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Rabenauer Anzeiger : 20.04.1915
- Erscheinungsdatum
- 1915-04-20
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Deutsches Stuhlbaumuseum Rabenau
- Digitalisat
- Deutsches Stuhlbaumuseum Rabenau
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id178001192X-191504204
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id178001192X-19150420
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-178001192X-19150420
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Bestände des Deutschen Stuhlbaumuseums Rabenau
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
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Zeitung
Rabenauer Anzeiger
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Jahr
1915
-
Monat
1915-04
- Tag 1915-04-20
-
Monat
1915-04
-
Jahr
1915
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Der Weltkrieg mag er sewst die oliermodernste Taktik eingeschlagen Haven, selbst Napoleons Wüstenzüge und geplante Ruffenver- nichtung hat nicht je solche überlegene majestätische Kraftprobe gesehen. Als diese „Vorpostentruppe" von ihrem Wüstenmarsch, der sogar zahlreiche glücklich überstandene Gefechte mit sich gebracht hatte, wieder zu dem Hauptheer zurückgekehrt war, bemächtigte sich der türkischen Soldaten ein grenzenloses Zutrauen zu der Organisation, die dieses Wagnis zustande gebracht hatte. Auf dem schwankenden Rücken türkischer Reitkamele haben Deutschlands Offiziere diesen Probefeldzug geleitet und die 20 000 Mann, die von ihren Kameraden anfänglich schon als verloren bezeichnet wurden, unversehrt wieder zurückgebracht. Man bedenke: europäische Offiziere hatten die an Wüstenexkurstonen und primitive Fclüzugs- straßen gewohnten türkischen Soldaten auf ihrem eigenen Gebiet geschlagen! Mit einem Jubel ohnegleichen - und einer Verehrung, die an Anbetung grenzt, schauen jetzt diese Soldaten zu ihren deutschen Offizieren und Unteroffizieren empor. Das für die ganze Welt unfaßbare Schauspiel: die bedingungslose Ergebenheit der deutschen Soldaten zu ihren Offizieren, ist auch hier urplötzlich zur Tat geworden. Wer den Wert felsenfester Disziplin und unerschütterlicher Treue zu würdigen gelernt hat, dec weiß, daß diese „Gcrmani- sierung" des türkischen Kriegscharakters den gewonnenen Feldzug bedeuten! Nach dieser Generalprobe haben sich nun die ungeheuren Massen des türkischen Heeres selbst in Bewegung gesetzt. Durch die Oasen der biblischen Gegenden, von Damaskus nach Jerusalem und hinein in das geheimnisvolle Wüstcn- land der Pharaonen, marschieren ununterbrochen Tag und Nacht, in nicht endenwollender Reihe staubgraue Kolonnen, Kanonenzüge rollen durch den Sand, Munitions- und Transportzüge schleichen langsam, aber mit todernster Tragik, vorwärts. Hand in Hand der türkische Halbmond und das Kreuz des Westens. Deutsche Offiziere auf Reitkamelen dirigieren. Vor den Kolonnen tobt eine hastige stumme Arbeit: Steine werden geschichtet, eine Heerstraße »gebaut. An der Spitze des ungeheuren Heerwurmes die Bahnbrecher, zwülftaufend erprobte Männer, die der nachfolgenden Armee den Weg ebnen. Zeltlager reiht sich an Zeltlager, Kanonen rasseln, Reiter sprengen einher, und Automobile hupen. Orient und Okzident, Gegenwart und Vergangenheit sind plötzlich eins geworden. Eine Verschmelzung, die noch n e dagewesen ist, und deren wunderbare Früchte sich in den nächsten Wochen der erstaunten Welt zeigen werden . . . .! Oie türkische Aktion gegen den Suezkanal wirft ihre Schatten voraus. Mit Verzweiflung suchen die Flotten der Verbündeten, die bei Tenedos stationiert sind, die Offen sive gegen die Bücht von Saros wieder aufzunehmsn. Die Schiffe näherten sich der Küste und beschossen die türkischen Batterien, die das Feuer lebhaft erwiderten. Es heißt, daß mehrere Kriegsschiffe schwere Deschödignngcn erhielten, so daß sie sich aus dem Gefecht zurückzieheu mußten. Der gescheiterte Durchbruchsversuch. Die mit verzweifelten Anstrengungen und unter den größten Opfern immer aufs neue unternommenen Versuche der Franzosen, den bei St. Mihtel auf das westliche Maas' ufer vorgeschobenen Keil unserer Schlachtaufstellung zu er drücken, dürfen jetzt wohl als gescheitert bezeichnet werden. Östlich von Verdun unternahmen die Franzosen an einem einzigen Vormittag nicht weniger als drei Angriffe; sie brachen sämtlich unter den schwersten Verlusten für den Feind in unserem Feuer zusammen. Spätere mit starken Kräften unternommene ftir.dliche Vorstoßversuche hatten dasselbe Schicksal. Im Pricsterwalde, nahe bei Pont-a-Mousson, fanden Tag und Nacht erbitterte Nahkämpfe statt, bei denen wir langsam Boden gewannen. Die Franzosen müssen er kennen, daß sie alle ihre schweren Opfer umsonst dringen. Nur eine Überraschung der Unseren hätte ihnen vielleicht einen Erfolg bringen können. Aber unsere Feldgrauen lassen sich n cht überraschen. Es ist merkwürdig, daß ein so tüchtiger Stratege, wie der französische Generalissimus Joffre es doch ohne Zweifel ist, aus den bitteren Erfah rungen in der Champagne so wenig gelernt hat und die Hinopferung seiner spärlichen Truppen ohne jede Aussicht auf Erfolg in völliger Blindheit zwischen Maas und Mosel fortsetzt. Der englische Kriegsminister Lord Kitchener weilt zu mehrwöchigem Besuch im französischen Hauptquartier; es soll Vom See-Krieg. Weddigens letzte Tak. Es kommt alles an den Tag! Wir wissen nicht, an welcher Stelle sich die Wellen über Weddigens Grab kräuseln, und das geheimnisvolle Schweigen der britischen Admiralität läßt allerlei dunklen Vermutungen Spielraum. Aber immer näher kommt der Tag, wo auch hier der Schleier weichen und der letzte Heldenkampf Weddigens und seiner treuen Schar in strahlendem Ruhmes- feuer leuchten wird. Leise regen sich die Stimmen, die den Auftakt geben: Weddigen Hal noch kurz vor seinem Tode in der Irischen See einen britischen Kreuzer zum Sinken gebrach» und ist dann, unter dem vernichtenden Feuer übermächtiger Gegner ruhmvoll in die Tiefe ge gangen! Schweizerische Blätter glauben bereits Einzelheiten zu wissen. Wenn auch diese Nachricht bisher keine amtliche Bestätigung gefunden hat, so hält man sie sür glaubhaft. Dann würde sich auch das rätselhafte Schweigen der eng lischen Admiralität erklären. Sollten sie sich bewahrheiten, so wäre die Zahl der von kopttönicuinani Weddigen ocrnichlcie» englischen Kriegsschiffe auf fünf ange wachsen. Eine neue Nachricht über Weddigen kommt eben falls aus der Schweiz, die aus anscheinend sicherer Quelle weiß, daß „U. 29" mit seinem Kapitän Weddigen und der Mannschaft nicht im Kampfe gegen englische Dreadnoughts, sondern von einem Handelsschiff überrannt worden ist, als es galt, Englands Zukunft zu schädigen. Das Blatt fügt dann in rückhaltloser Bewunderung hinzu, daß an den Deutschen Weddigen sich für alle Zeiten eine neue Epoche des Seekrieges knüpfen wird. Denn ihm war es dank seiner glänzenden Führereigenschaften gegeben, zum ersten Male ein Tauchboot als Offensivwaffe auf hoher See gegen Panzerschiffe zu führen und binnen einer halben Stunde drei englische Panzerkreuzer auf den Meeresgrund zu ltgen. Nach der Torpedierunzgdes „Hawke" umfuhr er in bei spielloser Versuchsfahrt dos ganze britische Jnselreich und fügte dann im Kaperkrieg der englischen Handelsflotte schweren Schaden zu, ohne sein ritterliches Wesen zu ver leugnen. Er starb den Tod seiner Waffe. Neue A-Boot-Erfolge. Bei der Insel Wight wurde nach Londoner Meldungen ein französischer Dreimaster, der aus Nantes kam, durch eins unserer U-Boote versenkt, nachdem die Besatzung sich gerettet hatte. Auch der fran zösische Dampfer „Freveric Frank- wurde auf der Höhe von Portsmouth torpediert. Der englische Dampfer „President- aus Glasgow wurde bet Eddystone von einem deutschen Unterseeboot torpediert, von beiden Schiffen konnte die Besatzung rechtzeitig flüchten. Ebenfalls ist der über S00g Tonnen große englische Passagierdampser „Wayfarer-, der in der Nähe der Scilly-Jnseln torpediert und nach Queenstown geschleppt wurde, in der Nähe dieses Hafens gesunken. Der englische Kanaldampfer „Guernsey" aus Southampton ist ebenfalls durch unsere U-Boot-Waffe vernichtet worden. Amerikas Feuerprobe. Unser Hilfskreuzer „Prinz Eitel Friedrich" ist der seltsamen Stellungnahme amerika nischer Diplomaten unterlegen, die, trotz der allgemein gellenden Vereinbarungen unter den Großmächten, den heimtückischen Versuchen der englischen Dunkelmänner, das Auslaukn des deutschen Schiffes zu verhindern, noch Vor schub leisteten. „Prinz Eitel Friedrich" ist von seinem Liegeplatz Newport News in amerikanischen Gewahrsam überführt und seine tapfere Mannschaft interniert worden. Nachdem nun unser Hilfskreuzer „Kronprinz Wilhelm" ebenfalls in Newport News angelangt ist, erklären die Amerikaner, daß sie mit ihm ebenfalls so verfahren werden. „Kronprinz Wilhelm" wird also wahrscheinlich ebenfalls vergeblich den Versuch unternehmen, nach seiner Wieder stellung abermals den Kampf aufnehmen zu können, um dann schließlich ver „Nsutraiitäi- Amerikas zu unter liegen. Die Beute des „Kronprinz Wilhelm" beläuft sich auf 13 englische und französische Schiffe. Die Seeschlacht vor Helgoland im August vorigen Jahres hat, wie Konteradmiral Kalau vom Hofe feststellt, nur infolge der übergroßen über' genheit des angreifenden englischen Geschwaders mit ein:m Erfolg sür diese enden können. Von englischen Streitkrüflen waren beteiligt: die sechs neuesten 30000 -Tonnen-Dreadnought-Kreuzer > „Lion", „Queen Mary", „Prinzeß Royal", „New Zealand", „Jnvincible" und „Inflexible", fünf große 12000-Tonnen- Kreuzer „Euryalus", „Cressy", „Hogue", „Aboukir", letztere drei später von unserem unvergeßlichen Weddigen vernichtet, und „Bacchant", acht kleine Kreuzer, die neuesten und schnellsten Zerstörerflottillen, bestehend aus 31 Booten und alle verfügbaren U-Boote, denen eigentlich der Löwenanteil zufallen sollte. Im dichtesten Nebel schlichen sich dies« Schiffe heran, so daß unsere als Vorposten dienende Tor pedoboote sich plötzlich von Ver grotzen Aebermacht überrascht sahen. Unter dem wahnsinnigen Feuer der eng lischen Schiffsgeschütze war an ein Entkommen nicht zu denken. Unser Torpedoboot „V. 187" versuchte seitlich an den Feind heranzukommen, aber von allen Seiten durch übermächtige Feinde umstellt, entschloß sich der Kommandant, auf die verfolgenden Zerstörer zuzudrehen und, wenn mög lich, durchzubrechen. Die feindlichen Zerstörer stutzten zu nächst auf dieses kühne Manöver hin, dann eröffneten sie sämtlich, zehn an der Zahl, und außerdem ein großer Kreuzer, ein vernichtendes Feuer auf das deutsche Torpedo boot. Seine Geschütze wurden außer Gefecht gesetzt. Um das Boot nicht in die Hände des Feindes geraten zu lasten, befahl der schwerverwundete Kommandant, das Boot zu versenken. Auch unsere kleinen Kreuzer „Köln und'„Mai«z- sahn sich plötzlich umstellt und gingen tapfer kämpfend in vis Tiefe, während ein dritter Kreuzer, Vie „Ariavne- als brennendes Wrack der Elbe zutrieb. Der Notenwechsel über die gefangenen U-Vook- Vesatzungen zwischen dem deutschen Staatssekretär v. Jagow und dem amerikanischen Botschafter in Berlin Gerard, als dem Vermittler zwischen der englischen und der deutschen Regierung, ist von der „Nordd. Allg. Ztg." amtlich ver öffentlicht worden. Auf Ersuchen des deutschen Auswärtigen Amtes teilte Botschafter Gerard die Antwort der englischen Regierung mit, wonach die geretteten Offiziere und Mann schaften der beiden deutschen Unterjeeboote „U 8" und „U 12" abgesondert von andern Kriegsgefangenen in den Marineariestanstalten untergebracht sind, da sie nicht als ehreichafte Gegner anzusehen seien. Staatssekretär v. Jagow gab m einer zweiten Note an den Botschafter Gerard seiner ' Entrüstung über diese Behandlungsweise Ausdruck und be tonte, daß die Offiziere und Mannschaften dieser U-Boote als tapfere Männer in Erfüllung ihrer militärischen Pflicht gehandelt hätten und daher wie andere Kriegsgefangene i den völkerrechtlichen Abmachungen entsprechend behandelt i werden müßlen. Der Staatssekretär legt gegen das Völker« j rechtswidrige Vorgehen Englands die schärfste Verwahrung ein, kündigt die dadurch notwendig gewordenen Vergeltungs maßnahmen an und bittet darum, daß ein Mitglied der amerikanischen Botschaft in London sich alsbald persönlich von der Behandlung der deutschen Unterseeboots-Gefangenen überzeuge und über alle Einzelheiten der Unterbringung, Verpflegung und Beschäftigung Bericht erstatte. Kreuz und Halbmond. Dio Expedition der Türten nach dem Suezkanai nähert sich dem testen Abschnitt der Vollendung und es sind nun wohl bald markantere Ereignisse zu erwarten. Mit großer Befriedigung kann festgesiellt werden: während die Augen der halben Welt gespannt an den Vorgängen vor den Dardanellen hingen, haben die Türken mit grimmiger Entschlossenheit Schritt um Schritt dem großen Ziel näher gesetzt. über die nun bevorstehenden Ereignisse und die be- , reits getroffenen Maßnahmen darf zur Zeit aus begreif- s lichen Gründen nichts gesagt werden, aber Lie innige s Harmonie, mit der Kreuz und Halbmond hier zusammen- j a beiten, berechtigt bereits heute schon zu den schönsten Hoffnungen. Die Türken unternahmen, um zuerst mal die Gefahren einer Wüstendurchquerung seftzustellen, mit einer „Vorpostentruppe" einen Vorstoß nach dem Suezkanal hin. Diese „Vorpostentruppe" umfaßte nicht weniger als 20000 ! Mann, — ein beredtes Zeichen für die Großzügigkeit der türkischen Operationen! Mit dieser Versuchs-Abteilung ge lang es festzustellen, daß ein modernes großes Heer mit allen den großen erforderlichen Kciegsbehelfsmitteln den > Durchzug durch das Wüstenland wagen darf, wenn es s zweckentsprechend organisiert ist. Diese 20000 Mann Ver suchsleute zogen mit riesigen Trainkolonnen, mit Kanonen schwersten Kalibers und gewaltigen Munitionszügen zum Suezkanal hinüber und zurück, und dieser gigantische Marsch war nur als „Versuch" gedacht! Kaum ein Feldzua zuvor, Osr Msased ÄLvkt. Roman von A. Silberstein. Nachdruck verboten. 13 Als Simmerl ein Bischen besser wurde, der Doktor ihm aber noch jede Bewegung strengstens verboten hatte, als er nur ein Bischen krabbeln konnte — da richtete sich der einspännige Simmerl mit aller Gewalt auf, schlich sich an Allem in der Stube sorthelfend, allmählig zur Türe — und während sie ihn schlafend glaubten, horchte er, drückte er sein Ohr an die Türbretter, ob er nicht die Erbschaftsgedanken der Hausleute, ihre Freude über sein Sterben, ihr Beileid über seine Genesung vernehme? Nichts hörte er, nichts — auch ausspionieren konnte er nichts hinter den Fenstervorhängen — Alles ging ohne ihn — mauschen-tvdstille war Alles — und die Kühle sammt den Gedanken der Einsamkeit und Verlassenheit durchschauerte den alten ledigen Burschen, daß er nur so rasch, als er gehen konnte, das Bett wieder aufsuchte. Und er wurde von Tag zu Tag besser. Jä, der Simmerl raffte alle seine alte Nußknackerkraft und Aentnerheber-Sehnen zusammen und erhob sich, stieg aus dem Belle und ob es der Doktor wollte oder nicht, saß er im Sessel, stützte seine Hände aus einen Stock und erhob sich ab und zu. Nur Ruhe, nur Ruhe war ihm empfohlen. Er werde sich schon wieder auf sich allein stellen und sich Helsen und seine Leute kennen lernen, durch und durch sehen, wie durch eine Glasscheibe! Immer mißtrauischer wiederholte er sein Lauschen, Herumschleichen und heimlich Lugen und sammelte so sür Jeden „sein Päckchen." Endlich ließ er, trotz allen ärztlichen Befehles und wider alles Erwarten seinen Wagen anspannen und sich LUtzMrM- 7. Kapitel. Simmerl saß auf dem Wagen wie zum Troß der gan zen Welt — als ob er sagen wollte, habt ihr den Berg schon umgeworfen, habt ihr den Simmerl schon begraben? Er sah von den Fahrwegen aus nach seinen Ackern, Wiesen und Waldungen — sie sollten nicht später sagen können, es sei doch Alles ohne ihn gegangen! Als hätte es gar nichts zu bedeuten, daß er auf der Welt und bei der Sache sei. Das wurmte ihn! — Er Halle ja allerlei zu grollen über Vernachlässigung; ja ihm schien es, als hätte man sich weiter nicht mehr viel umgesehen, und hätte sich jeder nur vorbereitet zu erben. Nun ja, bei geschenkten Gäulen sieht man nicht nach den Mäulern! Da mußte ihm auch noch das Häuschen seines verstor benen Bruders in die Augen fallen. Er wollte nicht Hinsehen, aber der Weg schlängelte immer, als tat er es absichtlich und böswillig, ihm das Häuschen zu zeigen. Der Sonnenschein war warm und behaglich — es war doch ein Gutes, der Sonnenschein, bei so lebendigem Leibe. Was die dort oben in Valentins Häuschen und die daheim auf seinem Hof wohl tun? Ob sie wohl schon nach der Erbschaft ausschauen? Wie sehr sich der Knecht auch verwundern mochte und schüchtern seine Einrede versuchte — der Simmerl stieg auf dem nächsten Dorswege ab — es dunkelte schon — und er hieß den Knecht heimsahren — er werde schon kommen. Simmerl ging langsam, ja er schlich mehr in einen Seitenweg und endlich zu — nun zu Valentins Häub chen. Er wollte Susi und die Kinder sehen und hören! O, wenn sie nur gerade losziehen würden! Er schämte sich ordentlich, sich ein bischen weichherzige Umkehr ein- . gestehen zu sollen. Wenn es sich gerade so schickte, oaß er einen Schimpf, einen Fluch, oder nur einen Spott zu hören bekäme! Was er längst gesucht, gewollt, täte er, er würde dem Bürgermeister und den Gemeinderäten auseinanderseßen, daß er ganz klug gehandelt hatte, sür solche Kinder die Vormundschaft abzulehnen. Er hinter legte ein Testament bei Gericht, daß seine Bruderskinder nach seinem Ableben keinen Groschen bekämen — weil sie dessen nicht wert waren — Geistlichkeit, Schule, Ar menhaus, die Landschaft und die königliche Kammer sollten Alles bekommen — nur diese nicht! Er hüllte sich fester in seinen Mantel ein — die Luft war wohlig — er schlich von einer freien Seite heran — er stützte sich an die Wand — sah durch das Fenster in die Stube. " Auf dem Tisch in der Mitte stand eine Oellampe, sie leuchtete über die Kinder, die halb entkleidet waren, sie streifte auch Susis kräftigen Kopf. Wie die Kinder gesund aussahen! Wie rein und nett ihre Hemdchen waren! Und Susi! Das Mädchen war nicht hübsch; aber wie an ihr Alles so genau und nett saß — wie sie mit den Kindern spielte! Sie fuhr scherzhaft mit dem Finger durch das Licht hin und her, als follte er recht heiß werden dadurch und summte dabei und tippte dann mit diesem erwärm ten Finger plötzlich einem oder dem anderen der Kinder schnell auf die Brust und dieses kicherte und schrie lustig dabei auf. Ihre stark gewölbten Lippen öffnete sich lachend, ihre schneeweißen Zähne standen in breiten Reihen glänzend. Sie gesiel ordentlich dem Simmerl! Wäre er gesund und nicht im Geheimen dagewesen, er hätte sie in die Wan gen gekneipt. Jetzt sagte die Susi zu den Kindern sie sollen zur Ruhe gehen.
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