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Rabenauer Anzeiger : 22.06.1916
- Erscheinungsdatum
- 1916-06-22
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Deutsches Stuhlbaumuseum Rabenau
- Digitalisat
- Deutsches Stuhlbaumuseum Rabenau
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id178001192X-191606220
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id178001192X-19160622
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-178001192X-19160622
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Bestände des Deutschen Stuhlbaumuseums Rabenau
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Rabenauer Anzeiger
-
Jahr
1916
-
Monat
1916-06
- Tag 1916-06-22
-
Monat
1916-06
-
Jahr
1916
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Dl« kehle Kriegswoche. Der Ruf «ach Taten. Fehlschläge und Ent täuschungen. Die italienische Krise. Das größte Völkerrechtsverbrechen. ES muß etwas geschehen! Wie ein Alarmsingnal ging eS in den letzten Wochen durch die feindlichen Zeitungen; baß etwas geschehen müsse, erschien ihnen unbedingt not wendig, und dieS Gebot war keine freie Erfindung, sondern die Erkenntnis, daß die Gärung in der Bevölkerung sich Nicht mehr unterdrücken ließ, daß sie vielmehr gebieterisch Taten verlangte, welche darauf hinwiesen, daß die furcht baren, blutigen Kampfesopfer nicht umsonst gebracht worden waren. Wenn die Kämpfer in der Front die Nerven zu spüren begannen, so war es kein Wunder, daß sie sich auch in Städten und Dörfern hinter der Schlachtltnis rührten, auf denen die Ungewißheit mit lähmendem Druck lastete. Darum wurde überall ins Horn gestoßen in der zagen Er wartung, bei einem Angriff von allen Seiten müsse doch endlich etwas gegen die verhaßten Deutschen ausgerichtet werden können, und in der schüchternen Voraussetzung, bet den gewaltigen Verlusten auf der eigenen Seite konnten Loch auch die Deutschen nicht unberührt geblieben sein. Da auf der anderen Front immer wieder die Überzeugung vom schließlichen Siege betont wird, so soll der Anfang damit gemacht werden. Der allererste Anfang war die Seeschlacht im Skagerrak, der bekanntermaßen völlig mißlang, weil unsere Schiffe sich nicht als Scheibe hinstellten und in den Grund bohren ließen, sondern die Briten gehörig herunterputzten. Es ist kein Wunder, wenn die Mutmaßungen immer lauter werden, die behaupten, in jener Seeschlacht habe auch Feldmarschall Lord Kitchener, Ler Zeuge des Triumphes seiner Landsleute sein wollte, das Leben verloren. Daß die Engländer diese Tatsache sorglich verheimlichen, könnte nicht überraschen, denn mit dem Eingeständnis würde jene Niederlage sich noch als viel größer herausstellen, als sie mit dem bisher Be kanntgeworbenen erscheint. Ob das verunglückte Avancieren zur See so bald wiederholt werden wird, muß sich zeigen, jedenfalls werden die schweren Einbußen an Osfizieren und Mannschaften vor der Hand noch neue Organisationen er forderlich machen. Das deutsche Andrängen hat inzwischen in Flandern Lie britische Armee genötigt, sich bei Ipern zu rühren, um sich gegen Lie deutsche Einschnürung Ellboqenfreiheit zu sichern. Die Bewegungsfreiheit bei dem stark ausgebauten Apern ist für unseren Gegner eine Lebensfrage, und der Verlust dieser Stellung könnte den schlechten Eindruck eines Mißgeschicks bei Verdun noch überbieten. Mühsam haben die Engländer sich im lokalen Terrainkawpse einen Teil des Geländes gesichert, ohne uns einen nachhaltigen Schaden zufügen zu können. Die deutschen Operationen werden im Gegenteil in Flandern und bei Verdun mit Eifer fortgesetzt, Ler noch weitere Erfolge sichert. Wir dürfen nach wie vor in Ruhe den ferneren Verlauf der militärischen Operationen abwarten. Im künstlich angefachten und verstärkten Siegesrausch schwelgten die Russen, die in Wolhynien und an der heß- arabischen Grenze große Truppenmengen gesammelt und einzelne lokale Erfolge über die schwächeren Österreicher davongetragen hatten. Nachdem in der dortige Front deut sche Hilfstruppen unter dem Kommando des Generals Grafen Bothmer eingetroffen waren, dürfte das Blatt sich aber bald wieder gänzlich wenden, und dem russischen Bären gezeigt werden, daß ein blindes Drauflosrennen an einer Stelle noch keine vollendete Siegesorganisation bedeutet. Eine Erlahmung der russischen Vorstoßkraft macht sich bereits deutlich bemerkbar; nur in dem Naum zwischen Bojan und Czernowitz werden die feindlichen Angriffe noch mit großer Heftigkeit, aber erfolglos fortgesetzt. In der Gegend von Luck, tvo die Frorst unserer Verbündeten am tiefsten ein gedrückt war, haben die Russen keine Fortschritte mehr ge macht. Bei Baranywitschi aber, wo die feindliche Offensive ebenfalls begonnen hatte, beschoß die russische Artillerie, dem Befehle ihrer obersten Heeresleitung entsprechend, ihre eigenen Leute, als diese nach siebenmaligem vergeblichem Ansturm zurückzuweichen begannen. Als wichtiges Moment in der Entwicklung der Ereignisse konnte die Tatsache festqestellt werden, daß die russischen Angriffe in der Mitte der Front, pom Dnjestr entlang der Strnva bis in die Gegend .von Wie ist dgK zugegangen? Erzählung nach einer wahren Anekdote von Charlotte Birch-Pfeiffer. 14 »Dank, Herr Baron, einen Dank begehre ich nicht- .Dieser besondere Fall hat mich von allem Anfänge an sso interessiert, daß ich sofort beschloß, mich seiner anzu nehmen, als ich gehört hatte, welches Malheur Ihnen passiert war." .Wirklich?* „Wirklich, Her Baron, das ersehen Sie daraus, daß ich keinem meiner Anterbeamlen die Erledigung dieser de likaten Angelegenheit übertragen habe.* „Delikate Angelegenheit. Ich war so überzeugt, von diesem Gelbe nie wieder etwas zu sehen zu bekommen, keinen Einzigen, das hätte ich darauf schwören mögen. Wirklich Exzellenz, Sie haben das Unglaubliche möglich gemacht; Ihre Macht grenzt ans Wunderbare und so möchte ich mir die Frage erlauben, wie das zugegangcn ist, wie Sie wieder in Besitz des Geldes gelangt sind und mir dasselbe in meiner Brieftasche überreichen konn- 1en?* „Das möchte ich auch wissen," setzte der alte Baron .von Ealdern hinzu, der eben wieder näher getreten war und die letzten Worte seines Sohnes noch mit gehört hatte. > Der Polizeipräsident lächelte erst boshaft dann sagte er: „Es hat mich allerdings Mühe genug gekostet, ehe ich die Scheine in der Brieftasche wieder beisammen hatte, die ich vollständig leer sand — wenn Ihr Herr Sohn es wünscht, Hetr Baron und Sie auch, mich einige Zeit an hören wollen, dann will ich Ihnen sogleich erzählen, wie Alles zugegangen ist — " ,O, ich bitte sehr," fiel Viktor von Salbern lebhaft >errn Der Seekrieg. Ein Seegefecht an der schwedischen Küste. Aus Nyköping südlich von Stockholm wird gemeldet: Sechs bewaffnete deutsche Fischdampfer fuhren abends Das größte Völkerrechtsverbrechen, LaS je auf Erden begangen worden ist, wird von der Entente, die den Schutz Ler Kleinen marktschreierisch auf ihr Programm gesetzt hat, gegen Griechenland verübt. König Konstantin trägt seinen Namen mit Recht und verdient den Beinamen der Beharr liche. Er hält fest und treu an der Neutralitätspolitik fest, ist aber im Entgegenkommen gegen die Entente bis an die äußerste Grenze der Neutralitätspflichten gegangen. Das ist unsern Feinden, deren gemeinsame Not so groß ist wie ihre Zahl, aber noch immer nicht genug. Der König soll die Neutralität aufgeben und seine Truppen in den Dienst der Ententemächte stellen. Folgt er nicht willig, so soll Gewalt anaewendet werden. Die den Ententeregierungen nahe« Menden Organe erklären bereits in nicht m ßzuverstehender Weise, daß der Vierverband bis anS Ende gehen und den König Konstantin vor die Wahl stellen müsse, entweder nach zugeben oder abzubanken. Ein Glück ist es, daß die griechische Armee ihrem obersten Kriegsherrn treu ergeben ist. In ihr besitzt der König ein Werkzeug, daß die Be dränger trotz aller Hafenblockaden und Schiffsbeschlagnahme zum Rückzug treiben wird, wenn es der Monarch notge drungen ohne weitere Rücksichtnahme handhabt. An der griechischen Grenze halten deutsche und bulgarische Streit kräfte, auf die König Konstantin sich verlassen darf. Der Ententebeharrlichkett von Saloniki könnte ein schnelles Ende bereitet werden, und Lebensmittelmangel würde Griechenland auch nicht leiden; für das Notwendige würden seine Freunde sorgen. Im türkischen Kriege kommen weder Ruffen noch Engländer auf den grünen Zweig; dafür haben unsere Ver bündeten, wenn auch langsam, so doch stetig Erfolge zu verzeichnen. Tarnopol und ebenso am äußersten Nordflügel am Styk zurückgeschlagen wurden. Im Osten ruht die oberste deutsche Heeresleitung in den Händen unseres genialen Hindenburg, und der weiß, was er tut. Auf keiner Front unserer Trup pen und derjenigen unserer Verbündeten werden Änderungen vorgenommen, die auf einen russischen Zwang zurückzuführen sind, es wird im Gegenteil in Italien, wie im Balkan die günstige Lage ausgenützt. Der Zusammenbruch des Mini steriums Salandra in Rom zeigt auch nicht, daß die russischen Siege in Italien, wo man sie am meisten ersehnte, einen besonders starken Eindruck gemacht haben. Die italienischen Hoffnungen sind zusammengeschrumpst zur eigensinnigen Hartnäckigkeit, die sich an den Zufall klammert. Der Kabinettwechsel in Rom enthält das Bekenntnis der tiefen Enttäuschung über die Kricgsereigniffe. Von dem Eingreifen Italiens in Len Weltkrieg hatten nicht nur die italienischen Kriegshetzer, sondern auch sämtliche Entente staaten einen schnellen und durchgreifenden Wechsel in der Kriegslage zu ihrem Gunsten mit Sicherheit erwartet. Man rechnete bestimmt damit, daß Rumänien dem Beispiele Italiens folge, und daß in schnellen wuchtigen Schlägen der Weltkrieg mit einem vollen Siege der Vieroerbandsstaaten beendigt werden würde. Daß alle die stolzen Hoffnungen so schmählich verdorrten, das erzeugte in Italien die gereizte Stimmung, die sich in dem Sturm gegen Salandra Luft schaffte. Zu bedenken ist, baß nicht etwa die Kriegsgegner den Sturz des Kabinetts Salandra herbeiführten, ihre Zahl und ihr Einfluß sind noch immer zu gering, sondern daß die Schreier der Straße Abrechnung hielten und ihre Wut über dis unerwarteten Mißerfolge auf dem Kriegsschauplätze Hl Salandra als Sündenbock in die Wüste schickten. Möglich genug, daß die neue Regierung auch der letzten Förderung der sogen. Interventionisten nachgeben und in aller Form den Krieg auch an Deut chland erklären wird. Die Zentral« möchte konnten eine ital enische Kriegserklärung an Deutsch land mit Seelenruhe entgegennehmen; Italien aber, dessen Kräfte schon im Trentino und am Jsonzo nicht ausreichen, find das im südlichen Tirol die schweren Einbußen und Niederlagen erlitt, stürzte sich mit einer Erweiterung seiner Militärischen Unternehmungen in namenloses Unglück, der äste Cadorna würde in diesem Falle das Kommando ntsderlegefi. Vor tzaevring in nördlicher Richtung. Man nimmt an, Laß sie auf dem Rückwege mit feindlichen Kriegsschiffen in Kampf gerieten. Das Gefecht, dauerte ungefähr 45 Mi nuten. Der Wind kam vom Lande, daher wurden Knalle nicht gehört. Doch sah man Feuerblitze. Der Ausgang des Kampfes ist unbekannt. Der deutsche Fischdampfer „Joh. Wester" ist am folgenden Tage in Nyköping einge laufen. Er hatte fünf Verwundete an Bord, die ins Kran kenhaus der Stadt gebracht wurden. Die Besatzung des Dampfers verweigerte jede Auskunft über den Kampf. Nach weiteren schwedischen Meldungen sind 13 deutsche Handelsschiffs bei der Insel Häfringe, die südwärts fuhren und von zwei oder drei Torvedobooten, einem Hilfskreuzer und einigen bewaffneten Fischdampfern begleitet wurden, südöstlich Arkö etwa 10 Dtstanzminuten vom Land einer russischen Flottenabteilung angegriffen worden. Diese be stand aus Zerstörern, Torpedobooten und Unterseebooten. Die deutschen Dampfer suchten am Lande Schutz. Zwei deutsche Dampfer, die bei dem Angriff von den Begleit schiffen getrennt wurden, sind in Arkösund eingciaufen. Sie hatten in der Finsternis nichts beobachten können. Die deutschen Fischdampfer patrouillierten während des Vor mittags außerhalb der Hoheitsgrenze und fuhren dann süd wärts. In das Lazarett von Nyköping sind jetzt sechs deutsche Matrosen übergeführt worden, von den zwei sehr schwer und die übrigen leicht verwundet sind. Ein Verwundeter ist in Arkösund an Land gebracht worden. Nach einer Stockholmer Meldung hatte das Vorpostenschiff, das die Verwundeten in Nyköping einbrachte, 160 Mann von einem anderen Fahr zeug an Bord. Die angreifende russische Flottille zählte sechs Torpedojäger und einige Unterseeboote. ... r —- ^---'^2.^-.".-^ Rundschau. Japaniscys Kriegslieferungen. Stach Mitteilungen aus Tokio hat die japanische Regierung für das Jahr 1916 Bestellungen an Kriegsmaterial im Gesamtwert von etwa 110 Millionen Den übernommen. Hiervon werden für 85 Millionen von der Heeresverwaltung und für 10 Millionen von der Marine geliefert werden. Der Rest von 15.5 Mill. Jen stellt den Preis der drei Kriegsschiffe dar, die Japan Rußland im russisch-japanischen Kriege abgenommen hatte und jetzt an Rußland verkauft hat. Genaue Daten über die Bestellungen, die an die japanische Privatindustrie ergangen sind, liegen nicht vor, doch wird der Gesamtwert der in diesem Jahre zu erledigenden Privatbestcllungen laut „Franks- Ztg." auf 130 Mill. Jen geschätzt, d. h. 30 Prozent höher als im Vorjahr. Alles zusammen wird Japan in diesem Jahre an seine Verbündeten also für rund 240 Mill. Jen Kriegsmaterial liefern. Ein Jen ist etwa 2,80 Mark. Zur Besprechung des NeichswirLschastsplanes waren am Donnerstag im Reichsamt des Innern etwa 100 Bundesratsbevollmächtigte, Ministerpräsidenten und Minister der Bundesstaaten versammelt. An der Sitzung, die vom Staatssekretär des Innern Dr. Helfferich geleitet wurde, nahm auch der Präsident des Kriegsernährungsamtes, von .Datocki, teil. Die Pariser W-rLfchaftskonserenz, deren Beratun gen streng vertraulich sein sollen, wurde vom Ministerpräsi denten Briand mit einer Begrüßungsansprache an die Dele gierten eröffnet, die gekommen seien, um erneut den Beweis zu erbringen, daß die Regierungen der Entente in ihren Anschauungen überein stimmten und zur Dauerhaftigkeit ihres Bundes Vertrauen hätten. Es genüge nicht zu siegen, es gelte auch die gründliche Entwicklung der materiellen Hilfs« quellen der verbündeten Länder, den Austausch ihrer Er zeugnisse und deren Verteilung auf dem Weltmärkte für die Zeit nach dem Kriege sicherzustellen. — Der australische Premierminister Hughes erklärte, die Verschärfung der See sperre ohne Rücksicht auf das Völkerrecht sei unbedingt not wendig, England müsse wählen zwischen der Mißachtung Neutraler und der eigenen Niederlage. Es müsse auch die Neutralen mit einem Ring von Stahl umgeben, durch den nichts hindurchkommen dürfe. Hughes' Ansichten wie auch seine Befürwortung des rücksichtslosen Boykotts Deutschlands nach dem Krieg finden bei den Franzosen ungeteilten Bei fall. Der Pariser „Times"-Vertreter versichert, Hughes sei den Franzosen von den englischen Vertretern der willkom menste. Dieser Journalist prophezeit zur Zett als unmittel« ein, welcher den Zusammenhang zu ahnen begann, „das wäre zu viel von mir von Ihnen verlangt, Herr Präsi dent. Lange genug haben Sie unser heutiges Vergnügen schon versäumen müssen, wozu ich die alleinige Veran lassung war. Ersparen Eie mir den Vorwurf, daß ich noch länger Sie der heiteren Gesellschaft entziehe." „Sie haben recht, wozu nun noch lange Erklärungen, dar Portefeuille ist nun einmal wieder da, wie und aus welche Weise ich es wieder fand, kann ich Ihnen ja zu gelegentlicher Zeit einmal erzählen; für jetzt sei die Sache begraben." „Was meinen Sie, Herr Präsident," sagte der alte Baron von Saldern leise, indem er den Polizeipräsidenten bei Seite nahm, „soll ich den Leichtfuß nicht je eher, je lieber in die Ehefesseln legen, damit Sie nicht wieder solche Arbeit mit ihm bekommen, wie heute, die sicher nicht leicht war?" „Das würde ich Ihnen aus jeden Fall raten, Herr Baron," entgegnete der Gefragte rasch. Einige Zeit darauf durchlief abermals eine interessante Neuigkeit den Ballsaal des Orloffschen Palais, dieses Mal ober weit Aussehenerregender, als das Verlorenge gangensein von 50000 Rubel — es war die Verlobung der Gräfin Alerandrine Orloff mit Baron Viktor von Saldern, die bekannt gegeben wurde. Aus den Augen des Bräutigams glänzte die reine Wonne, als er neben seiner Braut stehend, die Gratula tionen entgegennahm. Es war wie eine Zentnerlast von ihm genommen, denn er hatte wirklich nicht geglaubt, daß der heutige Abend noch zu seinem Glücke ausgeyen werde, und er zum Schlüsse sich noch so glücklich fühlen würde. Als sich die anderen alle wieder von dem Brautpaare zurückgezogen hatten, da nahte sich noch als einer der Letzten der Polizeipräsident, als Gratulant. Wieder gab es Viktor vnn Saldern einen Stich durch das Herz, als jetzt seine Braut ihre weiße Hand leicht auf den Arm des Präsidenten legte und bittend sagte: „Ich habe vorhin von Herrn Oberst von Grubenikow gehört, daß es mit dem Wiederfinden der verlorenen Brieftasche meines Bräutigams eine so eigene Bewandt nis habe. Mir können Sie aber doch erzählen, wie das zugegangen ist damit, Herr Präsident?" Der Polizeipräsident aber schüttelte mißbilligend den Kops. „Der alberne L-chivätzer; es ist ganz richtig zugegan gen. Aber Geduld, meine Gnädigste, in einiger Zeit, will ich Ihnen den Hergang erzählen, denn der heutige Abend ist nicht mehr zum Erzählen geeignet." „Warum nicht, Herr Präsident; es ist doch sehr in teressant, wenn jemand eine Brieftasche mit 50000 Rubel verliert und der Polizeipräsident von Petersburg selbst schafft sie herbei, zumal der Verlierer mein jetziger Bräu tigam war." „Mag sein, aber ein andermal mehr davon und dann werde ich Sie vielleicht auch schon bitten können, daß Sie etwas über ihren Gatten wachen, daß er nicht wieder seine Brieftasche mit einem solchen Vermögen verliert, denn die Umstände möchten sich nicht immer so glück lich gestalten, daß ich ^er Finder bin." „Seien Sie ohne Sorge, Herr Präsident," wandte jetzt Viktor von Saldern ein, so leicht verliere ich meine Brieftasche nicht wieder, der heutige Fall wird von mir so leicht nicht wieder vergessen werden." Aber wie es nun einmal ist, besonders bei Frauen, wenn einmal der Verdacht rege geworden ist, so auch bei Alexandrine Orloff, die die so zweideutigen Worte des Polizeipräsidenten doch nicht ganz vergessen konnte und als es der Zufall wollte, daß sie mit dem Oberst von Grubeni- kow zusammentraß da fragte sie ihn rasch, ob er näheres i erfahren habe, wie es mit der Brieftasche ruge-an-en fei.
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