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Rabenauer Anzeiger : 27.07.1915
- Erscheinungsdatum
- 1915-07-27
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Deutsches Stuhlbaumuseum Rabenau
- Digitalisat
- Deutsches Stuhlbaumuseum Rabenau
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id178001192X-191507271
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id178001192X-19150727
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-178001192X-19150727
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Bestände des Deutschen Stuhlbaumuseums Rabenau
- Bemerkung
- Vorlagebedingter Textverlust
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
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Zeitung
Rabenauer Anzeiger
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Jahr
1915
-
Monat
1915-07
- Tag 1915-07-27
-
Monat
1915-07
-
Jahr
1915
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BermisHte Nachrichten. Ein Jeiud der amerikanischen Waffenausfuhr. In dem früheren Staatssekretär des Auswärtigen Bryan ist den einseitigen Waffenlieferungen Amerikas an England und Frankreich ein energischer Gegner erstanden. In seiner letzten Agitciiionsrede in Boston forderte Bryan, dessen An- Hängerschaft dauernd wächst, die Arbeiterschaft auf, dem Krieg durch allgemeine Verweigerung der Munittonserzeugung in den Vereinigten Staaten, sofern diese nicht für Amerika leibst bestimmt sind, ein Ende zu machen. Die Irren und Deut schen hätten die Propaganda ausgenommen, die Folgen zeigten sich bereits in einer allgemeinen Unruhe-Bewegung in der Arbeiterschaft der Munitionsfabriken. Der Herald schreibt, daß gegen diese mit dem amerikanischen Volkswohl im Widerspruch stehende Agitation Gegenmaßregeln ergriffen worden seien. Eine vorübergehende Beschränkung der Mu- nitionserzeugung sei jedoch sehr wahrscheinlich. — Jtalieni- sche Blätter kritisieren heftig England, das seinen Arbeitern das Streiken gestatte. Die englischen Arbeiter seien den rus sischen gegenüber minderwertig, weil die Ruffen bei Kriegs- begtnn jede Streikbewegung sofort eingestellt hätten. John Bull dürfe sich nicht beklagen, wenn man ihm die Wahrheit sage. Deutschland habe durch den Streik in Südwales den vierten Verbündeten erhalten. Vertagung »ec griechischen Kammer. Die griechische Kammer ist auf unbestimmte Zeit vertagt worden. Das Volk hat diese Anordnung ohne Widerspruch hingenommen und damit bewiesen, daß es in seiner Überzeugung von der Zweckmäßigkeit der Neutralitätspolitik des Ministerpräsidenten Venizelos in den jüngsten Wochen noch fester geworden ist. Selbst die Anhänger des früheren Ministerpräsidenten Veni zelos wollen heute den Krieg nicht mehr, da auch sie in zwischen erkannt haben, daß der endgültige Sieg der Zen- tralmächte mit unbedingter Sicherheit erfolgen wird. Zudem erregt Italiens Vorgehen in Albanien und im Mittelmeer steigende Erbitterung der Griechen. Die Bekanntmachung darüber, ob die Kammer zusammentreten oder vertagt werden soll, wird innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Frist er- folgen. Die außerordentlich ernste Lage, so sagen di« Blätter dazu, rechtfertigen auch außerordentliche Mittel, um die Unabhängigkeit und Integrität Griechenlands gegen jede Mächtegruppe sicherzustellen. Die bundesrattiche Entscheidung über die Fest setzung der Höchstpreise für Lebensmittel steht laut „Voss. Ztg." unmittelbar bevor. Die Eingaben aus den Kreisen der Verbraucher, die jede weitere Steigerung der Höchstpreise bekämpfen, haben sich inzwischen vermehrt. Diese Eingaben fußen darauf, daß angesichts der Höhe der Preise für alle sonstigen Lebensmittel, wie für Fleisch, Ge müse, Obst, Kartoffeln usw., der Konsum der breiten Massen sich mehr und mehr auf das Brot zurückgedrängt steht, und daß es zu höchst bedenklichen Folgen führen müßte, wenn auch bei diesem eine Preissteigerung einträte. Die Ernte- auSsichten gerade für Brotgetreide rechtfertigen eine Preis- steigerung in keiner Weise, sie würden eher eine Herab setzung begründen. Gleich den Oberbefehlshabern in Bayern und Württemberg hat auch der stellvertretende komman dierende General des 14. Armeekorps für das Großherzog tum Baden eine Bekanntmachung gegen den Lebensmittel wucher unter Androhung strengster Strafen erlassen. Eine gleiche Verfügung erging auch von dem Kommandierenden des 4. Armeekorps mit dem Sitz in Magdeburg. Der Rauh Tsingtau hat den Japanern bisher wenig Freude eingebracht. Der japanische Gouverneur von Tsing tau hat jetzt seiner Regierung in Tokio den ersten Bericht über Vie Verwaltung des früheren deutschen Pochtgo- biekes erstattet, aus dem die vielen Widerstände hervor gehen, mit denen die neuen.Herren" zu kämpfen haben. Die Arbeit stockt. Vie Ausführung des Streiks durch die Südwaltser Bergarbeiter hat nach umfassender Vorbereitung angefangen. Die 160000 Mann, die als erste den Arbeitskittel ausge zogen haben, sind inzwischen nach englischen Blättsrmel- dungen auf 200000 gestiegen, und in den Häusern und Versammlungslokalen der Streikenden warten die Männer und Frauen verbissen der Dinge, die da kommen sollen. Die furchtbaren Folgen dieser Maffenarbeitseinstellung für die englische Produktion haben bereits eingesetzt. In Cardiff wurde eine der größten industriellen Unternehmungen in folge des Kohlenarbeiterstreits genötigt, die Koksöfen und Hochöfen ouszublasen. In Swansea werden, wenn der Ausstand fortdauert, viele tausend Arbeiter verschiedener Metallindustrien in den nächsten Tagen arbeitslos sein. In Reath schließen mehrere Werke. Bereits innerhalb weniger Tage werden die Kohlenvorräie Englands um etwa eins Million Tonnen verringert sein. Die mit Riesenschritten zur Neige schreitenden Kohlenoorräte werden zahlreiche große Werke schon in den nächsten Stunden zur Arbeitsein stellung zwingen müssen, so daß sür die Stahl- und Weiß- blech-Jnoustrrie sich verhängnisvolle Folgen bemerkbar wachen werden. Das endgültige Schettern der Londoner Verhand lungen zur Beilegung des Streiks hat nun zum formellen Kriegszustand zwischen Regierung und Arbeitern geführt. Um ihren Drohungen wenigstens scheinbar einen Nachdruck zu geben, wurden öffentlich die Vorkehrungen getroffen, da mit der Munitionsgerichtshof mit seiner ersten Tagung in Cardiff beginnen kann. Die Arbeiter lasten sich aber nicht abschrecken. Sie sind durch diese zu erwartende Bestrafung zum äußersten Widerstand entschlossen. Und jederma^ l" England ist in seinem Innersten überzeugt davon, daß Lrnste Anruhen in den Vergwerksdörsern zu erwarten sein werden, wenn der Streik nicht noch in diesen Tagen beige legt werden kann. Da es sehr wohl möglich ist, das ein zelne Gruppen, eingeschüchtert durch die Regierungsmaß nahmen, zur Arbeit zuröckkehren werden, ist mit Sicherheit zu erwarten, daß andere Arbeiter gegen diese Streikbrecher in der bekannten Weise vorgehen werden. Die Arbeiter führer haben noch in letzter Stunde der Regierung einen Vermittlungsvorschlag unterbreitet: Die Regierung solle die Forderungen der Arbeiter bewilligen, damit sie wieder an die Arbeit gehen können. Die Forderungen sollen dann mit den Vorschlägen des Handelsministers einem Schiedsgericht unterbreitet werden. Der Ausschuß könne freilich nicht absolut versprechen, daß die Arbeiter das an nehmen und sich später dem Schiedsgericht fügen würden. Man sieht aber schon aus diesem schwachgemeinten Vorschlag, daß die Arbeiter tatsächlich das Heft in der Hand haben, und die Regierung der schwächere Teil ist. Der Eindruck in Frankreich. Der Streik der eng lischen Kohlenarbeiter hat in Frankreich wie eine Bombe eingeschlagen. Die garnicht abzufehenden Folgen dieser Ar beitseinstellungen auf den Ausgang des Krieges werden in Frankreich in ihrer vollen Gefahr erkannt; man erklärt den Streik deshalb nicht nur für ein verbrechen an Englanv, sondern auch an den Alliierten. Diese seien auf die Kohlenproduktion Englands angewiesen. Die englische Re gierung müsse unverzüglich die schärfsten Mittel ergreifen, den Streik zu beendigen. Wenn die bisherigen Gesetze und das Muniiionsgejetz nicht genügten, solle die englische Re gierung neue gesetzliche Mittel vom Parlament fordern, um nötigenfalls mit Zwangsmaßregeln gegen die Streiken den vorzugehen. Auf diese nachdrücklichen Ermahnungen ist es auch wahrscheinlich zurückzufützren, daß der jetzige eng lische Kriegsminister Lloyd Georges mit dem neuen Handels minister Runciman persönlich in Cardiff erschien und in einer Versammlung den Arbeiterführern in drohendem Ton zurief: Keine Regierung, die für den Verlauf dieses großen Krieges verantwortlich sei, könne erlauben, daß ein Kampf zwischen Kapital und Arbeit die Siegesmöglichkeiten ge fährde! Aber diese laute Drohung machte nicht den ge ringsten Eindruck auf die Streikenden. Im Gegenteil, in der großen Arbeiterschaft macht sich eine ungewöhnliche Er bitterung gegen das französische Volk bemerkbar, die der schon lange brüchigen Harmonie unter den Bundesbrüdern den Rest zu geben scheint. Die Militütkrtttker italienischer Blätter erklären, das Ergeb nis der gegenwärtigen deutsch-österreichischen Unternehmun gen müßte bei ihrem Gelingen entweder die Vernichtung der im polnischen Festungsdreteck zusammengedrängten rus sischen Armee oder die Aufgabe dieser Festungen sein und im Zusammenhang damit der Fall Warschaus und der Über gang der russtscheu Operationsbasis in deutsche Hände. Nun ^ten die Deutschen und Österreicher allerdings nur im Besitz der russischen Vostellungen; die Hauptverteidigungslinie sei koch nicht erreicht. Dort würden die Deutschen auf stark« Arttllerse stoßen, Immerhin werde hier die Munitionssrag« entscheidend sein. Genüge die Munition, so würden di« Russen sich halten können; andernfalls müßten sie den Rück zug antreten. An eine Aufreibung oder Einkreisung der russischen Armee will der Militarkrltiker nicht glauben. Sollte aber die russische Armee nicht länger Widerstand im Festungs dreteck leisten können, so werde sie mit ungeschwächter Kraft den Rückzug antreten und ein verwüstetes Polen dem Feind Überlasten. „Richtung Norden" lauiet die Parole der neuen Ope> rationSfront der Verbündeten auf dem nördlichen Kriegs schauplätze. Die heftigsten Kämpfe toben an der Lini" «Wichsei«—Bugfront auf einer Länge von etwa 200 Kilo metern. von Njzniow bis an die beffarabische Grenz« find nur mehr 100 Kilometer. Hier stehen die kampf erprobten Truppen des Generals Pflanzer-Baltin, deren Standhaftigkeit in langen und äußerst blutigen Kämpfen viel dazu beigetragen hat, daß das ganze große Werk der verbündeten Hauptkräfte vor Lemberg zu einem gedeihlichen Abschlusse gebracht werden konnte. Dasselbe Verdienst ge- bührt auch den unermüdlichen und todesverachtenden Truppen der Generäle Linsingen, Szurmay und Hoffmann, die mii verhältnismäßig geringen Kräften vorerst starke Massen hier abgewehrt und sodann im Angriff zuückgeworfen haben. Die Abdrängung des Feindes vom Ostgattzischen Boden, geht in Hand in Hand mit dem Raumgewinn der Verbün deten in Russischpolen östlich und in letzter Zeit sogar west lich der Weichsel. In Anbetracht des hohen Einsatzes, um den gerungen wird, setzt der Feind alles daran, um den Verbündeten möglichst viel Abbruch zu tun, und um Zeit zu gewinnen, die östlich von Warschau und Iwangorod be findlichen Truppen Widerstandszeniren nachhaltiger instand- zusetzen. Fortgesetzte Erfolge im Osten. Feldmarschall von Hindenburg setzt seine Vorstoßbewe gung auf dem nordöstlichen Kriegsschauplatz wuchtig und erfolgreich fort. In Kurland wurden von der Armee Below die Russen bei Groß-Schmarden östlich Tuckum und anderen Orten, zurückgedrängt. Auch östlich Kurschany weicht der Feind vor unseren Angriffen. Tuckum liegt dicht an der Küste des Rigaischen Meerbusens, nur noch 50 kikometer westlich Riga und etwa 35 Kilometer nordwestlich Mitau. Am Narew bemächtigten sich Truppen der Armee Gallwitz nördlich Nowogrod mehrere feindliche Stellungen, wobei sich frische Landsturmtruppen, die zum ersten Male in den Kampf eingrtffen, besonders auszeichneten. Nördlich der Szkwa-Mündung erreichten unsere Truppen den Narew und befehlen die nordwestlichen Befestigungen der am östlichen Narewufer gelegenen Festung Ostrolenka. Südlich der Weichsel drangen unsere Truppen bis zur Blonie- Grofec-Slellung vor. Der an den Flüßchen Utrata aele- wene Orr Bwmle negr nur noch n «nomeier von oen Autzenforks Warschaus entfernt. Bei den Kämpfen um diese Stellungen nahmen wir 500 Ruffen gefangen und er beuteten zwei Maschinengewehre. Aus dem südöstlichen Kriegsschauplatz warfen diq deutschen Landwehr- und Reseroetruppen unter General oberst v. Woyrsch den an Zahl überlegenen Feind au» der Jzlanka-Skellung völlig hinaus. Alle Gegenstöße eiligst herangezogener russischer Reserven wurden abgewiesen, über 5000 Gefangene fielen in unsere Hand. Dem fliehenden Feinde setzten die Unseren nach und erreichten bereits die Eisenbahn Radom—Iwangorod. Die an den Zusammenfluß der Wieprz mit der Weichsel gelegene Festung Iwangorod befindet sich gerade noch hundert Kilometer südöstlich von Warschau. Auf dem Wege dorthin befinden sich weiter keine nennenswerten Festungen. Jenseits der Pilica aber können sich die Armeen Woyrsch und die west lich Warschau operierenden deutschen Streitkräfte miteinander vereinigen. Zwischen der oberen Weichsel und dem Bug setzt der Feind seine rückwärtige Bewegung unter lebhafter Verfolgung durch die Verbündeten fort. Auf ver ganze« Linie zurück! Gegen die bogen förmige Aufstellung des Feindes zwischen dem Raum südlich von Kolno und dem Gebiet an der Nordostflanke Galiziens richtete sich, so wird aus dem österreichischen Kriegspreffe« quartier gemeldet, ein Angriff nach dem anderen. Die Trup pen Hindenburgs ließen Vie ersten Hiebe niedersaujea. Dann erfolgte der Druck der westlich der Weichsel stehenden Truppen, und endlich schloß sich die breit angelegte Offen sive von Süden an, die kräftig nach vorwärts ausschritt und schließlch den Rückzug auf der ganzen Linie erzwang. Wieder bewäbrte sich das Zusammenarbeiten der Verbündeten aufs beste. Auf der langen Front gingen österreichisch-un garische und deutsche Verbände überall dicht nebeneinander zum Sturm vor. Es war ein schweres Werk, denn mancherorts war der Widerstand der Russen ungemein tzarlnäckig. Namentlich im Gebiet südlich der Bahnlinie Iwangorod—Lublin—Cholm wehren sich die neu gebildeten Reseroeformaiionen verzweifelt. Sie vermochten aber dem furchtbaren konzentrischen Artilleriefeuer und der unerschüt terlichen Tapferkeit der Sturmkolonnen auf die Dauer nicht zu widerstehen. Westlich Krasnostaw arbeiteten sich deutsche Truppen weiter gegen die Bahnlinie vor, die bereis im Artiüeriebereich ist. Östlich stießen österreichisch-ungarische Truppen mächtig auf Ler Cholmer Straße vor. Bei der Jlzanka wurde Raum gewonnen. Von großer Tragweile ist auch die Gewinnung des Ostufers des Bug bei Sokal. Noch ist die Schlacht in vollem Vorwärlsschreiten, so daß sich ihr voraussichtliches Ergebnis noch nicht beziffern läßt. Aber zweifellos werden die Folgen dieses Sieges, die, von dem Raumgewinn abgesehen, wieder in einer sehr großen Beute und einer noch nicht annähernd festzustellen den Gefangenenzahl besteht, recht beträchtlich sein. Auch die englischen Blätter sprechen in ihren Petersburger Meldungen von der großen Wucht der deutschen Offensive. Als Ziel der Deutschen im Norden wird Riga genannt. Von Warschau schweigen die Londoner Meldungen aus Peters burg. Das ist ein Thema, an Las man nicht rührt. Dafür spotten Engländer und Russen ihrer selbst, wenn sie be haupten, daß die Offensive der Verbündeten süc die Russen keine Überraschung sei und daß erwartet werde, daß der deutsche Vorstoß sich noch einige Zeit fortsetzt, da er in der Absicht der russischen Gegenoffensive liegt. Wann und wie diese erfolgen soll, verschweigen die Londoner Blätter ihren vertrauenden Lesern. Die Neugruppieruug der russische« Skrettkräfke, wie der Großfürst Nikolaus zartfühlend die Flucht seiner Armeen nennt, könnte besten Falles nur weiter im Innern Rußlands vorgenommen werden, da die jetzigen Stellungen als hoffnungslos aufgegeben werden müssen. Der Militär kritiker des „Berner Bund" weist darauf hin, daß Brest— Litowsk, das nordöstlich Lublin liegt, bereits jetzt zum russischen Operationsgebiet gehört und Warschau nur noch einen bedrohten Auhenposien darstellt. Die Um- klatnmerung der Russen von Norden, Westen und Süden ist eine riesenhafte, strategisch vortrefflich abgestimmte Opera tion. Die russische Heeresleitung steht in ihrer bedrängten Lage jetzt vor der schwerwiegenden Entscheidung, ob es richtiger ist, dem konzentrischen Angriff zu widerstehen oder sich zurückzuziehen. Die Entscheidung hangt wesentlich von der Widerstandskraft ab, die die Heeresleitung den Narew» Befestigungen zutraut. So lange sie stand halten, ist die nördliche Flanke der Russen gesichert; gelingt es den Deut schen, hier durchzubrechen, so stürzt diese ebenso zusammen, wie die südliche Flanke durch die jetzigen großen Erfolge der Verbündeten bei Krasaik und Krasnostaw bereits zu- sammengebrochen ist. Die Räumung von Lublin. Infolge des unaufhalt samen Vormarsches der Armee des Erzherzogs Joseph Fer dinand auf Lublin hat der russische Oberbefehlshaber Groß fürst Nikolaus Nikolajewitsch den Einwohnern der Stadl Lnd des Gouvernements Lublin bekannt gegeben, daß im Falle des Rückzuges der russischen Truppen die männliche Bevölkerung sich unbedingt den zurückziehenden Heeren an schließen müsse, damit sie die Reihen der feindlichen Arme« nicht ausfülle. Diese Sorge brauchte der großfürstliche Oberbefehlshaber nicht zu hegen. Leute, die Rußland nicht in seine Armee einstellt, könnten wir schon ganz und gar nicht gebrauchen. Aber vielleicht hat der Großfürst Angst, daß die Leute, der russischen Knute müde, sich freiwillig in den Dienst unserer Truppen stellen. Zu begreifen wäre solche Besorgnis wohl. r Italien über Sie Ertolae dar Verbündeten im Osten, Zu Ehren Slambulows, der vor 20 Jahren durch Mörderhand fiel, fand am Grab« des großen bulgarischen Staatsmannes eine Gedenkfeier statt, der die Witwe und die drei Kinder sowie außerordent lich zahlreiche Freunde deS Verstorbenen beiwohnten. Auch mehrere Mitglieder der Regierung waren zugegen. Der Festredner schilderte Leben und Wirken Stambulows und erinnerte an die politischen Grundsätze des Toten, die dieser sein Leben lang vertrat, und die die Ursache seiner Ermor dung wurden. Stambulows Grundsatz aber war der, Bul garien müsse sich selber gehören, müsse Rußlands Ein mischung immer ablehnen, das zwar Bulgarien befreit, aber eitdem in allen entscheidenden Stunden immer auf der Seite >er Feinde Bulgariens gestanden habe und dort heute noch tehe. Bei der Vereinigung Nord- und Südbulgariens im Jahre 1885 erhob Rußland Einspruch und berief seine Offi ziere ab, so daß Bulgarien den Krieg gegen Serbien allein führen mußte. In der Balkankrise 1913 entriß Rußland zu Gunsten Serbiens den Bulgaren Mazedonien. Auch heut« beuten alle Anzeichen darauf hin, daß Rußland Bulgariens Interessen mit Füßen treten würde, wenn sich das Land dem Vierverband anschlösse. Bulgarien wünscht auch nicht, daß Rußland sein Nachbar wird und die Meerengen be- herrscht. Bulgariens Interessen sind mit denen der Zeniral- mächte verknüpft, wie Slambulow schon 1884 erklärte. Nach der Rebe, die mit lebhaftem Beifall begleitet wurde, sand unter Führung des Ministers Petkow ein Umzug durch die Straßen Sofias stait, wobei das Bild Stambulows voran getragen wurde. Slambulow, der Bulgariens Bismarck war und als solcher heute noch verehrt wird, wurde seinem Lande viel zu früh entrissen. Er war erst 42 Jahre alt, als er im Juli 1895 das Opfer einer offenbar von russischen Agitaioren ge dungenen Mörderbande wurde. Die Geschichte seiner Er mordung ist Lis auf den heutigen Tag nicht vollständig aufgeklärt. Einer der Mörder, die ihr Opfer mit Messern überfallen und bis zur Unkenntlichkeit zerhackt halten, wurde im Jahre 1902 durch den Strang hinaerichtet. Slambulow, der zuerst zur radikalen Partei gchört hatte, stürzte nach dem russischen Staatsstreich gegen den Fürsten von Batten berg im August 1886 die revolutionäre Regierung und bil dete die neue Negierung, der nach der Abdankung des Prinzen Alexander von Battenberg die Regentschaft über tragen wurde. Stambulow war es auch, der 1887 die Wahl des Fürsten Ferdinand, des heutigen Königs, be wirkte, dessen Ministerpräsident er alsbald wurde. In zwischen wuchs seine Macht zu der eines Diktators. Als er sich infolgedessen auch mit dem Fürsten nicht stellen konnte, uabm er im Mai 1895 seinen Abschied.
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