die heute ganz unberechenbar sind. Nur eine Ent scheidung im Kriege kann die letzte sein, von einer letzten Und allerletzten Entscheidung zu sprechen, geht nicht an. Deshalb ist bas Grauen vor einer Aufrollung dieser Dinge berechtigt, denn der letzte Schlag auf dem Schlachtfeld kann auch über das Sein oder Nichtsein ganzer Staaten Lie Würfel werfen und den Tag herbeiführen, an dem Frank reich und Rußland gezwungen sein werden, ihrem heutigen Alliierten England die „Flügel zu beschneiden", um selbst die Schwingen ihrer Willenskraft wieder rühren zu können. Daß diese Möglichkeit für seine Zukunft aus dem Spiele teht, hat England wohl selbst am besten etngesehen. Dafür prtcht der Umfang seines Angriffes auf die oeutschen Stel- ungen, der rmt einer Menschenzahl ausgeführt worden ist, wie sie daS Jnselreich niemals aus eigenen Mitteln ent wickelt hat. Auf die britischen Sturmkolonnen scheint ein starkes Stück von dem verbissenen englischen Bulldoggentum Übergegangen zu sein, sie Haven nach ihrem Vermögen alles bran gesetzt, den ehernen deutschen Wall zu zerbrechen, und zu Tausenden mit ihren Leibern den Boden besät, ohne daß sie eine wirkliche Siegesfrucht hätten pflücken können. Aber angehalten hat dieser Trotz der Söhne John Bulls ebenso wenig, wie der Elan der auf ihrer rechten Seite sich schla genden Franzosen. Wir wollen nicht m Abrede stellen, daß ein blutiger Wetteifer zwischen den feindlichen Verbündeten obaewaltet Kat, aber er ist nicht von jener Hellen Einsicht erfüllt gewesen, der die deutschen Krieger beseelt. Können wir nicht sagen, wann der wahre Schicksalstag in diesen Weltkriege anbricht; das wissen wir, einst wird kommen der Tag, an welchem die eine von beiden Fronten in der Schlachtreihe zusammensinken muß- Und wir wissen auch, daß es für die deutschen Feldgrauen heißen wird „aus oder mit dem Schilde" sie werhen Nicht wieder Herausgeber was sie fest in her Hand haben. In neuester Zeit ist an der Themse die Hoffnung ryieher stärker geworben, bi« deutsche Stoßkraft durch den Mangel an Nahrungsmitteln herabminoem zu känntzm aber diese Erwartung wird ebenso vergeblich Heu e sein, wie sie früher es gewesen ist. So wird der englische Generalissimus Haig nicht fertig bringen, was seine Kameraden, die drei Feldmarschälle Roberts, Kitchener und French, nicht zu Wege gebracht haben. Be« merkenswert ist, daß die Kameradschaftlichkeit unter den französisch-englischen Truppen auch für diese große Offensive keine Fortschritts gemacht hat. Die Kriegsdauer von zwei Jahren, die mit Ausgang dieses Monats erreicht sein wird, hat die deutsche Tapferkeit und Widerstandsfähigkeit ebenso wenig beeinträchtigen können, wie die deutsche Ehre, die allen schwächlichen Attentats« Versuchen heldenhaft enigegengetreten ist. Das Vertrauen in Deutschland ist ebenso groß, wie auf Deutschlands Zukunft im neutralen Auslande, deren Sicherung auch die Feinde schließlich werden erkennen müssen. Denn wenn die gegenwärtige Offensive nicht gelingt, so werden die feind lichen Nationen doch hören müssen, daß sie sich in das Grau einer dunklen Zukunft zu finden haben, daß sie eine Zeit vor sich sehen, in der sie ihre Toten zählen können. Und das werden schwere, bittere Tage der Trauer sein! gelegentlich wir nach den einwandftl Wien längst, was wir da ngen aus Papier ist ver ¬ fügten, Laß sie auch die größten Lücken immer wieder durch frische Reserven auSfüllen konnten, dann wären sie schon Die russische Offensive hat ihren Höhepunkt überschritten, ohne den von der Entente erwarteten Erfolg an irgendeiner Stelle errungen zu haben. Die Russen haben ihre Front zwar etwas auszudehnen vermocht, den Geländegewinn aber einmal mit ungeheuren Opfern erkauft und ums andere keinerlei Sicherheit, ihn zu behaupten, von einer Erweiterung schon garnicht zu reden. Die amtlichen russischen Berichte, die sich anfangs in Siegesmeldungen garnicht genug tun konnten, sind bemerkenswert kleinlaut geworden und klagen Über die Heftigkeit des gegnerischen Widerstandes und der Leutsch-österreichischen Gegenangriffe. Wenn sie gelegentlich noch immer mit hohen Gefangenenzahlen oper eren, so wissen wir nach Len einwandfreien amtlichen Feststellungen aus Wien längst, was wir davon zu halten haben. Papier ist oebuldig. Diesen Umstand nutzen die Russen nach Möglich keit aus. Nach Überschreitung bes Dnjestr waren die Russen nach Süden bis über den Pruth, nach Westen bis an di« Karpathen vorgedrungen und hatten beinahe die ganz« Bukowina in ihren Besitz gebracht. Weiter vermochten sie jedoch nicht vorzudringen. Wenn sie neuerdings zur Er gänzung der Offensive tm Westen ihre Anstrengungen er höhten und ihre Angriffe nördlich der Rokltnosümpse gegen Lie Heeresgruppen Hindenburg und Prinz Leopold richteten und auf dem Südflügel den oberen Styr in der Linie Sokul—Rafalowka zu überschreiten versuchten, so darf man voraussetzen, baß auch diese Bemühungen zu einem irgend wie nennenswerten Er olge nicht führen werden. Wenn die Russen nicht über ein o ungeheures Menschenmaterial fügten, daß sie auch t gänzlich abgetan. Aber selbst der russische Brunnen erschöpft sich und russische Muschiks sind noch lange keine kriegs- tüchtigen Soldaten. Von Italiens Mitwirkung an der allgemeinen Offensive ist wenig zu bemerken. Die Angriffe des Feindes wieder holen sich zwar fast ohne Unterbrechung, erfahren aber alle auch daS gleiche Schicksal; sie werden von unsern Verbün deten je nach den Umstanden unter mehr oder weniger schweren Verlusten für die Italiener zurückgewiesen. General Sarrail führt nun schon viele Monate lang eine halbe Million englischer uno französischer Truppen vor Saloniki spazieren; wenn die Rücksicht auf Griechenland nicht wäre, hätten ihn die deutschen und bulgarischen Streitkräfte längst vor kriegerischere Ausgaben gestellt. Ob Herr Sarrail je den Mut zu einem ernsthaften Angriff finden wird, bleibt abzu warten. Im Zusammenhang mit den Taten der Entente truppen von Saloniki verdient übrigens daran erinnert zu werden, daß sich auch Portugal im Kriege mit uns befindet. Man scheint das in Lissabon ganz vergessen zu haben. Er freulich ist der Erfolg, den die verbündeten Türken in Süd persien mit der Besetzung von Kermanschah bavongetragen haben. Russen und Engländer hatten gehofft, sich in Klein- allen zu gemeinsamen Operationen vereinigen zu können. Beide sind von einander getrennt geblieben und der türkische Einfluß ist sichtlich gewachsen. Die Einnahme von Kerman schah übt vielleicht auf Persien eine Wirkung aus. Da Eng land zum Ausgleich der schweren Verluste, die es in der Seeschlacht am Skagerrak erlitt, seine Kriegsschiffe von den Dardanellen abzog, so genießt die Türkei von dieser Seite her volle Ruhe. gur Lage wird der „Köln. Ztg." aus Berlin gedrahtet: Was in der Seele derjenigen Franzosen vorgeht, die hinter den Kulissen deS französischen Kriegsbetriebs Bescheid wissen, kann man nur ahnen. Bei denjenigen, die sich keine falschen Vor stellungen über die Kräfte Frankreichs machen, müssen die Gefühle von Spielern herrschen, die auf den Ge winn oeS letzten eingesetzten Geldes warten und die jetzt schon sehen, daß die Serie nicht günstig für sie beginnt. Wenn man sich der tönenden Worte erinnert, welche die frühem Offensiven begleitet haben, tsi nichts be zeichnender, als die vorsichtigen Geleitworte, die dieser höchsten militärischen Anstrengung Frankreichs und dem so lange ver geblich erwarteten ernsthaften Versuche Englands, das Kriegs schicksal umzukehren, von englischer und französischer Seite auf den Weg gegeben werden. Man kann nicht zurück haltender sein, als die Morning Post, die schrieb, vorläufig bestehe kein Grund, anzunehmen, daß die letzten Erfolge den Beginn eines allgemeinen Vormarsches darstellten, und selbst wenn sie Vorläufer eines solchen seien, werde der Vormarsch ungewöhnlich langsam vor sich gehen, und ebenso bezeichnend ist, daß dieses Blatt die Engländer schon darauf vorbereitet, daß die Verluste notwendigerweise schwer sein würden. Die Aufgabe sei lang, blutig und mühsam und das Ende nicht abzusehen. Das ist keine anfeuernde Sprache, und es ist nicht die Sprache der Siegesgewißheit. Eine Reutermeldung verweist aus die ungeheure Aufgabe und mahnt das Publikum zur Gelduld. Die neutralen Blätter weisen auf die Geringfügigkeit der bisher erzielten Erfolge der Offensive hin, stellen die ungeheure deutsche Kampfkraft fest, und wenn man alles zusammenstelll, was holländische, schweizerische und schwedische Betrachter sagen, kann man übereinstimmend feststellen, daß das Unternehmen Englands nicht so ausgenommen wird, wie die Engländer und Franzosen erwartet haben. Man glaubt nicht an die Möglichkeit eines Sieges, auch dieses mit solch gewaltiger Munitionsverschwendung eingeleiteten Unternehmens. Das ist die Wirkung der deutschen Taten und die Wirkung des geringen Erfolges, welcher der unge heuren Vorbereitung der neuen Angriffe beschieden war. Es ist die Wirkung des Umstandes, daß es der deutschen Heeresleitung und dem zähen Aushalten unserer Bundes genossen gelungen ist, die Gemeinsamkeit der Handlung aus den verschiedenen Fronten zu durchkreuzen. Ein großer russischer Erfolg sollte den englischen einleiten. Auf beiden Seiten sollten große Anfangserfolge eine militärisch-politische Wirkung herbeiführen, die mit einem Schlage die Bewertung der Aussichten des Vierverbandes in der Welt verbessert hätte. Das Ergebnis ist die neutrale Bescheini gung, daß die Erfolge gering waren, und der Ausdruck des Zweifels der Neutralen in den Er folg. Das ist ein Mißerfolg des Vierverban des, der schon nicht mehr einzuholen ist und dessen politische Nachwirkung wir in Ruhe abwarten können, schon deshalb, weil wir gewiß sind, daß unsere helden mütigen Truppen dafür sorgen werden, daß sie sich bald verstärkt. Die Kämpfe im Osten. Die russischen Angriffe nahmen an Ausdehnung wieder zu. An zahlreichen Frontabschnitten vom Süd flügel in der Bukowina bis nördlich des Pripjet kam es zu neuen Massenanstürmen. Mit unverminderter Hartnäckigkeit wird im Zentrum gekämpft. Namentlich die Schlacht west lich Kolomea ist immer noch in vollem Gange. Ununter brochen schickt dort der Gegner neue Verbände ins Feuer. Aber keiner seiner vielen Angriffe vermochte durchzudringen. Bei Saczawka, wo schon vorher starke Abteilungen zurück geworfen wurden, erfolgte ein neuer Stoß. Die auf der Bahnlinie herankommenden gegnerischen Truppen wurden nach Meldungen des Kriegsberichterstatters der „Voss. Ztg." mit wütendem Feuer überschüttet. Aus dem Angriff wurde die regellose Flucht einer russischen Brigade. Gegen Abend setzte ein neues Ringen ein. Diesmal richtete sich der Haupt- sturm auf die südlich des Pruth zwischen Saczawka und Oslaw Biialy ausragenden Höhen, auf denen sich die öster reichisch - ungarischen Truppen eingegraben hatten. Diese durchschnittlich 600 Meter hohen Hügel wurden aus dem Raume der Luczke heftig angegriffen. Die feindlichen Vor stöße brachen aber völlig zujammen. Nördlich dieses Ab schnittes hat südöstlich Tlumacz das Vordringen österreichisch ungarischer und deutscher Truppen begonnen, durch das dem Gegner wieder ein beträchtliches Stück Raum genommen wurde. Ebenso vergeblich war das Bemühen abgesessener Kavallerie, die Höhen nordöstlich Kirlibaba zu bezwingen. Westlich Buczacz waren die Russen im Angriff. Auch hier begegneten ihre S-urmläufe bei Barpsz und im Koro- viesgebiet geschickt gelsiteten Gegenangriffen, die alle Ein bruchsabsichten vereitelten. Auch vor den Stellungen der Ltolr llnck Usbs. Erzählung vsn Eugen Hermann. 6 „Mit anderen Worten halb Frau Gemahlin, hylb Wirtschafterin" entgegnete der Daron bitter. „Nein, Re gina, seien Sie vor der Welt meine Gemahlin, vor den Dienstboten meine Frau. Nachdem, was Sie mir gesagt haben, werde ich nichts von Ihnen sordern, ich betrachte Sie von heute ab als einen geehrten Gast in meinem Hause und werde Sie so wenig wie möglich mit meiner Gegenwart belästigen." „Ich will Ihnen Ihr Haus nicht fremd machen, ich bitte Sie darum, nachdem Sie selbst diesen Ausdruck ge wählt haben, mich als Ihre Wirtschafterin zu betrachten. Ich Hase Sie Ihrer Fre heit beraubt und will dies Opfer, welches Sie mir gebracht haben, wenigstens soviel ich kann, vergüten." „Regina," flüsterte der Daron, „in meinem Herzen lebt noch etwa» wie Hoffnung, ich betrachte die Zeit als meine beste Verbündete und werde, wenn ich auch mein Wort zunächst Halle, doch nichts unversucht lassen, um einen grausamen Irrtum, in dein Sie sich befinden müs sen, auszuklären — bis dahin Frau Baronin gelte das getroffene Abkommen, Sie sollen nie wieder Gelegenheit haben, solche verletzende Worte, wie vorhin zu mir zu sprechen." Die Baronin antwortete nicht, aber hätte ihr Gatte tn diesem Augenblick ihr Antlitz sehen können, hätte er geahnt, was in ihrem Herzen tobte, er hätte sein Wort diechen können und dieses Mal hätte ihm Regina ihre Hand nicht entzogen. Er begann zum Wagensenster Hinauszuschauen, — draußen war es trübe, wie sein Blick in die Zukunft. Aber dir wenigen Worte seiner Gattin, ihre schlecht verhehlte Bewegung, dar Anerbieten, die Plichten einer Hausfrau zu erfüllest — alles das gab dem Baron Hoff nung und er sann darüber nach, auf welche Weise er am sichersten ihr Herz gewinnen uno sie dahin bringen könne endlich wieder da? kaum erträgliche Schweigen zu brechen und ihm di« Verleumdung zu nennen, denn daß es eine solche sein mußte, davon war er jetzt vollständig überzeugt. „Du mußst sie gewinnen," dachte er und seine Augen schielten immer wieder nach der schönen Gestalt, deren Duft er atmete, die sein war und doch auch wieder nicht — die durch den Segen der Kirche mit ihm verbunden war und von der ihn trotzdem eine schier kaum überbrück bare Kluft trennte. „Durch Liebe und Beschwörungen, durch Bitten und Klagen hast du nichts gewonnen — versuche es durch Kälte gegen sie und scheine gleichgül tig." Als die Baronin aussah und noch unter dem Eindruck zitterte, den die bittenden Worte des Barons auf sie ge macht, da durchzuchte es sie wie glühender Stahl, als er mit heiterer Stimme fragte, ob sie das Fahren nicht er müde, wie ihr die Gegend aesalle und als sie einsilbig geantwortet, damit begann lustige Anektoten zu erzählen, um — ihr die Zeit zu vertreiben! Drei Monate waren seit der Hochzeit vergangen unk, weit entfernt, sich einander zu nähern, war das Verhält nis zwischen den Gatten ein immer gespannteres gewor den. Der Baron behandelte seine Gatlin mit ausgesuch ter Höflichkeit und Galanterie, sie schien es darauf anzu- legen, ihm seine Häuslichkeit möglichst angenehm und bequem zu machen, sonst aber standen sie einander gegen über wie Fremde, nur mit dem Unterschiede, daß Fremde bei so nahem Verkehr mit jedem Tage verstauter gewor den wären. Der Baron, welcher den Gegenstand seiner Liebe und brennenden Leidenschaft im einjachen Hauskleide, in der Morgentoilette, wie im Gesellfchastsanzuge, täglich in an deren Farben und frischen Reizen erblickte — er wurde von dem Kampfe fast verzehrt, der Leidenschaft und Be gierde heraufbeschwor, und tausend Mal mar er nahe daran, lieber an das Ende der WUt zu reifen, als länger diese Foltecaualen zu ertragen, aber sein Stolz der da gegen kämpfte, eine solche Schwäche zu verraten, wurde immer noch durch die Hoffnung unterstützt, daß er doch einmal dieses Marmorherz erweichen werde. Ein Besuch ihres Bruders, den der Baron zum Be such eingeladen hatte, um einen Vermittler zwischen sich und seiner Gemahlin zu gewinnen, diente nur dazu di« Spannung noch zu vermehren, denn Wilhelm von Achen bach, welcher nie ein besonderer Freund des Barons ge wesen war, fand die Lage des unglücklichen Ehemannes so komisch, daß er ihm ein besonderes Vergnügen machte, seine Oualen zu vermehren, und da er auch bald di« schwache Seite des Barons herausgesunden hatte, so mar sein Plan bald gefa t, aus der Spaltung, die zwischen seiner Schwester und ihrem Gatten, dem reichen Baron bestand, persönlichen Vorteil zu ziehen. Das war der Zeitpunkt, wo wir im Anfänge der Er zählung die Unterhaltung zwischen dem Biron und sei nem Schwager ausgezeichnet finden und die beiden Her ren der Einladung zum Tee Folge leisten. 3. Die Baronin von Dörrenberg war eine stolze Schön heit. Ihr majestätischer Wuchs, die schönen, regelmäßi gen Gesichtszüge ließen sie als eine schöne Frau ersehet- § nen. Nichts destoweniger glich sie in ihrer einfachen Toilette, am gemütlichen Teetische einer anspruchslosen Hausfrau und wer sie einmal durch den Salon schreiten gesehen, hätte es nicht vermutet, sie so anmutig in einem solchem Bilde wieder zu finden. Es mar, als habe sie ihren Charakter, ihr ganzes Wesen von Grund aus ver ändert. - .
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