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Rabenauer Anzeiger : 27.05.1916
- Erscheinungsdatum
- 1916-05-27
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Deutsches Stuhlbaumuseum Rabenau
- Digitalisat
- Deutsches Stuhlbaumuseum Rabenau
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id178001192X-191605272
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id178001192X-19160527
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-178001192X-19160527
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Bestände des Deutschen Stuhlbaumuseums Rabenau
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Rabenauer Anzeiger
-
Jahr
1916
-
Monat
1916-05
- Tag 1916-05-27
-
Monat
1916-05
-
Jahr
1916
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Aus der Kriegszeit. Eine Soldatenfreudc. Der Schützengrabenkrieg hat so ganz andere Lebens bedingungen geschaffen als der freie Bewegungskrieg. Jetzt heißt es, im langsamen zähen Ringen, dem Feinde Stück für Stück seines hartnäckig verteidigten Bodens zu entreißen. Da gibt es draußen Gefechtsstunden, in denen die Nerven sind wie straffgespannte Saiten, und es gibt darnach Tage des Wartens, des zermürbenden Wartens, Lage, Wochen gibt es im Felde, im harten Kampf, lange, lange Tage, Wochen im Lazarett. Die Tage des Wartens, die Tage im Lazarett, die find es, die unsern braven Feldgrauen so hart sind und die zu lindern unsere Pflicht ist. Es ist so leicht unseren Tapferen eine Freude zu machen. Fragt sie selbst, wonach sie sich sehnen. Was werden sie antworten? Schickt Bücher. Ja, schickt Bücher ins Feld, in die Schützengräben, in die Ruhequartiere, in die Lazarette. Allen ist Gelegen heit geboten, dieser Pflicht in der Reichsbuchwoche vom 28. Mai bis 3. Juni nachzukommen. Aber schickt uns gute Bücher. Für alte, nicht mehr gelesene Schmöker sind unsere Feldgrauen zu schade! Eine Statistik hat gezeigt, daß drei Bücher von den Soldaten am meisten bevorzugt werden, es sind dies: die Bibel, Goethes Faust und Nietzsches: Also sprach Zarathustra. Moderne Kriegslitcraiur wird von den Kämpfern zurück gewiesen. Dagegen finden die Werke unserer Freiheitssünger, Fichtes Reden, die Werke von Heinrich von Treitschke be geisterten Zu^um. Werte der pratlgchen Philosophie werden viel begeht. Volkswirtschaftliche Schriften wie Aussätze sozialpolitischen Inhalts sind viel begehrter Lesestoff. Die Heimats Zeitungen allein genügen unsern Feldgrauen nicht, wenngleich niemand sie missen möchte. Deutsche Geschäfts häuser selbst geben für ihre im Felde stehenden Angestellten Kriegszeitungen heraus und erhalten somit das Interesse zum Geschäft und damit zu deutscher Arbeit. Mit am erster Stelle werden Schriften religiösen Inhalts von denen ge fordert, die da täglich dem Tode ins Auge sehen. Schickt Bücher ins Feld! Gute, ernste und fröhliche müssen es sein; Geschickten, au denen die ovkaeregtea Nerven sich beruhigen Die kriegsfieuern. Die gegenwärtige Kriegstagung des Deutschen Reichs tags wird sich erheblich länger ausdehnen als alle vorauf- gegangenen, die sich auf einige wenige Sitzungen beschränkten. Das Gewicht der Beschlüße pflegte im umgekehrten Ver hältnis zur Länge oer Tagungsdauer zu stehen. Die Milliarden-Vorlagen über Kriegsanleihen wurden ohne jede weitschweifige und überflüssige Erörterung angenommen. Diesen Milliarden-Forderungen gegenüber handelt es sich bei den Steuervorlagen, die jetzt nach erfolgter grundsätz licher Verständigung darüber den Reichstag beschäftigen werden, gewissermaßen um Lappalien. Im ganzen sollen 500 Millionen Mark aus den neuen Steuern aufkommen. Diese Summe soll bekanntlich zur Verzinsung der aufge nommenen Kriegsanleihen dienen. Wie ein Privatmann, so hieß es in der amtlichen Ankündigung der Kriegssteuer vorlagen, gegen eine geordnete Wirtschaftsführung verstoßen würde, wenn er die Zinsen aufgenommener Schulden durch neue Schuldverbindlichkeiten begleichen wollte, so kann auch in der Wirtschaft eines Staates ein derartiges Verfahren nicht als zulässig erachtet werden, so lange der Staat noch über die Mittel verfügt, einen solchen Vorfall seiner Wirt schaft abzuwenden. Das war für die Regierung der be stimmende Gesichtspunkt, aus dem heraus die Steuervorlagen eingebracht wurden. Es wurde dabei von vornherein aus drücklich festgestellt, daß die jetzigen Vorlagen nicht eine Lösung der Frage nach der Deksting der gesamten aus dem Kriege sich ergebenden Belastung, bezweckten; daß an die Lösung dieser Aufgabe vielmehr erst nach Beendigung des Krieges herangetreten würde. An den Regierungsvorlagen, die außer der Kriegsge winnsteuer eine Erhöhung der Tabakabgaben, den Quittungs stempel, Kriegszuschläge auf die Postgebühren und einen Frachturkundenstempel vorsahen, hatte der Steuerausschuß des Reichstags so tiefgreifende Änderungen vorgenommcn, daß die Verbündeten Negierungen sich mit den Kommissions- beschlüfsen nicht einverstanden erklären konnten. Die Tabak steuer war ganz gestrichen, an Stelle der Ouittungs- eine Waren-Umsatzsteuer gesetzt und auch an den übrigen Steuer- entwürsen waren so einschneidende Änderungen vorgenommen worden, daß die Erreichung des mit der Anziehung der Steuerschraube verfolgten Zieles in Frage gestellt worden war. Angesichts dieser Sachlage versammelten die bundes staatlichen Ministerpräsidenten und Finanzminister sich in Berlin, um mit dem Reichsschatzsekretär über Mittel und Wege zu beraten, um doch noch zu einem alle Teile befrie digenden Ergebnis zu gelangen. Die Bemühungen wurden von Erfolg gekrönt. Es kam ein Kompromiß zustande, mit dem sich auch die Führer der Mehrheitsparteien des Reichs tags einverstanden erklärten. Nach der grundsätzlichen Eini gung darf man mit einem flotten Tempo der Beratungen sowohl in der Kommission wie im Plenum des Reichstags und mit dem Zustandekommen von Steuergesetzen rechnen, die dem Erfordernis genügen. Das deutsche Volk aber wird das Resultat der aufs gewissenhafteste geführten Beratungen seiner Minister und parlamentarischen Vertreter mit der Bereitwilligkeit entgegennehmen, mit der es alle aus dem Kriege erreichbaren unabänderlichen Lasten in der begrün deten Zuversicht auf sich genommen hat, daß die großen Opfer nicht umsonst dargebracht werden, sondern daß sie uns in diesem heiligen Kriege den endgültigen Sieg und den ehrenvollen, dauernden Frieden sichern. Die Tabak- und Zigarrensteuer soll mit der Einschränkung Gesetz werden, daß der Wertzoll erst erhoben wird, wenn im Tabakgewerbe wieder normale Preise eingetreten sind. Vom Frachturkundenstempel sollen die Industrie-Anschluß bahnen, die lediglich den Anschluß bestimmter Betriebe an die Staatsbahnen besorgen, freibleiben. Bei den Kriegs zuschlägen auf die Postgebühren handelte es sich vornehmlich darum, ob die Zuschläge befristet werden sollten, d. h. ob die Regierung verpflichtet werden soll, die Gebührenerhöhung zwei Jahre nach Friedensschluß aufzuheben oder zu noch maliger Beschlußfassung dem Reichstage vorzulegen. Aus dem Kompromiß über die Kriegsgewinnsteuer lautet die wichtigste Bestimmung: Die im Besitzsteuergesetz vom 3. Juli 1913 bezeichneten Personen, deren Vermögen am 31. De zember 1916 gegen den Stand zu Beginn des Veranlagungs- zeitraums einen Zuwachs oder keine Verminderung um mindestens 10 v. H. erfahren hat, haben zugunsten des Neickes eine außerordentlicke Krieasabaabe zu entrickten. Die Avgave vöm Zuwachs wird um erhoben, wenn der festgestellte Vermögenszuwachs den Betrag von 3000 Mark und das Vermögen am 31. Dezember 1916 den Gesamtwert von 6000 Mark übersteigt. Beträgt das Vermögen am 31. Dezember 1916 nicht mehr als 13 000 Mark, so unter liegt der abgabepflichtige Vermögenszuwachs nur insoweit der Abgabe, als durch ihn ein Vermögensbetrag von 10 000 Mark überschritten wird. Die Umsatzsteuer beträgt ein Tausendstel des Lieferungsgeschäftes, sie wird erst von den geleisten Zahlungen erhoben und gelangt nicht zur Er hebung, wenn der Umsatz den Gesamtbetrag von 3000 Mark im Jahr nicht übersteigt. MMchM. Die russische Säugpumpe zieht nicht mehr. Der russische Finanzminister Bark, der nach Frankreich und Eng land reifen wollte, bleibt mit seiner Säugpumpe zu Hause. Die finanzielle Notlage in den Ländern des Vieroerbands ist nun auf den Punkt angelangt, wo sie die Riegel vor alle Türen schieben müssen, um nicht noch von außen her ihre eigene wirtschaftliche Lage ungünstig beeinflussen lassen zu müssen. So sind alle Pläne, die mit Barks Reise zu sammenhingen, zu Seifenblasen geworden. Einstimmig hat die französische Kammer beschlossen, fremde Wertpapiere nur in engen Grenzen aufzunehmen. Englands großer Geldsack ist bereits bedenklich durchlöchert, und Amerika hat seit eini ger Zeit Japan den Vorrang überlassen, Rußland gegen Pfänder statt Geld Kriegsmaterial zu liefern. Da Bark in seiner Mappe wohl nicht mehr viele solcher Pfänder, die genügende Sicherheit böten, hatte, gab man ihm jedenfalls zu verstehen, daß die Türen für ihn geschlossen seien. Um den ungünstigen Eindruck, den das Aufgeben des mit solchem Tamtam hinausposaunten Barkschen Reisevlanes erwecken muß, abzuschwächen, mußten die Petersburger Regierungs blätter einer Kopenhagener Meldung der „Köln. Ztg." zu folge erklären, daß eine Reise Barks ins Ausland niemals geplant gewesen sei. Nach einer weiteren Meldung bean tragte Bark im russischen Ministerrat, daß ihm besondere Befugnisse erteilt würden, die ihn imstandsetzten, die Banken aufs strengste zu überwachen. In Sachen der Lebensmitteldiktatur wird von konservativer Seite, ähnlich wie unlängst vom Bayrischen Landwirtschaftsrat, vor einer zuweitgehenden Zentralisierung im bundesstaatlichen Jnteres e gewarnt. Man solle keinen allgemeinen Ausgleich zwischen Überfluß- und Bedarfs gebieten im Reiche schaffen, sondern es benachbarten Bundes staaten überlassen, sich untereinander auszugleichen; so könne z. B. Bayern als Überschußgebiet mit dem Königreich Sachsen als Bedarfsgebiet verbunden werden und ebenso etwa die mitteldeutschen Kleinstaaten untereinander oder auch mit Preußen, das in sich selber wiederum genug Aus gleichsmöglichkeiten besitze. Dagegen könnten die Bestim mungen des Reichs sich auf wenige Ausnahmefälle beschränken. In größeren Bundesstaaten, wie z. B. Preußen, sollte sogar jede Provinz in sich selber einen Ausgleich suchen. Dem gegenüber erklärt die „Magd. Ztg.", daß sie einen derartigen Vorschlag zurzeit für geradezu ungeheuerlich halte. Zentrali sierung ist unumgänglich notwendig, und zwar schleunige Zentralisierung. Staatssekretär Delbrück a» die Fortschrittspartei. Auf eine telegraphische Kundgebung anläßlich des bevor stehenden Wechsels im Reichsamt des Innern festens der Reichstagsfraktion der Fortschrittlichen Volkspartei erwiderte Staatssekretär Delbrück: Für die Worte liebenswürdiger Teilnahme und freundlicher Gesinnung, die Sie mir an läßlich meiner Erkrankung und meines Rücktritts übermittelten, meinen verbindlichsten Dank. Ich hoffe auch später, wenn auch fern von amtlichen Geschäften, dem Wohle der deutschen Volksgesamtheit dienen zu dürfen, dem die Arbeit meines Lebens gewidmet war. Friedsnsvermittler. Nach Londoner Meldungen aus Madrid werden zwischen dem Papst und dem König Alfons von Spanien einerseits und dem Papst und dem Präsidenten Wilson andererseits Verhandlungen zur Herbeiführung des Friedens geführt. Das Hauptziel dieser Bestrebungen ist laut „Voss. Ztg." zunächst, die Mächte zu einem Waffen stillstand zu veranlassen, während dessen die Verhandlungen eingeleitet werden sollen. König Alfons ist der Überzeugung, daß ein Waffenstillstand den Frieden sicher herbeiführen wird. können; und welche, die die Müdgewordenen wieder müttg machen und lachen lehren. Bücher, die den Heimatfernen Heimatklängc bringen und ihre Herzen nur immer fester binden an das geliebte deutsche Vaterland! Bücher, die von irdischen und solche, die von ewigen Dingen reden! Auch die deutschen Kriegsgefangenen bedürfen in Feindes land der seelischen Erheiterung. Schon viele Tausende Bücher guten, erhebenden und erheiternden Inhalts haben ihren Weg nach England, Frankreich, Sibirien angetreten. Und noch vieler Tausend bedarf es, da diese Bücher nur geheftet verschickt werden dürfen, ihre Lebensdauer also sehr kurz ist. Die Deutsche Dichter Gedächtnis Stiftung hat eine große Anzahl Einakter an die verschiedenen Lager versandt, vor allem Heinrich von Kleists „Zerbrochener Krug" und als leichte Ware „Die zärtlichen Verwandten" von Benedix. Hoffentlich erreichen diese Bücher ihrenZ weck, den Gefangenen Langeweile und seelischen Druck zu erleichtern, sie einmal gründlich aufatmen und lachen zu lasten! Steure jeder nach seinem Vermögen und seinem Gewissen der Reichsbuchwoche sein Schärflein bei! General Joffre und „die Advokaten." Für die französischen Generale und höheren Offiziere ist es kenn zeichnend, daß sie durchweg nicht gut auf „die Advokaten", das bedeutet in diesem Falle auf die Minister und Abge ordneten, die sich meist aus dem Advokatenstande rekrutieren, zu sprechen sind. Auch diejenigen Generale, die zu Kriegs ministern oder zu Generalgouverneuren (Höchstkomman dierenden) von Paris berufen wurden, an deren republika nische Gesinnung also kein Zweifel bestand, gerieten bald mit den „Zivilgewalien" zusammen. Wenn es auch nicht laut ausgesprochen wurde, so merkt man es doch „am Rauch, daß Feuer da war." Auch der französische Kriegs-Generalissimus Joffre, seiner Waffe nach bekamstlich Genie-(Pionier-)Offizier, hat noch nie zu den Freunden „der Advokaten" gehört, wenn er gleich kein Gegner der republikanischen Staatsform ist. Wohl aber bekämpfte er entschieden die Pariser Günstlingswirtschaft, wegen der er zu wiederholten Malen mit seinem Rücktritt drohte. Das haben ihm die einflußreichen Herren im Palais Luremburq, tm Senat, und . tm Palais Bourbon, der Sa es jeder der kriegführenden Parteien unmöglich sei, dK Streitigkeiten wieder aufzunehmen. Zur Lebensmitteldiktatur. Laut „Voss. Ztg." wird in der neuen Reichs - Lebensmittel - Zentrale die Obersts Heeresleitung durch den General Grüner, den ver dienten Chef des Eisenbahnwesens, vertreten sein. Er wird die im Reichsinieresse notwendig werdenden Anordnungen an die Generalkommandos zu erlassen haben. Dem „B. T." zufolge handelt es sich bei dem Entwurf über die Neurege lung der Volksernährungsfragen, der dem Bundesrat zuge gangen ist und von ihm am Montag genehmigt wird, um ein ganz kurzes sogen. Ermächtigungsgesetz, das dem Reichskanzler die Befugnis gibt, alle Lebens- und Futter mittel samt den dafür erforderlichen Rohstoffen zu beschlag nahmen, zu enteignen, zu verteilen und die Preise dafür zu regeln. Alle Verwaltungsbehörden im Reiche haben den darauf bezüglichen Weisungen des Kanzlers Folge zu leisten. Gleichzeitig wird der Kanzler ermächtigt, alle die Befugnisse einer neuen Behörde zu übertragen, deren Einrichtung und Zu sammensetzung wiederum allein dem Reichskanzler zustehen soll. Strafverfahren wegen Überschreitung der Höchst preise. Das königliche Polizeipräsidium Berkin-Lichtenberg teilt mit, daß in Berlin-Lichtenberg in der Zeit vom 1. bis 15. Mai d. Js. gegen 103 Gewerbetreibende wegen Über schreitung der Höchstpreise und Übertretung der sonstigen zm Sicherung der Volksernährung während des Krieges er lassenen Verordnungen Strafverfahren eingeleitet worden sind. Als neuen Staatssekretär des Reichsamts des Innern bezeichnet das „B. T." mit großer Bestimmtheit den Reichsschatzsekretär Helfferich, der damit zugleich Vize kanzler wird. Die Ernennung der neuen Männer sollte dem genannten Blatte zufolge bereits am Wochenschluß erfolgt sein und die amtliche Publikation unmittelbar bevor- stehen. Die Entscheidungen über die Lebensmitteldiktatur und über die Neubesetzung des Staatssekretariats im Reichs amt des Innern sind voraussichtlich bereits erfolgt, wenn diese Zeilen in die Hände unserer Leser gelangen. Ain Sonnabend traf der Kaiser aus dem Großen Hauptquartier zu kurzem Aufenthalt in Berlin ein. Für Montag nach mittag war eine Sitzung des Bundesrats anberaumt worden, in der über die dein Kaiser zu unterbreitenden Vorschläge Beschluß gefaßt werden sollte. Seinem lieben Generaloberst v. Kluck sandte der Kaiser zum 70. Geburtstage seine herzlichsten Glückwünsche in einem Telegramm, worin cs heißt: Ich benutze diesen Anlaß gern, Ihnen aufs neue meinen königlichen Dank auszusprechen für Ihre mir und dem Vaterlande bis zu Ihrer großen Verwundung geleisteten Dienste. Was Sie in langjähriger Friedenslätigkeit, besonders als kommandieren der General des 1. Armeekorps geleistet haben, und was die 1. Armee in diesem schweren Kriege unter Ihrer Füh rung an Sieg und Ruhm erfochten hat, das wird die Ge schichte der Nachwelt künden und in deni dankbaren Ge dächtnis Ihres Kaisers und Kaisers und Königs unvergessen bleiben. Deutscher Reichstag. 51. Sitzung vom 20. Mai. 11 Uhr 15 Min. Präsident Kacmpf teilt mit, daß eine Resolution bctr. Lederbezug für Schuhmacher-Innungen mit zur Beratung gestellt sei. Ferner wild beschlossen, die Frage der Kriegsheimstätten beim „Wohnungswesen" zu besprechen. Abg. Schiele (Kons.): Trotz der schwierigen Verhältnisse ist eine wirtschaftliche Notlage der Arbeiter nicht hervor getreten, das verdanken wir der Tatkraft der Unternehmer sowohl wie der Arbeiter. Die Reichsbehörden sollten die Lieferungs-Verbünde mehr berücksichtigen. In der Ernährungs frage müssen wir von einem Existenz-Minimum ausgehen sowohl für die Bevölkerung, wie für die Kriegsteilnehmer. Die Gefangenen dürfen nicht etwa besser ernährt werden, als diese. Die Sonntagsarbeit, namentlich der Jugendlichen, muß aufs äußerste beschränkt werden, die Frauen müssen in erster Linie ihrem natürlichen Berufe in der Familie erhalten blciben. Die Sparerlasse stellen eine pflegliche Behandlung unserer Jugend dar, die Militärverwaltung hat hier ein gutes Werk getan. Bei der Überleitung des Kriegszustandes in den Friedenszustand ist der Wiederaufbau der Handels- Deputicrtenlammer, nicht vergeßen, und so hur der General bei jeder Gelegenheit Nadelstiche auszuhalten, die sich bis in die Parlaments-Debatten hinein verpflanzt haben. Der Ärger hat den im vorgerückten Alter stehenden General mitgenommen. Aus den französischen Kriegsbildern ersieht man, daß General Joffre, der früher den Höchstkommandiercnden durch körperliche Strammheit zum Ausdruck brachte, jetzt etwas gebeugt ist. Er ist ein sehr mäßiger und nüchterner Mann, dem alle Küchenkunststücke keinen Respekt abgewinnen können, der also von selbst nach der Gesundheit lebt. An Strapazen ist er gewöhnt, so daß schon anzunehmen ist, daß ihn die Verdrießlichkeiten seines hohen Postens mehr mitgenommen haben, als die eigentlichen Beschwerde. Er hat sich uns Deutschen nicht immer so ritterlich betragen, wie man es wohl hätte erwarten sollen, und wir haben daher nur Tat sachen zu verzeichnen. Daß es den Politikern so leicht ge lingen wird, dem General die Kommandogewalt zu ent winden, ist kaum anzunehmen, denn an ein Bessermachen ist jetzt nicht so leicht zu denken, aber ob er selbst nicht die Sache „satt" bekommen wird, ist etwas anderes. „Generale und Advokaten" vertragen sich jenseits der Vogesen nicht. Der geschenkte Gault Es stützt an seinem Sorgen- tisch — Den Kopf schwer in die Hand — Viktor Emanuel bedrückt — Und denkt: „Welch Unverstand! — Vor einem Jahr bot Süd-Tirol — Franz Joseph an mir schon, — Wenn nur zum Dreibund hielte ich, — Als meiner Treue Lohn. — Doch wollten meine klugen Herrn — Nicht den geschenkten Gaul, — Und heute steht es gerade dort — Mit uns ganz oberfaul. — Griff ich vor einem Jahre zu, — So war das alles mein, — Jetzt hab ich nichts als Hiebe weg; — Wie gründlich fiel ich rein! — Als Sieger wollte weiter ich — Hinauf zum Kapitol — Das war ein Traum, — Ein Traum auch bleibt's, — Kriegslorbeer fahre wohl!"
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