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Rabenauer Anzeiger : 29.04.1916
- Erscheinungsdatum
- 1916-04-29
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Deutsches Stuhlbaumuseum Rabenau
- Digitalisat
- Deutsches Stuhlbaumuseum Rabenau
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id178001192X-191604296
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id178001192X-19160429
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-178001192X-19160429
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Bestände des Deutschen Stuhlbaumuseums Rabenau
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Rabenauer Anzeiger
-
Jahr
1916
-
Monat
1916-04
- Tag 1916-04-29
-
Monat
1916-04
-
Jahr
1916
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Die letzte Kriegswoche. Unser Rocht auf Zuverficht. Kritische Tage kn Frankreich und England. In Kleinasien und am Balkan. Wir dürfen Ostern in der stoben Zuversicht deS end gültigen Steges über alle unsere Feinde feiern. Unsere militärische Lage war noch nie so stark und aussichtsreich wie jetzt, da wir auf allen übrigen Kriegsschauplätzen einen unüberwindlichen Damm gegen unsere Feinde aufgerichtet und im Westen den Stier bei den Hörnern gefaßt haben um unsern heftigsten Gegner da zu Falle zu bringen, wo er am stärksten ist. Aus diesem Grunde geht auch die all gemeine Meinung dahin, daß die Entscheidung von Verdun die des ganzen Krieges sein wird. Wie diese Entscheidung ausfallen wird, daran kann kein Zweifel mehr obwalten. Es mehren sich auch die Stimmen derer, die behaupten, daß mit Lem Ringen um Verdun der Vorhang vor dem letzten Akt des blutigen Kriegsdramas aufgezogen ist, und daß der sieg- und ehrenreiche Frieden nicht mehr allzu lange aus bleiben kann. Wirtschaftlich haben wir auch diesen Winter durchgehalten und damit den einmütigen Siegeswillen des gesamten deutschen Volkes dokumentiert. Es war nicht immer ganz leicht; aber wir können mit freudigem Stolz auf die vergangene Periode zurückblicken. Geleistete An strengungen sind angenehm, sagt ein Sprichwort der alten Römer. Auf den Fluren grünt und sprießt das junge Gras, der Futtermangel ist überstanden und damit die schlimmste Not behoben. Eine gute Ernte steht in Aussicht, das Wirt» schaftsabkommen mit Rumänien verspricht uns reiche Zufuhren und bei weiterer Ausgestaltung auch für die spätere Zukunft Ersatz für überseeischen Import. Wir haben daher nach jeder Richtung hin ein Recht darauf, Ostern in froher Zuversicht zu feiern und jeder Bangigkeit und Zaghaftigkeit Valet zu geben. Es ist Ostern geworden, und es muß Frühling werden, auch ein Völkerfrühling und Frieden auf Erden. Die Kämpfe um Verdun, die seit dem 21. Februar toben, führen uns langsam, aber stetig dem Ziele näher. Den Franzosen ist der Spott, mit dem sie die deutsche Offensive gegen die vorgeblich uneinnehmbare Festung, das stärkste Bollwerk der französischen Grenzwacht, ursprünglich bedachten, gründlich vergangen. Sie haben gelogen, was das Leder hielt, so lange es irgend möglich war, und die deutschen Erfolge als verlustreiche deutsche Niederlagen dar zustellen versucht. Ihr flehentlicher Schrei um Entsatzoffen- siven, die von den Verbündeten mit den bekannten Miß erfolgen aufgenonimen wurden, bewies, welche Bewandtnis es mit den prahlerischen Behauptungen hatte. Heute prahlt Paris nickt mehr, sondern es zittert in dem Gedanken der Unabwendbarkeit des Falles von Verdun. Die französische Regierung wird verantwortlich für das Unheil gemacht, das über die Republik hereinzubrechen droht; die Tage des Kabinetts Briand sind gezählt. Und in England, das teils aus Unvermögen, teils aus Eigennutz die erflehte Hilfe unterließ, steht bereits mitten drin in einer ernsten Krise und erlebt einen Kabinettswechsel, den Premierminister Asquith als ein nationales Unglück bezeichnete, wenn nicht während der Ostertage innerhalb der 23°Männer°Regierung eine Ver ständigung über die Wehrpflichtfrage erzielt wird. Willigt der liberale Premier nicht unter Bruch seiner feierlichen Zu sage und des Programms seine) Partei in die Ausdehnung der Wehrpflicht auf die Verheirateten, dann steht England vor der Aufrichtung einer Militärdiktatur, wie sie schlimmer noch kein europäischer Staat erlebt hat. Die Rechtsver letzungen, die England sich gegen die neutrale Schiffahrt erlaubt, um Deutschland auszuhungern und einen Konflikt zwischen diesem und Nordamerika herbeizuführen, verursachen eine steigende Empörung aller Neutralen, die den Schutz der kleinen Staaten durch England in seiner wahren Gestalt gründlich kennen lernen. Die Russen haben seit ihrer im Sumpf und Blut er stickten Entsatzoffensive erneute Vorstöße größeren Umfangs nicht inehr unternommen weder gegen die Armee Hindenburg noch an der beßarabischen Grenze. Um so größeres Aufhebens machen sie mit der Einnahme von Trapezunt, der alten Handelsstadt an der Südküste des Schwarzen Meeres. Trapezunt hat auch noch nicht entfernt den fortifikatorischen Wert wie Erzerum, das seinerseits als eine Festung im modernen Sinne bekanntlich nicht anzusehen war. Der Handels- und Stapelplatz am Schwarzen Meer hat sein« Lebmmauer und seine Zitadelle, die vor der Erfindung de« M»-—««»--«MI— Der Kraner von Seat. Historischer Roman aus Flanderns Vergangenheit von Werner von Wolffersdorff. 64 Mögen sie alle ihren Vater jetzt mit Haß verfolgen und diesen Haß auch auf die Tochter übertragen, meiner grenzenlosen Liebe zu ihr tut das nicht im geringsten Ab bruch. Sagt ihr das, wenn Ihr wieder mit ihr zusam- mentrefft." „Lie kommt nicht wieder hierher, Herr Junker, und ich kann nicht zu ihr gehen." Hendrick van Dugck sah ein, daß mit dieser alten Frau nicht viel anzusangen war, die nicht im Stande war seine Liebe zu begreifen. Es war daher besser, er ließ dieselbe aus dem Spiele und versuchte selbst, den Aufent halt Blancas wieder ausfindig zu macken, sie konnte doch nicht aus der Welt verschwunden sein und wenn er alle Hebel in Bewegung setzte, wenn er jede verfügbare Stunde darauf verwendete, so fand sich schon eine Spur. Er be saß in Humbert und Meta von Artevelde treue Verbün dete in seiner Liebe, die würden ihm gewiß Helsen. „Schließt Euer Haus wieder, Mutter Brigitte," mit diesen Worten entfernte er sich. Noch einmal blieb er stehen, als er. bereits ein Stück des Weges gegangen war und prägte sich diese Gegend, soweit es die mehr und mehr hereingebrochene Dunkel heit zuließ, in sein Gedächtnis ein. Von hier aus mußte er mit seinen Nachforschungen beginnen und so Schritt sür Schritt weitergehen, bis er die erste Spur von Blanca entdeckt hatte. 23. Kapitel. Ilm dieselbe Zeit schlich sich eine dicht verhüllte Frau engestalt in weitem Bogen um das Rathaus von Gent. Sie musterte jedes einzelne Fenster, von denen einige noch Tchießpulvers Schutz gewährt haben mögen, heute jedoch für die Verteidigung überhaupt nicht in Betracht kommen. Infolge des Mangels an Eisenbahnen und fahrbaren Straßen war die Heranführung türkischer Verstärkungen nahezu un möglich. Die Trapezunter Besatzung hat heldenmütig stand gehalten und ist dann der russischen Übermacht gewichen, ohne allzu große Verluste erlitten zu haben. Trapezunt liegt unweit der russischen Grenze; wichtige Entscheidungen werden erst erfolgen, wenn die russischen Streitkräfte mit der türkischen Hauptmacht zusammenstoßen. Dann werden die Prahlereien des Großfürsten Nikolai Nikolajewitsch ein jähes Ende nehmen. In Mesopotamien, wo der bei Kut-el-Amara iingeschlossenen Armee Toweshend das Wasser bereits bis zum Halse steht, ist eine schwere englische Niederlage unab wendbar geworden. Neugierig darf man sein, was schließ lich aus dem Saloniki-Unternehmen werden wird, an dem Frankreich im Hinblick auf die harte Bedrängnis im eigenen Lande jedes Interesse verloren zu haben scheint. Die Schuhriegeleien die fortgesetzt gegen das neutrale Griechen land begangen werden, haben dort die Volksstimmung gegen die Entente zu loderndem Haß entflammt. Italien fühlt sich in der eigenen Haut nicht mehr wohl, feine Mißerfolge und trostlosen Aussichten erklären die üble Stimmung vollauf; sein einziger Trost ist es noch, in der Entente einen eben bürtigen Genoffen an seiner Seite zu haben, das ruhmreiche unvergleichliche Portugal!! Der MrkWe Krieg. In Mesopotamien ist die Lage der in Kut-el-Amara eingeschlossenen 12 VÜO Mann starken englischen Armee des Generals Townshend sehr mißlich. Der feindliche Führer hat, um die Schwierigkeiten der Verpflegung zu beheben, kürzlich die Stadt von der Bevölkerung räumen lassen und erwartet, daß Flugzeuge kleine Säcke mit Mehl abwerfen. Die Räumung von der Zivilbevölkerung zur Be seitigung unnützer Esser findet gewöhnlich vor der Einschlie ßung von Ortschaften statt, nicht aber erst nach erfolgter Zer nierung. Wenn sie jetzt von Townshend vorgenommen wurde, so geschah es wohl in der Voraussetzung, daß die Türken nicht auf ihre eigenen Landsleute schießen würden. An der Kaukasusfront, hauptsächlich auf dem rechten Flügel im TschorukabschniLt, wo Trapezunt liegt, nimmt die Schlacht, dem türkischen Berichte zufolge, eins« heftigen Charakter an. Ein Versuch des Feindes, um den Preis großer Verluste vorzurücken, wurde durch Gegen angriffe türkischer Truppen vereitelt. Der Feind, der die Lage ausnutzt, die ihm der befestigte Platz von Baturn bietet, drückt von Zeit zu Zeit durch "daS Fcuer seiner Schiffe türkische Küstenbeobachtungsabteilungen in Lasistan zurück und gewinnt, indem er seine Landkräfte verstärkt und so viel als möglich unterstützt in den Operationen die Oberhand. Wer die dort stehenden türkischen Truppen versuchen, ohne Rücksicht auf ihre kleine Zahl, durch ihre Tapferkeit Lie feindlichen Operationen zum Scheitern zu bringen. Nach den russischen Berichten Hai die Schlacht im Tschorukgebiet, östlich Trapezunt, mit dem Rückzug der Türken und der Einnahme der Stadt durch die Russen geendet. Die militärische Lage der Engländer am Tigris hat sich nach Londoner Meldungen plötzlich wieder verschlechtert. Die Türken haben zwei neue Divisionen in den Kampf geworfen und versuchen ihrer seits nun ein ÜöerflügelMgsmanöver, begünstigt durch ihrs arabischen Parteigänger, die geheime Brunnen wissen. General Gorringe soll verwundet sein. Zur Einnahme vor» Trapezunt sagt die „Kölnische Zeitung": Di« strategische Lage auf dem armenischen Kriegs schauplatz war für die osmanisch« Armes von jeher durch den Mangel einer leistungsfähigen Verbin dung mit dem Kernland sehr mißlich. Unter diesen Umständen mußte die oberste türkische Heeresleitung damit rechnen, daß es der russischen Übermacht gelingen könnte, Erzerum und Trapezunt in ihren Besitz zu bringen. So schmerzlich auch der etwaige Verlust der Festung und des Hafens war, so gab er doch nickt die Entscheidung, die erst fallen könnte, wenn die Ruffen die Kraft Haven sollten, ihren Vormarsch nach Westen durchzuführrn und die türkisch« Hauptarmee zu schlagen. Damit bat es noch gute Wege. Wie bei Erzerum ist auch bei der Einnahme von Trapezunt der Hauptgewinn für die Russen der moralische Ein druck, den die Nackricht bei ihrem Volk und bei der» Kürrbesgettoffest haben wird. Es üMMgi keinem Zwekfeh daß ihre Presse den Erfolg, der im wesentlichen em Ge- ländegewinn ist, nach Kräften ausschlachten wird. Um fo mehr soll darauf hingewiesen werben, daß cs sich nicht am eine o p erativ e oder strategische Entschei dung bandelt. Der Seekrieg. Wilsons letztes Wort? Die Vorsitzenden ber beiden Kongreß - Kommissionen für Auswärtige Angelegenheiten halten nach einer Meldung Lügen-Reuters aus Washington im Weißen Hause eine Konferenz mit dem Präsidenten Wilson, bevor dieser seine Erklärungen über den Stand der N-Boot-Frage vor dem Kongreß abgab. Die Tatsache, daß der Präsident eine vereinigte Sitzung ausschrieb, verursachte lebhafte Erregung unter den Mitgliedern des Kongresses und unter den Diplomaten. Der Senat hatte kurz darauf das Gesetz über die Reorganisation der Armee angenommen, wodurch das Heer um eine halbe Million Mann erhöht wird. In diesem Zusammenhänge wird weiter mitgeteilt, daß der deutsche Botschafter Graf Bcrnstrosf auf sein Er suchen eine Besprechung mit dem Staatssekrektör Lansing hatte. Hollands Klagen über englische SeerviükLr. Ein Rotterdamer Blatt fragt: Was ist England gegenüber von der wirllchaftlichen Selbständigkeit Hollands übrig geblieben? Unsere Briefe, selbst die für unsere Kolonien, werden von unseren Schiffen geholt. Unsere Erzeugnisse können nicht mit unseren Schiffen verfrachtet werden, außer wenn Eng land feine Zustimmung erteilt. Die Rohstoffe für unsere Industrie werden uns vorenthalten. Den Dünger für unseren Ackerbau können wir nicht bekommen. Unsere Jndurie steht unter der Aufficht englischer Agenten. Die dank unserer wirtschaftlichen Freiheit gegenüber Deutschland dort gekaufte Steinkohle, also unser Eigentum, wird von unsern Schiffen geholt. Es wird der Versuch gemacht, durch wirtschaftliche Zwangsmittel unsere Schiffe in den Dienst englischer Inter essen zu stellen. Unser ganzes wirtschaftliches Leben, unsere Nahrung, unser Verkehr, unser Hande! und unsere Industrie, unsere Schiffahrt, man kann ruhig sagen, unsere ganze nationale Entwicklung und unsere nationale Wohlfahrt werden unter Englands Wohlwollen gestellt, das nicht sehr groß ist. Englands brutaler Despotismus. Die Beteuerungen Englands, so sagt ein holländifches Blatt, daß die Pariser Konferenz nichts gegen Holland beschlossen habe, sind Humbug und nur dazu bestimmt, Lie von England uns gegenüber auszuführenden Gemaltmaßregeln zu verschleiern. Schon damals bereitete England die Maßnahmen vor, um sich selbst den größten Teil des holländischen Schiffsraumes zu sichern. Das ist ein Angriff auf Hollands nationales Dasein und den holländischen Seehandel. England be hauptet, die Welt gegen Deutschlands Despotismus schützen zu wollen, doch übt es selbst einen brutalen Despotismus aus. Dic englische Labmetts-Krise. Über den Ausgang der Londoner Kabinettskrise, die durch die Uneinigkeit der Minister über die Wehrpflichts frage entstanden ist und die während der Ostertags zur Lösung nach der einen oder anderen Richtung gebracht werden soll, gehen die Meinungen noch auseinander. Premier minister Asquith erklärte vor dem Unterhause, daß, wenn eine Verständigung nicht gefunden würde, der Zusammen bruch der Regierung erfolgen müßte, der ein nationales Un glück wäre. Mit dieser pathetischen Begründung ersuchte der Premier um eine Vertagung der Entscheidung bis zum dritten Osterfeiertage. Auch im Oberhause hatte diese Er klärung große Sensation hervorgerufen. Das konservative Kabineitsmilglied Lord Landsdowne erklärte, die eingetretene Verzögerung sei nicht auf Entschlußlosigkeit zurückzuführen, aber die Anschauungen, denen die Minister huldigten, seien so tief eingewurzelt, daß im Augenblick keine Möglichkeit bestehe, einen Mittelweg zu finden, auf dem man aus der schwierigen Lage herausgelangen könnte, der Zusammenbruch der Regierung würde nicht nur in England, sondern auch bei den Alliierten und in den Kolonien eine bedauerns werte Wirkung haben. erleuchtet waren, während hinter den weitaus meisten tiefe Finsternis gähnte, da die Zeit vorüber war, wo in den Räumen emsige Tätigkeit zu herrschen pflegte. Ein vorübergehender Passant fand dieses Gebühren de» weiblicken Wesens, dessen Gesicht er nicht erkennen konnte, auffällig, deshalb trat er an sie heran mit der Frage: „Was suchet Ihr denn dort oben zu erspähen?" Die Gefragte erschrak heftig und wollte sich rasch ent fernen, der Mann aber hielt sie am Arme fest. „Warum wollt Ihr forteilen, ich meine es doch nur gut mit Euch und will Euch gerne Ausschluß geben, wenn Ihr solchen über etwas wünscht. Ich vermute, Ihr sucht Jemand auf dem Rathause?" Es war Blanca von Leuven, die um diese Stunde noch hier umherirrte. Sie war sich eigentlich selbst nicht klar, was sie hier wollte — es war ein unbestimmtes Gefühl, welches sie hierhertrieb, weil sie hoffte, hier ihren Vater zu finden, dessen Aufenthalt sie noch nicht hatte erfahren können. In das Fischerhäuschen zu der alten Brigitte härteste nicht zurückkehren wollen, daher hatte sie sich einstweilen in das Kloster der Clarissinnen geflüchtet, dort war sie sicher vor allen Verfolgungen und dann wollte sie alles, was sie vermochte, daran setzen, um zu ihrem Vater zu gelangen, dessen Aufenthalt zu erforschen. Sie zögerte mit einer Antwort, dem Unbekannten gegenüber, dessen Anrede sie erschreckt halte, obgleich dessen freundliche Stimme durchaus nichts Schreckhaftes an sich hatte. Sie wurde auch einer Antwort enthoben, denn jetzt erschienen mehrere Personen auf der mächtigen Frei treppe der Rathauses, die aus dem Gebäude kamen und dasselbe verlassen wollten. „Der Statthalter von Flandern!" rief der Mann, der Blanca am Arme gefaßt hatte, unwillkürlich leise aus. «Herr Iakob von Artevelde. Bis spät in die Nacht hi ¬ nein ist er für das Wohl Flanderns und der Stadl wem tätig." „Wie sagt Ihr, es sei Herr von Artevelde?" fragte Blanca plötzlich, deren ängstliche Schüchternheit jetzt ge wichen war. .Er ist es," entgegnete der Unbekannte. „Wenn Ihr den sucht, so braucht Ihr Euch nicht mehr weit zu be mühen." Ein seltener Mut und Entschlossenheit kam über Blanca. Sie betrachtete das so unvermutete Erscheinen Iakob von Arteoeldes, als einen Fingerzeig des Him mels, noch einen Versuch jur Rettung ihres Vaters zu wagen, nachdem der erste ohne Erfolg gewesen war. Mög lich, daß die Stande nicht geeignet gewesen war. Wie ein gehetztes Reh eilte sie über den Platz und langte gerade noch an, als der Brauer von Gent die Treppenstufen hrrabschritt. Die Umgebung wurde durch eine mächtige Laterne erleuchtet, sodaß Blanca von Leu ven den Statthalter von Flandern sofort wieder aus der Zahl der ihn begleitenden Männer, es waren dies außer den in einiger Entfernung folgenden Trabanten, drei, un ter ihnen Nikolaus von Warden, der zur Rechten Artevel des ging und diese beiden eng befreundeten Männer un terhielten sich auch ausschließlich miteinander, heraus fand. Aber Blanca versagte die Zunge, als sie den Männern gegenüberstand, sodaß sie zunächst kein Wort herauszu- bringen vermochte und sie nur die Hände flehend zum Himmel erhob. Die Hülle hatte sie bereits von ihrem Gesicht zurückgeschlagen. Das flackernde Licht der La terne siel auf dasselbe und übergoß es wie mit einem ma gischen Schein. Sie war von hinreißender Schönheit und diese Schönheit wurde auch nicht durch den Schmerz ge mindert, der sich deutlich in ihren Zügen ausprägte. Trotz ihrer bittenden Stellung lag doch etwas Hoheits- volles in ihrem Wesen, daß man ihr unbedingt Achtung entgegenbringea mußte.
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