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Rabenauer Anzeiger : 05.06.1915
- Erscheinungsdatum
- 1915-06-05
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Deutsches Stuhlbaumuseum Rabenau
- Digitalisat
- Deutsches Stuhlbaumuseum Rabenau
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id178001192X-191506056
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id178001192X-19150605
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-178001192X-19150605
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Bestände des Deutschen Stuhlbaumuseums Rabenau
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
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Zeitung
Rabenauer Anzeiger
-
Jahr
1915
-
Monat
1915-06
- Tag 1915-06-05
-
Monat
1915-06
-
Jahr
1915
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Erinnerungen an Italien. Otto von WMelsbach. Prinz Eugen von Savoyen. Der alte Veffvaer. Vie deutsche Hansa. Italien von Napoleons Gnaden. Karl Albert von Savoyen. Radetzky. König Humbert, krispi und vismarE. König Edward und Viktor Emanuel. Die Tochter der «Schwarzen Berge." Zahlreich sind die Erinnerungen, die sich an Deutsch« lands Nachbarschaft zu Frankreich knüpfen, aber sie reichen auch nicht entfernt heran an die Beziehungen des deutschen Blutes zu Italien. Seitdem der große Karl im Petersdom zu Rom sich die römische Kaiserkrone aufs Haupt fetzen ließ, und Otto der Große die Hand der schönen Lombarden fürstin Adelheid zum Bunde für das Leben nahm, zogen j deutsche Mannen bis zum Untergang des ruhmreichen Hohen- ' staufenaefchlechtes über die Alpen, und viele, viele von ihnen i find nicht wiedergekehrt. Herrliche Züge von deutscher Treue ; leuchten daraus hervor. Wir brauchen nur an den Grafen ! Otto von Wittelsbach, der den Kaiser Noibart ans schwerer ; Bedrängnis in der Veroneser Klause errettete, zu erinnern, ; der dafür — er ist der Stammvater des heutigen bayerischen i Königshauses — das Herzogtum Bayern erhielt. In Jta« ! lien richtete Dietrich von Bern, der große Ostgotenkönig ! Theodorich, den ersten germanischen Staat auf welschem j Boden, und in seiner Hauptstadt Bern (Verona) zeigt noch j heute eine alte Stadtmauer die Inschrift, daß sie vom Könige Theodorich herrühre. - Ist die welsche Treue im allgemeinen übel berüchtigt ! gewesen, so bietet doch auch sie rühmenswerte Ausnahmen, ! Prinz Eugen von Savoyen, der edle Ritter, der berühmte i Heerführer, sollte zuerst in Paris in den geistlichen Stand treten, vermochte aber seine Begeisterung für den Kriegs dienst nicht zu unterdrücken. Er trat als Reiterossizier in den Dienst des deutschen Kaisers Leopold, den er seinen Vater genannt hat, und sein Ruhm durchdrang bald die Welt. Alle Anerbietungen aus Paris, in den französischen Kriegsdienst zu treten, lehnte er rundweg ab, er blieb dem Kaiser treu. König Viktor Emanuel mag heute an diesen seinen großen Vorfahren denken. Des Prinzen Waffenge nosse war der Herzog Leopold von Anhalt, der die bran denburgisch-preußischen Truppen im spanischen Erbfolgekriege in Oderitalien führte und mit ihnen den Erfolg von Turin entschied, das von den deutschen Truppen erstürmt wurde. Es sind aber nicht allein die großen Potentaten gewesen, welche die Verbindungen zu Italien herstellten und unter hielten, auch die deutsche Hanta, der Kaufmannstand, hatte in den italienischen Handelsstädten großen Einfluß, und die Beziehungen zu Nümberg, Augsburg und anderen hoch berühmten deutschen Handelszentren waren von einer Wichtigkeit, die heute kaum ganz erfaßt werden kann. Bezeichnend für Italiens Ansprüche von heute ist, daß es von Osterreich-Ungarn die schon italienisch gewesenen Gebietsteile verlangte. Der erste Napoleon hat auf dem Höhepunkt seiner Macht ein Königreich Italien errichtet, zu dessen Vizeköntg er seinen Stiefsohn Eugen Beauharnais er nannte, und dies italienische Königreich von des Korsen Gnaden hatte einen weiten Umfang nach Norden hinauf. Es ist ein starkes Stück, daß von Rom aus Gebiet bean sprucht wurde, das einem unfreien Italien, das ein fran zösischer Vasallenstaat war, gehörte. Durch eigene Kraft hat Italien keinen Zentimeter heutigen österreichischen Bodens f für sich gewonnen gehabt. An Königstragödien war Italien nie arm, im Hause § Savoyen mußte der König Albert nach seinen wiederholten s Niederlagen durch den „Vater Radetzky" zugunsten feines Sohnes Viktor Emanuel, des Großvaters des heutigen Königs, abdanken. Leider ist der Vater des Kriegskönigs Viktor Emanuel, König Humbert, 1900 durch Mörderhand gefallen. Der hielt dem Dreibund Treue und wäre nie davon abgegangen. Fest zu demselben stand auch Bismarcks Freund, Crispi, der Mann der eisernen Hand. Als aber der italienische General Baratieri in Abessinien schwer ge schlagen wurde, da mußte Crispi den Sündenbock spielen und mtt seiner staatsmännischen Weisheit war es aus. Erst heute wird es wohl recht gewürdigt, daß König Viktor Emanuel den ersten Auslandsbesuch nach seiner Thronbesteigung in Petersburg abstattete, von wo die eng sten Beziehungen zum Heimatlande der Königin Helene von Italien, geborenen Prinzessin von Montenegro, bestanden. Vielleicht entsinnt man sich heute, daß es noch keine slawische Vie kraoktirears. Kriegsroman von Gustav Lange. 8 Die Französin wände ihr Gesicht in augenfälliger Weise von dem Unteroffizier ab und Freiherr v. Heyde brink zu indem sie sagte: „Aus Deutschland, über den Rhein sind immer die Eroberer nach Frankreich gekommen — die Hunnen, die Gothen, die Franken —" „Und die Ulanen," unterbrach sie der Unteroffizier laut auflachend. „Und Frankreich," fuhr Fräulein de Lorm fort, ohne auf den Einwand des Unteroffiziers zu achten, „war viel fach der Schauplatz schwerer Kämpfe. Es ist kein Jahr hundert vergangen, in dem es Frieden gehabt hätte, im mer wieder haben seine Söhne ihr Herzblut vergießen. müssen. Welche Zeit wäre für Ludwig des Vierzehnter gewesen, wenn er sich nicht in den Kriegen mit Deutsch land in seiner besten Kraft, in seinen hochfliegenden Plä- i nen gelähmt gesehen I Doch ich kann nicht voraussetzen daß Sie die Geschichte Frankreichs so kennen, um —" „Ihnen folgen zu können, Fräulein? In Ihrer An schauung freilich nicht, nach Ihrer Meinung den Ludwig den Vierzehnten bedauern zu sollen, weil er genötigt war, dem deutschen Nachbar die Pfalz zu verheeren, die herr lichen Rheinlande zu verwüsten, unsere Schlösser und Dome niederzubrennen, uns die alte Reichsstadt Straß burg zu entreißen — in dieser Meinung kann ich Ihnen allerdings nicht beipslichten. Ich müßte dann auch Kar dinal Richelieu, Napoleon den Ersten und Dritten bedau ern, weil Deutschland ihnen kräftig heimzahlte, was sie ihm zugedacht hatten, wir brauchen also gar nicht soweit zurückzugrci m." „Waren das nicht große Männer? Hat Deutschland ihnen nicht vieles — sehr vieles -- zu danken. Was Prinzessin gegeben Yak, welche die Politik zu Gunsten Ruß lands und der Slawen nicht mit allem Eifer gehandhabt hätte. Es sind auch wohl die Bemühungen König Edwards von England, die vor zehn Jahren begannen, Italien vom Dreibunde loszureißen, von den vertrauenden Verbündeten nicht ernst genommen worden. Der Weltkrieg. Die Flucht aus den Dardanellen. Immer neue Opfer haben sich die plötzlich aufgetauchten brutschen U-Boote mitten au« den feindlichen Geschwadern vor den Dardanellenforts geholt. Nachdem die Vernich tung des «Triumph", des «Majestic" und eines dritten Schlachtschiffes der «Agamemnon"-Klaffe einwandfrei als Heldentaten deutscher Tauchboote festgestellt worden ist, streiken die englischen und französischen Kriegsschiffe. Sie haben mit Grausen die Hölle vor den Türkenbatterien ver lassen und haben sich in den Buchten des Ägäischen Archipels eingeschlossen. Kein noch so dringender Befehl aus Eng land wird sie nochmal in diesen tobenden Schlund Hinein bringen. Lieber Meuterei! Man muß gewiß daS Drauf gängertum anerkennen, das die Seeleute der Entente an fänglich bet ihrem Sturm auf die türkischen Felsennester be wiesen haben. Immer wieder rannten sie an, ein Schiff nach dem andern sank in die Tiefe. Kaum, daß mal von den Besatzungen jemand geretiet wurde. Frankreich und England teilten sich den Schmerz. Und die Tapferkeit des Gegners ehrte auch die türkischen Verteidiger. Aber als dann die Uneinnehmbarkeit der Dardanellen offen zu Tage trat, als die Verlustziffern beängstigend in die Höhe schnellten, erlahmte die Angriffswut. Und nun fing das Schauspiel an, das Englands Seeflotte für immer dem Fluch der Lächerlichkeit preisgeben sollte. Die mächtigen Panzerkolosse seuerten weiter, — Herr Churchill in London hatte es ja verlangt! — aber vorher brachten sich die tapferen Angreifer erst außer Schußweite. Und als aus diese Weise ein Staatsvermögen in die blaue Luft verpul vert war und die Verluste sich trotzdem weiter häuften, kniff die ruhmreiche Armada aus! An der Südostküste der Insel Jmdros liegt das vorläufig letzte Opfer, das torpedierte „Agamemnon"-Schiff, den Kiel nach oben gestreckt, und eine Anzahl kleiner Dampfer hält die Totenwacht. Nur ein paar feindliche Torpedobootszerstörer warten noch vor den Dardanellen. . . Es lohnt sich, einmal die bekannten Verluste vor der Dardanellenenge zusammenzustellen. Es ruhen auf dem Meeresgrund: von Englands Gnaden «Irresistible", «Ozean", «Goliath", «Triumph", «Majestic", zwei Torpedobootszerstürer, drei Unterseeboote, und das soeben versenkte Linienschiff von Agamemnontyp; fran zösische Schiffe: Linienschiff „Vouvet", „Gbulois" und ein Unterseeboot; russische Schiffe (am Bosporus und im Schwarzen Meer): Linienschiff „panteleimon", zwei un geschützte Kreuzer, ein Minenleger, mehrere Torpedo boote. Angesichts dieser Verlustzahlen und des fluchtartigen Rückzuges in geschützte Häfen verdient die Meldung Lon doner Blätter, wonach große Verstärkungen und eine be trächtliche Anzahl schwerer Kanonen nach der asiatischen Seite der Dardanellen geschafft werden sollen, um im gün stigen Augenblick auf den Kampfplatz geworfen zu werden, wenig Glauben. Man will offenbar nur den endgültigen Rückzug bemänteln- Das Landungsheer auf der Halbinsel Gallipoli scheinen die Helden einfach im Stich lassen zu wollen. Vas italienische Interesse an der Oeffnnng der Dardanellen ist in Wirklichkeit verhältnismäßig gering. Trotzdem hören die Ententebrüder nicht auf, ein solches den Italienern mit Gewalt einzureden. Man sucht ihnen klar zu machen, daß, solange es aus Ruhland kein Getreide er halten kann, das Land nicht in der Lage sei, den Bedürf nissen des Volkes gerecht zu werden. Italiens Lage hätte sich noch viel schlimmer gestaltet, wenn es neutral geblieben wäre; denn weder England noch Frankreich würden es dann für nötig erachtet haben, aus die Bedürfnisse des Nachbarlandes Rücksicht zu nehmen. Wenn Rußlands Ge treide die Dardanellen passieren wird, so erhält auch Italien seinen Anteil. Natürlich haben diese Darlegungen nur den durchsichtigen Grund, Jlaiien zu einem tchlenniaen Ein greisen in Sen varvaneNenangriff zu bewegen, da hierüber scheinbar noch keine festen Abmachungen mit dem Dreiverband vorhanden zu sein scheinen. Die hochfliegenden Pläne der Angreifer scheinen trotz deS fürchterlichen Rein- falles immer noch keinen Dämpfer bekommen zu haben, denn nach französischen Meldungen bereist gegenwärtig ein bekannter amerikanischer Schiffskonstrukteur die Hasenplätze des Mittelmeerbeckens, um die Einführung eines grotzen Transportdienstes nach Öffnung der Dardanellen vorzu bereiten. Von italienischer und französischer Seite sind ihm weitgehende Begünstigungen gewährt worden. Italien - Kaskanstaaten. Vie schwarzen Tage Italiens. In Mailand ist di« Hölle los! Schweizer und Italiener, die nach Lugano flüchteten, erzählen schaudernd die furchtbaren Taten, die von den blind wütenden Einwohnern begangen werden. Mit einer im deutschen Konsulat geraubten Liste aller in Mailand wohnenden Deutschen ziehen die Trupps durch die Straßen, stecken Hotels und Geschäfte in Brand, plündern die deutschen Privatwohnungen aus und miß handeln wehrlose Frauen und Kinder. Eine Lehrerin wurde bis aus das Doch ihres Hauses verfolgt. Die Feuer wehr schützt nur die italienischen Häuser, die Polizei steht tatenlos dabet. Alle deutschen Geschäftshäuser find voll ständig vernichtet und verbrannt. Infolge ihrer deutsch klingenden Namen sind auch zahllose schweizerische Läden und Wohnungen ausgeplündert worden. Angesichts dieser pöbelhaften Ausschreitungen fällt die vornehme Behandlung des bisherigen italienischen Botschafters in Berlin, Bollati, besonders auf, dem als Zeichen der kaiserlichen Hoch achtung der Bruder des Generalstabschefs, Major von Falkenhayn, auf der Abreise bis zur Schweizer Grenze bei gegeben wurde. Italien und die Valkanstaaten. Die Hoffnung der Dreiverbandsstaaten, das Beispiel Italiens könnte auch die Balkanstaaten zum Anschluß an die Koalition der Feinde Deutschlands bewegen, wird sich aller Voraussicht nach nicht erfüllen. Im Gegenteil erkennen die kleinen Staaten der Balkanhalbtnsel ganz deutlich, daß sie an der Seite Italiens und des Dreiverbandes nur verlieren können. Italien be ansprucht das ganze südslawische Gebiet an der dalma tinischen Küste und außerdem Albanien. In Serbien be greift man heute schon, daß das einzige Mittel, die von den Südslawen bewohnten Gebiete Österreichs der Gefahr der Aufsaugung durch den Jtaltanismus zu entziehen, darin liegt, sie unter dem österreichischen Szepter zu belassen. Die Festsetzung Italiens am Balkan würde die Vernichtung des Hellenismus zur Folge haben, sodaß auch Griechenland von einem Zusammengehen mit Italien nur Schaden zu er warten hätte. Jedem Fortschritt Griechenlands in Nord- albnaien würde durch Italien ein- für allemal eine Grenz« gezogen weiden. Ebenso wenig hätten Bulgarien und Rumänien von einer Nachfolge Italiens zu erwarten. Ob wohl die feindlichen Agenten in Bukarest und Sofia, in Belgrad und Athen noch Immer aufs lebhafteste tätig sind, ist doch mit großer Sicherheit vorauszusagen, daß die Bal kanstaaten ihre neutrale Politik fortsetzen werden, falls sie es nicht vorziehen, mit der Türkei und den beiden siegreichen Zentralmüchten gemeinsame Sache zu machend Reber die Stimmung in Rumänien äußerte eine führende Persönlichkeit der Industrie dem Bukarester Ver treter der „Köln. Ztg." gegenüber, daß zwar in Rumänien leidenschaftlich für die Teilnahme Rumäniens am Kriege gegen Osterreich-Ungarn geworben werde, daß aber die Lage noch völlig ungeklärt sei, und daß auch von der Regierung jeder Aufschluß über die nächste politische Haltung Rumäniens verweigert werde. Die Stimmung wechsele von Tag zu Tag. Es scheine aber, daß die Entscheidung hinausgeschoben werden soll, bis die ersten Ergebnisse des italienischen Feld zuges vorlägen und die militärischen Ereignisse in Galizien zu einem Abschluß gekommen seien. Diese Haltung kann uns genügen, da an den schließlichen Mißerfolgen, ja den gänzlichen Verfall Italiens heute schon nicht mehr zu zweifeln ist. von einer erhöhten Wachsamkeit Rumäniens be richten Stockholmer Blätter aus Bukarest. Die Truppen oerschiebungen von Jassy und Botosani nach der Karpathen grenze dauern an; erhöht ist die Mobilisierung in der Walachei, über das energische Arbeiten der russischen Diplomatie wird berichtet: Die Nawoje Wremm bet-mt die wäre Deutschland heute, wenn nicht Napoleon der Dritte gewesen?" „O, in diesem Sinne haben Sie recht. Dadurch, daß Frankreich die deutschen Stämme mit einem vom Zaune gebrochenen Krieg überziehen wollte, kam die Einigung Deutschlands eben zu Stande. Hier kann man doch sagen/ Napoleon hat das Böse gewollt, aber etwas Gu tes vollbracht, wenn auch gegen seinen Willen natürlich." „Wir werden immer tiefer in die alte Geschichte hinein geraten, aber dabei immer weiter in der Meinung aus einanderkommen," warf Unteroffizier Bornheim ein. „ Sie sind dabei aber im Nachteil, Fräulein, zwei gegen eins — denn ich muß der Meinung des Herrn Wachtmeisters beipslichten und bin wirklich nicht im Stande, Ihre Be wunderung für die großen Männer Frankreichs zu teilen. Der Geschichtsunterricht in den deutschen Schulen lehrt uns ganz anders über dieselben urteilen." „Geschichtsverdrehung — aber wir, sind hier am Hause angelangt," unterbrach die junge Dame jetzt diese geschicht liche Unterhaltung. „Ich danke Ihnen, meine Herren, sür die Begleitung." Sie machte eine leichte Verbeugung und ging rasch die wenigen Schritte über den Schloßhof davon, um in einer, wie es schien, nur angelehnten Seitentüre zu ebener Erde zu verschwinden. „Wahrhaftig," sagte der Unteroffizier ihr nachblickend, „gar keine üble Feindin und unsere Begegnung mit ihr im Mondenscheine wäre ein hübsches Abenteuer, wenn sie nicht ein solcher Blaustrumpf wäre!" „Woraus schließen Sie das? Aus ihrer Kenntnis der französischen Geschichte? Deren Abweichung von unserer nicht sehr zu verwundern ist." „Ich bitte Sie, eine Französin, die von der Politik Richelieus und Ludwigs des Vierzehnten zu sprechen weiß, dürfte doch wohl eine Seltenheit sein, zumal bei den hier herrschenten schlechten Schulverhültnissen." „Vielleicht hat sie dies in einem der Werke Alerandei Dumas gelesen." „Möglich freilich — von einer so zuverlässigen und gründlichen Quelle zeigt allerdings ihre Geschichtskennt- nis, die sie famos zu verteidigen versteht. Jedenfalls war es erheiternd, die Dinge einmal so auf den Kopf ge stellt zu sehen." „Erheiternd? Mich haben ihre Worte verstimmt; in nerlich empört, weil aus ihnen nur zu deutlich heraus klang, daß man uns Deutschen in Frankreich auch die Schuld an dem jetzigen Kriege zuschiebt," erwiderte der Vize-Wachtmeister. „Ach, wie kann solcher Unsinn empören oder verstim men — es ist doch nur eine lächerliche Geschichtsauffas sung, eine Privatansicht dieser jungen Dame, die man gar nicht ernst zu nehmen braucht." „Ich finde aber in ihren Worten nichts Lächerliches. Wir müssen annehmen, daß wohl fast alle Franzosen so denken, wie diese junge Dame und in uns den furchtba ren Erbfeind sehen. Klingt uns das häßliche Wori „deutsche Babaren" nicht fortgesetzt in allen Tonarten von unseren Feinden entgegen, wo wir das friedliebend Volk der Welt sind." „Ich sehe, die Aeußerungen dieser jungen Dame, Fräu lein de Lorm nannte sie ja wohl der Verwalter, haben Sie verstimmt! Kommen Sie, Herr Wachtmeister, wol len wir den nächtlichen Gang nach dem Fluß hinab noch machen, oder wollen wir, was ich auf alle Fälle vorzie hen würde, uns der Wonne hingeben und unsere ermü deten Glieder wieder einmal in einem ordentlichen Bette ausruhen lassen?" „Ich glaube, wir können das tun," stimmte der Vize- Wachtmeister bei. „Wenn das Fräulein einen so einsa men Spaziergang da hinab unternimmt, so kann wohl von dorten keine Gefahr drohen; wollen sehen, was der morgige Tag bringt."
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