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Rabenauer Anzeiger : 10.06.1915
- Erscheinungsdatum
- 1915-06-10
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Deutsches Stuhlbaumuseum Rabenau
- Digitalisat
- Deutsches Stuhlbaumuseum Rabenau
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id178001192X-191506108
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id178001192X-19150610
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-178001192X-19150610
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Bestände des Deutschen Stuhlbaumuseums Rabenau
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
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Zeitung
Rabenauer Anzeiger
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Jahr
1915
-
Monat
1915-06
- Tag 1915-06-10
-
Monat
1915-06
-
Jahr
1915
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Die letzte Kriegswoche, yeldenlalea auf der Straffe und im Felde, yumoi »ad Sieg in der deutschen Front. Gefallene Grätzen« Finis Russiae. Amerikanische Kriegsschiffe und deutsche Tauchboote. Im Verlaufe dieser 44. Kriegswoche sind aus dem feind- s lichen und neutralen Auslande die Meinungsäußerungen zu «ns gekommen, welche die große Reichstagsrede deS deut schen Kanzlers über den Treubruch unseres bisherigen Ver bündeten betreffen. Diese ungeschminkte Feststellung des italienischen Verrates, den der König Viktor Emanuel in Telegrammen an seine nunmehrigen Kampfgenoffen als die „Wahrung deS guten Rechtes" seines Staates bezeichnete, hat bei allen ehrlichen Leuten volle Zustimmung gefunden; daß die giftgeschwollene feindliche Presse von ihren seitherigen Gewohnheiten nicht lassen würde, war votauszusehen. Die italienischen Zeitungen haben trotz des „Bewußtseins ihres Rechtes" lauten Spektakel gemacht, der, wenn sie ihr Recht wirklich empfanden, unnötig war. Es sollte unter allen Um ständen die Erkenntnis verhütet werden, daß man sich denn doch jenseits der Alpen tüchtig schäme. Solche sAnwand« lungen hat freilich der bezahlte Straßenpöbel, der zum Kriege schrie, nicht, aber die Verwüstungen, die er in rohester Weise an deutschem und österreichischem Besitz in Mailand, das sich schon seit den Tagen Kaiser Barbarossas durch seine Deutschfeindlichkeit auszeichnete, und in anderen Städten verübte, werden später einen unliebsamen Posten in der Kriegsrechnung für die italienische Staatskasse darstellen. Im Gegensatz zu diesen Heldentaten- der Straße lassen die italienischen Heldentaten im Felde auf sich warten. Di« werden von unseren Truppen und unseren Verbündeten vollbracht. Und sie sind in der letzten Woche besonders groß gewesen. In den Mitteilungen unserer Feldgrauen von der Front, die jetzt eingehen, sind schon Eindrücke über die Teil nahme der Italiener am Kriege gegeben. Erst hat es auch dort, wo man die Einzelheiten der italienischen krummen Pfade nicht so genau hatte verfolgen können, ein gerechtes Erstaunen gegeben, aber dann ist auch der nie versagende Eoldatenhumor über die Leierkastenmänner zu seinem Recht gekommen. Unsere Soldaten werden sich freuen, wenn sie hören, daß die italienische Armee nur geringe Sympathie für diesen „Kabinettskrieg" hat, aber sie muß marschieren. Auch französische Kritiker, deren Regierung doch am stärksten die Schwenkung Italiens gefördert hat, sind verschnupft. Das französische Volk, denen nach den Darlegungen de- Reichskanzlers noch nicht einmal die russischen Niederlagen bekannt gegeben sind, denen die eigenen, immer stärker an schwellenden blutigen Verluste in den Frontangriffen sorg- sältig verheimlicht werden, behält nur sein letztes Stück armseliges Hoffen, daß Deutschland müde werden könnte. Wüßte eS die Wahrheit, würde auch diese Hoffnung wie eine Seifenblase zerplatzen. Das einzige bißchen Unterhaltung, die sich die Fran zosen unter diesen trüben Verhältnissen leisten können, be steht in dem Kritisieren der englischen Zustände resp. Kriegs- leistuugen, wozu die Ministerveränderungen in London An- -laß geben. „England hat viel zu wenig getan", darin sind alle französischen Stimmen einig, aber daß die gekommenen neuen Minister nicht mehr tun werden, wie die alten ge gangenen, ist vorauszufehen. Unter dem Deckmantel seiner Augenkrankheit hat der Unheilsstifter Grey sein Ministerium des Auswärtigen einem Stellvertreter überlassen müssen. Es fehlt nicht an Stimmen, die meinen, er werde nicht wieder kommen. Wenn auch das nicht sicher ist, so ist es doch bedeutsam, daß sein früher turmhohes Ansehen so ge sunken ist. Nicht besser geht es dem Kriegsminister Lord Kitchener, dessen Marinekollege Churchill bekanntlich schon definitiv abgehalstert ist. England ist auf dem Wege, krtegsmüde zu werden, das zeigen die stürmischen Angriffe gegen die Vorschläge auf Einführung der allgemeinen Wehr pflicht, von der hohe Kreise ebenso wenig wissen wollen wie die Arbeiterbevötkerung. Verschlechtert ist die Stimmung durch die andauernden Mißerfolge in den Dardanellen, wo ein englisches Panzerschiff nach dem andern in die Lust fliegt und durch den Zeppelin-Besuch in unmittelbarste Nahe von London. Man merkt es, den Deutschen ist im Felde nicht beizukommen, und ebenso wenig in der moralischen Kraft. Triumphierend hatten italienische Blätter verkündet, ihre Truppen hätten durch ihr Vorgehen gegen Österreich den Russ' > d'" -^uen Siegen frei gemocht. Der Effekt Sie Tranktlrears. Kriegsroman von Gustav Lange. 10 „Ich hoffe, Sie gestatten mir," begann der Vize- Wachtmeister ein wenig unsicher, „persönlich Ihnen die Belästigung abzubitten, die wir gezwungen sind . . ." „Ah," unterbrach sie ihn. „Wie können wir Belästig ungen von Ihnen zu befürchten haben, da Sie unserem Verwalter gegenüber doch selbst erklärt haben, jede Rück sicht auf den leidenden Zustand meiner Mutter zu neh men. Sie kann nicht reisen, deshalb müssen wir alle Schrecken des Krieges über uns ergehen lassen und aus halten." „Wie könnten wir einer jungen Dame von Ihren Manieren feindselig gegenübertreten, gnädiges Fräulein. Bereits gestern Abend, als ich Ihnen durch Zufall begeg nete, flößten Sie mir ein Gefühl ein, welches durchaus nichts Feindseliges an sich hatte." Sie schlug die Augen zu dem Sprecher auf; es lag etwas von entrüsteter Verwunderung in dem Blick, den sie auf ihn heftete. Freiherr v. Heydebrink fühlte, daß er etwas zuviel ge sagt oder sie ihn mißverstanden hatte. Er wollte sich des halb verbessern und setzte hinzu: „Wir Deutschen sprechen in Gegenwart von Damen nicht gerne von Politik, noch viel weniger vom Krieg." „Aber Sie glauben, unsere jungen Herren wissen in Gegenwart von Damen keine andere Unterhaltung als von Krieg und Politik zu führen?" „O nein, gnädiges Fräulein. So oft ich Gelegenheit gatte, mit Herren aus der besseren französischen Gesell schaft zu verkehren, habe ich gefunden, daß man sich mit Hren ausgezeichnet unterhallen kann." „Wie, Sie hatten öfters Gelegenhell —" „Gewiß, gnädiges Fräulein,' ich habe in den letzten Liestr „Stege" besteht kn zahllosen blutigen Opfern, taufen den von Gefangenen und in einem ungestümen Vorgehen der Verbündeten in Mittelgalizien, daS mit der Wteder- eroberung von Przemysl gekrönt wurde. Lembergs Fall steht bevor. Was an Streitkräften nur noch aufzubieten war, hat der Generalissimus Nikolaus Nikolajewitsch zur Front geworfen, es hat alles nichts geholfen. Aus der russischen Dampfwalze ist eine deutsche Eifeninauer geworden, vor der eS kein Halten gibt, vor der jeder Widerstand verblaßt. Aus Rußland klingen die Friedensstimmen am lautesten unter allen feindlichen Lagern, aber es gibt für uns kein Rasten und kein Rosten, bis das endgültige Kriegsziel erreicht ist. Bei solchen militärischen Erfolgen und im Gefühl unserer guten Sachs konnte die Retchsregierung die Reklamationen der amerikanischen Geschäftsneuiralen wegen deS Unter ganges der „Lusitania" kühl dahin beantworten, daß um kommt, wer sich auf den heißen Boden eines englischen Neutralitätsbrechers begibt. Gewarnt sind die Amerikaner genug. Im übrigen werden die Engländer vergeblich hoffen, daß ihnen die große amerikanische Republik ihre Kriegsschiffe als Zielscheiben sür Lie deutschen Tauchboote zur Verfügung stellt. Rumänien geht mit dem Stärkeren. Gleich den übrigen Balkanstaaten möchte auch Rumänien durch den europäischen Krieg eine Erweiterung seiner Gren zen erzielen. Es hat zu diesem Ende alle Vorbereitungen getroffen, um seine Neuiraittät im gegebenen Augenblicke fallen zu lassen, und sich derjenigen Partei anzuschlietzen, die bestimmte Aussichten auf den Sieg hat. Die Balkan staaten alle wollen ihre Entscheidung jedoch erst in dem Augenblicke treffen, in dem der Ausgang des gewaltigen Völkerringens sich klar erkennen läßt, da sie zur Führung eines längeren Krieges außerstande sind. Sie werden daher zunächst noch die Wirkungen des italienischen Eingreifens in den Krieg abwarten. Hätte Italien, seinen Bundespflichten getreu, von vorn herein keinen Zweifel an der Aufrechterhaltung seiner Neu tralität gelaffen und nicht vielmehr das Gegenteil getan, dann hätten Rumänien und Bulgarien sich wohl schon längst gegen ihren alten ruffftchen Widersacher den beiden Zentralmächien angeschlossen. In Bukarest und in Sofia wußte man jedoch schon seit dem Kriegsbeginn, daß Jialien einen bisherigen Verbündeten in den Rücken sollen würde, alls eS diesen nicht in kurzen, raschen Schlägen gelänge, üe Koalition ihrer Gegner niederzuwerfen. Auch im Hin blick auf die Stellungnahme der Balkanstaaten hat Italien ein verachtungswürdiges Verhalten an den Tag gelegt. Seine Niedertracht wird jedoch den Siegeslauf der verbün deten Truppen in Galizien und Russisch-Polen nicht aufhalten oder gar rückwärtswenden und daher auch Rumänien nicht zum kriegerischen Eingreifen gegen Deutschland und Öster reich bewegen können. Die Wiedererwerbung Przemysls durch die deutschen und österreichiichen Truppen wird sür Rumänien ein Wegweiser sein. Im rumänischen Parlament hat die Partei der besonne nen Politiker unter Führung des Abg. Marghiloman einen entscheidenden Sieg davongetragen, so daß die Regierung noch Zelt zum Abwarten gewonnen hat. Die Meldungen, wonach Österreich Teile der Bukowina an Rumänien abzu treten bereit sei, um dieses zur Beibehaltung seiner Neutra lität zu bestimmen, bedürfen noch der Bestätigung. Ein ziemlich düsteres Bild der Lage entwirft der Bukarester Be richterstatter des „B. T.", der behauptet, daß im Lande an dauernd die unbestreitbare Neigung besteht, in einen Krieg gegen Osterreich-Ungarn und Deutschland einzutreten, und daß auch die Regierung, die sich nur von einer aktiven Politik Erfolg verspricht, prinzipiell entschieden geneigt sein würde, sich der Koalitton gegen die Zentralmächte anzu- schliehen. Aber die maßgebenden Stellen warten den ent scheidenden Erfolg ab. In Italien, daS gleichzeitig mit seiner Kriegserklärung an Österreich aufs bestimmteste den Anschluß Rumäniens an den Vierverband erwartet hatte, berrscht tiefe Bestürzung über das Säumen der Bukarester Regierung. Die Fortdauer der Neutralität Bulgariens er scheint gesichert. Der rumänische Miuifler des Auswärtigen erklärte dem Vertreter eines Pariser Blattes, daß Rumänien beab sichtigt hatte, eine Art Konferenz der neutralen Staaten ein- ruberufen, Italien und die Valkanstaaten inb-oriffen. Aus öetselven söllie die tm Laufe der gegenwärtigen Ereignisse gemeinsam zu beobachtende Haltung geprüft werden. Außer dem hätten die Ansprüche etneS jeden der Neutralen er örtert werden sollen und als glückliches Resultat der Kon ferenz hätte man gewiß eine vollständige Übereinstimmung zwischen den Balkanstaaten und Italien begrüßen können. Auf diese Weise wäre man aller Schwierigkeiten überhoben worden, die in der Folge durch die isolierte Aktion eine- einzelnen entstehen können. Die Idee schien der Verwirk lichung nahe, als Italien seinen Vertrag mit dem Dreiver band schloß. Dieses direkte Eingreifen aber gestattete Ru mänien nicht mehr, die gemeinsamen Erörterungen fortzu fetzen, so daß es sortan auf isoliertes Handeln angewiesen ist. Diese Worte des Leiters der auswärtigen Angelegen heiten verraten deutlich, dah Rumänien sein Schicksal nicht mit dem Italiens zu verketten gewillt ist, sondern aus eigenen und anderen Wegen zum Ziele eilt. Eine Denkschrift ves Vatikans. In den katholischen Kreisen Belgiens spricht man, wie der „Kreuz-Ztg." von dort gemeldet wird, von der beoo stehenden Ausarbeitung einer vatikanischen Denkschrift über die unhaltbare Lage, die dem Heiligen Stuhle infolge des Eintrittes Italiens tn den Weltkrieg bereitet würde. Die Tatsache, daß die Vertreter der beiden Zentralmächte am Vatikan genötigt waren, tn ihrem eigenen Jutereffe und in dem des Papstes Rom zu verlassen, spricht deutlich für die Schwierigkeiten, in denen der Heilige Stuhl sich aeaenwärtig befindet. D^Weltkrieg^ Im Westen halten unsere herrlichen Truppen fortgesetzt den unaufhör lichen Angriffen und Versuchen der verbündeten Feinde stand, unsere Front zu durchbrechen, die sich dauernder als von Erz gefügt erweist. Und nicht nur das, überall fügen wir dem Feinde bet jedem neuen Vorstoß schwere Verluste zu, wie soeben wieder den Engländern bei Hooge, 3 Kilo meter östlich von Dpern, und den Franzosen, die nördlich Arras einen Angriff mit starken Kräften unternahmen, nach erbitterten Nahkämpfen. Im ilaiienischsn Kriege sucht das Kabinett Salandra die bisherigen verlustreichen Mißerfolge an der österreichi schen Grenze durch hochtönende Worte zu verschleiern. Wie hohl diese sind, zeigt die Äußerung Salandras in seiner Rede gegen den deutschen Kanzler, daß Italien den Deut schen um 20 Jahrhundert voraus sei! Vie Stellung veulschlands zu der amerikanischen Note in der „Lusitania"-Angelegenheit wird nach Äuße rungen des Staatssekretärs v. Jagow weiteren Unterhand lungen nicht abgeneigt sein. Es stehe aber heute schon fest, daß die Aushungerung Deutschlands durch unsere Feinde weiter mit allen zu Gebote stehenden Mittet« bekämpft werde. Deutschland habe sich von Anfang an bereit erklärt, den Unterseebootkrieg gegen Kauffahrteischiffe aufzugeben, wenn seinerseits England zu den vor dem Kriege allgemein anerkannten Vorschriften über Bannware zurückkehren wolle und bereit sei, die Nahrungsmittel und andere Rohstoffe von der Liste der Bannware zu streichen. Es sei nicht Deutschlands, sondern Englands Schuld, wenn Amerikas wohlgemeinte Vorschläge ins Wasser fielen. Die Unter bindung der Nahrungsmittelzusuhr sür ein ganzes Volt sei ein krasser Vorstoß gegen Moral und Völkerrecht. Der vergleich mit der belagerten Festung treffe sür Deutschland nicht zu. Wer sich in einer Festung nieder lasse, tue das bet voller Kenntnis der Gefahren und könne das gefährdete Gebiet vorher verlassen; man kann von der gesamten Bevölkerung Deutschlands unmöglich verlangen, daß sie — auswändein möge. Von einer Verschlimmerung der diplomatischen Lage zwischen den Vereinigten Staaten von Nordamerika und Deutschland will man in amerikanischen Kreisen wissen, die dem Präsidenten Wilson nahe stehen. Es soll eine neue Note an Deutschland gerichtet werden, die eine höfliche, über bestimmte Anfrage enthalten soll. Im amerikanischen Kabinett ist man der Meinung, daß Deutschland sich durch sein Vorgehen über die Grenzen des internationalen Rechts und der Menschlichkeit hinwegsetzt, und daß die Ver einigten Staaten wahrscheilich die diplomatischen Be jahungen zu Deutschland abvrechen werden. Es bleibt abzuwarlen, ob sich diese Ansicht bestätigen wird, immerhin scheint man dpch damit rechnen zu müssen, daß der Ton ^ayren sters eme grossere Fenenretse unternommen und auf einer solchen auch einmal Südfrankreich besucht; ich habe hierbei die angenehmsten Eindrücke gewonnen." Fräulein de Lorm nickte lebhaft und stellte eine ganze Reihe weitere Fragen. Da Freiherr v. Heydebrink ein guter Erzähler war, so verstand er es in vortrefflicher Weise, seine Reiseerlebnisse zu schildern. Fräulein de Lorm hörte ihm aufmerksam zu und der Herr Ver walter mußte natürlich ein Gleiches tun. Eine leb hafte und anregende Unterhaltung schloß sich an die Er zählung des Vize-Wachtmeisters — der Bann schien ge brochen zu sein — nichts ließ erkennen, daß man sich im Kriegszustand befand. Nur der Verwalter, wenn er sich unbeobachtet glaubte, warf zuweilen eigentümlich for schende Blicke auf die junge Dame und den deutschen Ulanen, die auf nichts Gutes hindeuteten. Einmal traf sich sein Blick auch mit dem seiner jungen Herrin und diese erwiderte denselben mit einem leichten Nicken des Kopfes, wovon aber Freiherr v. Heydebrink im Eifer des Gespräches nichts bemerkte. In der gehobensten Stimmung, es war ihm zu Mute, als habe er sich in eine Art von Rausch hineingesprochen, kehrte der Vize-Wachtmeister in sein Zimmer zurück. Er blieb dort lange am Fenster stehen und schaute auf den Hof und die Umgebung des Schlosses hinaus. Er über dachte noch einmal die Unterhaltung, die er mit der schö nen Feindin gehabt hatte und erst der Eintritt Unteroffi zier -Bornheims riß ihn aus seinem Sinnen. „Wir müssen den Leuten hier in diesen Zimmern sehr störend sein, Herr Wachtmeister," sagte der Unteroffizier. „Vorhin kam ein recht sauberes Dienstmädchen, welches ein wenig Deutsch spricht, zu mir und meinte, sie Hütten oben im ersten Stock noch viel schönere Fremdenzimmer, die sollten wir doch beziehen. Ich sagte, daran wäre nicht zu denken, denn wenn es Allarm gebe, müßten Sie und ich auch zur Hand sein und wir wollten auch die Herr schaften, insbesondere die kranke Schloßherrin nicht stö ren. Wissen Sie, was das niedliche Kammerkätzchen entgegnete, die Herrschaft würden wir gar nicht stören und die Zimmer seien sehr schön, sodaß diHelben der Herr Bischof von Autun, ein Verwandter, immer bewohne, wenn er einmal zum Besuch im Schlosse weile." „Und nun sollen wir als Feinde darinnen wohnen? Will man uns aus diese Weise bekunden, daß man kein« Feindschaft mehr gegen uns hegt?" „Daran glaube ich nicht, es wird wohl einen anderer. Haken haben," entgegnete der Unteroffizier. „Was sollte es denn sür einen Haken haben," sagt, Freiherr v. Heydebrink. „Es sind ja ganz nette Leute, besonders das Fräulein. „Daß es nette Leute sind, will ich gar nicht in Ab rede stellen," entgegnete der Unteroffizier. „Aber ich lass« mir es nicht nehmen, sie haben in dem Zimmer irgend etwas im Schilde." „In welchem Zimmer?" „In dem letzten da hinten." „In welches die Tapetentüre führt." „Ja in diesem." „Haben Sie schon einmal versucht, da hinein zu gehen ?' „Versucht wohl, aber mein Versuch war ein vergebe ner, denn die Tapetentüre ist mit einem großen, schwerer Vorhängeschloß verschlossen. „Na, wie können Sie denn da behaupten, daß sich ir. diesem Zimmer etwas verborgen hält?" „Hören Sie, Herr Wachtmeister, was ich selbst be obachtet habe; als Sie-heute Vormittag ihre Visite bei der Herrschaft oben abstatteten, hatte ich nichts besseres zu tun, als dort aus dem Sopha von meinem wetten Patrouillenritt heute am zeitigen Morgen etwas auszu ruhen. Als ich da meine Augen so nachlässig umherschwei fen ließ, fiel mein Blick auch auf den Fußboden und hierbei machte ich eine sonderbare Bemerkung."
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