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Rabenauer Anzeiger : 25.09.1913
- Erscheinungsdatum
- 1913-09-25
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Deutsches Stuhlbaumuseum Rabenau
- Digitalisat
- Deutsches Stuhlbaumuseum Rabenau
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id178001192X-191309257
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id178001192X-19130925
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-178001192X-19130925
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Bestände des Deutschen Stuhlbaumuseums Rabenau
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Rabenauer Anzeiger
-
Jahr
1913
-
Monat
1913-09
- Tag 1913-09-25
-
Monat
1913-09
-
Jahr
1913
- Titel
- Rabenauer Anzeiger : 25.09.1913
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Politische Rundschau. Prinz Ernst August von Lumverianv, oer am 21. September 1845 in Hannover als Kronprinz geboren wurde, vollendete am Sonntag sein 68. Lebensjahr. Prinz Ernst August von Braunschweig und Lüneburg hat nach einer Meldung der Wiener „Reichspost", die zu dem Gmundener Hofe in nahen Beziehungen steht, am 15. d. M. für sich und seine Erben den Verzicht auf Hannover feierlich erklärt. An Berliner amtlichen Stellen war bisher eine Bestätigung dieser Meldung nicht zu erlangen. Tat sache ist laut „Tag", daß in der letzten Zeit wieder sehr eifrige Verhandlungen zwischen den Berliner amtlichen Stellen und der Braunschweiger Regierung bezw. dem Cumberländischen Hofe stattgefunden haben. — In einer den „Braunschweiger Neuesten Nachrichten" von einer zu ständigen Stelle zugegangenen Information wird dagegen ausdrücklich bestritten, daß ein Verzicht des Prinzen aus Hannover verlangt werde. Die Grundlage der bevorstehen den Bundesratsverhandlungen bildet sein Brief vom 20. April d. I. Nach voraussichtlicher Erledigung des Bundes- ratsbeschlusses im Oktober sei der Einzug des Prinzen als Herzog in Braunschweig im November vorgesehen. wichtige polnische Besprechungen wird der russische Minister des Auswärtigen Sasonow, der auf der Rückreise von Vichy in Berlin kurzen Aufenthalt nimmt, dort mit den leitenden deutschen Staatsmännern haben. Der Reichs kanzler n. Bethmann Hollweg hatte nach seiner Rückkehr von Sils Maria in Berlin Konferenzen mit den Leitern der Reichs ämter. Er nimmt vorläufig noch in Hohenfinow Aufenthalt, von wo aus er die Geschäfte leitet. Der Wahlaufruf der nationaNtberaleu Partei für die bevorstehenden Landtagswahlen Badens weist einleitend auf 1813 und auf das Regierungsjubiläum des Kaisers hin und betont dann, daß das Ziel der Partei im gegen wärtigen Wahlkampfe die Abwehr einer klerikal-konserva tiven Mehrheit sei. Zu diesem Zwecke habe die national liberale Partei ein Wahlabkommen mit dem Fortschritt ge troffen und für die Stichwahlen auch eine Vereinbarung mit der Sozialdemokratrie. Diese Abkommen wahrten indessen den daran beteiligten Parteien wie früher so auch jetzt ihre volle innere Freiheit. Die neue Weinsteuer. In politischen Kreisen wird als sicher angesehen, daß der von den Regierungen von Bayern, Württemberg, Baden und Elsaß-Lothringen beim Bundesrat gestellte Antrag, eine Besteuerung ausländischen Weines durch die Bundesstaaten einzuführen, die Genehmigung des Bundesrates finden wird. Die prekäre Lage des üeut- schen Weinbaues soll durch die Besteuerung ausländischer Erzeugnisse gehoben werden. Deutscher Ehrensold für französische Krieger. Durch das am 1. Oktober in Kraft tretende Reichsgejetz über die Gewährung von Kriegsteilnehmer-Beihilfen werden nach amtlichen Berechnungen künftighin rund 1800000 Mk. an Kriegsteilnehmer-Beihilfen und Kriegsinoaliden-Beihilfen aus Reichsmitteln nach Elsaß-Lothringen fallen. Sie werden fast ausschließlich ehemaligen französischen Soldaten elsaß- lothringischer Staatsangehörigkeit zuteil werden. Die Zahl Ler Rentenempfänger wirb sich auf etwa 12000 belaufen. Die Rente, die von 120 auf 150 Mark erhöht wird, fällt nicht nur solchen ehemaligen französischen Soldaten zu, die an Kriegen Frankreichs vor oder während 1870-71 teilnahmen, sondern auch solchen, die während der Jahre 1870 und 71 an kriegerischen Unternehmungen in den französischen Kolonien be teiligtwaren. Es kommen insbesondere in Betracht derKrimkrieg, der Krieg gegen Italien, die Expedition nach Mexiko und die Besetzung von Rom, sowie die Kriege und kriegerischen Unternehmungen in den französischen Kolonien vor 1870 und während der Jahre 1870 und 1871 bis zum Schluß des deutkch-französtschen Krieges. König Konstantin von Griechenland hat in Paris unter der Neugierde des Publikums zu leiden, das sein Hotes belagert und ihn auf seinen Spaziergängen verfolgt; zü irgendwelchen häßlichen Kundgebungen ist es bisher nicht gekommen und man darf voraussetzen, daß Bedenkliches sich auch bis zur Abreise des Königs am morgigen Dienstag oder spätestens Mittwoch früh nicht mehr ereignen wird. Das Jncognito, das der König nur dem Namen nach auf recht erhalten konnte, legte er auf dem Festmahl ab, das ihm zu Ehren Präsident Poincaree am Sonntag mittags veranstaltete. Bei dieser Gelegenbelt wurden auch dte vvrhef Heimgekehrt. Roman von E. F'aHrow. (Nachdruck verboten.) ' „Wenn ich es wist!" sagt sie. Und die Hände faltend fügt sie mit einem frommen Lächeln hinzu: l „Das kann Gott nicht wollen, daß wir nun noch ein mal getrennt werden. Wir lieben uns ja, Kurtl Und wir wollen für eincurder leben." Eine krnge, heilige Pause. Als nach einer halben Stunde sich die beiden aus dem Paradiese wieder auf die Erde zurückgefunden hatten, be gann Kurt von seinen geringfügigen materiellen Erfolgen zu sprechen. Aber Margarete wollte nicht viel davon hören. „Ich habe genug für uns beide," sagte sie, „Haft du denn dein Geigenspiel nicht ganz vernachlässigt?" „O nein, Margret! Ich Lenke sogar, ich habe noch einiges dazu gelernt — Las Wenige, was ich verLiente, stammt ja ans Konzerten, Lie ich in Japan gab. Daß es bei mir mit der Kaufmannschaft nichts war. Las hatte ich nachgerade eingesehen." „Das freut mich," sagte Margarete schon fast heiter. „Ich will gar nichts mehr von der Kaufmannschaft hören — du kannst ja in Berlin Musik treiben, wenn Lu willst — du kommst doch mit mir nach Berlin?" Der halb schüchterne, halb bittende Mick, den sie dabei zu ihm erhob, gab ihr Las Aussehen eines ganz jungen Mädchens. Kurt küßte ihre Hände. „Du Eine, Lu Eine!" murmelte er. Und dann, mit einem großen Blick in die langgeschnittenen, grauen Augen aufschauend, sagte er: „Margret — eines gibt es, das mich ein wenig tröstete in meiner Verbannung, und das muß ich dir gleich jetzt sagen: Denke dir doch — Ler Wechsel damals — Ernst hat alle die Zeit über davon gewußt! Ich hätte es dir damals sagen sMe» — aber schließlich — in jener schrecklichen Stunde war ich ja wie betäubt! — Und dann, — ich hätte dirs ja auch nicht beweise» Linners Eines Tages aber ließ ich in ihrem Wortlaute fesigelegken TtinksprüHk SüSgktvuschö Präsident Poincaree versicherte darin den König der hohen Freude, die ihm der fürstliche Besuch bereitet habe, und pries die freundschaftlichen Beziehungen zwischen Frankreich und Griechenland. König Konstantin dankte in herzlichen Worten und sprach besonders seinen Dank für die Be mühungen der französischen militärischen Mission aus, durch die Griechenland erst Lie Erfolge erreicht habe, die ihm in den jüngsten Balkankriegen beschicken waren. j Telephon Berlin-Petersburg. Die russische Regie rung scheint endlich die politischen Bedenken, die es bisher gegen einen Anschluß seiner telephonischen Anlagen an das deutsche und damit das westeuropäische Telephonnetz hegte, fallen gelassen zu haben. Nachdem sie unlängst erst selbst eine Verbindung Libau—Memel angeregt hatte, hat sie jetzt die Genehmigung zum Weiterbau dieser Linie bis Peters burg erteilt. Mit Wien, Budapest, Paris, Kopenhagen habest wir längst telephonische Verbindung und selbst der Anschluß Englands an das kontinentale Fernsprechnetz ist nur noch eine Frage der Zeit. Rutzmno hat selbst den größten Vor- teil davon, wenn es eine telephonische Verbindung mit dem übrigen Europa herstellt, wenn es damit auch die Ausübung Ler Nachrichten-Zensur beschränkt. > England, der Weltmarkt und wir. Englands Be strebungen, auf dem Weltmarkt den maßgebenden Einfluß und in allen Erdteilen wirtschaftliche Sondervorteile zu er ringen, sinh namentlich in jüngster Zeit von Erfolg gekrönt gewesen. In Südpersien hat es den Handel nicht bloß sondern auch den beherrschenden politischen Einfluß an sich gerissen. Eine große Eisenbahnlinie, die das ganze südliche Persien durchqueren und dieses mit Britisch-Jndien verbinden soll, wird von einer englischen Gesellschaft gebaut werden. Uber Ägypten sucht England durch Aufhebung der inter nationalen Gerichte das Protektorat zu erwerben. Ein be sonders glücklicher Fischzug aber ist ihm in dem südameri kanischen Freistaat Kolumbien geglückt, das als Grenzland Les Panamakaaals eine große wirtschaftliche Zukunft vor sich hat. Die angesehene Londoner Firma S. Pearson und Sohn hat nach einem scharfen Konkurrenzkämpfe mit ameri kanischen und europäischen Firmen einen Kontrakt von 40- jähriger Dauer zum Zwecke der wirtschaftlichen Erschließung Kolumbiens abgeschloffen. Der Kontrakt enthält Kon zessionen zum Bau von Eisenbahnen, Hafenanlagen, Kanälen, Telegraphen- und Telephonleitungen sowie zur Erforschung und Ausbeutung von Petroleumquellen. Amerikanische, holländische und deutsche Kapitalisten haben sich laut „B. Z." seit Jahren um einen Teil der kolumbischen Konzessionen vergeblich bemüht, die sich jetzt die erwähnte Londoner Firma gesichert Hot. Diese führt bereits in Indien, Kleinasien und namentlich in Mexiko be deutende Eisenbahnprojekte aus und besitzt neben den Privilegien in Kolumbien auch Monopole in Ecuador, dem südlichen Nachbar Kolumbiens. Im Hinblick auf diese'Er folge der englischen Firma kann man nur wünschen, daß Lie deutsche Großindustrie, die der ausländischen an Leistungs fähigkeit nichts nachgibt, sondern sie an Solidität noch über trifft, sich immer mutiger auf den Weltmarkt hinauswagt. Auch in dem Wettbewerb um die Güter des Friedens soll Deutschland voranaeken. Der Kanzler in Berlin. Der Reichskanzler ist, wie bekannt, von seiner spätsom- merltchen Erholungsreise in dem Schweizer Kanton Grau bünden nach seinem Amts-Wohnsitze am Berliner Wilhelms platz zurückgekehrt. Von irgendwelcher idyllischer Stille merkt er bei dem auch dort herrschenden Automobilrasen nichts mehr, die großen Warenhäuser der Leipzigerstraße haben ihre Auffahrten schon bis zur nahen, nicht so vornehmen Voßstraße ausgedehnt, und mit Mühe hat das Reich durch einen Terrain-Ankauf verhindern können, daß unmittelbar neben dem Kanzler-Palais eine Möbelfabrik errichtet wurde. Jetzt stellt diese einst vom Heim des Fürsten Pleß bedeckte Stelle einen sehr ungemütlichen Bauplatz dar, der schräg gegenüber sich ein Bahnhof der Untergrund-Bahn befindet. So sieht es heute "beim Wohnsitz des ersten Retchsbeamten aus, wo es vor fünfundzwanzig Jahren fast so ruhig wie in einer Kleinstadt war. Zum Glück sind die Gartenanlagen in diesem Prinzen- und Exzellenzenviertel noch immer so groß, daß sie das Ge töse des Verkehrs abschwächen, sodaß wenigstens nach dieser mir eine Kiste mit Papieren. Noten und dergleichen, die ich seinerzeit in Newyork gelassen, nachkommen. Und unter diesen allen Papieren fand ich Briefe von Ernst — die meisten davon unwichtigen Inhalts, nur mit trockenen Be richten oder nmt Ermahnungen für mich. — Der gute Ernst! Hätte ich nur gewußt, wie großmütig er immer gegen mich gehandelt hatte! — In einem von Liesen Briefen aber spricht er von dem Wechsel — macht mir Vorwürfe darüber, er wähnt Datum und Prolongation und sagt mir schließlich, für diesen Wechsel „müsse ich nun aber allein stehen: ich solle endlich zeigen, daß ich Geld nicht nur auszugeben, son dern auch zu verdienen verstünde!" Margavete lauschte mit vorgeneigtem Kopf. / „Ach!" stieß sie heraus. „Ach Kurt!" „Ja — und sichst Lu," fuhr dieser immer schneller fort, „ich selbst hatte doch Ernst von diesem Wechsel gesprochen und ihm darüber geschrieben — daraus ist doch zu ersehen, daß ich an keine Fälschung dachte! — Ernst's Brief sollst du nun selbst lesen, ich habe ihn hier .. ." Kurt sprang auf, um aus feinem Koffer den Brief herauAusuchen. Aber Margarete fiel ihm in den Arm, sie umschlang seinen Hals und klammerte sich an ihm fest: „Kurst!" rief sie Lebend, „Kurt! Wie kannst du mir jemals meinen Verdacht verzeihen!" „Wer Geliebte," sagte er sanft, „du hattest doch Grund genug, schlecht von mir zu denken! Und dann waren Ernst's und meine Unterschriften sich so ähnlich! Schon als Pri maner war es mein Stolz — und machte es Ernst Spaß — daß sie kaum zu unterscheiden waren!" Margarete hatte Mühe, nicht laut aufzuschreien vor Glück. Ein letzter Stein fiM von ihrem Herzen, ern letzter Schleier zerriß. Jubelnd und lachend, weinend und küssend hing sie dem Gelitten am Halse. „Verzeih' mir, verzeih' mir!" rief sie immer wieder. „O Kurt, ich will eine Vergelterin sein von nun an! Ja, ja, ich will dir alles vergelten, was du um mich gelitten hast — wenn mein Leben ausreicht, mein ganzes Leben, das von nun an dir gehört!" , , . . „Mir allein, Margret? Du willst mein fern? Mem, SM» Meio eis«?">- — —- — SeitL hin ziemliche Ruhe herrscht. Sonst wäre mit einem Umzuge der obersten Reichsbehörden bald zu rechnen, die hier alle in der Nähe liegen. Der Reichskanzler kann sich da schnell informieren, er kann auch kontrollieren, und das wünschen angesichts der parlamentarischen Vorarbeiten für die Reichstagssession weite Kreise. Die hohe Politik macht ja Herrn von Bethmann viele Sorgen, immerhin scheint es heute wünschenswert, auch auf die Tätigkeit für Lie prak tische Politik des Werktages ein Auge zu werfen. Denn mancherlei neue Gesetzentwürfe sind in der Zeit aufgestellt worden, als von !M neuen Wehrvorlage und dem großen Kostenbeitrage noch keinerlei Rede war, denen sie sich doch anpassen sollten. Wenn auch die Kriegsgefahr in Europa augenblicklich beseitigt ist, so bleibt in der internationalen Politik viel Arbeit. Vor allen Dingen ist zu wünschen, daß es uns in unseren wirtschaftlichen Interessen im Orient nicht so ergeht, wie es Bulgarien in seinem politischen Reinfall ergangen ist. Aus Paris und London posaunt man mit vollem Munde aus, was man von der Türkei bei den dieser zu gewährenden neuen Anleihen herausschlagen will, und wir, wir stehen einigermaßen zu liebevoll wartend abseits. Vor ein paar Jahren nahm die Negierung Les Sultans bei uns eine große Anleihe auf, aber trotzdem hat England bei der bekannten Bagdadbahn-Konzession mehr für sich zu gewinnen gewußt, als für uns wünschenswert war. Für den jungen Prinzen von Wied, der jetzt wieder einmal als Thron- kandidat für das neue Fürstentum Albanien genannt wird, kann der heutige Kanzler sich auf Bismarcks Wort be schränken: „Hoheit werden jedenfalls um Erfahrungen reicher werden." Ein ausländischer Thronkcmdidat ist noch nicht, was bezeichnend ist, genannt worden. Die wichtigste Aufgabe des verantwortlichen Reichs ministers bleibt, daß er den Reffortchefs für die Vorberei tungen zu den neuen Handelsvertrags-Verhandlungen den Nacken steift. Den heimischen Meinungs-Verschiedenheiten deswegen g?ht an Wichtigkeit weit voran, was wir vom Auslande zu erwarte« haben. Von den Vereinigten Staaten von Nordamerika haben wir bisher trotz aller Freundschaftsbezeugungen nichts wesentliches erreicht, und für fast alle übrigen Staaten gilt, daß sie an Geldmangel leiden und daher möglichst hohe eigene Zollsätze anstreben. Wenn im Verkehr mit Frankreich durch die Meistbegünsti gungsklausel des Frankfurter Vertrages vom 10. Mai 1871 nicht ein für alle Male ein giltiger Rechtszustand geschaffen wäre, so könnten wir auch dort etwas erleben. Das be weist die jetzt wieder in Paris offen auftretende Agitation deutsche Waren zu boykottieren. Das ist „geschäftstüchtig"' aber wenig nobel, wie es die Franzosen doch sein wollen' Sozialdemokratischer Parteitag. Aus Bebels Brief, dem letzten, den der verstorbene Parteiführer kurz vor seinem Tode geschrieben, las Abg. Molkenbuhr bei der Debatte über die Zustimmung der sozialdemokratischen Neichstagsfraktion zu den Besitzsteuern für die Militärvorlage einige Stellen vor, die die denkbar tiefste Wirkung auf die Versammlung ausübten. Bebel fertigte darin die Angriffe der Hyperradikalen auf die Hal tung der Fraktion in sehr drastischer Weise ab. Nachdem in Übereinstimmung mit Bebels Ausführungen der Parteitag mit erdrückender Mehrheit der Fraktion sein Vertrauen aus gesprochen hatte, nahm die Schlußsitzung am Sonnabend einen sehr geschäftsmäßigen Verlauf. Auf der Tagesordnung stand die Frage de* Maifeier. Die Debatte darüber wurde indessen von den ermüdeten und abreisefertigen Mitgliedern durch Privatgespräche fort gesetzt so stark gestört, daß der stellvertretende Vorsitzende einmal über das andere Ruhe gebieten mußte. Der Vor sitzende Abg. Ebert empfahl die Resolution des Parteivor standes: Der Parteitag erwartet von den in Bureaus und Redaktionen der Partei und der Gewerkschaften angestellten Parteigenossen, daß sie im Hinblick auf die Opfer, die die Arbeiter im Kampf um die Maifeier bringen, ihren Tages verdienst am 1. Mai an den Maifeierfonds abliefern. In der Begründung dieses Antrages hob Redner hervor, daß der Beschluß, wonach alle Angestellten in Partei- oder Privat betrieben ihren Tagesverdienst am 1. Mai an den Maifeier fonds abzuführen haben, große Erschütterungen Erregt und zu zahlreichen Ausschlußverfahren Anlaß gebotertzMtte. Die folgenden Redner führten gleichfalls Klage über die manael- „Ganz dein eigen, Kurt, falls Lu mich noch magst!" Das Landhaus mit der weinumsponnenen Veranda hallte vier Wochen später wider von Len lustigen Lauten einer „intimen" Gesellschaft. Arrt und Margarete sind verheiratet, zum großen Kummer Jllenglettners, der kein Hetzt aus seinen verletzten Gefühle» macht. Er sitzt in dem schönen, sezessionistischen Salon im Schaukelstuhl, nippt hin und wieder an einem Glas Rhein wein und betrachtet mißbilligend Kurt und Margarete, di« zusammen an der Verandatür stehen. „Positiv Hand in Handl" sagt der Professor. „Wie irgend ein beliebiges anderes junges Ehepaar." ' Margarete wendet den Kopf ein wenig über die Schul ter zurück und lacht leise und glücklich. Aber sie sagt nichts. „Weshalb haben Sie nun auch so urphilifterhast ge- heiratet?" fährt Jllengleitner fort, zu nörgeln. „Sie konn ten doch auch ohne Standesbeamten einander neb haben?" „Aber Reinhard!" ruft mahnend Frau Llese, die mit der Keinen Amelie im Erkerausbau sitzt. „Was? Fängst du auch noch an? Lrserl, tu mir die Lieb, und sei stad! Alhe braucht's ihr doch net aus der Roll' zu fallen!" „Herzig!" ruft Clarissa Vehrs, die in Begleitung von Ferdinand Ritter soeben aus dem Garten hereinkommt. „Wenn Sie süddeutsch anfangen, Professorlein, dann sind Sie geradezu herzig!" > „Ach, gehen Sie doch! sagte Jllengleitner grämlich. „Sie sind auch so eine Ungetreue! Nächstens hat man ja überhaupt niemand mehr zu verehren, wenn alles sich ver heiratet oder verlobt!" Clarissa ist feuerrot geworden und rennt zu klein Amelie hin, vor der sie niederkniet. „Amelie," sagte sie, „dein Papa ist ein Giermichel! Geh hin und sag ihm das." Die Kleine geht zu ihrem Vater hin, hebt das Cheru- bimköpfchen zu ihm auf und sagt: - „Pape, du bis'n Diermissel." j -Sa! " knurrte der Vrokeiior. „Warum Leus das?'', (Jyrtjstzung I-lgt.»
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