Werkei nführun Anton Bruckner Sinfonie Nr. 8 c-moll „Eure Kaiserliche und Königliche Apos tolische Majestät! Der alleruntertänigste gefertigte, dem vor einigen Jahren das so hohe Glück zu Theil ward, die höchst auszeich nende Allerhöchste Erlaubniß zu erhal ten, nach Vollendung seiner achten Sinfonie eine allerunterthänigste Bitte am Allerhöchsten Throne zu Höchst- dessen Füssen unterbreiten zu dürfen, ermuthigt sich in tiefster Ehrfurcht zu bitten: Eure Kaiserl. und Königl. Apos tel. Majestät wollen allergnädigst geru hen, die allerehrfurchtsvollste Dedica- tion im Falle Allerhöchster Auszeich nung allergnädigst Gnade zu bewilli gen, und im Falle Allerhöchster Aus zeichnung allergnädigst gestatten, die allerunterthänigste Dedication auf das Titelblatt der Partitur setzen zu dürfen! Wien-März 1890. Anton Bruckner, m.p." Die geradezu barocke Devotheit, mit der Anton Bruckner in diesem Schrei ben den Kaiser Franz Joseph I. von Ös terreich bat, ihm seine achte Sinfonie widmen zu dürfen, kann man gleicher maßen rührend wie erstaunlich, ja ge radezu erschreckend finden. Sie wirft die Frage nach der Persönlichkeits struktur ihres Komponisten auf. Wie kann man die hier geäußerte Unter würfigkeit und Autoritätshörigkeit zu sammenbringen mit jenem völlig ande ren Bruckner-Bild, das wir uns beim Hören seiner Musik machen: das Bild ei ner kraftvollen, selbstbewußten und höchst originellen Künstlerpersönlich keit, deren Musik zuweilen sogar radi kale, in die Moderne weisende Züge aufweist? Schon den Zeitgenossen in der liberalen Wiener Aufbruchszeit war dies unverständlich, wie man deut lich aus einer Äußerung des damaligen Wiener Kritiker-Papstes Eduard Hans- lick heraushört: „Es bleibt ein psycho logisches Räthsel, wie dieser sanfteste und friedfertigste aller Menschen im Moment des Componirens zum Anar chisten wird, der unbarmherzig alles opfert, was Logik und Klarheit der Entwicklung, Einheit der Form und der Tonalität heißt". Bevor es zu jenem oben wiedergege benen Ersuchen an den österreichi schen Kaiser kommen konnte, die Widmung der Achten anzunehmen, war ein mühevoller Arbeitsprozeß vor ausgegangen, der Bruckner mehr Zeit kostete als bei seinen vorangegange nen Sinfonien üblich, und bei dem die Achte quasi zweimal komponiert wur de. Während Bruckner für seine erste bis siebente Sinfonie jeweils mit einem Arbeitszeitraum von ein bis zwei Jahren ausgekommen war, vergingen zwischen den ersten Skizzen der Achten aus dem Juni 1884 und ihrer vorläufigen Fertigstellung im August 1887 mehr als drei Jahre, und fast nochmals so lange dauerte es, bis Bruckner dieser ersten Fassung eine