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Rabenauer Anzeiger : 06.06.1916
- Erscheinungsdatum
- 1916-06-06
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Deutsches Stuhlbaumuseum Rabenau
- Digitalisat
- Deutsches Stuhlbaumuseum Rabenau
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id178001192X-191606066
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id178001192X-19160606
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-178001192X-19160606
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Bestände des Deutschen Stuhlbaumuseums Rabenau
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Rabenauer Anzeiger
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Jahr
1916
-
Monat
1916-06
- Tag 1916-06-06
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Monat
1916-06
-
Jahr
1916
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gen auf die Spur kam, aber die Sa he war nun einmal geschehen, er mußte Antwort geben, wollte er sich nicht von vornherein verdächtig machen. Er entgegnete daher ziemlich dreist: »Von unserem Hause fuhr ich nach der Galeerenstraße, von da über den Admiral-platz nach dem Newskkipro- spekt, wo ich im französischen Theater abstieg, dort einige Minuten verweilte und dann über die Anitschsiowsche Brücke hierherfuhr/ Der Polizeipräsident hatte ein kleines Notizbuch her vorgezogen und notierte sich die Worte Viktor von Sal- derns sorgsam auf. Dieser sah ihm gespannt zu; dar Gesicht des Polizeipräsidenten blieb aber so gleichgültig, als handle es sich um die einfachste Angelegenheit und nicht um 50 000 Nudel. Während dieser Szene trat ein anderer Herr hinzu, der Viktor von Saldern leise zusliisterte, daß sein Vater bereits beginne, sich über sein langes Ausbleiben zu be unruhigen. - Der Polizeipräsident, der diese Worte mit vernommen hatte, agte jetzt: „Gehen Sie hinein zu Ihrem Vater, Herr Baron, damit sich derselbe nicht länger beunruhigt fühlt. Ich werde sofort die nötigen Anordnungen treffen und ist die Möglichkeit nicht ausgeschlosien, daß Sie wieder zu dem Verlorenen kommen." „Sie sind sehr gütig, Herr Präsident." „Meine Pflicht, Herr Baron." Viktor von Saldern stotterte noch einige Worte der Ent schuldigung und entfernte sich dann, um sich zu seinem Vater zu begeben. Der Polizeipräsident sah ihm zunächst mit einem recht eingentümlichen Blick nach, und dann winkte er Fran- cios herbei, der die ganze Zeit über in einer Ecke gestanden und ängstlich beobachtet hatte, wie sein Herr mit dem Polzeipräsi- denten sich unterhielt. Er hatte es nicht gewagt vom Fleckt zu gehen, da er merkte, daß der Polizeipräsident ihn beobachtete. Mnsurbeschwerden zur Sprache. Präsident Wilson komm» als Friedensvermittler für Deutschland nicht in Frage, Schatzsekretär Helfferich betonte, daß die Zensur vielfach schon milder ausgeübt würde, daß aber im Kriege Disziplin die erste Hauptsache fei. Auf Beschwerde des Abg. von Graefe (D. Fr.) erwiderte Staatssekretär von Jagow, daß Amerika unfreundliche Artikel nicht zugelassen werden konnten, so lange die Verhandlungen mit "der Union schwebten. Abg. Stadthagen (Soz. Arbg.) rügte Zensurhärten gegen seine Partei, Staatssekretär Helfferich bezweifelte die Nützlich keit solcher Zensurdebatten. In der weiteren Debatte wurde Abg. Scheidemann (Soz.), der dem Abg. Hirsch (Ntl.) Unver schämtheit vorgeworfen hatte, zur Ordnung gerufen. Mitt woch 11 Uhr: Weiterberatuna. Sckluk balb ö^Ubr. Man machte ihm sofort Platz. Viktor von Saldern erschrak sichtlich und stammelte mit schlecht verhehlter Be stürzung : „Wie, Herr Polizeipräsident, Sie selbst? Entschul digen Sie, wenn mein Unfall Ihre Partie störte." „Meine Partie," entgegnete der Polizeipräsident, „die ist höchst gleichgültig, wenn er sich um einen so bedeu tenden Verlust handelt, den Sie erlitten haben, wie Sie soeben erzählten. Sie haben 50 000 Rubel verloren, wenn ich recht gehört habe und es ist Ihnen noch nicht gelun gen, diese Summe wieder zu erhalten. Jedenfalls haben Sie doch sofort suchen lassen." „Gewiß habe ich das." „Ganz recht. Ich werde mich jetzt ebenfalls mit der Sache befassen und mein Möglichstes dazu tun, damit Sie wieder zu Ihrem Eigentum kommen." „O, nicht doch, ich will Sie doch nicht damit belasten, Herr Präsident." „Aber warum nicht; erstens ist es doch sozusagen meines Amtes es zu tun und dann sind Sie der Sohn eines alten Freundes von mir. Wenn es mir nur ge lingt, das Geld wieder herbeizuschasfen und zwar noch ehe der arme Saldern, Ihr Vater, der jetzt ganz sorglos spiell, etwas davon erfährt. Wie sah denn die Brieftasche aus, in welcher das Geld war?" „Roter Korduan, an den Ecken war sie mit Gold be schlagen." „Und der Inhalt?" „Hundert Banknoten, jede zu 500 Rubel." „Welchen Weg nahmen Sie von Ihrem Hause aus?" Viktor von Saldern wurde verlegen, das Parket, auf dem er stand, kam ihm förmlich vor wie heißer Lavabo den. Was hatte sich nur dieser Polizpräsident in die Sache hineinzumischen. Derselbe war allgemein bekannt, als ein rücksichtsloser Mann, der den verborgendsten Din " Wie ist daF zugegangen? Erzählung nach einer wahren Anekdote von Charlotte Dirch-Pfeiffer. 7 „Es dauerte keine zehn Minuten, da war es unter allen Anwesenden bekannt, daß der junge Baron von Saldern seine Brieftasche mit 50000 Rubel verloren hatte. Dieser selbst war aus dem Vorsaal nicht sortzubringen, wo er immer wieder an die Diener Anweisungen gab, wo sie suchen sollten. Eben war er dabei, einigen näheren Bekannten, die lhm ihre Teilnahme aussprachen, zu erzählen, wie die Brieftasche ausgesehen und aus welchen Scheinen die Summe bestanden habe, als aus einem der Seitenzimmer kin höchst elegant gekleideter Mann trat und, ohne be merkt zu werden, unter der Türe stehen blieb. Der Mann mochte zwischen vierzig und jünfzig Jahre zählen, er war sehr lang und mager, ohne daß jedoch seiner Gestalt ein angenehmes Ebenmaß gefehlt hätte. Sein schmales Gesicht, belebt durch ein paar große, dunkle Augen, halte einen Ausdruck von Schlauheit, der säst zu markiert gewesen wäre, hätte nicht eine Beimischung von Humor diesem Gesicht einen ganz eigen, interessanten Zug verliehen. In der Art, wie er dastand, wie er zu- hörle, sprach sich ein gewisses Uebergewicht aus und die Gewohnheit seine Stimme geltend zu machen. Mit ei nem wahren Falkenblicke hörte er zu, als Viktor von Saldern rief: „Du, Francois, Du allein bist Schuld, hättest Du bes ser aujgepaßl, so wäre das Geld nicht verloren gegangen; es ist jetzt ganz sicher, daß ich es auf dem Wege in das französische Theater verloren habe." „Also im französischen Theater waren Sie, ehe Sie hierher kamen?" fragte jetzt der eben beschriebene Beob achter, indem er näher trat. -- -- Iäpäns Hetrschafkspläne. ««sichere Kantonist. Eine peinliche Rechnung. Auf dem Wege zum Abfall. Japan hatte auf Grund seines Bündnisvertrages an d« Seite Englands in den Krieg etngegrtffen: den Kundi gen jedoch von vornherein erkennen lassen, daß es sich nicht Mn der schönen Augen seiner Verbündeten willen, sondern rücksichtslos zur Befriedigung seiner Großmanns- und Er oberungssucht in militärische Unkosten stürzte. Japan hat pch nicht wie andere Staaten Asiens und Afrikas von dem Trugbilde englischer Weltherrschaft blenden lassen, sondern sehr richtig erkannt, daß Englands vorgebliche Weltherrschaft auf mehr als schwachen Stützen ruht, und daß John Bull -er nachgiebigste und charmanteste Mensch wird, wenn man ihm nur gehörig auf tue Zehen tritt. Und dieser Erkennt nis gemäß hat Japan gehandelt. Es hat dem „allmächtigen England" einen Eierkuchen nach dem andern auf der Nass gebacken und sich den Kuckuck um die Grimassen gekümmert, Sie die englische Bulldogge winselnd, kläffend oder heulend docket schnitt. China hat es dem Nimmersatten Albion bis aus den letzten Rest weggeschnappt, und nach dem Kriege wird eS sich erst zeigen, in welchem Maße Japan unter Verdrän gung Englands seinen Einfluß auf dem ostasiatischen Markle ausgedehnt und befestigt hat. Auanschtkais plötzliche, auf eine Vergiftung zurückgeführte Erkrankung beweist, daß Ja pans Arm nicht nur den Süden, sondern auch den Norden Chinas erreicht hat, der Rücktritt des englandsreundlichen Ministerpräsidenten Okuma und die Ernennung Katos zum KabtnettSchef deutet darauf hin, daß Japan seine Politik fortan nicht mehr unter täuschender Etikette, sondern unter dem richtigen Namen führen will. Der neue japanische Ministerpräsident sprach im Herbst vorigen Jahres in einer Volksversammlung zu Tokio die ketzerischen Worte: Wieder einmal haben die Verbündeten, diesmal die Ruffen, uns um Übersendung von Soldaten gebeten. Davon kann aber keine Rebe sein. Denn der Krieg in Europa geht uns absolut nichts an. Zwischen uns und Deutschland existiert überhaupt kein Casus belli. In den Hauptstädten der Entente gedenkt man dieses Wortes und findet durch die jetzige Berufung Katos die schlimmsten Befürchtungen bestätigt. Getraut haben die europäischen Ententestaaten dem gelben Japs noch nie; daß ihnen der Kleine so übel mitspielen würde, wie er es jetzt tut, haben sie gleichwohl kaum vermutet. Nachdem die japanische Re gierung den Engländern bereits mit der Tat bewiesen hat, daß sie englische Interessen nicht im geringsten kümmern, hat sie soeben auch dem benachbarten Rußland eine recht niedliche Rechnung ausgemacht. Dasür, daß es die Beför derung amerikanischer Munition nach Ruhland durch japa nisches Gebiet erlaubte, forderte Japan und erhielt bereits bewilligt die Unterstützung seiner Interessen in China, daS Ansiedelungsrecht sür Japaner in Sibirien, weitgehende Fischereirechte und die Abtretung der nördlichen Hälfte von Sachalin, nachdem es sich im Frieden von Portsmouth mit der Überlassung der südlichen Hälfte dieser Insel hatte begnügen müssen. Über die Schleifung der Befestigungen von Wladiwostok, die Japan gleichfalls fordert, schweben dis Verhandlungen noch. i In Ententekreisen rechnet man allen Ernstes mit einem offenen Abfall Japans. Die Hoffnung auf japanische Hilfe, an die man sich so lange Zeit als an den letzten Rettungs anker angeklammert hatte, hat man längst aufgegeben und begraben. Jetzt scheinen auch die japanischen Waffen- und Munitionslieferungen, die schlecht, aber teuer waren, auf hören zu wollen. Jedenfalls hat Ruhland sich bereits ver anlaßt gesehen, für Ersatz zu sorgen. Die im französischen Heere kämpfenden Ingenieure, Techniker und Metallarbeiter werden zum größten Teil nach Rußland geschickt, um dort Lie Leitung der Munitionsfabriken und die Herstellung von Waffen zu übernehmen. Es ist also bereits so weit, daß die Entente sich auch von dieser mittelbaren Hilfe Japans unabhängig zu machen gezwungen sieht. Auf dem Wege, der zum offenen Abfall Japans von den Ententemächten führt, fehlen demnach nur noch wenig« Schritte. Japans Abfall gliche aber einer schallenden Ohrfeige an die Adresse der Entente, für dis dann unabsehbare Verwickelungen im fernen Osten von so schwer wiegender Bedeutung entständen, daß England wahrscheinlich sehr bald die Lust an der Fort setzung der Feindseligkeiten in Europa verginge. In diesem Sinne ist Japans Tun und Lasten von außerordentlich hoher Bedeutung. Rundschau. - Die Verwüstungen in Ostpreußen, sür deren Linderung der Kaiser allen beteiligten Helfern seinen Dank aussprach, sind nach einer dem preußischen Landtag soeben »»gegangenen Denkschrift außerordentlich groß uno be dauerlich. In Ostpreußen wurden von den Russen 1620 Personen getötet, 433 körperlich beschädigt, 10 725 verschleppt und 366 weibliche Personen als geschändet gemeldet. 40 bis 50 Kinder sind aus diesen Schünoungen hervorgegangen, für welche auf Grund besonderer Bestimmungen vom Staat gesorgt wird. Die Zahl der Getöteten hat "sich allmählich als wesentlich größer herausgestellt, als ursprünglich ange nommen wurde, immer von neuem fand und findet man ver grabene Leichen solcher Zivilpersonen, die bis dahin als verschleppt galten. Von den Verschleppten sind inzwischen auch sehr viele gestorben, da die russische Regierung einen großen Teil dieser Verschleppten ohne Fürsorge der Ver elendung hat anheimfallen lasten. Die Zahl der in der Provinz ganz oder teilweise zerstörten Gebäude beträgt rund 84 000, davon entfallen auf den Regierungsbezirk Königs berg 2400, auf Gumbinnen 18 700 und Meristem 12 000. 3100 Gebäudezerstörungen trafen Städte, 39 000 das Land. An den Zerstörungen sind 35 Städte und 1900 Ortschaften beteiligt. Die Wiederherstellungskosten werden auf 300 bis 850 Millionen Mark berechnet. In fast 100 000 Wohnungen ist der Hausrat völlig, in fast ebenso vielen teilweise ver nichtet. Der Gesamtschaden in Ostpreußen wird auf etwa anderthalb Milliarden Mark berechnet. An Vorentschädigungen wurden bisher 482,7 Millionen Mark überwiesen. In West- preußen beschränkte der Feind sich im Wesentlichen auf die Requision von Lebensmitteln, Pferden und Wagen. Ver schleppungen haben nicht stattgefunden, getötet sind zwei Personen, geschändet 8 Frauen und Mädchen. Die un mittelbaren Kriegsschäden, abgesehen von den noch nicht geschätzten Waldschäden, betragen etwa 1,6 Millionen Mark. Rußlands wirtschaftliche Nöte. Nach Londoner Meldungen aus Petersburg teilen dortige Blätter wird, daß Rußland, wenn der Krieg sortdauere, infolge der schlechten Wechselkurse an Zinsen für seine ausländischen Anleihen 1,25 Milliarden Rubel zahlen müsse, was den Durchschnitts betrag der jährlichen Einfuhr Rußlands an ausländischen Artikeln in den Jahren 1911-13 ausmache. Die Not Ruß lands auf wirtschaftlichem Gebiete erkläre sich ferner durch Len Umstand, daß nach Schätzung von Fachleuten der nicht exportfähige Ausfuhrüberschuß aller Getreidesorten allein in Sibiren und den Nachbargebieten auf 4,8 bis 8 Millionen Tonnen veranschlagt wird. Die parlamentarische Frühjahrsgezeit im Reiche und in Preußen nähert sich schnellen Schrittes ihrem Ende trotz der Reichhaltigkeit des noch zu erledigenden Beratungs- stoffeS. Bis Pfingsten werden der Reichstag und die beiden Häuser deS vreußischen Landtags ihre Tore schließen. Der Reichstag wirb nach der Zensurdebatte Lie zweite Beratung des Steuer-Kompromisses vornehmen. Außer dem Steuer- Kompromiß hat er noch den Etat zu erledigen, wobei wohl Ler Präsident des neuen Kriegs-Ernährungsamtes, Herr v. Batocki, sich ihm vorstellen wird, ferner die neue Kriegs- kredttvorlage, die bereits der neue Schatzsekretär, Gras von Roedern, vertreten wird, die jetzt dem Reichstage zvgegangene Besoldungsnovelle, die Novelle zum Vereinsgesetz, daS Alters renten- und endlick das KnvitalabfindunLSncletz. Das preußische Abgeordnetenhaus, das am Dienstag zusammen- trat, hat den Entwurf über die Erhöhung der Zuschläge zur Einkommensteuer und zur Ergänzungssteuer in dritter Lesung zu erledigen. Das Herrenhaus wird am 8. Juni zusammentreten, um auch seinerseits dem Steuergesetz und einigen anderen vom Abgeordnetenhaus erledigten Vorlagen seine Zustimmung zu erteilen. ' Der Deutsche Reichstag setzte am Dienstag nach dreitägiger Pause und nach Erledigung einiger kurzer An fragen die Zensurdebatte fort. Abg. Noske (Sozd.) brachte zahlreiche Beschwerden zur Sprache und wurde zur Ordnung gerufen als er Kritik an der Kaiserrede an die Garde übte. Oberst von Hoffmann wies die Angriffe deS Vorredners auf die Militärbehörde und die Zensur zurück. Abg. Gothein (Vp.) bemängelte das Verbot jeder Veröffentlichung der Friedensgesellschaften durch das Kommando in Altona. Abg. Stresemann (Ntl.) betonte, daß auch seine Freunde den konfessionellen Frieden wünschten; die vom Abg. Pfleger er wähnte Flugschrift gegen den Katholizismus rührte aus dem Jahr 1912. Auch dieser Redner brachte eine Fülle von Der Vormarsch in Macedonien. Die Bulgaren dringen in Griechisch-Mazedonien in Rich tung auf Soloniki vor, ohne daß von griechischer Sette Einspruch oder Widerstand erhoben wurde. Es ist danach anzunehmen, daß nach den ungeheuren Rechtsverletzungen seitens der Entente die griechische Regierung Bulgarien er laubt hat, griechischen Boden zu betreten, um den Hieb al» das beste Mittel der Verteidigung gegen die Ententetruppen von Saloniki anzuwenden, die ihrerseits weit nach Norden vorgebrungen waren und die an der Grenze verbliebenen bulgarischen Streitkräfte beständig bedrohten. In den maß gebenden Kreisen Sofias herrscht die Meinung vor, daß die Besetzung des Engpasses von Rüpel durch die Bulgaren nicht zu diplomatischen Verwicklungen führen werde, da die Absichten der bulgarischen Negierung, Griechenland selbst nicht anzugreifen, allgemein bekannt sind. Die Besetzung des griechischen Gebietes hat lediglich einen defensiven Cha rakter. Pariser Blätter suchen dagegen vergeblich, Griechen land gegen Bulgarien aufzuhetzen, indem sie ironisch fragen, ob König Konstantin als ein Mann von gesundem Men schenverstand denn glaube, daß ihm die von oeu Bulgaren besetzten Gebietsteile Griechenlands nach dem Friedensschluß wieder zurückgegeben werden würden. In Wirklichkeit ist König Konstantin darüber weit mehr beruhigt als über das Schicksal von Saloniki, das die Entente besetzt hält. Nach Pariser Meldungen aus Saloniki haben die Bulgaren nicht nur die etwa 6 Kilometer südlich der bul garischen Grenze belegenen Forts von Rüpel im Strumatale besetzt, sondern sind im Strumatale darüber hinaus weiter vorgedrungen und haben auch bereits die 18 Kilometer jenseits der Grenze gelegene Stadt Demir-Histar nach vor angegangener Räumung durch die Griechen in Besitz ge nommen, desgleichen besetzten sie die Forts Dragotin und Janovo. Über den Zweck der bulgarischen Offensive ist nach Meldungen des „B. T." aus Lugano noch nichts bekannt/ doch handeln die Bulgaren, wie auch die Pariser Telegramme zugeben, in vollem Einverständnis mit Griechenland, denn die Räumung des Forts Rüpel und der übrigen Stellungen durch die Griechen und ihre Übergabe an die Bulgaren erfolgte stuf ausdrücklichen Befehl Ler Athener Regierung. In Saloniki besteht noch Ungewißheit, ob dis Bulgaren mit ihren Maßnahmen einem eventuellen Vorstoß des Entenleheeres zuvorkommen, oder ob sie ihrerseits die Offensive ergreifen, oder endlich, ob sie sich nur des äußersten Zipfels Ostmazedoniens bemächtigen wollen. Aus guter Quelle werden endlich große bulgarische Truppenbewegungen in der Gegend zwischen Oxilar und Lanthi gemeldet, sowie Vorbereitungen zum Bau der Brücke auf dem linken Ufer des Flusses Nestos, wie es scheint, um griechisches Gebiet zu erreichen und Kavalla besetzen zu können. Das noch im Strumatale stehende griechische Heer hat, wie verlautet, Weisung erhalten, zurückzugehen und sich zwischen Drama und Kavalla zu konzentrieren. Amtliche griechische Kreise rechtfertigen nach Mel« düngen Mailänder Blätter aus Athen den Rückzug der griechischen Truppen mit der Notwendigkeit, eitle Neutrali tätsverletzung zu vermeiden. Griechenland müsse den bul garischen Streitkräften das gleiche gestatten, wie den Fran zosen und Engländern, die Saloniki besehen. Der griechische Minister des Innern Gunaris erklärte, durch die Besetzung Salonikis und durch das Vorgehen der Entente Hube die griechische Verfassung aufgehört zu existieren; die Souve ränität und Unabhängigkeit Griechenlands ständen bloß auf dem Papier. Es herrschen Zustände, die nicht weiter geduldet werden dürfen.
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